TE Lvwg Erkenntnis 2021/12/13 LVwG-2021/45/0607-3

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Veröffentlicht am 13.12.2021
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Entscheidungsdatum

13.12.2021

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §13 Abs2
AVG §13 Abs5

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Stemmer über die Beschwerde des Herrn AA, wohnhaft in Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 02.02.2021, Zl ***, betreffend eine Angelegenheit nach dem Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG)

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang und Sachverhalt:

Mit Strafverfügung vom 21.12.2020, Zl ***, wurden dem Beschwerdeführer seitens der belangten Behörde drei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 lit c TLPG (Ehrenkränkungen) zur Last gelegt und über ihn jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 60,--, Ersatzfreiheitsstrafe 93 Stunden, verhängt. Diese Strafverfügung wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am Mittwoch, dem 13.01.2021 mittels Hinterlegung zugestellt, nachdem zuvor am 12.01.2021 ein Zustellversuch nicht erfolgreich war und eine Verständigung über die Hinterlegung an der Eingangstür angebracht worden war. Der Beschwerdeführer behob die Strafverfügung nach eigenen Angaben am 15.01.2021.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer schriftlich per Mail an die belangte Behörde am 27.01.2021 um 22.14 Uhr Einspruch. Zudem wurde der gleichlautende Einspruch am 28.01.2021 um 11.50 Uhr zur Post gegeben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 02.02.2021, Zl ***, wurde der Einspruch gegen die Strafverfügung vom 21.12.2020 gemäß § 49 Abs 1 iVm Abs 3 VStG als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass die Strafverfügung am 13.01.2021 begonnen habe. Dagegen habe der Beschwerdeführer mittels Email am 27.01.2021 um 22:14 Uhr bei der Bezirkshauptmannschaft Y Einspruch erhoben. Der Einspruch sei somit außerhalb der Amtsstunden eingegangen. Die zweiwöchige Einspruchsfrist habe entsprechend den Regelungen über die Fristberechnung (§ 13 Abs 2 und 5, § 32 Abs 2 AVG) und der angeführten Bekanntmachung der belangten Behörde nach § 13 Abs 2 und 5 AVG de facto mit Ablauf der Amtsstunden am 27.01.2021 geendet. Da der Beschwerdeführer somit die gesetzlich festgelegte Frist versäumt habe, sei der Einspruch zurückzuweisen gewesen. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am 09.02.2021 mittels Hinterlegung zugestellt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht am 19.02.2021 Beschwerde und führte aus, dass der Einspruch als grundlos nicht anerkannt werde. Der Brief der belangten Behörde sei erst am 11.01.2021 in Y aufgegeben worden, somit sei schon mal von Seiten der belangten Behörde die 14-tägige Frist versäumt worden. Zum Beweis dafür legte er ein Foto des Aufgabestempels der verfahrensgegenständlichen Strafverfügung mit Datum 11.01.2021 bei. Die Hinterlegung des Briefes durch die Post sei am 12.01.2021 erfolgt (entsprechender Vermerk des Zustellers auf dem Kuvert wurde als Foto mitgeschickt), die Abholung bzw Anname sei am 15.01.2021 in der Poststelle Stumm erfolgt, ab diesem Datum werde die Zustellung erst wirksam – es sei daher von einer Zustellung am 15.01.2021 auszugehen. Der Einspruch sei fristgerecht am 27.01.2021 per Mail bzw am 28.01.2021 per Einschreiben erfolgt.

II.      Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt bzw Verfahrensgang ergibt sich in unzweifelhafter Weise aus der vorliegenden Aktenlage, insbesondere der im Akt einliegenden Rückscheine, und ist im Übrigen nicht strittig.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG abgesehen werden.

III.     Rechtslage:

Die verfahrensgegenständlich relevante Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG), BGBl Nr 52/1991 idF BGBL I Nr 57/2018 lautet wie folgt:

§ 49

(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht und nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch, soweit er nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben oder zurückgezogen wird, ist die Strafverfügung zu vollstrecken.

Die verfahrensgegenständlich relevante Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), BGBl Nr 51/1991, bzw idF BGBL I Nr 57/2018 (§ 13) lautet wie folgt:

3. Abschnitt: Verkehr zwischen Behörden und Beteiligten

Anbringen

§ 13.

(1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.

(2) Schriftliche Anbringen können der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.

(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

(4) Bei Zweifeln über die Identität des Einschreiters oder die Authentizität eines Anbringens gilt Abs. 3 mit der Maßgabe sinngemäß, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der Frist als zurückgezogen gilt.

(5) Die Behörde ist nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, und, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, mündliche oder telefonische Anbringen entgegenzunehmen. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen.

(6) Die Behörde ist nicht verpflichtet, Anbringen, die sich auf keine bestimmte Angelegenheit beziehen, in Behandlung zu nehmen.

(7) Anbringen können in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.

(8) Der verfahrenseinleitende Antrag kann in jeder Lage des Verfahrens bis zu einer allfälligen Schließung des Ermittlungsverfahrens (§ 39 Abs. 3) geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden.

Fristen

§ 32. (1) Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.

(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

Die verfahrensgegenständlich relevante Bestimmung des Zustellgesetzes (ZustG), BGBl Nr 200/1982 idF BGBl I Nr 5/2008, lautet wie folgt:

Hinterlegung

§ 17.

(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

Im Internet auf der Homepage des Landes Tirol fand sich bei der belangten Behörde Bezirkshauptmannschaft Y unter der Rubrik „Kundmachungen“ im Zeitpunkt der Einbringung des Einspruches (Stichtag 27.01.2021) folgende Bekanntmachung des Bezirkshauptmannes nach § 13 Abs 2 und 5 AVG, § 86b BAO:

I.

A.) Rechtswirksames Einbringen im elektronischen Verkehr

1. Für das rechtswirksame Einbringen von schriftlichen Anbringen (§ 13 Abs. 1 AVG und § 86b BAO) im elektronischen Verkehr an die Bezirkshauptmannschaft Y stehen folgende Kontakte zur Verfügung:

E-Mail:                                   ***@tirol.gv.at; für Anträge auf Vergütung des Verdienstentganges auch ***@tirol.gv.at

Online-Formulare:                    https://www.tirol.gv.at/formulare

Elektronischer Zustelldienst: *** (Ordnungsnummer)

Telefax:                             ***

Anbringen, die an die persönlichen E-Mail-Adressen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie an sonstige E-Mail- oder Telefax-Kontakte gerichtet werden, gelten nicht als rechtswirksam eingebracht.

[…]

B.) Amtsstunden und Parteienverkehrszeiten

Amtsstunden:

a) Montag von 7:30 Uhr bis 12:00 Uhr und von 14:00 Uhr bis 17:00 Uhr

b) Dienstag bis Donnerstag von 7:30 Uhr bis 12:00 Uhr und von 14:00 Uhr bis 16:00 Uhr

c) Freitag von 7:30 Uhr bis 12:00 Uhr

Parteienverkehrszeiten:

a) Montag von 7:30 Uhr bis 12:00 Uhr und von 13:00 Uhr bis 17:00 Uhr

b) Dienstag bis Freitag von 7:30 Uhr bis 12:00 Uhr

[…]

Diese Bekanntmachung wurde an der Amtstafel am 08.07.2020 angeschlagen und am 19.03.2021 abgenommen und durch die neue Bekanntmachung GZ: *** am 19.03.2021 ersetzt. Im Internet war die Kundmachung GZ: *** vom 06.07.2020 bis 19.03.2021 geladen (vgl das im Akt einliegende Mail der belangten Behörde vom 17.12.2021).

IV.      Erwägungen:

Gemäß § 49 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat. Wird der Einspruch rechtzeitig eingebracht, dann ist gemäß § 49 Abs 2 VStG das ordentliche Verfahren einzuleiten. Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird, dann ist die Strafverfügung gemäß § 49 Abs 3 VStG zu vollstrecken.

Hinsichtlich der Zustellung ist im konkreten Fall auszuführen: Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 Zustellgesetz regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument gemäß § 17 Abs 1 Zustellgesetz im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

Gemäß § 17 Abs 3 Zustellgesetz ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereit zu halten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt.

Die Strafverfügung vom 21.12.2020 wurde dem Beschwerdeführer mit Zustellnachweis zugestellt. Am Zustellschein ist dabei ausgewiesen, dass der Zustellversuch am 12.01.2021 erfolgt ist und eine Verständigung über die Hinterlegung an der Eingangstür angebracht worden war. Als Beginn der Abholfrist wurde Mittwoch, der 13.01.2019 festgesetzt. Damit wurde der Lauf der Frist wie ausgeführt mit diesem Tag in Gang gesetzt. Ortsabwesenheit wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet, vielmehr hat er angegeben, die Strafverfügung am 15.01.2021 behoben zu haben. Entgegen der Rechtsmeinung des Beschwerdeführers ist die tatsächliche Behebung eines Schriftstückes nicht von Relevanz, da die Frist wie ausgeführt mit dem Tag beginnt, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Das war im gegenständlichen Fall Mittwoch, der 13.01.2021.

Gemäß der oben angeführten Regelung des § 32 Abs 2 AVG enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Bei einem Beginn der Frist am Mittwoch, dem 13.01.2021 ist somit die zweiwöchige Rechtsmittelfrist, auf die auch in der Strafverfügung ausdrücklich hingewiesen wurde, mit Mittwoch, dem 27.01.2021 abgelaufen.

Der Beschwerdeführer hat via Mail am 27.01.2021 um 22:14 Uhr Einspruch erhoben. Ebenso hat er den Einspruch am 28.01.2021 zur Post gebracht. Nachdem die Frist am 27.01.2021 geendet hatte, war der postalisch übermittelte Einspruch jedenfalls verspätet. Zu dem am 27.01.2021 eingebrachten Einspruch per Mail ist auszuführen wie folgt: Aufgrund des § 13 AVG hat der Bezirkshauptmann die oben zitierte Bekanntmachung nach § 13 Abs 2 und 5 AVG erlassen. Diese war zum relevanten Zeitpunkt 27.01.2021 sowohl im Internet als auch auf der Amtstafel kundgemacht. In dieser Bekanntmachung war unter Punkt A.) 1. Die Möglichkeit der rechtswirksamen Einbringung von Anbringen per E-Mail festgelegt. Als organisatorische Beschränkung iSd § 13 Abs 2 AVG wurde festgehalten, dass Anbringen, die an die persönlichen E-Mail-Adressen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie an sonstige E-Mail- oder Telefax-Kontakte gerichtet werden, nicht als rechtswirksam eingebracht gelten.

Der Beschwerdeführer hat von der Möglichkeit der Einbringung seines Einspruches per Mail Gebrauch gemacht und dazu die in der Bekanntmachung verlautbarte E-Mail-Adresse verwendet.

Nach ständiger Judikatur des VwGH gelten Anbringen, sofern die Behörde auch außerhalb ihrer Amtsstunden Empfangsgeräte empfangsbereit hält, als noch am selben Tag eingebracht. Ausgenommen sind jene Fälle, in denen die Behörde ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der Amtsstunden durch entsprechende Erklärungen mit der Wirkung zum Ausdruck bringt, dass elektronische Anbringen auch dann, wenn sie bereits in ihren elektronischen Verfügungsbereich gelangt sind, erst zu einem späteren Zeitpunkt (mit Wiederbeginn der Amtsstunden) als eingebracht (und eingelangt) gelten (VwGH 14.10.2015, Ra 2015/17/0039, mwN; VwGH 27.03.2019, Ro 2017/10/0025). Entscheidend ist somit, ob die Behörde von der ihr nach § 13 Abs 2 zweiter Satz AVG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch macht und ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der Amtsstunden mit der Wirkung bekundet, dass sie auch dann, wenn sie bereits in ihren elektronischen Verfügungsbereich gelangt sind, erst zu einem späteren Zeitpunkt - mit Wiederbeginn der Amtsstunden - als eingebracht und eingelangt gelten (Hinweis E vom 23. Mai 2012, 2012/08/0102; vgl ua VwGH 17.02.2021, Ro 2021/07/0003 mwN). Das war in der entscheidungsrelevanten Bekanntmachung nicht der Fall. In organisatorischer Hinsicht hat die Behörde in dieser Bekanntmachung nur eine Beschränkung in Hinblick auf personalisierte E-Mail-Adresse vorgenommen. Damit war für den Beschwerdeführer nicht ersichtlich, dass sein (außerhalb der Amtsstunden eingebrachter) Einspruch mittels Mail an die in der Bekanntmachung genannte Adresse am letzten Tag der Frist nicht rechtzeitig sein soll.

Im Ergebnis war daher der gegenständliche via Mail eingebrachte Einspruch am letzten Tag der Frist rechtzeitig. Der angefochtene Bescheid, mit dem der Einspruch des Beschwerdeführers als verspätet zurückgewiesen wurde, war daher zu beheben und spruchgemäß zu entscheiden.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr.in Stemmer

(Richterin)

Schlagworte

Rechtzeitigkeit der Einbringung
elektronische Einbringen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.45.0607.3

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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