TE Lvwg Erkenntnis 2021/10/12 LVwG-851591/15/HW

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Veröffentlicht am 12.10.2021
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Entscheidungsdatum

12.10.2021

Norm

GewO 1994 §333
GewO 1994 §26
AVG §3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Richter Dr. Wiesinger über die Beschwerde von M H, x, x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E K, x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 9. Februar 2021, GZ: BHFRGE-2021-14025/14, betreffend Nachsicht vom Gewerbeausschluss nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19. Mai 2021

zu Recht:

I.     Der angefochtene Bescheid wird wegen Unzuständigkeit der Behörde aufgehoben.

II.    Gegen diese Entscheidung ist eine Revision zulässig.

Entscheidungsgründe

I.1.    Mit Eingabe vom 13. August 2020 beantragte der Beschwerdeführer (kurz „Bf“) unter anderem die Erteilung der Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung wegen einer gerichtlichen Verurteilung hinsichtlich des Gewerbes „Immobilientreuhänder (Immobilienmakler, Immobilienverwalter, Bauträger) eingeschränkt auf Bauträger, Werbearchitekt und Baumeister“. Eine (gesonderte) Gewerbeanmeldung des Bf betreffend das verfahrensgegenständliche Gewerbe liegt nicht vor bzw. ist jedenfalls im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht vorgelegen.

I.2.    Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ausgesprochen, dass dem Ansuchen vom 13. August 2020 keine Folge gegeben wird und dem Bf, „wh. in x“, die Nachsicht vom Ausschluss von der Ausübung der Gewerbe Bauträger, Werbearchitekt und Baumeister nicht erteilt wird.

I.3.    Gegen diesen Bescheid richtet sich die verfahrensgegenständliche Beschwerde.

II.      Der unter Punkt I. festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Akteninhalt. Auf die Durchführung bzw. Fortsetzung der Verhandlung wurde verzichtet (Vorlageschreiben, ON 6).

III.    In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:

III.1.  Die örtliche Zuständigkeit der Behörde bestimmt sich in berufsrechtlichen Verfahren (Sachen, die sich auf den Betrieb eines Unternehmens beziehen) grundsätzlich nach dem Ort, an dem das Unternehmen betrieben oder die Tätigkeit ausgeübt wird oder werden soll (soweit die GewO selbst keine abweichenden Regelungen enthält), ansonsten ist § 3 Z 3 AVG (Wohnsitz/Aufenthalt) maßgebend (vgl. Raschauer in Ennöckl/Raschauer/Wessely, GewO § 333 Rz 6). Der gegenständliche Antrag auf Nachsicht war zwar auf ein bestimmtes Gewerbe gerichtet, er war aber (im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides) nicht auf einen bestimmten Zweck oder Standort eingeschränkt (vgl. in diesem Zusammenhang Kreisl in Ennöckl/Raschauer/Wessely, GewO Vor § 26 Rz 15 f). Da sohin die Nachsicht vom Gewerbeausschluss nicht im Zusammenhang mit einer (gleichzeitigen) Gewerbeanmeldung beantragt wurde und der verfahrensgegenständliche Antrag auch nicht nur eine bestimmte Bestellung als Geschäftsführer betrifft (und auch nicht auf einen bestimmten Zweck oder Standort eingeschränkt ist), ist gegenständlich jene Gewerbebehörde zuständig, in deren Sprengel der Wohnsitz des Antragstellers liegt. Der angefochtene Bescheid ist daher wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde zu beheben.

III.2.  Den Parteien wurde die Rechtsansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich mit Schreiben ON 8 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit zum Parteiengehör eingeräumt. Der Bf teilte mit, dass der rechtlichen Einschätzung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich keine anderslautende Rechtsauffassung entgegengehalten werde. Zum Vorbringen der belangten Behörde in ON 9 ist Folgendes auszuführen:

Bei bereits bestehender Gewerbeberechtigung bleibt für die Erteilung einer Nachsicht nach §§ 26 f GewO kein Raum. Bei aufrechter Gewerbeberechtigung kommt im Falle einer Verwirklichung der in § 13 Abs. 1 und 2 GewO bezeichneten Umstände die Entziehung der Gewerbeberechtigung in Betracht, auf dieses Verfahren sind die §§ 26 f GewO nicht anwendbar, weshalb eine Nachsichtserteilung hier nicht in Betracht kommt (vgl. Kreisl in Ennöckl/Raschauer/Wessely, GewO Vor § 26 Rz 6 mN aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Auch im Rahmen des § 91 Abs. 2 GewO hat die Behörde zu prüfen, ob einer der in § 87 Abs. 1 GewO enthaltenen Ausschlussgründe auf eine natürliche Person mit einem maßgebenden Einfluss zutrifft, nicht jedoch, ob auch die Tatbestände des § 26 GewO gegeben sind (Kreisl in Ennöckl/Raschauer/Wessely, GewO § 91 Rz 8 mwN). Soweit die belangte Behörde im Zusammenhang mit der Zuständigkeitsfrage auf die Bestellung bzw. Tätigkeit als Geschäftsführer verweist, ist auszuführen, dass der gegenständliche Antrag auf Nachsicht vom Gewerbeausschluss nicht nur eine bestimmte „Bestellung“ bzw. Tätigkeit als Geschäftsführer betrifft. Da der verfahrensgegenständliche Antrag auf Nachsicht vom Gewerbeausschluss (nicht nur eine bestimmte Bestellung als Geschäftsführer betrifft und auch) nicht auf einen bestimmten Zweck oder Standort eingeschränkt ist, ist gegenständlich nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich jene Gewerbebehörde zuständig, in deren Sprengel der Wohnsitz des Antragstellers liegt (so im Übrigen auch die Anmerkungen im Informationsblatt zum Formular „GEWERBEAUSSCHLUSS Ansuchen um Nachsicht vom Gewerbeausschluss“ auf der Internet-Seite der belangten Behörde; vgl. in diesem Sinne auch die Information beim Unternehmensserviceportal - USP).

III.3.  Es ist der angefochtene Bescheid daher spruchgemäß aufzuheben.

Im vorliegenden Fall erfolgte (nur) eine elektronische Aktenvorlage, der verfahrenseinleitende Antrag liegt daher bei der belangten Behörde vor. Ab Erlassung dieses Erkenntnisses ist infolge der Aufhebung des angefochtenen Bescheides der verfahrenseinleitende Antrag (ab diesem Zeitpunkt) wieder als unerledigt anzusehen. Die belangte Behörde wird daher den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Nachsicht an die (sachlich und) örtlich zuständige Behörde weiterzuleiten haben.

IV.      Zulässigkeit der ordentlichen Revision: Die ordentliche Revision ist zulässig, da Rechtsfragen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG beurteilt wurden, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dies betrifft die Frage, welche Behörde für die Erledigung eines Antrages auf Nachsicht gemäß § 26 GewO örtlich zuständig ist, wenn dieser Antrag von einer Person gestellt wird, die (im Zeitpunkt der Antragstellung) bereits in einer GmbH als handels- und gewerberechtlicher Geschäftsführer tätig ist.

Schlagworte

Zuständigkeit; örtliche Zuständigkeit; Beschränkung einer Gewerbeberechtigung auf einen bestimmten Standort

Anmerkung

Alle Entscheidungsvolltexte sowie das Ergebnis einer gegebenenfalls dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidung sind auf der Homepage des Oö LVwG www.lvwg-ooe.gv.at abrufbar.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGOB:2021:LVwG.851591.15.HW

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Oberösterreich LVwg Oberösterreich, http://www.lvwg-ooe.gv.at
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