TE Vwgh Beschluss 2021/12/16 Ra 2021/02/0245

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Veröffentlicht am 16.12.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

B-VG Art133 Abs4
StVO 1960 §5 Abs2
StVO 1960 §99 Abs1 litb
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller und den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des H in J, vertreten durch Mag. Gerold Loinger, Rechtsanwalt in 6300 Wörgl, Innsbrucker Straße 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 13. Oktober 2021, LVwG-2021/22/2290-3, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 20. Juli 2021 wurden über den Revisionswerber wegen einer nach Tatort und Tatzeit näher bezeichneten Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b iVm. § 5 Abs. 2 StVO eine Geld- sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgeschrieben. Der Spruch des Straferkenntnisses lautete dabei wie folgt: „Sie haben sich nach Aufforderung durch ein besonders geschultes Organ der Bundespolizei geweigert, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet werden konnte, dass Sie zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort das angeführte Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt haben“.

2        2.1. Das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) wies die vom Revisionswerber erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die als erwiesen angenommene Tat zu lauten habe wie folgt: „Sie haben zur angeführten Zeit am angeführten Ort den angeführten PKW gelenkt und sich nach Aufforderung durch ein besonders geschultes Organ der Bundespolizei geweigert, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen“. Das LVwG verpflichtete den Revisionswerber weiters zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens und sprach aus, dass die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3        2.2. Das LVwG stellte u.a. fest, dass der Revisionswerber seinen PKW zu einer näher bezeichneten Zeit am Tatort gelenkt habe und nach einer Fahrzeugkontrolle durch ein besonders geschultes Organ der Bundespolizei aufgefordert worden sei, sich einer Untersuchung der Atemluft mit dem im Einsatzfahrzeug befindlichen Alkomaten zu unterziehen. Dies habe der Revisionswerber verweigert, indem er den Ort der Amtshandlung für einige Minuten verlassen habe und zu seiner ca. 25 Meter entfernten Werkhalle gegangen sei.

4        Das LVwG erläuterte seine Beweiswürdigung, die rechtlichen Überlegungen sowie die Strafbemessung.

5        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        Die Revision bringt nach Darstellung zweier Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes zu ihrer Zulässigkeit vor, dem Revisionswerber sei ein Verhalten als Verweigerung angelastet worden, welches das Zustandekommen des vorgesehenen Tests nicht verhindert hätte, weil der Revisionswerber das Sichtfeld des Beamten nicht verlassen habe und zum andern vor Ablauf der fünfzehnminütigen Wartezeit zur Durchführung des Alkomattests zurückgekehrt sei „bzw. der einschreitende Beamte die Amtshandlung aufgrund der Entfernung des RW vom Ort der Amtshandlung als Grund zum Abbruch des Alkoholtests“ angesehen habe und dies als Verweigerung des Alkoholtests interpretiert habe.

10       Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung VwGH 26.1.2000, 99/03/0318, VwSlg. 15.329 A/2000, erkannt, dass der Proband während des Zeitraumes von 15 Minuten vor Beginn der ersten Messung nicht vom Exekutivorgan beobachtet werden müsse. Maßgebend sei vielmehr, dass der Proband während dieser Zeit die in der Zulassung durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen und in der Betriebsanleitung angeführten Handlungen, die zu einer Verfälschung des Messergebnisses führten könnten, unterlasse. Das dem Revisionswerber vorgeworfene Verhalten sei nun aber objektiv nicht geeignet, das ordnungsgemäße Zustandekommen der Atemluftuntersuchung zu verhindern. Eine Belehrung des Revisionswerbers über die Konsequenzen einer Entfernung von der Amtshandlung sei vom Beamten nicht behauptet worden. Der Revisionswerber habe die Amtshandlung weder gestört noch verzögert. Der einschreitende Beamte sei nur zur Anordnung solcher Maßnahmen berechtigt, die zur Vermeidung der Verfälschung von Messergebnissen dienten; eine Missachtung einer Anweisung des Beamten, die nicht diesem Zweck dienten, könne nicht als Verweigerung angesehen werden. Es stelle sich daher die Rechtsfrage, ob ein Verhalten des Untersuchten, das das Zustandekommen des vorgesehenen Atemalkoholtests nicht verhindere, jedoch einer Anweisung des amtshandelnden Exekutivorgans widerspreche, welche nicht den in der Betriebsanleitung des Alkoholmessgerätes angeführten Handlungen, die zu einer Verfälschung des Messergebnisses führen könne, eine Verweigerung der Durchführung eines Atemalkoholtests iSd. § 5 Abs. 2 iVm § 99 Abs. 1 lit. b StVO darstelle.

11       Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt. Entfernt sich der Revisionswerber bei der Zulässigkeitsbegründung vom festgestellten Sachverhalt, kann schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen (vgl. etwa VwGH 21.4.2021, Ra 2021/02/0086, mwN).

12       Das strafbare Verhalten bei einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO 1960 ist die Weigerung, seine Atemluft auf Alkohol untersuchen zu lassen, obwohl eine rechtmäßige Aufforderung nach § 5 Abs. 2 StVO 1960 ergangen ist. Nach dem dritten Satz des § 5 Abs. 2 StVO ist einer Aufforderung zur Ablegung des Alkotests gemäß § 5 Abs. 2 zweiter Satz StVO Folge zu leisten (vgl. VwGH 24.5.2013, 2013/02/0073, mwN).

13       Es entspricht weiters der ständigen hg. Rechtsprechung, dass der objektive Tatbestand bereits mit der Weigerung, sich dem Alkotest zu unterziehen, vollendet ist (VwGH 26.1.2010, 2009/02/0326, mwN).

14       Als Weigerung, sich dem Atemalkoholtest zu unterziehen, gilt auch ein Verhalten des Probanden, das das Zustandekommen des vorgesehenen Tests verhindert. Ein solches Verhalten ist darin zu erblicken, dass der Beschwerdeführer jenen Ort, an dem die Atemluftprobe durchgeführt werden sollte, verlässt (vgl. z.B. erneut VwGH 26.1.2010, 2009/02/0326, mwN, oder VwGH 24.4.2014, 2012/02/0134; vgl. auch VwGH 23.1.1991, 90/02/0181; erneut VwGH 24.5.2013, 2013/02/0073).

15       Vor dem Hintergrund des vom LVwG festgestellten Sachverhalts, wonach der Revisionswerber - nach Aufforderung durch ein besonders geschultes Organ der Bundespolizei, sich einer Untersuchung der Atemluft zu unterziehen - den Ort der Amtshandlung für einige Minuten verlassen hat und zu seiner ca. 25 Meter entfernten Werkhalle gegangen ist, ist ein Abweichen des LVwG von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ersichtlich.

16       Es ist auch nicht erforderlich, einen geprüften Fahrzeuglenker über die Rechtsfolgen einer allfälligen Verweigerung der Atemluftprobe zu belehren, weil ihm die Bestimmungen der StVO bekannt sein müssen (VwGH 9.10.2017, Ra 2017/02/0138, mwN).

17       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 16. Dezember 2021

Schlagworte

Alkotest Verweigerung Alkotest Voraussetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021020245.L00

Im RIS seit

18.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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