TE Vwgh Erkenntnis 2021/12/10 Ra 2021/03/0137

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Veröffentlicht am 10.12.2021
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren
82/02 Gesundheitsrecht allgemein

Norm

AVG §33 Abs3
EpidemieG 1950 §33
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 7. Juni 2021, Zl. 405-8/304/1/2-2021, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Verdienstentgang nach dem Epidemiegesetz 1950 (mitbeteiligte Partei: „D“ GmbH in B), zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird stattgegeben.

Das angefochtene Erkenntnis wird dahingehend abgeändert, dass die Beschwerde der mitbeteiligten Partei gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 31. März 2021, Zl. 3040501-50802/2995/3-2021, als unbegründet abgewiesen wird.

Begründung

1        Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau - der nunmehrigen Amtsrevisionswerberin - vom 31. März 2021 wurde der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zuerkennung einer Vergütung gemäß § 32 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) für die erfolgte Absonderung einer bei ihr beschäftigten Arbeitnehmerin als verspätet zurückgewiesen. Die Amtsrevisionswerberin ging davon aus, dass der am 4. Februar 2021 bei ihr eingelangte Antrag auf Verdienstentgang für die bis einschließlich 2. November 2020 erfolgte Absonderung verspätet eingebracht worden sei.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Salzburg (Verwaltungsgericht) der dagegen erhobenen Beschwerde statt und behob den angefochtenen Bescheid. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig. Im Wesentlichen ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Frist zur Einbringung eines Antrages auf Verdienstentgang mit dem 3. November 2020 zu laufen begonnen und am 3. Februar 2021 geendet habe. Weil der Antrag noch am 3. Februar 2021 zur Post gegeben worden sei und gemäß § 33 Abs. 3 AVG die Tage des Postlaufs nicht in die Frist miteinzuberechnen seien, habe die mitbeteiligte Partei den Antrag rechtzeitig gestellt.

3        Dagegen richtet sich die vorliegende Amtsrevision der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung abzuändern bzw. wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.

4        Die mitbeteiligte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5        Die Amtsrevisionswerberin bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, das Verwaltungsgericht weiche insofern von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, als es sich bei der Frist zur Geltendmachung des Anspruches auf Vergütung des Verdienstentganges nach § 33 in Verbindung mit § 49 EpiG um eine materiell-rechtliche Frist handle und das Verwaltungsgericht zu Unrecht von einer verfahrensrechtlichen Frist ausgegangen sei. Die Tage des Postlaufs seien somit nicht miteinzuberechnen gewesen.

6        Die Revision ist zulässig und begründet:

7        Nach den - unbestritten gebliebenen - Feststellungen des Verwaltungsgerichts wurde die näher genannte Arbeitnehmerin der mitbeteiligten Partei mit Bescheid der Amtsrevisionswerberin vom 26. Oktober 2020 vom 23. Oktober 2020 bis einschließlich 2. November 2020 abgesondert. Der Antrag auf Vergütung des Verdienstentganges wurde am 3. Februar 2021 zur Post gegeben und langte am 4. Februar 2021 bei der Amtsrevisionswerberin ein.

8        Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Qualifizierung der Frist nach § 33 EpiG bereits festgehalten, dass es sich dabei um eine materiell-rechtliche Frist handelt, bei der das Postlaufprivileg nach § 33 Abs. 3 AVG nicht zu Anwendung kommt (vgl. VwGH 23.4.2002, 2000/11/0061, im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 vgl. auch VwGH 24.6.2021, Ra 2021/09/0094). Das Verwaltungsgericht belastete die angefochtene Entscheidung somit mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

9        Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt. Dieser Fall liegt hier vor:

10       Auf Grundlage der unbestrittenen Feststellungen (siehe oben Rn. 7) begann die gemäß § 33 in Verbindung mit § 49 EpiG dreimonatige Frist zur Geltendmachung eines Anspruchs auf Vergütung für den Verdienstentgang wegen einer Absonderung im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 mit dem Tag der Aufhebung der Absonderung am 3. November 2021 zu laufen und endete am 3. Februar 2021. Die Amtsrevisionswerberin ging daher zu Recht davon aus, dass der am 3. Februar 2021 zur Post gegebene und (erst) am 4. Februar 2021 bei ihr eingelangte Antrag verspätet eingebracht wurde.

11       Das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichts war daher dahingehend abzuändern, dass die Beschwerde der mitbeteiligten Partei gegen den Bescheid der Amtsrevisionswerberin als unbegründet abzuweisen war.

Wien, am 10. Dezember 2021

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021030137.L00

Im RIS seit

18.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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