TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/16 W195 2209510-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.11.2021
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Entscheidungsdatum

16.11.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
DMSG §1 Abs10
DMSG §1 Abs6
DMSG §1 Abs8
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W195 2209510-1/31E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom XXXX , betreffend die Stellung unter Denkmalschutz von drei Stationen der ehemaligen Doppelsesselbahn- XXXX nach Durchführung eines Ortsaugenscheines sowie einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Mitteilung des Bundesdenkmalamtes (BDA) vom XXXX (unter Anschluss eines Sachverständigengutachtens) wurde die XXXX informiert, dass die denkmalrechtliche Unterschutzstellung von drei Stationen der früheren Doppelsesselbahn XXXX (welche – zusammengefasst - in Form von „Stations-Kugeln“ in Aluminium-/Glasbauweise auf Betonsockel und -elementen ausgeführt sind) beabsichtigt sei. Konkret wären davon die Talstation ( XXXX ), die Station über dem Antriebsgebäude ( XXXX ), auch „Mittelstation“ bezeichnet, sowie die Beobachtungsstation ( XXXX ), auch „Bergstation“ bezeichnet, jeweils XXXX , betroffen.

Die erforderliche Unterschutzstellung ergäbe sich aus dem Gutachten der Amtssachverständigen XXXX .

2. In der Stellungnahme der XXXX vom XXXX teilte diese mit, dass gegen die Unterschutzstellung (bzw. Teilunterschutzstellung) der Mittel- und Bergstation keine grundsätzlichen Einwendungen bestünden. Hingegen bestünden Bedenken hinsichtlich der Unterschutzstellung der „Talstation“, weil sich diese Kugel zum einem in einem ausgesprochen schlechten baulichen Zustand befände (s. ein bauliches Sachverständigengutachten von XXXX vom XXXX ), zum anderen in einem Lawinengefährdungsbereich gelegen sei (die neu errichtete Talstation musste deshalb mit einer Prallwand von 5 Tonnen pro m² ausgeführt werden).

Darüber hinaus bestünde für alle drei Stationen ein rechtskräftiger und vollstreckbarer Bescheid der XXXX Landesregierung vom XXXX , in dessen Auflagenpunkt 12 die Entfernung aller drei Kugeln vorgeschrieben worden sei.

3. Zu dieser Stellungnahme der XXXX teilte am XXXX die ASV XXXX dem BDA ergänzend mit, dass ihr der Bescheid der XXXX Landesregierung nicht bekannt gewesen sei. Es würde sich aber dadurch nichts an der Denkmaleigenschaft der Objekte ändern.

Hinsichtlich der bautechnischen Beurteilung werden Schäden an der Talstation zugestanden, jedoch kein Schimmelbefall. Ein Erhalt der Talstation sei wegen des hohen Innovationsgrades des künstlerischen Entwurfes und der Wahl der Konstruktion erforderlich.

Aus Sicht der ASV sei darüber hinaus auch eine Translozierung der Talstation möglich „solange sich der Standort im Umfeld der XXXX beziehungsweise sich im vorderen Bereich des XXXX tales“ befinde. Eine „Translozierung“ würde „zwar eine Zerstörung von Wendeltreppe und Decke“ nach sich ziehen, „diese Bauteile aus Beton könnten jedoch jederzeit neu errichtet“ werden. Die Aluminiumkonstruktion könnte ab- und wiederaufgebaut werden.

4. In weiterer Folge erging der nunmehr in Beschwerde gezogene Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom XXXX , mit welchem die drei Stationen der ehemaligen Doppelsesselbahn XXXX unter Denkmalschutz gestellt wurden.

Nach Beschreibung der Objekte an Hand des Sachverständigengutachtens, der Stellungnahme der XXXX sowie der ergänzenden Ausführungen der ASV stellte das BDA fest, dass die Erhaltung des aus drei Stationen bestehenden Denkmales erforderlich sei. Dies ergäbe sich aus dem „ausgesprochen hohen Innovationsgrad des künstlerischen Entwurfes“ sowie aus „der Wahl der Konstruktion“, „nämlich die Form der geodätischen Kuppel als Konstruktion bestehend aus Aluminiumrohren“.

Auf die Situierung der Talstation im Lawinengefährdungsbereich sowie die rechtliche Situation (Bescheid der XXXX Landesregierung aus XXXX ) wird im Bescheid des BDA nicht direkt eingegangen. Dies bezüglich wird einzig auf die Rechtsprechung des VwGH (VwGH 19.09.1988, 86/12/0070) verwiesen, demzufolge im Unterschutzstellungsverfahren nicht zu prüfen wäre, wie lange ein Denkmal noch erhalten werden kann. Die früher oder später unabwendbare Vernichtung beseitige nicht die gegenwärtige Denkmalqualität.

Weiters sei, so das BDA unter weiterer Zitierung der Rechtsprechung des VwGH (VwGH 14.01.1993, 92/09/0201, 0202, 0203) davon auszugehen, dass in einem Verfahren zur Unterschutzstellung die Erhaltungswürdigkeit eines Gegenstandes ausschließlich seine geschichtlichen, künstlerischen oder kulturellen Bedeutung nach zu prüfen sei. Die Möglichkeit der (weiteren) Erhaltung, die Kosten der Erhaltung, die Wirtschaftlichkeit, mögliche Widerstreitende andere öffentliche oder private Interessen (wie zB zukünftige Sanierungsarbeiten) können in diesem Verfahren nicht beachtet werden.

5. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde der XXXX vom XXXX .

Zusammengefasst stellt die Beschwerdeführerin (BF) klar, dass sie sich nicht gegen die (Teil-)Unterschutzstellung der Mittel- und Bergstation wende. Jedoch sei die Talstation in einem baulich sehr beschädigten Zustand, während sich die ASV lediglich auf einen Wasserschaden bezogen habe, jedoch die Schäden in der Bausubstanz weit schwerwiegender seien. Eine Sanierung sei nicht mehr möglich. Es müsse die gesamte Fundierung und die gesamte Außenhülle inklusive thermischer Trennung neu hergestellt werden. Dadurch sei dieses Objekt bereits in einem Zustand, der eine Instandsetzung nicht mehr möglich mache.

Darüber hinaus habe sich die belangte Behörde nicht mit der rechtlichen Situation auseinandergesetzt, insbesondere mit dem rechtskräftigen Bescheid der XXXX Landesregierung, welcher den Abriss aller drei Stationskugeln vorschreiben würde. Auch eine Auseinandersetzung mit der Situierung der Talstation im Lawinengefährdungsbereich – sowie im Gefährdungsbereich von XXXX bach und XXXX Arche – habe nicht stattgefunden.

6. Zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes führte das BVwG am XXXX einen Ortsaugenschein unter Beiziehung der belangten Behörde und der BF durch.

Im Zuge dieses Ortsaugenscheines wurde festgestellt, dass die Talstation sowohl in der Lawinengefahrenzone rot als auch in der Wildbachgefährdungszone rot gelegen ist.

Weiters wurde festgestellt, dass die Talstation, auch auf Grund der Schneelast der vergangenen Winter Ende 2018/ Anfang 2019, zusätzliche Beschädigungen gegenüber dem seinerzeitigen Sachverständigengutachten von XXXX aufweist. Dies wurde durch Fotographien dokumentiert.

Den Verfahrensparteien wurde die Möglichkeit eingeräumt, weitere Stellungnahmen zum Ergebnis des Ortsaugenscheines abzugeben, wobei die ASV ersucht wurde, ihr Gutachten zu ergänzen.

Eine weitere mündliche Verhandlung wurde zum damaligen Zeitpunkt für nicht erforderlich gehalten.

7. In einer Stellungnahme vom XXXX hielt die BF nochmals ihren Standpunkt fest und führte insbesondere aus, dass die Talstation schwer beschädigt sei, die Herstellung einer Verglasung im ursprünglichen Zustand rechtlich unzulässig sei (zum Beweis wurde das Schreiben eines Glasbauunternehmens vorgelegt) und das BDA nicht auf die ausgewiesenen Gefahrenzonen eingegangen sei.

8. In weiterer Folge langte im BVwG eine Ergänzung der ASV vom XXXX ein, in welcher sie – zusammengefasst – ausführte, dass zwar zusätzliche Schäden an der Außenhaut seit der Begutachtung 2017 eingetreten seien, die Tragkonstruktion jedoch weiterhin intakt sei. Die Talstation befände sich „nicht in einem de facto zerstörten Zustand“. Die derzeitigen Schäden seien reparabel.

Hinsichtlich der Lage in der Lawinengefahrenzone rot und der Wildbachgefährdung Zone rot verwies die ASV darauf, dass die benachbarte in Betrieb befindliche Talstation durch eine Prallwand aus Stahlbeton geschützt sei; die Errichtung einer derartigen Prallwand „im Umfeld“ der verfahrensgegenständlichen Talstation würde deren Denkmalbedeutung nicht einschränken.

Hinsichtlich der Möglichkeit der Translozierung führte die ASV aus, dass sich der künftige Standort weiterhin im Umfeld der XXXX bzw. im vorderen Bereich des XXXX befinden müsse. Zwar müssten Bauteile aus Beton zerstört werden, aber die geschichtliche, künstlerische und kulturelle Bedeutung würde erhalten bleiben.

Zur Umsetzung der Reparaturarbeiten bzw. der Translozierung führte die ASV aus, dass dies nach dem heutigen Stand der Technik durchführbar wäre und es im Stahlleichtbau umfangreiches, geeignetes Wissen gäbe.

9. In der Stellungnahme vom XXXX widersprach die BF diesem ergänzenden Gutachten der ASV. Die Fachkenntnisse der ASV betreffen nicht den Bereich des Schutzes von Objekten vor Lawinen und wäre eine Lawinenschutzverbauung ein äußerst komplexer Vorgang. Wenn also das BDA behauptet, man könne „einfach eine Stahlprallwand“ errichten, sei dies unrichtig. Dies auch deshalb, weil eine Stahlprallwand nicht geeignet wäre, die Wildbachgefahr zu lösen.

Hinsichtlich der Translozierung sei eine derartige Maßnahme der BF nicht aufgetragen worden. Darüber hinaus habe die BF keine Möglichkeit im Talstationsbereich die Talstationskugel zu versetzen, auch aus den Gründen der genannten roten Lawinen- und Wildbach-Gefährdungsbereichen.

Durch die im Winter 2018/2019 erfolgte weitere Beschädigung der Talstationskugel habe eine endgültige Zerstörung stattgefunden. Dies sei durch die vorgelegten Lichtbilder als auch den Ortsaugenschein belegt worden. Darüber hinaus sei eine Wiedererrichtung der Kugel mit den ursprünglich verwendeten ESG 10 mm Gläsern rechtlich nicht mehr zulässig.

10. In Anbetracht der inhaltlich und rechtlich nicht in Einklang zu bringenden Äußerungen der Verfahrensparteien entschloss sich das BVwG zur Abhaltung einer abschließenden mündlichen Verhandlung, welche am XXXX stattfand.

Im Rahmen dieser mündlichen Verhandlung blieben die Verfahrensparteien im Wesentlichen auf ihren Standpunkten.

Die BF stellte nochmals klar, dass sie sich nicht gegen eine Unterschutzstellung der Mittel- und der Bergstationen wendet, jedoch gegen eine Unterschutzstellung der Talstation.

Eine mögliche „Teilunterschutzstellung“ wurde vom BDA strikt abgelehnt, weil „die belangte Behörde auch die Talstation für schützenswert“ hält.

Außer Streit gestellt werden konnte im Rahmen der Verhandlung, dass sich die Talstation jedenfalls im roten Lawinengefährdungsbereich als auch – zumindest teilweise – sowohl in der roten als auch in der gelben Wildbachgefährdungszone befindet. In weiterer Folge behauptete die belangte Behörde, dass im Unterschutzstellungsverfahren die rote Lawinenzone unbeachtlich sei. Das öffentliche Interesse im Unterschutzstellungsverfahren sei ausschließlich anhand der Bedeutung des Objektes zu prüfen. Es sei, so behauptete das BDA, unerheblich, ob das öffentliche Interesse an der Erhaltung mit anderen öffentlichen Interessen kollidiere. Dazu verwies die belangte Behörde auf eine Entscheidung des VwGH aus dem Jahr 1952 (VwGH 25.01.1952, 974/47).

Die Errichtung einer Prallwand wurde von Seiten der BF abgelehnt und auf ihre Stellungnahme verwiesen. Demgegenüber bestand die belangte Behörde auf der Grundlage der seinerzeitigen Ausführungen des ASV auf der Denkmalbedeutung des Objektes. Eine Verglasung der ESG 10 mm Gläser gegen ein zulässiges Glas würde die Denkmalbedeutung der Talstation nicht einschränken. Eine Begründung oder eine nähere Erläuterung für diese Behauptung wurde von Seiten des BDA nicht gegeben.

Unterschiedliche Auffassungen wurden hinsichtlich des tatsächlichen Beschädigungszustandes der Talstation dargelegt. Während die BF auf die teilweise zerstörte Anlage verwies, behauptete die belangte Behörde eine Reparaturmöglichkeit des Objektes.

Hinsichtlich der Translozierung beteuerte die BF, dass es ihr nicht möglich sei – auch wegen der Gefahrenzonen – die Talstation zu versetzen. Die belangte Behörde verwies darauf, dass eine Translozierung nicht vorgeschrieben wurde, und dies auch Gegenstand eines anderen Verfahrens, nämlich nach § 5 DMSG sei. Eine Versetzung würde nur dann die Bedeutung der Talstation verringern, wenn dies in ein Gebiet außerhalb des XXXX und des Alpinen Raumes sei. Eine Begründung oder nähere Erläuterung dafür wurde seitens des BDA nicht gegeben.

10. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.11.2018 gab das BVwG der Beschwerde Folge und behob den angefochtenen Bescheid.

11. Gegen diese Entscheidung erhob die belangte Behörde Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

12. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12.10.2020, Ra 2020/09/0002-6, behob dieser die Entscheidung des BVwG und führte dazu u.a. aus, dass davon auszugehen ist, dass vom BF lediglich die Unterschutzstellung von einem von drei örtlich getrennten Einzeldenkmalen (konkret der Talstation der Doppelsesselliftanlage XXXX ) angefochten worden sei.

Darüber hinaus wurde klargestellt, dass eine Kollision öffentlicher Interessen im Unterschutzstellungsverfahren nicht zu prüfen ist. Der Frage nach der technischen Möglichkeit der (weiteren) Erhaltung der Talstation vor dem Hintergrund der Situierung dieser Station in einer Lawinen- bzw. Wildbachgefahrenzone komme deshalb im Unterschutzstellungsverfahren keine Relevanz zu. Dies betreffe auch die im naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren im Jahr 1993 getroffene rechtskräftige Auflage der Entfernung der „bestehenden Stationskugel“.

13. Unter Zugrundelegung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes erging an die BF die Aufforderung um Mitteilung, ob die Beschwerde weiterhin aufrecht erhalten werde.

14. In der Stellungnahme vom 19.11.2020 bestätigte die BF ihre bisherige Beschwerde und beantragte auf Grund des erfolgten Zeitverlaufes einen weiteren Ortsaugenschein, weil das Objekt sich bereits in einem derartigen Zustand befände, „dass eine Instandhaltung nicht mehr möglich … bzw. nur mit … großen Veränderungen in der Substanz“ möglich sei. Eine Bedeutung als Denkmal würde nicht mehr gegeben sein.

15. Am 24.02.2021 erging vom BVwG an die Amtssachverständige das Ersuchen um Aktualisierung und Ergänzung des seinerzeitigen Gutachtens nach Durchführung eines Ortsaugenscheines, wofür (witterungs- und Corona-Pandemie-bedingt) eine Frist von zehn Wochen eingeräumt wurde.

16. Im April 2021 erfolgte das Ersuchen der Amtssachverständigen um Fristverlängerung. In Folge einer schweren Erkrankung samt Krankenhausaufenthaltes konnte der Gutachtensauftrag bisher nicht erfüllt werden. Es wurde um Fristverlängerung bis Ende Juni 2021 ersucht.

16. Nach Urgenz des Gutachtens durch das BVwG Anfang langte die Ergänzung zum Amtssachverständigengutachten vom 14.09.2021 im BVwG ein.

Die Amtssachverständige erstellte mit dieser Ergänzung nach Durchführung eines weiteren Lokalaugenscheines am 06.08.2021 einen Befund und ein Gutachten (im engeren Sinn) sowie eine Darstellung der künstlerischen und geschichtlichen Bedeutung des Objektes.

Nach umfassender Befunderhebung ging die ASV in ihrem Gutachten auf das bestehende Schadensbild ein. Trotz einer partiellen Ablösung der Außenhaut (Maßnahmen zur Schließung der Außenhaut seien nicht beobachtbar gewesen) würde das Gebäude weiterhin standfest und begehbar sein; die Kuppel sei als solche sichtbar.

Dieses ASV-Gutachten vom 14.09.2021 ergänzte auch die Sichtweise zur künstlerischen und geschichtlichen Bedeutung der Talstation. Selbst das vorliegende Schadensbild würde die künstlerische Bedeutung hinsichtlich des hohen Innovationsgrades in Form und Material nicht beeinträchtigen; die Montage und Fertigung mit industriellen Methoden (Nieten, Schweißen, Schrauben) würden eine Wartung leicht möglich machen ohne jedoch die Grundkonzeption zu beeinträchtigen.

Die geschichtliche Bedeutung liege in der Errichtung eines Bauwerkes mit vorgefertigten Einzelteilen unter den extremen Bedingungen im hochalpinen Raum. Selbst durch die Reparatur von Schäden (z.B. gelöste Nietverbindungen, Isolierverglasungen etc.) würde das Gebäude mit einer Entwurfs- und Konstruktionsidee an sich keine Veränderung erfahren. Die geschichtliche Bedeutung der Talstation als erster Vorläufer für industriealisiertes, rationales Bauen, dass sich erst Ende der 70er Jahre in Österreich durchzusetzen begann, würde durch das wahrgenommene Schadensbild nicht eingeschränkt, sondern bestätigt werden.

Zusammengefasst erläuterte die ASV, dass der hohe Innovationsgrad des Entwurfes und der entsprechend ausgeführten Konstruktion veranschauliche, dass, obwohl die Außenhaut der Talstation teilweise beschädigt sei, die Denkmalbedeutung nicht geschmälert werde. Weder die Reparatur noch die Ergänzung von neuen Bauteilen (z.B. der Verglasungen) und neuen Befestigungen (z.B. Nieten) würden die Denkmalbedeutung der Talstation einschränken, da die Entwurfs- und Konstruktionsidee dem Gebäude weiterhin innewohnen würden.

17. Am 24.09.2021 übermittelte das BVwG der BF das ergänzte ASV-Gutachten vom 14.09.2021 und wurde der BF die Möglichkeit zur Stellungnahme innerhalb einer Frist von vier Wochen eingeräumt.

18. Die BF gab fristgerecht eine Stellungnahme samt weiteren Beweisanträgen ab.

In der Stellungnahme wiederholte die BF im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und zählte die (bautechnischen) Mängel des Objektes auf. Selbst die ASV habe im Befund die eingetretenen Verschlechterungen dokumentiert. Die ASV habe jedoch die tragende Konstruktion und deren Mängel sowie den Schimmelbefall „nur augenscheinlich beurteilt“, was völlig unzureichend wäre. Die BF gehe davon aus, dass der ASV des BDA die statischen, metallurgischen und glastechnischen Fachkenntnisse fehlen würden.

Eine Instandsetzung der Talstation würde, so die BF, nicht mehr möglich sein. Diese Beurteilung sei nur durch unabhängige Sachverständige möglich, weshalb die BF ihre ursprünglich gestellten Beweisanträge zur Einholung weiterer Gutachten wiederhole.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 51/2012, erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

1. Feststellungen:

1. Verfahrensgegenständlich ist die denkmalschutzrechtliche Unterschutzstellung der Talstation der ehemaligen Doppelsesselbahn- XXXX in XXXX .

Festgestellt wird, dass auf der Grundlage eines ASV-Gutachtens, welches den besonderen Innovationsgrad des künstlerischen Entwurfes als auch ein singuläres Beispiel des alpinen Bauens in der österreichischen Architektur aller drei Stationen, eine davon der Talstation, hervorhob, wobei den genannten Stationen auch eine Repräsentationsstellung für die gesellschaftliche und touristische Entwicklung weg von der Eroberung des alpinen Raumes hin zur Erschließung der Alpen in ein sporttouristisches Massenphänomen zukomme, mit dem angefochtenen Bescheid die drei Stationen unter Denkmalschutz gestellt wurden.

Festgestellt wird, dass sich die BF gegen die Unterschutzstellung der Talstation wendet. Sie verweist auf den hohen Grad der Beschädigung der Talstation sowie auf die bestehenden Gefahrenzonen.

Festgestellt wird auf Grund mehrerer Ortsaugenscheine und ergänzte Amtssachverständigengutachten, dass die Talstation zwar baulich beschädigt, jedoch nicht zerstört ist.

Festgestellt wird, dass weder die Reparatur noch die Ergänzung von neuen Bauteilen (z.B. der Verglasungen) und neuen Befestigungen (z.B. Nieten) die Denkmalbedeutung der Talstation einschränken, da die Entwurfs- und Konstruktionsidee dem Gebäude weiterhin innewohnt.

Festgestellt wird, dass die Bedeutung des Gebäudes in der Errichtung eines Bauwerkes mit vorgefertigten Einzelteilen unter den extremen Bedingungen im hochalpinen Raum liegt. Auch durch die Reparatur von Schäden erfährt das Gebäude mit seiner Entwurfs- und Konstruktionsidee an sich keine Veränderung.

Festgestellt wird, dass die geschichtliche Bedeutung der Talstation darin liegt, als erster Vorläufer im hochalpinen Raum für industrialisiertes, rationales Bauen, dass sich erst Ende der 70er Jahre in Österreich durchzusetzen begann, zu gelten und dass diese Bedeutung durch das wahrgenommene Schadensbild nicht eingeschränkt, sondern bestätigt wird.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens. Diese beinhalten insbesondere das ASV-Gutachten vom XXXX die Stellungnahme der BF vom XXXX , den Bescheid der XXXX Landesregierung vom 08.04.1993, das bautechnische Gutachten des XXXX vom XXXX , den angefochtenen Bescheid sowie die Beschwerde. Darüber hinaus wurden durch das BVwG ein Ortaugenschein am XXXX durchgeführt, mehrere Stellungnahmen der Verfahrensparteien eingeholt und erfolgte eine Verhandlung vor dem BVwG am XXXX Im fortgesetzten Verfahren wurde - nach neuerlichem Augenschein - ein aktualisiertes und ergänztes Amtssachverständigengutachten eingeholt und dem BF neuerlich eine Möglichkeit zur Abgabe eines Stellungnahme eingeräumt, von der diese auch Gebrauch machte.

Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12.10.2020, Ra 2020/09/0002-6, wurde entsprechend berücksichtigt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

§ 1 Abs 6 DMSG lautet:

„Die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung eines Denkmales erfolgt stets in jenem Zustand, in dem es sich im Zeitpunkt des Rechtswirksamwerdens der Unterschutzstellung befindet.“

§ 1 Abs 8 DMSG lautet:

„Werden nur Teile eines Denkmales geschützt (Teilunterschutzstellung), so umfasst dieser Schutz auch die übrigen Teile in jenem Umfang, als dies für die denkmalgerechte Erhaltung der eigentlich geschützten Teile notwendig ist.“

§ 1 Abs 10 DMSG lautet:

„Die Erhaltung kann nicht im öffentlichen Interesse gelegen sein, wenn sich das Denkmal im Zeitpunkt der Unterschutzstellung in einem derartigen statischen oder sonstigen substantiellen (physischen) Zustand befindet, dass eine Instandsetzung entweder überhaupt nicht mehr möglich ist oder mit so großen Veränderungen in der Substanz verbunden wäre, dass dem Denkmal nach seiner Instandsetzung Dokumentationswert und damit Bedeutung als Denkmal nicht mehr in ausreichendem Maße zugesprochen werden könnte. Ausgenommen sind Denkmale, denen auch als Ruinen Bedeutung im obigen Sinn zukommt.“

Festgehalten wird, dass es sich verfahrensgegenständlich um die Talstation der ehemaligen Doppelsesselbahn XXXX der XXXX handelt.

Unbestritten ist, auch auf Grund des vom BVwG durchgeführten Ortsaugenscheines sowie des ergänzten und aktualisierten Amtssachverständigengutachtens vom 14.09.2021, dass die Talstation beschädigt ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12.10.2020, Ra 2020/09/0002-6, festhielt, konnte auf Grund des zum damaligen Zeitpunkt (18.11.2019) vorliegenden Verfahrensergebnisses keine Rede davon sein, dass dargelegt worden wäre, dass bei der Talstation vom Vorliegen jener besonders schweren Schäden auszugehen wäre, die von vornherein jede denkmalgeschützte Erhaltungsmöglichkeit ausschließe.

Aus dem danach erhobenen Befund und Gutachten (zum Schadensbild) der ASV vom 14.09.2021 ergibt sich selbst bei kritischer Betrachtungsweise kein Hinweis darauf, dass das Objekt mittlerweile durch Schäden derartig beeinträchtigt sei, dass eine denkmalgeschützte Erhaltungsmöglichkeit auszuschließen wäre. Die tragende Konstruktion sei weiterhin, trotz Beschädigungen in der Außenhaut, in Takt, das Aluminimaterial sei nicht erheblich beschädigt und würde das vorliegende Schadensbild die künstlerische und geschichtliche Bedeutung – selbst durch oder nach erforderlichen Reparaturarbeiten - nicht einschränken.

Weder die Stellungnahme der BF vom 25.05.2018 (vgl. VwGH 12.10.2019, Ra 2020/09/0002-6, Rz 31) noch die Äußerung vom 05.10.2021 können die faktische Zerstörung des Objektes darlegen; dem ergänzten ASV-Gutachten vom 14.09.2021 tritt die BF auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen. Die Zweifel an der fachlichen Qualifikation der ASV konnte auch die Stellungnahme der BF vom 05.10.2021 nicht erschüttern, wurde doch dieses, bereits im ersten Rechtsgang von der BF herangezogene Argument von Seiten des VwGH nicht aufgegriffen und ergeben sich für das erkennende Gericht diesbezüglich keine tragenden Hinweise.

Im nunmehr ergänzten Gutachten vom 14.09.2021 hat die ASV in nachvollziehbarer Art dargelegt, weshalb das Objekt „Talstation“ in der bestehenden beschädigten Form – trotz dieser Beschädigungen - denkmalschutzwürdig ist. Diese Schutzwürdigkeit ergibt sich insbesondere aus der historischen Bedeutung der „Talstation“ als erster Vorläufer für industrialisiertes, rationales Bauen, dass sich erst Ende der 70er Jahre in Österreich durchzusetzen begann und diese Konstruktion sei darüber hinaus im hochalpinen Raum situiert.

Die BF ist dieser Begründung der historischen und künstlerischen Bedeutung nicht entgegengetreten, weder auf gleicher fachlicher Ebene noch in der Stellungnahme vom 05.10.2021.

Da der zur Beurteilung maßgebliche Sachverhalt im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach Ergänzung umfasst erhoben wurde und am Umfang des Befundes sowie an der Schlüssigkeit des Gutachtens der ASV aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keine weitere Unklarheit vorliegt, konnte von der Einholung weiterer (bautechnischer) Gutachten aus dem Fachgebiet der Statik, des Stahl- und Glasbaues, wie von der BF beantragt, abgesehen werden.

Die Versetzung der Talstationskugel ist nicht verfahrensgegenständlich, die Einholung eines derartigen Gutachtens zur Möglichkeit der Versetzung war somit ebenso entbehrlich.
Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche konkrete Entscheidung beinhaltet die Abweisung eines Bescheides des BDA. Ein über diesen konkreten Einzelfall hinausgehendes Interesse besteht nicht. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, insbesondere auch nicht von der Rechtsansicht des VwGH zu 12.10.2020, Ra 2020/0002-6, und der sonstigen ständigen Rechtsprechung des VwGH, noch fehlt es an einer diesbezüglichen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im Übrigen ist die Rechtslage als eindeutig zu bezeichnen, weshalb auch aus diesem Grund keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Denkmalschutz Erhaltungsinteresse historische Bedeutung Instandsetzung künstlerische Bedeutung Rechtsanschauung des VwGH Sachverständigengutachten Schaden Unterschutzstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2209510.1.00

Im RIS seit

11.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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