TE Lvwg Erkenntnis 2022/1/3 LVwG-AV-2060/001-2021

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.01.2022
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

03.01.2022

Norm

FSG 1997 §4
KFG 1967 §102 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin Mag. Lechner, MA über die Beschwerde der A in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 18. November 2021, Zl. ***, betreffend die Anordnung einer Nachschulung und Verlängerung der Probezeit nach dem Führerscheingesetz (FSG), zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

I.   Wesentlicher Verfahrensgang

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha (belangte Behörde) vom 18. November 2021 zur Zl. *** erging gegenüber der nunmehrigen Beschwerdeführerin gemäß § 4 Führerscheingesetz (FSG) die Anordnung, binnen vier Monaten ab Zustellung des angefochtenen Bescheides eine Nachschulung zu absolvieren. Die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde ausgeschlossen und der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass sich die Probezeit um ein weiteres Jahr verlängere bzw. für ein weiteres Jahr neu zu laufen beginne.

Der Bescheid stützt sich auf § 4 Führerscheingesetz (FSG) und führt die belangte Behörde dazu im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin sei seit 30. September 2020 im Besitz einer Lenkberechtigung für die Klasen AM und B, wobei es sich um einen Probeführerschein handle. Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 11. Oktober 2021 zur Zl. *** sei die Beschwerdeführerin wegen § 102 Abs. 3 fünfter Satz KFG 1967 rechtskräftig bestraft worden. Dies stelle den Tatbestand eines schweren Verstoßes gemäß § 4 Abs. 6 FSG dar. Es sei daher eine Nachschulung anzuordnen.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde zusammengefasst ausgeführt, da die Beschwerdeführerin noch Schülerin sei und die aktuellen Umstände alles noch erschwerten, sei es für sie schwer möglich den Betrag der Nachschulung zu bezahlen. Auch für das Fahrsicherheitstraining und die Perfektionsfahrt habe sie im Sommer arbeiten müssen. Die Probezeit habe sie bereits verlängern lassen, jedoch bitte sie um Verständnis und den Unterlass der Nachschulung, da sie bereits einen Termin für die Perfektionsfahrt habe und auf diesen noch warte.

3. Die eingebrachte Beschwerde samt Verwaltungsakt wurde von der belangten Behörde – ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung – dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde verzichtet.

4. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat in den Verwaltungsakt Einsicht genommen.

II. Feststellungen

Die Beschwerdeführerin wurde am *** geboren. Der Beschwerdeführerin wurde am 7. Oktober 2020 eine Lenkberechtigung für die Klassen AM und B erteilt (Nr.: ***). Die Lenkberechtigung für die Klasse B wurde ihr somit vor Erreichen des 18. Lebensjahres erteilt.

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 11. Oktober 2021, Zl. ***, wurde die (nunmehrige) Beschwerdeführerin schuldig erkannt, am 29. Juni 2021 ein Kraftfahrzeug gelenkt zu haben, ohne die Verpflichtung zum bestimmungsgemäßen Gebrauch des Sicherheitsgurtes erfüllt zu haben (Spruchpunkt 1.) und als Lenkerin während der Fahrt ein Mobiltelefon verwendet zu haben, indem sie eine Adresse in das Navigationssystem am Handy eingegeben habe, obwohl jegliche Verwendung des Mobiltelefons, ausgenommen als Navigationssystem, sofern es im Wageninneren befestigt ist, verboten ist. Das Mobiltelefon wurde nicht entsprechend der Ausnahmebestimmung als Navigationssystem verwendet, da das Eintippen einer Adresse während der Fahrt diese Ausnahmebestimmung überschreitet (Spruchpunkt 2.). Sie habe dadurch zu Spruchpunkt 1. §§ 106 Abs. 2 iVm 134 Abs. 1 KFG 1967 und zu Spruchpunkt 2. § 102 Abs. 3 fünfter Satz KFG 1967 verletzt.

Die Strafverfügung ist in Rechtskraft erwachsen.

III. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsstrafaktes.

Dass die Strafverfügung rechtskräftig geworden ist, ergibt sich aus dem Auszug der belangten Behörde, Fachgebiet Strafen vom 18. November 2021.

IV. Rechtsgrundlage

Die maßgebliche Bestimmung des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, idgF lautet auszugsweise:

Lenkberechtigung für Anfänger (Probeführerschein)

§ 4. (1) Lenkberechtigungen für alle Klassen mit Ausnahme der Klassen AM und F, die Personen erteilt werden, die vorher keine in- oder ausländische Lenkberechtigung für eine dieser Klassen besessen haben, unterliegen einer Probezeit von drei Jahren. Diese Probezeit ist in den Führerschein nicht einzutragen.

(…)

(3) Begeht der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß (Abs. 6) oder verstößt er gegen die Bestimmung des Abs. 7, so ist von der Behörde unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen, wobei die Rechtskraft der Bestrafung wegen eines schweren Verstoßes abzuwarten ist. Im Fall eines schweren Verstoßes gemäß Abs. 6 Z 2a kann auch nach der Ausstellung eines Organmandates eine Nachschulung angeordnet werden. Rechtsmittel gegen die Anordnung der Nachschulung haben keine aufschiebende Wirkung. Mit der Anordnung einer Nachschulung verlängert sich die Probezeit jeweils um ein weiteres Jahr oder es beginnt eine neuerliche Probezeit von einem Jahr, wenn die Probezeit in der Zeit zwischen der Deliktsetzung und der Anordnung der Nachschulung abgelaufen ist; die Verlängerung oder der Neubeginn der Probezeit ist von der Wohnsitzbehörde dem Führerscheinregister zu melden und in den Führerschein einzutragen. Der Besitzer des Probeführerscheines hat diesen bei der Behörde abzuliefern, die Behörde hat die Herstellung eines neuen Führerscheines gemäß § 13 Abs. 6 in die Wege zu leiten.

(…)

(6) Als schwerer Verstoß gemäß Abs. 3 gelten

(…)

2a. Übertretungen des § 102 Abs. 3 fünfter Satz KFG 1967.

(…)

(8) Die Kosten der Nachschulung sind vom Nachzuschulenden zu tragen. Kommt der Besitzer der Lenkberechtigung der Anordnung zur Nachschulung nicht innerhalb von vier Monaten nach, so ist gemäß § 24 Abs. 3 siebenter Satz vorzugehen.

(9) Die Nachschulung darf nur von gemäß § 36 hiezu ermächtigten Einrichtungen durchgeführt werden. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat, dem jeweiligen Stand der Wissenschaft und Technik entsprechend, durch Verordnung die näheren Bestimmungen festzusetzen über

1. die Voraussetzungen räumlicher und personeller Art für die Ermächtigung zur Nachschulung,

2. die fachlichen Voraussetzungen für die zur Nachschulung Berechtigten,

3. den Inhalt und zeitlichen Umfang der Nachschulung,

4. die Meldepflichten an die Behörde und

5. die Kosten der Nachschulung.“

V.   Rechtliche Beurteilung

Die am 7. Oktober 2020 ausgestellte Lenkberechtigung der Beschwerdeführerin unterliegt gemäß § 19 Abs. 2 letzter Satz FSG einer Probezeit bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres.

Da die Beschwerdeführerin als Besitzerin einer Lenkberechtigung für die Klassen AM und B innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß, nämlich eine Übertretung nach § 102 Abs. 3 fünfter Satz KFG 1967 rechtskräftig begangen hat, war gemäß § 4 Abs. 3 iVm Abs. 6 lit. 2a FSG von der belangten Behörde unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen.

Die Verlängerung der Probezeit und das Ausmaß der Verlängerung ergeben sich, so wie die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Verpflichtung, den Führerschein zum Zwecke der Eintragung der Verlängerung der Probezeit unverzüglich bei der belangten Behörde abzuliefern, aus dem Gesetz (§ 4 Abs. 3 FSG).

Der angefochtene Bescheid kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung wurde weder von der Beschwerdeführerin noch von der belangten Behörde beantragt. Die Entscheidung konnte daher gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt stand soweit unstrittig fest und ließen die Akten erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtslage nicht erwarten lässt.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der oben zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sich andererseits auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützen kann (vgl. u.v. VwGH vom 29. Juli 2015, Ra 2015/07/0095) und überdies lediglich eine einzelfallbezogene Beurteilung vorzunehmen war, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist (vgl. u.a. VwGH vom 17. Oktober 2016, Ro 2015/03/0035).

Schlagworte

Verkehrsrecht; Kraftfahrrecht; Lenkberechtigung; Probeführerschein; Probezeit; Verlängerung; Nachschulung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.AV.2060.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten