Index
L65003 Jagd Wild NiederösterreichNorm
JagdG NÖ 1947 §21 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Guggenbichler und die Räte Dr. Höslinger, Dr. Borotha, Dr. Schimetschek und Penzinger als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Dolp als Schriftführer, über die Beschwerde der Jagdgenossenschaft G, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 3. Dezember 1953, Zl. L.A. VI/4-1155/1 aus 1953, betreffend freihändige Jagdverpachtung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Der Jagdausschuß der Jagdgenossenschaft G hatte in der Sitzung vom 13. April 1953 beschlossen, die Genossenschaftsjagd G im Wege des freien Übereinkommens an die Gutsverwaltung P zu verpachten. Die Bezirkshauptmannschaft Melk hat diesen Beschluß mit Bescheid vom 3. September 1953 gemäß § 37 Abs. 2 des n.ö. Jagdgesetzes, LGBl. Nr. 13/1947, genehmigt. Dagegen erhob der Grundbesitzer FL in G Berufung, wobei er geltend machte, daß ihm seitens des Obmannes des Jagdausschusses die Jagdpacht zugesagt worden sei und er ein höheres Pachtangebot als die Gutsverwaltung P gestellt habe. Auf Grund dieses Rechtsmittels wurde der Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid behoben und festgestellt, daß ein gültiger Beschluß des Jagdausschusses über die Verpachtung der Jagd nicht zustandegekommen sei. In der Begründung verwies die Niederösterreichische Landesregierung auf die Bestimmungen des § 37 Abs. 2 letzter Satz des Jagdgesetzes, wonach die Behörde einer Verpachtung die Genehmigung zu versagen hat, wenn die Beschlußfassung des Jagdausschusses unter Außerachtlassung der formellen Vorschriften, insbesondere der §§ 21 und 22 des Jagdgesetzes erfolgt ist. Gemäß § 21 Abs. 2 dieses Gesetzes sei zur Gültigkeit eines Beschlusses des Jagdausschusses erforderlich, daß die Ausschußmitglieder acht Tage vorher zur Sitzung eingeladen wurden. Dies treffe im gegenständlichen Fall nicht zu. Aus der Einladungskurrende gehe hervor, daß die Mitglieder am 7. April 1953 zur Sitzung eingeladen worden seien, die am 13. April 1953 stattgefunden habe. Zwischen dem Tag der Einladung und dem Tag der Sitzung lägen sohin nur 5 Tage. Der Beschluß des Jagdausschusses sei daher nicht gültig zustandegekommen und der Verpachtung die Genehmigung zu versagen gewesen.
Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der darauf hingewiesen wird, daß nach der Aktenlage ein Beschluß des Jagdausschusses auf Einbringung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht gefaßt worden sei. Hiezu sei vorweg bemerkt, daß diese Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde vom Obmann des Jagdausschusses eingebracht worden ist. Nach § 21 Abs. 1 des Jagdgesetzes hat der Obmann die Jagdgenossenschaft nach außen zu vertreten und die Geschäfte des Jagdauschusses zu besorgen. Er muß daher grundsätzlich als zur Beschwerdeerhebung legitimiert angesehen werden. Die Frage, ob sein Vorgehen durch einen Beschluß des Jagdausschusses gedeckt ist, hatte der Verwaltungsgerichtshof nicht zu untersuchen, da dies eine interne Angelegenheit des Jagdausschusses betrifft. Die dem Vertreter des Beschwerdeführers ausgestellte Vollmacht vom 21. Jänner 1954 entspricht der Vorschrift des § 21 Abs. 1 zweiter Satz des Jagdgesetzes, wonach Urkunden, durch welche Verbindlichkeiten gegen dritte Personen begründet werden sollen, vom Obmann und einem Ausschußmitglied zu unterfertigen sind. Der Verwaltungsgerichtshof sah sich deshalb nicht veranlaßt, die von der belangten Behörde beantragte Zurückweisung der Beschwerde auszusprechen.
In der Sache selbst mußte der Verwaltungsgerichtshof den Ausführungen der Beschwerde beipflichten, daß bei der Beurteilung der Frage, ob die Einladung der Ausschußmitglieder 8 Tage vor der Ausschußsitzung ergangen sei, nicht allein das Datum der schriftlichen Verständigung maßgebend ist. Mach der Bestimmung des § 21 Abs. 2 leg. cit. ist es erforderlich, daß die Einladung unter Bekanntgabe der Verhandlungsgegenstände 8 Tage vor der Sitzung stattfinde. Da in dieser Bestimmung im Gegensatz zu anderen bezüglichen Vorschriften - vgl hiezu u.a. § 17 Abs. 4 des Kärntner Jagdgesetzes, LGBl. Nr. 23/1950 - die Schriftlichkeit der Einladung nicht ausdrücklich vorgeschrieben erscheint, muß auch eine mündliche Verständigung als zulässig erachtet und auf diese Möglichkeit Bedacht genommen werden. Unter diesem Gesichtspunkt ist das Datum einer allenfalls mündlich erfolgten Verständigung ein von Amts wegen wahrzunehmendes Tatbestandselement in der verfahrensrechtlichen Frage des gültigen Zustandekommens des Beschlusses des Jagdausschusses ebenso wie z.B. das Datum der Zustellung eines Bescheides in der Frage der Rechtzeitigkeit einer Berufung. Es wäre daher vorliegend Aufgabe der Behörde gewesen, durch Ermittlungen festzustellen, wann die erste entsprechende Verständigung der Ausschußmitglieder erfolgt ist. Die Unterlassung dieser Feststellung belastet den angefochtenen Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel, weshalb er, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen, das sich auf eine verfahrensrechtliche Beteiligung des Pächters bezog, einzugehen war, gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1952 aufgehoben werden mußte.
Wien, am 20. Dezember 1955
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Jagdrecht und FischereirechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1955:1954000217.X00Im RIS seit
19.01.2022Zuletzt aktualisiert am
19.01.2022