TE Vwgh Beschluss 2021/12/10 Ra 2021/16/0089

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Veröffentlicht am 10.12.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

BAO §113
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger und die Hofräte Dr. Thoma und Mag. Straßegger als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der „A“ H GmbH in W, vertreten durch die Advokatur Dr. Herbert Schöpf, LL.M., Rechtsanwalt GmbH in 6020 Innsbruck, Maria Theresien-Straße 34, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 28. September 2021, RV/3100659/2019, betreffend Grunderwerbsteuer (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Österreich), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Unbestritten ist, dass die Revisionsvertreterin am 3. August 2016 mit der Revisionswerberin eine Treuhandvereinbarung abgeschlossen hatte, wonach sie eine Liegenschaft treuhändig für die Revisionswerberin kaufe und die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Liegenschaft auch im Rahmen des folgenden Kaufvertragsabschlusses zwischen der Treuhänderin und den Grundeigentümern bei der Treugeberin verbleibe. Mit Kaufvertrag vom 3. und 10. August 2016 erwarb die Revisionsvertreterin - treuhändig - im eigenen Namen eine Liegenschaft um 2 Mio. € käuflich, wofür die Revisionsvertreterin Grunderwerbsteuer in der Höhe von 70.000,- € entrichtete. Mit Übergabsvertrag vom 8. November 2017 übertrug die Revisionsvertreterin diese Liegenschaft ohne weitere Gegenleistung an die Revisionswerberin ins grundbücherliche Eigentum.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde der Revisionswerberin gegen die Vorschreibung von Grunderwerbsteuer für die Treuhandvereinbarung vom 3. August 2016 gemäß § 279 BAO teilweise Folge und änderte den angefochtenen Bescheid dahingehend ab, dass Grunderwerbsteuer ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von 2,070.000 € mit 3,5 v.H., sohin mit dem Betrag von 72.450 €, festgesetzt werde.

Weiters sprach das Gericht aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Erwägend kam das Gericht zusammengefasst zum Schluss, die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer für den Abschluss des Kaufvertrages vom 3. und 10. August 2016 entspreche der Rechtslage. Die der Revisionsvertreterin im Rahmen eines Telefonates am 15. Juni 2016 mit der Leiterin des Fachbereiches des damaligen Finanzamts für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel geführten Telefonat erteilte Auskunft betreffend die Maßgeblichkeit von § 1 Abs. 4 GrEStG sei weder unrichtig noch unvollständig gewesen, weil sie sich auf den dritten Erwerbsvorgang, die Liegenschaftsübertragung an die Treugeberin, bezogen habe. Insbesondere gegenüber einem berufsmäßigen Parteienvertreter habe über die konkrete Anfrage hinausgehend keine Belehrungs- oder Manuduktionspflicht bestanden.

3        In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision erachtet sich die Revisionswerberin in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt, dass sie bzw. ihre Rechtsvertreterin zum einen keine umfassende Rechtsbelehrung im Sinn des § 113 BAO erhalten habe und zum anderen eine Anrechnung im Sinn des § 1 Abs. 4 GrEStG nicht stattgefunden habe. Sie beantragt, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, in eventu, abzuändern.

4        Die Revision legt ihre Zulässigkeit zusammengefasst darin dar, es existiere keine Rechtsprechung zur Frage, ob Abgabenbehörden zur umfassenden Rechtsbelehrung im Sinn des § 113 BAO verpflichtet seien, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - eine (freiwillige) Auskunft erteilt hätten. Weiters habe das Gericht rechtsirrig subsumiert, dass § 113 BAO gar nicht zur Anwendung gelange und darüber hinaus eine umfassende Belehrungs- und Manuduktionspflicht gar nicht gegeben sei.

5        Gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Die Zulässigkeit einer Revision setzt bei der Geltendmachung eines Verfahrensmangels voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage tatsächlich „abhängt“. Davon kann in Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel jedoch nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz für den Verfahrensausgang dargelegt wird, d.h., dass der behauptete Verfahrensmangel abstrakt geeignet sein müsste, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einem anderen - für den Revisionswerber günstigeren - Ergebnis zu führen (vgl. etwa VwGH 15.9.2020, Ro 2020/16/0028, mwN).

7        Zur Darstellung der grunderwerbsteuerlichen Rechtslage wird gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf das - auch im angefochtenen Erkenntnis zitierte - Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Feber 2003, 2001/16/0519, verwiesen.

8        Abgesehen davon, dass sich eine Rechtsbelehrungspflicht nach § 113 BAO nur auf Verfahrensangelegenheiten - ausgehend von den Feststellungen war im Zeitpunkt des fraglichen Telefonates am 15. Juni 2016 noch gar kein Verfahren anhängig - und nicht auf Fragen des materiellen Rechts stützt (vgl. etwa die in Ritz/Koran, Kommentar zur BAO7, unter Rz. 1 zu § 113 BAO wiedergegebene Judikatur), lässt die vorliegende außerordentliche Revision in der Darlegung ihrer Zulässigkeit die Erwägung des Gerichtes unberührt, dass die dem Revisionsvertreter am 15. Juni 2016 zuteil gewordene Auskunft ohnehin inhaltlich richtig gewesen sei; sie unterlässt es im Übrigen darzulegen, welche Auskunft dem Revisionswerber vorenthalten worden wäre, die - gebührenrechtlich betrachtet - zu einem für die Revisionswerberin günstigeren Ergebnis hätte führen können.

9        Die Revision ist daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren unter Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 10. Dezember 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021160089.L00

Im RIS seit

18.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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