TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/15 W249 2237127-1

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Veröffentlicht am 15.09.2021
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Entscheidungsdatum

15.09.2021

Norm

AVG §13 Abs3
AVG §58 Abs2
AVG §60
B-VG Art133 Abs4
FMGebO §47 Abs1
FMGebO §48
FMGebO §49
FMGebO §50 Abs1 Z1
FMGebO §50 Abs4
FMGebO §51 Abs1
RGG §3 Abs1
RGG §3 Abs5
RGG §4 Abs1
RGG §6 Abs1
RGG §6 Abs2
VwGVG §17
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch


W249 2237127-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Ingrid ZEHETNER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH vom XXXX , GZ. XXXX , Teilnehmernummer XXXX , zu Recht:

A)

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Mit am XXXX bei der GIS Gebühren Info Service GmbH (im Folgenden: „belangte Behörde“) eingelangtem Schreiben beantragte XXXX (im Folgenden: „Beschwerdeführerin“) die Befreiung von der Rundfunkgebühr für Radio- und Fernsehempfangseinrichtungen sowie die Befreiung von der Entrichtung der Ökostrompauschale. Im dabei verwendeten Antragsformular kreuzte die Beschwerdeführerin unter der Rubrik „Wenn Sie eine der nachstehenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, kreuzen Sie bitte das entsprechende Feld an“ die Auswahlmöglichkeit „Bezieher von Leistungen und Unterstützungen aus der Sozialhilfe oder der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Hilfsbedürftigkeit“ an. Weiters gab die Beschwerdeführerin an, dass in ihrem Haushalt XXXX weitere Person ( XXXX ) wohnhaft sei.

Dem Antragsformular waren folgende Unterlagen angeschlossen:

?        ein Energieliefervertrag (für die antragsgegenständliche Adresse)

?        ein Bescheid des XXXX vom XXXX über die Zuerkennung einer Leistung zur Deckung des Lebensunterhaltes und Grundbetrages zur Deckung des Wohnbedarfs in der Zeit von XXXX bis XXXX (als Adresse der Beschwerdeführerin ist XXXX , XXXX angeführt)

?        ein Bescheid des XXXX vom XXXX über die Zuerkennung einer Leistung zur Deckung des Lebensunterhaltes und Grundbetrages zur Deckung des Wohnbedarfs in der Zeit von XXXX bis XXXX (als Adresse der Beschwerdeführerin ist XXXX , XXXX angeführt)

?        Meldebestätigung aller im Antrag angeführten Personen über einen aufrechten Hauptwohnsitz an antragsgegenständlicher Adresse ( XXXX , XXXX ) ab XXXX

2. Am XXXX richtete die belangte Behörde an die Beschwerdeführerin folgendes Schreiben:

„[…] danke für Ihren Antrag vom XXXX auf

?        Befreiung von der Rundfunkgebühr für Fernsehempfangseinrichtungen

?        Befreiung von der Rundfunkgebühr für Radioempfangseinrichtungen

Für die weitere Bearbeitung benötigen wir von Ihnen noch folgende Angaben bzw. Unterlagen:

?        Kopie des Nachweises über laufende Leistungen aus der Sozialhilfe, der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Bedürftigkeit.

?        Nachweis über alle Bezüge des/der Antragsteller/in bzw. gegebenenfalls aller Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben.

Dies können beispielsweise sein - bitte immer in Kopie:

?        bei Berufstätigen die aktuelle Lohnbestätigung oder der letzte Einkommenssteuerbescheid

?        bei Pensionisten die aktuelle Bestätigung über die Pensionsbezüge

?        bei Auszubildenden die Bestätigung der Lehrlingsentschädigung

?        bei Schülern und Studenten die Bescheide über Schüler- und Studienbeihilfen sowie Angabe der sonstigen Zuwendungen (Unterhaltszahlungen der Eltern) und Einkünfte (geringfügige Beschäftigung)

?        bei Personen, die in der Landwirtschaft tätig sind, die Einheitswertbescheide

?        sowie gegebenenfalls Bezüge von Alimenten bzw. sonstigen Unterhaltszahlungen

Mindestsicherungsbescheid für die aktuelle Wohnanschrift! nachreichen.

Wir bitten Sie, die noch fehlenden Unterlagen innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens nachzureichen. Bitte legen Sie Ihren Unterlagen unbedingt das beiliegende Formular „Deckblatt zur Nachreichung von Unterlagen“ bei. Auf diese Weise ist eine rasche Bearbeitung Ihres Antrages möglich.

[…]

Sollten uns bis zum Stichtag die benötigten Informationen und Unterlagen nicht vorliegen, müssen wir Ihren Antrag leider zurückweisen.“

3. Die Beschwerdeführerin übermittelte hierauf keine Unterlagen an die belangte Behörde.

4. Mit dem bekämpften Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin zurück und führte begründend aus, dass die Beschwerdeführerin schriftlich dazu aufgefordert worden sei, fehlende Angaben bzw. Unterlagen, nämlich eine Kopie eines Nachweises über laufende Leistungen aus der Sozialhilfe, der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Hilfsbedürftigkeit sowie Nachweise über alle Bezüge der Antragstellerin bzw. gegebenenfalls aller Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, nachzureichen, diese Nachweise aber nicht erbracht habe: „Mindestsicherungsbescheid für die aktuelle Wohnanschrift! wurde nicht nachgereicht.“

5. Gegen diesen Bescheid richtete sich die vorliegende Beschwerde vom XXXX , in der die Beschwerdeführerin u.a. erklärte, sie sei derzeit ohne Arbeit und auf die Leistungen aus der Mindestsicherung angewiesen. Sie habe die notwendigen Dokumente damals beigelegt, der damals aktuelle Mindestsicherungs-Bescheid sei bis XXXX gelaufen. Den neuen aktuellen Bescheid ab XXXX bis XXXX habe sie erst jetzt erhalten. Daher sei sie nicht in der Lage gewesen, den geforderten Nachweis früher zu erbringen. Sie ersuche darum, der Beschwerde stattzugeben, den Bescheid aufzuheben und ihrem Antrag auf Befreiung nachzukommen.

Der Beschwerde waren folgende Unterlagen angeschlossen:

?        der bereits übermittelte Bescheid des XXXX vom XXXX über die Zuerkennung einer Leistung zur Deckung des Lebensunterhaltes und des Grundbetrages zur Deckung des Wohnbedarfs in der Zeit von XXXX bis XXXX (mit der – alten – Adresse XXXX , XXXX )

?        ein Bescheid des XXXX vom XXXX über Zuerkennung einer Leistung zur Deckung des Lebensunterhaltes und des Grundbetrages zur Deckung des Wohnbedarfs in der Zeit von XXXX bis XXXX (mit der – neuen – Andresse XXXX , XXXX )

6. Die Beschwerdevorlage der belangten Behörde vom XXXX und der Verwaltungsakt langten beim Bundesverwaltungsgericht am XXXX ein.

7. Die belangte Behörde teilte auf Anfrage des Bundesverwaltungsgerichtes am XXXX mit, dass bei einem Mindestsicherungsbescheid, der nicht auf die antragsgegenständliche Adresse lautet, erfahrungsgemäß davon auszugehen sei, dass der Leistungsbezug vor allem aufgrund der Änderung der Wohnverhältnisse nicht mehr aktuell sei und sich jedenfalls der Betrag zur Deckung des Wohnbedarfs geändert habe. Die Antragstellerin sei daher aufgefordert worden, den aktuellen Mindestsicherungsbescheid betreffend die neue Wohnung nachzureichen. Man verweise dazu auf die Entscheidung XXXX in einem ähnlich gelagerten Fall.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Die Beschwerdeführerin brachte am XXXX einen Antrag auf Befreiung von der Rundfunkgebühr für Radio- und Fernsehempfangseinrichtungen sowie auf Befreiung von der Entrichtung der Ökostrompauschale ein. Sie machte darin geltend, Bezieherin von Leistungen und Unterstützungen aus der Sozialhilfe oder der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Hilfsbedürftigkeit zu sein. Weiters gab sie an, dass in ihrem Haushalt XXXX weitere Person wohnhaft sei.

Dem Antrag waren ein Energieliefervertrag, zwei Bescheide des XXXX über die Zuerkennung der Mindestsicherung in der Zeit von XXXX bis XXXX bzw. von XXXX bis XXXX (beide mit der Adresse XXXX , XXXX ) sowie Meldebestätigungen aller im Antrag angeführten Personen über einen aufrechten Hauptwohnsitz an antragsgegenständlicher Adresse ( XXXX , XXXX ) ab XXXX angeschlossen.

2. Mit Schreiben vom XXXX wies die belangte Behörde die Beschwerdeführerin auf das Fehlen von Unterlagen, insbesondere eines Nachweises über laufende Leistungen aus der Sozialhilfe, der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Bedürftigkeit sowie von Nachweisen über alle Bezüge aller im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen, hin und forderte diese konkret auf: „Mindestsicherungsbescheid für die aktuelle Wohnanschrift! nachreichen.“

Für die Nachreichung der fehlenden Unterlagen wurde eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens gesetzt. Weiters wurde bemerkt, dass der Antrag der Beschwerdeführerin zurückgewiesen werden müsse, wenn „bis zum Stichtag die benötigten Informationen und Unterlagen nicht vorliegen“.

3. Die Beschwerdeführerin übermittelte hierauf keine weiteren Unterlagen an die belangte Behörde.

4. Mit dem bekämpften Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin zurück und führte begründend aus, dass diese schriftlich dazu aufgefordert worden sei, fehlende Angaben bzw. Unterlagen, und zwar eine Kopie eines Nachweises über laufende Leistungen aus der Sozialhilfe, der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Hilfsbedürftigkeit sowie Nachweise über alle Bezüge der Antragstellerin bzw. gegebenenfalls aller Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, zu erbringen, diese Nachweise aber nicht erbracht habe. Wörtlich heißt es darin: „Mindestsicherungsbescheid für die aktuelle Wohnanschrift! wurde nicht nachgereicht.“

5. Im Rahmen der Beschwerde führte die Beschwerdeführerin aus, sie sei derzeit ohne Arbeit und auf Leistungen der Mindestsicherung angewiesen. Die notwendigen Dokumente habe sie ihrem Antrag beigelegt, ihr damals aktueller Mindestsicherungsbescheid sei bis XXXX gelaufen. Den aktuellen Bescheid für die Zeit von XXXX bis XXXX habe sie erst jetzt erhalten. Daher sei sie nicht in der Lage gewesen, den geforderten Nachweis früher zu erbringen. Sie ersuche darum, der Beschwerde stattzugeben, den Bescheid aufzuheben und ihrem Antrag auf Befreiung von den Rundfunkgebühren nachzukommen.

Der Beschwerde waren der bereits übermittelte Bescheid des XXXX vom XXXX über die Zuerkennung einer Leistung zur Deckung des Lebensunterhaltes und des Grundbetrages zur Deckung des Wohnbedarfs in der Zeit von XXXX bis XXXX (mit der Adresse XXXX , XXXX ) sowie ein Bescheid des XXXX vom XXXX über Zuerkennung einer Leistung zur Deckung des Lebensunterhaltes und des Grundbetrages zur Deckung des Wohnbedarfs in der Zeit von XXXX bis XXXX (mit der Andresse XXXX , XXXX ) angeschlossen.

6. Die Beschwerdeführerin war in der Zeit von XXXX bis XXXX in XXXX , XXXX mit Hauptwohnsitz gemeldet. Seit XXXX hat sie ihren Hauptwohnsitz an der Adresse XXXX , XXXX .

7. Die belangte Behörde teilte auf Anfrage des Bundesverwaltungsgerichtes am XXXX mit, dass bei einem Mindestsicherungsbescheid, der nicht auf die antragsgegenständliche Adresse lautet, erfahrungsgemäß davon auszugehen sei, dass der Leistungsbezug vor allem aufgrund der Änderung der Wohnverhältnisse nicht mehr aktuell sei und sich jedenfalls der Betrag zur Deckung des Wohnbedarfs geändert habe. Die Antragstellerin sei daher aufgefordert worden, den aktuellen Mindestsicherungsbescheid betreffend die neue Wohnung nachzureichen. Man verweise dazu auf die Entscheidung XXXX in einem ähnlich gelagerten Fall.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen beruhen auf den von der belangten Behörde und von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen sowie auf Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Für den Beschwerdefall sind die folgenden Bestimmungen maßgeblich:

3.1.1. § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 5/2008, lautet:

„§ 13. […] (3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.“

3.1.2. § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden: VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 138/2017, regelt die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte und lautet auszugsweise wie folgt:

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

[…]

(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

[…]“

3.1.3. Das Bundesgesetz betreffend die Einhebung von Rundfunkgebühren (Rundfunkgebührengesetz – RGG), BGBl. I Nr. 159/1999 idF BGBl. I Nr. 70/2016, lautet auszugsweise:

„Rundfunkgebühren

§ 3. (1) Die Gebühren sind für jeden Standort (§ 2 Abs. 2) zu entrichten und betragen für

Radio-Empfangseinrichtungen ..................................0,36 Euro

Fernseh-Empfangseinrichtungen ...............................1,16 Euro

monatlich

[…]

(5) Von den Gebühren nach Abs. 1 sind auf Antrag jene Rundfunkteilnehmer zu befreien, bei denen die in §§ 47 bis 49 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, genannten Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr vorliegen.

[…]

Verfahren

§ 6. (1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 4 Abs. 1 obliegt der Gesellschaft; gegen von der Gesellschaft erlassene Bescheide ist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Das AVG ist anzuwenden.

(2) Im Verfahren über Befreiungen sind die §§ 50, 51 und 53 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, anzuwenden.

[…]“

3.1.4. Die §§ 47 bis 51 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970 idF BGBl. I Nr. 70/2016, lauten auszugsweise:

„Befreiungsbestimmungen

§ 47. (1) Über Antrag sind von der Entrichtung

– der Rundfunkgebühr für Radio-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 1. Untersatz RGG),

– der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 2. Untersatz RGG)

zu befreien:

1. Bezieher von Pflegegeld oder einer vergleichbaren Leistung;

2. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktservicegesetz, BGBl. Nr. 313/1994;

3. Bezieher von Leistungen nach pensionsrechtlichen Bestimmungen oder diesen Zuwendungen vergleichbare sonstige wiederkehrende Leistungen versorgungsrechtlicher Art der öffentlichen Hand,

4. Bezieher von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977,

5. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz,

6. Bezieher von Beihilfen nach dem Studienförderungsgesetz 1992,

7. Bezieher von Leistungen und Unterstützungen aus der Sozialhilfe oder der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Hilfsbedürftigkeit.

[…]

§ 48. (1) Die Zuerkennung einer Gebührenbefreiung an Personen nach § 47 ist jedoch dann unzulässig, wenn das Haushalts-Nettoeinkommen den für die Gewährung einer Ausgleichszulage für einen Ein- oder Mehrpersonenhaushalt festgesetzten Richtsatz um mehr als 12 % übersteigt.

(2) Die Bestimmungen des Abs. 1 finden auf die nach § 47 Abs. 2 Z 1 und Z 2 lit. b anspruchsberechtigte Personengruppe keine Anwendung.

(3) Nettoeinkommen im Sinne des Abs. 1 ist die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge.

(4) Bei Ermittlung des Nettoeinkommens sind Leistungen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, Kriegsopferrenten, Heeresversorgungsrenten, Opferfürsorgerenten, Verbrechensopferrenten sowie Unfallrenten und das Pflegegeld nicht anzurechnen. Nicht anzurechnen sind außerdem die Einkünfte der am Standort einer zu pflegenden Person lebenden Pflegeperson, die aus den Einkünften anderer im Haushalt lebender Personen bestritten werden.

(5) Übersteigt das Nettoeinkommen die für eine Gebührenbefreiung maßgebliche Betragsgrenze nach Abs. 1, kann der Befreiungswerber als abzugsfähige Ausgaben geltend machen:

1. den Hauptmietzins einschließlich der Betriebskosten im Sinne des Mietrechtsgesetzes, des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes und anderer vergleichbarer mieterschützender Gesetze, wobei eine gewährte Mietzinsbeihilfe anzurechnen ist; besteht kein Rechtsverhältnis nach dem Mietrechtsgesetz, dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz oder anderen vergleichbaren mieterschützenden Gesetzen, so ist ein monatlicher Pauschalbetrag in der Höhe von 140,00 Euro als Wohnaufwand anzurechnen,

2. anerkannte außergewöhnliche Belastungen im Sinne der §§ 34 und 35 des Einkommensteuergesetzes 1988, Ausgaben im Zusammenhang mit einer 24-Stunden-Betreuung können auch geltend gemacht werden, wenn der Bezug eines Zuschusses des Sozialministeriumservice zur Unterstützung der 24-Stunden Betreuung nachgewiesen wird.

§ 49. Eine Gebührenbefreiung setzt ferner voraus:

1. Der Antragsteller muss an dem Standort, für welchen er die Befreiung von den Rundfunkgebühren beantragt, seinen Hauptwohnsitz haben,

2. der Antragsteller muss volljährig sein,

3. der Antragsteller darf nicht von anderen Personen zur Erlangung der Gebührenbefreiung vorgeschoben sein,

4. eine Befreiung darf nur für die Wohnung des Antragstellers ausgesprochen werden. In Heimen oder Vereinen nach § 47 Abs. 2 eingerichteten Gemeinschaftsräumen gelten für Zwecke der Befreiung als Wohnung.

§ 50. (1) Das Vorliegen des Befreiungsgrundes ist vom Antragsteller nachzuweisen, und zwar:

1. in den Fällen des § 47 Abs. 1 durch den Bezug einer der dort genannten Leistungen,

[…]

(4) Die GIS Gebühren Info Service GmbH ist berechtigt, den Antragsteller zur Vorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden aufzufordern.

[…]

§ 51. (1) Befreiungsanträge sind unter Verwendung des hiefür aufgelegten Formulars bei der GIS Gebühren Info Service GmbH einzubringen. Dem Antrag sind die gemäß § 50 erforderlichen Nachweise anzuschließen.

[…]“

3.2. In Bezug auf den Beschwerdefall enthält demnach die Fernmeldegebührenordnung eine Verpflichtung des Antragstellers, für die Gewährung der Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühr den Befreiungsgrund durch den Bezug einer der in § 47 Abs. 1 Fernmeldegebührenordnung genannten Leistungen nachzuweisen, und berechtigt die belangte Behörde, den Antragsteller zur Vorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden aufzufordern. Die erforderlichen Nachweise sind gemäß § 51 Abs. 1 zweiter Satz Fernmeldegebührenordnung dem Antrag anzuschließen.

3.3. Wenn die belangte Behörde einen Antrag zurückweist, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl. u.a. VwGH 27.08.2020, Ra 2020/15/0035; 29.01.2020, Ra 2019/09/0118).

Es ist daher allein entscheidungswesentlich, ob die Zurückweisung des Antrags durch die belangte Behörde wegen der Nichterbringung der erforderlichen Nachweise eines Befreiungsgrundes bzw. wegen der Nichtvorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden zu Recht erfolgt ist.

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Die von der Behörde gesetzte Frist muss zur Vorlage bereits vorhandener Unterlagen angemessen sein, nicht aber zur Beschaffung dieser Unterlagen (VwGH 26.07.2012, 2008/07/0101; 31.08.1999, 99/05/0143).

3.4. Aus Sicht der belangten Behörde wurden von der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung die gemäß § 51 Abs. 1 Fernmeldegebührenordnung erforderlichen Nachweise nicht erbracht. Die Beschwerdeführerin legte ihrem Antrag (neben Meldebestätigungen aller im Antrag angeführten Personen und einem Energieliefervertrag) ausschließlich zwei Mindestsicherungsbescheide, die auf ihre frühere, jedoch nicht auf die antragsgegenständliche Adresse lauteten, bei.

Mit Schriftsatz vom XXXX wurde die Beschwerdeführerin deshalb von der belangten Behörde aufgefordert, einen Mindestsicherungsbescheid für die aktuelle Wohnanschrift nachzureichen.

Die Beschwerdeführerin reichte daraufhin keine Unterlagen nach.

Da die Beschwerdeführerin bis zur Bescheiderlassung die von der belangten Behörde geforderten Nachweise nicht erbrachte, wurde der verfahrenseinleitende Antrag zurückgewiesen.

3.5. Die Zurückweisung erfolgte jedoch in nicht zulässiger Weise.

Die belangte Behörde forderte die Beschwerdeführerin auf, einen Mindestsicherungsbescheid für die aktuelle Wohnanschrift nachzureichen. Dabei unterließ sie es aber zu begründen, warum sie die von der Beschwerdeführerin bereits vorgelegten Nachweise (die beiden Mindestsicherungsbescheide) nicht als ausreichend betrachtete.

Das Bundesverwaltungsgericht übersieht nicht, dass den beiden mit dem Antrag übermittelten Mindestsicherungsbescheiden (lautend auf die frühere Wohnadresse der Beschwerdeführerin) die Ermittlungen zur damaligen Bedarfsgemeinschaft an der früheren Wohnanschrift zugrunde gelegt sind. Diese treffen keine Aussagen zur Größe, Zusammensetzung, Einkommensverhältnisse der Haushaltsgemeinschaft an der neuen/ antragsgegenständlichen Adresse und insbesondere nicht zum aktuellen Bezug einer sozialen Transferleistung der öffentlichen Hand iSd § 47 Fernmeldegebührenordnung, noch belegen sie die für eine allfällige Befreiung von den Rundfunkgebühren benötigten Voraussetzungen.

Allerdings wäre die belangte Behörde angehalten gewesen, ihre diesbezüglichen Überlegungen bei Erteilung des Verbesserungsauftrages an die Beschwerdeführerin mitzuteilen.

In gleicher Weise enthält der angefochtene Bescheid keine Ausführungen, warum die belangte Behörde die vorgelegten Nachweise nicht als ausreichend betrachtete. Die belangte Behörde belastet ihren Bescheid aufgrund der mangelhaften Begründung daher mit Rechtswidrigkeit nach § 58 Abs. 2 und § 60 AVG.

Darüber hinaus ist zwar davon auszugehen, dass ein neuer Mindestsicherungsbescheid für eine neue Adresse erstellt wird, jedoch wurde dieser im konkreten Fall erst nach dem Zurückweisungsbescheid durch die belangte Behörde erlassen. Der Beschwerdeführerin war es daher nicht möglich, dem Verbesserungsauftrag der belangten Behörde nachzukommen.

3.6. Ausgehend von diesen Erwägungen war somit nach § 28 Abs. 1, 2 und 5 VwGVG vorzugehen und der angefochtene Bescheid infolge Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Bei einer Aufhebung gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG handelt es sich um eine materielle Erledigung der Rechtssache durch (ersatzlose) Behebung des angefochtenen Bescheides in Form eines Erkenntnisses. Die Behebungsgründe bei einem Vorgehen nach § 28 Abs. 5 VwGVG werden gesetzlich nicht genannt. In Betracht kommen etwa die Unzuständigkeit der Behörde oder die rechtswidrige Zurückweisung eines Antrags analog zum bisherigen Verständnis zu § 66 Abs. 4 AVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 [2018] § 28 VwGVG Anm. 17 und 18 mwN).

Als Folge der Aufhebung des angefochtenen Bescheides ist der verfahrensgegenständliche Antrag auf Befreiung von den Rundfunkgebühren wiederum als unerledigt zu betrachten, die belangte Behörde hat erneut über diesen Antrag zu entscheiden.

3.7. Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Die belangte Behörde wird sohin im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, ob die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr iSd § §47 ff Fernmeldegebührenordnung erfüllt.

3.8. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im vorliegenden Fall – auch mangels eines entsprechenden Parteienantrages und angesichts des unbestrittenen Sachverhaltes – gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG abgesehen werden.

3.9. Ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass die Zuständigkeit über die Entscheidung in Bezug auf den Antrag auf Befreiung von der Entrichtung der Ökostrompauschale nicht beim Bundesverwaltungsgericht liegt, sondern bei den ordentlichen Gerichten.

Zu Spruchpunkt B)

3.10. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die vorliegende Entscheidung folgt – wie dargelegt – der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

angemessene Frist Begründungsmangel Behebung der Entscheidung Berechnung Bindungswirkung Einkommensnachweis ersatzlose Behebung Kassation konkrete Darlegung Konkretisierung Mängelbehebung mangelhafter Antrag Mangelhaftigkeit Nachreichung von Unterlagen Nachweismangel Nettoeinkommen Ökostrompauschale Rundfunkgebührenbefreiung Unzuständigkeit BVwG Verbesserungsauftrag Vorlagepflicht Zurückweisung Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W249.2237127.1.00

Im RIS seit

18.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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