TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/28 W168 2205054-2

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Veröffentlicht am 28.06.2021
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Entscheidungsdatum

28.06.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §88 Abs1

Spruch


W168 2205054-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Armenien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.03.2021, Zl. 525676508/190912222, zu Recht erkannt:

A)       

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)       

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Vorverfahren

1.1 Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein armenischer Staatsangehöriger, stellte am 03.05.2018 bei der belangten Behörde seinen ersten Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses.

1.2. Mittels Parteiengehör gem. § 45 Abs. 3 AVG vom 25.06.2018 wurde der BF aufgefordert, einen Nachweis zu erbringen, der das Interesse der Republik Österreich an einem Fremdenpass für Ihre Person belege und wurde weiters aufgefordert, bekannt zu geben, unter welchen Voraussetzungen des § 88 FPG der BF den Antrag stelle.

1.3. Der BF übermittelte daraufhin ein Schreiben der armenischen Botschaft vom 19.07.2018, mit welchem bezugnehmend auf sein Schreiben, aus dem armenischen Staatsverband austreten zu wollen, er aufgefordert wurde, einen gültigen armenischen Reisepass, einen Militärnachweis, sowie zusätzlich näher genannte Unterlagen vorzulegen. Weiters wurden eine Einstellungszusage vom 23.07.2018 und eine Geburtsurkunde vorgelegt.

1.4. Mit Bescheid des BFA vom 06.08.2018 wurde der Antrag des BF auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 88 Absatz 2a FPG abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass der BF Staatsbürger Armeniens sei, nicht über asylrechtlichen Schutz verfüge und sich sein Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz begründe. Ein Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses gem. § 88 Abs. 1 FPG liege nicht vor. Trotz Aufforderung mittels Parteiengehör, habe der BF keinerlei Nachweise eingebracht, die ein Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses für seine Person bestätigen würden. Der Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses sei somit mangels Erfüllung der Voraussetzungen abzuweisen gewesen. Zudem falle der BF nicht unter den Personenkreis, denen ein Fremdenpass gem. § 88 Abs. 2a FPG ausgestellt werden könne.

1.5. Gegen diese Entscheidung wurde mit Schriftsatz vom 03.09.2018 fristgerecht Beschwerde, wegen nach Dafürhalten des BF eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens, einer mangelhaften Beweiswürdigung und wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit erhoben.

Begründend führte der BF im Wesentlichen aus, er habe ein Schreiben der armenischen Botschaft vorgelegt, worin diese bestätigt, dass der BF mangels Ableistung des Wehrdienstes in Armenien kein Reisepass ausgestellt werden könne. Weil der BF den Wehrdienst bislang nicht absolviert habe, gelte er als „ausgebürgert“. Die belangte Behörde habe nicht dargelegt, wie sie zu den entsprechenden Feststellungen gelangte. Das öffentliche Interesse der Republik Österreich wurde damit begründet, dass dem BF bereits ein Fremdenpass ausgestellt worden sei und zwischenzeitlich keine gravierenden Änderungen in Bezug auf die Person des BF eingetreten seien. Letztlich werde eine Gesetzesprüfung in Bezug auf den § 88 FPG angeregt, um dessen Verfassungswidrigkeit festzustellen und ihn gegebenenfalls aufzuheben. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

1.6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.08.2019, L515 2205054-1/5E, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass der BF mittels Parteiengehörs aufgefordert worden sei, bekanntzugeben, welches positive Interesse der Republik an der Ausstellung eines Fremdenpasses vorliege und unter welchen Voraussetzungen des § 88 FP der BF seinen Antrag stelle. Nachdem der BF dem Parteiengehör keine Folge geleistet habe, könne schon naturgemäß kein mangelhaftes Ermittlungsverfahren vorliegen und seien angesichts der Untätigkeit des BF den in der Beschwerde vermeintlich aufgeworfenen Verfahrensfehlern dem BF der Boden entzogen. Aus einer allenfalls bisher vorgenommenen Ausstellung eines Fremdenpasses könne kein Rechtsanspruch auf eine Stattgebung weiterer Anträge abgeleitet werden.

2. Gegenständliches Verfahren

2.1. Am 06.09.2019 stellte der BF erneut einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses und führte im Antrag aus, dass die armenische Botschaft ihm keinen Pass ausgestellt habe, da er den Militärdienst nicht abgeleistet habe. Dem Antrag wurden ein Schreiben der Botschaft der Republik Armenien vom 02.08.2019 über die Vorlage notwendiger Unterlagen für den Erhalt eines Reisepasses, eine Kopie seiner „Rot-Weiß-Rot“ Karte plus, ein armenisches Dokument, ein Nachweis eines Arbeitsverhältnisses vom 05.09.2019 seit dem 08.04.2019 sowie eine Anfrage zur Dokumentenausstellung vom 05.09.2019 angeschlossen.

2.2. Mit Parteiengehör vom 07.11.2019 wurde der BF aufgefordert, binnen vier Wochen ab Erhalt des Schreibens bekannt zu geben, welches positive Interesse der Republik Österreich vorliege, damit ihm ein Fremdenpass ausgestellt werden könne und unter welchen Voraussetzungen er einen Antrag stelle. Sollten innerhalb dieser Frist keine Stellungnahme bzw. keine Nachweise bei der Behörde einlangen, werde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse entscheiden und den Antrag des BF abweisen.

2.3. In einer Übernahmebestätigung des BFA wurde bestätigt, dass der BF das Schreiben betreffend Parteiengehör am 16.12.2019 persönlich übernommen habe.

2.4. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes vom 23.03.2021 wurde der Antrag des BF auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF keinerlei Gründe vorgebracht habe, aus denen sich ergeben würde, dass nunmehr ein geänderter Sachverhalt vorliege, der eine neuerliche Entscheidung in der Sache notwendig mache. Die Tatsache, dass dem BF mangels Ableistung des Militärdienstes in Armenien die Ausstellung eines Reisepasses verweigert werde, stelle keine Unmöglichkeit dar, sich ein gültiges Reisedokument seines Heimatstaates zu beschaffen, zumal entsprechend notorisch bekannter Länderberichte in Armenien die Möglichkeit der Rückstellung aus sozialen Gründen bestehe.

2.5. Gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 23.03.2021 wurde binnen offener Frist am 21.04.2021 Beschwerde erhoben. Darin wurde seitens des BF im Wesentlichen ausgeführt, dass dem BF Parteiengehör verwehrt worden sei, da er seinen Antrag im gegenständlichen Verfahren erst am 05.11.2020 eingebracht habe. Der BF habe allerdings auch nach dem gegenständlichen Antrag keine Aufforderung erhalten und sei das Parteiengehör verletzt worden, weswegen der Bescheid zu beheben sei. Der BF sei bereits seit 2004 in Österreich, habe seine Ausbildung im Bundesgebiet absolviert und sei seit vier Jahren mit einer Österreicherin in einer Beziehung. Der Freundeskreis des BF befinde sich ausschließlich in Österreich und er sei hier ebenfalls sozialisiert worden. In Armenien würden nur mehr die Großeltern leben, zu welchen nur sporadisch Kontakt bestehe. Der BF benötige den Fremdenpass insbesondere für seine Arbeit, da sein Arbeitgeber in der Vergangenheit mehrfach große Baustellen im ausländischen Umland gehabt habe, bei denen der BF in Ermangelung eines Passes nicht mitarbeiten könne. Anders als im angefochtenen Bescheid angeführt, erhalte der BF keinen armenischen Pass, da die armenische Botschaft auf Nachfrage des Vaters des BF dezidiert erklärt habe, dass der BF keinen Pass erhalte und ihm auch keine anderweitigen Vergünstigungen ausgestellt werden würden.

2.6. Dem gewillkürten Vertreter des BF wurde mit Datum 1.6.2021 insbesondere auch bezogen auf die Ausführungen in der Beschwerdeschrift, wonach dem BF im gegenständlichen Verfahren durch das BVwG kein Parteiengehör gewährt worden wäre ein ergänzendes Parteiengehör gewährt. Dies, da sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt bereits die Gewährdung eines Parteiengehörs im erstinstanzlichen Verfahren ergibt und dieserart Ausführungen der Beschwerdeschrift somit sich nicht aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ableitbaren Verfahrensgang nachvollziehbar sind. Eine Stellungnahme oder konkret auf dieses Vorbringen bezogene Antwort des gewillkürten Vertreters ist binnen der gewährten Frist bzw. bis dato nicht erstattet worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Der BF stellte am 02.05.2018 erstmals einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses. Der Antrag wurde von der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen und die diesbezügliche Beschwerde mit Erkenntnis des BVwG vom 20.08.2019, L515 2205054-1/5E, abgewiesen, wobei das Erkenntnis in Rechtskraft erwuchs.

Der Beschwerdeführer stellte am 06.09.2019 einen neuerlichen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses.

Dem BF wurde mit Schreiben vom 07.11.2019 nachweislich Parteiengehör eingeräumt.

Der BF legte im gegenständlichen Verfahren weder verfahrenswesentliche weitere Nachweise noch sonstige Beweismittel vor, die ein öffentliches Interesse an der Ausstellung eines Fremdenpasses belegen und brachte auch keine inhaltlich hierauf bezogenen konkreten Stellungnahmen ein, die ein solches nachvollziehbar aufzeigen würden.

Eine Änderung der Rechtslage oder des wesentlichen Sachverhaltes seit der Erlassung des Erkenntnisses des BVwG vom 20.08.2019, L515 2205054-1/5E, mit dem der Antrag des BF auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 FPG abgewiesen wurde, konnte nicht festgestellt werden.

Die in § 88 FPG genannten Voraussetzungen für die Ausstellung eines Fremdenpasses liegen im gegenständlichen Fall nicht vor.

Der Beschwerdeschrift ist ausreichend belegt kein verfahrenswesentlich ergänzendes Vorbringen zu entnehmen, bzw. sind hierin keine Gründe angeführt, die im gegenständlichen Verfahren eine andere Entscheidung indizieren könnten.

Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ist abschließend aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt.

Die Beschwerde hat ausreichend konkretisiert Gründe warum im gegenständlichen Verfahren die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich ist nicht dargelegt, hat nicht dargelegt, warum ein entsprechendes Vorbringen nicht bereits in der Beschwerde oder auch ergänzend im Zuge des durch das BVwG gewährten schriftlichen Parteiengehörs erstattet werden hätte können, bzw. nur im Zuge einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG ausgeführt werden hätte können.

Das BVwG hat die gegenständliche Entscheidung im zeitlichen Nahebereich der erstinstanzlichen Entscheidung und sich abschließend stützend auf die bereits im erstinstanzlichen Verfahren ermittelnden Verfahrensgrundlagen und Ausführungen vorgenommen.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG im gegenständlichen Verfahren unterbleiben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den gegenständlichen Verfahrensakt des Bundesamtes und den Verfahrensakt des BVwG im Verfahren.

Die Feststellungen stützen sich auf den Akteninhalt im Zusammenhang mit dem angefochtenen Bescheid und der gegenständlichen Beschwerde.

3. Rechtliche Beurteilung:

A) Abweisung der Beschwerde gemäß § 68 AVG:

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183; 30.5.1995, 93/08/0207; 9.9.1999, 97/21/0913; 7.6.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2002, 2000/07/0235).

Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27.09.2000, 98/12/0057). Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom 25.04.2007, 2004/20/0100, ausführte, ist eine neue Sachentscheidung, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 26.07.2005, 2005/20/0343, mwN).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen. Die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235; 15.10.1999, 96/21/0097). Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913).

Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages wegen geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind. In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (VwGH 04.04.2001, 98/09/0041; 25.04.2002, 2000/07/0235). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, welche in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).

"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.10.1991, 91/09/0069; 30.05.1995, 93/08/0207).

"Sache" des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist somit nur die Frage, ob das BFA zu Recht den neuerlichen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

§ 88 Abs. 1, 2 und 2a FPG hat (unter der Überschrift "Ausstellung von Fremdenpässen") folgenden Wortlaut:

"§ 88. (1) Fremdenpässe können, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für

1. Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen;

2. ausländische Staatsangehörige, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;

3. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" (§ 45 NAG) gegeben sind;

4. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen oder

5. ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.

(2) Fremdenpässe können auf Antrag weiters ausgestellt werden für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

(2a) Fremdenpässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt, und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.

Wesentliche Voraussetzung für die Verwirklichung der im § 88 Abs. 1 FPG umschriebenen Tatbestände ist, dass die Ausstellung eines Fremdenpasses im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist. Für die Ausstellung eines Fremdenpasses kommt es somit nicht bloß darauf an, dass diese im Interesse des Fremden gelegen ist, sondern es muss auch ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses für diesen Fremden bestehen, wobei ein restriktiver Maßstab anzulegen ist (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. September 2010, Zl. 2010/18/0279, und vom 19. Mai 2011, Zl. 2009/21/0288, jeweils mwN).

Dem BFA kann nicht entgegengetreten werden, wenn es ein über die privaten Interessen des BF hinausgehendes Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses nicht im Hinblick auf einen allfälligen - nicht näher konkretisierten - vom Arbeitgeber des BF gewünschten Einsatz des BF im Ausland bejaht hat.

Auch in einer möglicherweise - vom Beschwerdeführer angedachten - eintretenden Ersparnis der Auszahlung von Sozialleistungen, ist kein Interesse der Republik im Sinn des § 88 Abs. 1 FPG zu sehen, da der Eintritt dieser Zahlungen nur auf bloßen Mutmaßungen und auf nicht tatsächlich belegbaren Umständen beruht.

Des Weiteren liegen beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen des

§ 88 Abs. 1 Z 1 bis 5 und Abs. 2 FPG nicht vor. Der BF ist weder staatenlos noch ist seine Staatsangehörigkeit ungeklärt; er ist kein ausländischer Staatsangehöriger, der über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügt; er ist auch kein ausländischer Staatsangehöriger, bei dem die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" (§ 45 NAG) gegeben sind; er ist kein ausländischer Staatsangehöriger der aus dem Bundesgebiet auswandern möchte und er ist kein ausländischer Staatsangehöriger, dem der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt hat, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der von ihm erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegen würden.

Ebenso erfüllt der Beschwerdeführer die Voraussetzung des § 88 Abs. 2a FPG nicht, da ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zukommt.

Insgesamt gesehen kann daher der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie ausführt, dass beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 88 FPG nicht vorliegen und sich weder die Rechtslage noch der maßgebliche Sachverhalt seit Erlassung des Erkenntnisses des BVwG vom 20.08.2019, L515 2205054-1/5E, mit dem die Beschwerde gegen den negativen Bescheid vom 06.08.2018 als unbegründet abgewiesen wurde, nicht geändert hat.

Sofern in der Beschwerde vorgebracht wird, dass die belangte Behörde dem BF das Parteiengehör verwehrt worden sei, da der gegenständliche Antrag erst am 05.11.2020 eingebracht worden sei, ist auszuführen, dass dieses Vorbringen aktenwidrig ist, da dem Stempel des BFA am Antrag eindeutig hervorgeht, dass der Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses am 06.09.2019 bei der belangten Behörde einlangte, weshalb die Beschwerde mit diesem Vorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen kann.

An der Qualität des tatsächlichen Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers hat sich seit der Erlassung des Erkenntnisses des BVwG vom 20.08.2019, L515 2205054-1/5E nichts geändert. Bereits im ersten Verfahrensgang - wie auch im gegenständlichen Verfahren - wurde der Entscheidung zu Grunde gelegt, dass der BF nicht den Nachweis erbracht habe, dass er nicht in der Lage sei, ein gültiges Reisedokument für Armenien zu erlangen. Daran ändert es auch nichts, wenn der BF in gegenständlicher Beschwerde erneut ausführt, dass er vor Ableistung des Militärdienstes in Armenien keinen Pass erhalte, da dieses Vorbringen bereits im Zuge des Erkenntnisses des BVwG vom 20.08.2019 als aktenwidrig qualifiziert wurde. Der BF hat trotz Einräumung der Möglichkeit des Parteiengehörs die Gelegenheit nicht wahrgenommen, eine Stellungnahme einzubringen oder weitere Beweismittel in Vorlage zu bringen.

Zusammenfassend war daher auszuführen, dass dem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides Ansuchen gleichstehen, die eine erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecken. Entschiedene Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Dies muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss. Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhaltes bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (Vgl. VwGH vom 3. November 2004, Zl. 2004/18/0215).

Die Beschwerde legt mit ihrem gesamten Vorbringen nicht dar, inwieweit sich die Umstände seit der letzten rechtskräftigen Sachentscheidung über einen gleich lautenden Antrag in einer Weise geändert hätten, dass nach § 88 FPG eine andere Beurteilung der Frage, ob die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Fremdenpasses verwirklicht seien, möglich wäre.

Insgesamt gesehen kann daher die Ansicht der belangten Behörde, es sei keine eine neuerliche Sachentscheidung rechtfertigende Änderung eingetreten, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Da bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass bezüglich der Zurückweisung des Antrags auf Ausstellung eines Fremdenpasses die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war dem Antrag des BF, ihn und seinen Vater einzuvernehmen, daher nicht nachzukommen und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch das BFA vorangegangen. Für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht durch die Einräumung von Parteiengehör nachgekommen. Der BF verzichtete jedoch auf die Vorlage weiterer Beweismittel oder einer Stellungnahme. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung des BFA festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Ablehnungsgrund Interessenabwägung mangelnder Anknüpfungspunkt öffentliche Interessen Reisedokument Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W168.2205054.2.00

Im RIS seit

12.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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