TE Bvwg Beschluss 2021/8/16 W274 2244559-1

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Veröffentlicht am 16.08.2021
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Entscheidungsdatum

16.08.2021

Norm

AVG §38
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §8a

Spruch


W274 2244559-1/2E

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch Mag. LUGHOFER als Einzelrichter über den Antrag des XXXX vom 15.06.2021 auf Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde, Barichgasse 40-42, 1030 Wien, vom 18.05.2021, GZ. D124.2814 2021-0.357.760, den

BESCHLUSS:

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

Zur Vorgeschichte wird zunächst auf die Beschlüsse des BVwG vom 18.05.2021, W274 2236011-1, und vom 11.06.2021, W274 2236011-2, verwiesen und hier lediglich festgehalten, dass ein datenschutzrechtliches Auskunftsverfahren gemäß Art. 13 bzw. Art. 15 DSGVO des XXXX (im Folgenden: Antragsteller, ASt) gegen die Stadt Wien, Magistratsabteilung MA 63, Gewerberecht, Datenschutz und Personenstand, zugrunde liegt.

Mit Bescheid vom 31.08.2020 wurde das Verfahren bis zur Entscheidung über das beim BG XXXX zu XXXX anhängige Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines Erwachsenenvertreters für den ASt ausgesetzt und begründend ausgeführt, die Frage der Prozessfähigkeit des ASt stelle eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG dar. Beim BG XXXX sei zur im Spruch genannten Zahl ein Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines Erwachsenenvertreters für den ASt anhängig, das noch nicht rechtskräftig beendet sei.

Ein Verfahrenshilfeantrag des ASt zur Erhebung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde mit Beschluss des BVwG zu W274 2236011-1 vom 18.05.2021 abgewiesen und die Revision als nicht zulässig erklärt.

Mit Bescheid vom 18.05.2021 hob die belangte Behörde den Aussetzungsbescheid vom 31.08.2020 auf, setzte das Verfahren fort („der Aussetzungsbescheid vom 31. August 2020, GZ. D124.2814, wird aufgehoben und das Verfahren wird fortgesetzt“) und führte begründend aus, mit Mitteilung vom 28.04.2021, eingelangt bei der belangten Behörde am 06.05.2021, habe das BG XXXX mitgeteilt, dass das Erwachsenenschutzverfahren betreffend den ASt mit Beschluss des OGH vom 02.03.2021 eingestellt worden sei, sodass die Voraussetzung für eine Verfahrensaussetzung gemäß § 38 AVG nicht mehr vorläge.

Ein bereits am 02.05.2021 vom ASt erhobener Antrag auf Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Säumnisbeschwerde wurde mit Beschluss des BVwG vom 11.06.2021 zu W274 2236011-2 abgewiesen und auch hier die Revision für nicht zulässig erklärt.

Nunmehr legt die belangte Behörde zunächst mit Aktenvorlage vom 13.07.2021 zu D062.723 (protokolliert beim BVwG zu 2244559-1) sowie mit Schreiben vom 28.07.2021 zu D062.706 (protokolliert beim BVwG zu 2236011-3) einen weiteren (identen) Antrag auf Verfahrenshilfe des ASt vom 15.06.2021, gerichtet offenbar auf Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid vom 18.05.2021, womit der Aussetzungsbescheid aufgehoben und das Verfahren fortgesetzt wurde, vor.

Der Verfahrenshilfeantrag ist auch diesfalls nicht berechtigt:

Gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG ist einer Partei, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies aufgrund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Darüber hinaus sind gemäß Abs. 2 die Voraussetzungen und Wirkungen der Verfahrenshilfe nach der ZPO zu beurteilen. Die Bewilligung der Verfahrenshilfe schließt das Recht ein, dass der Partei ohne weiteres Begehren zur Abfassung und Einbringung der Beschwerde ein Rechtsanwalt beigegeben wird.

Offenbar aussichtslos ist eine Rechtsverfolgung, die schon ohne nähere Prüfung der Angriffs-und/oder Abwehrmittel als erfolglos erkannt werden kann. Ob eine Rechtsverfolgung offenbar aussichtslos ist, muss objektiv beurteilt werden. Offenbar aussichtslos ist eine Rechtsverfolgung im Bereich eines Rechtsmittelverfahrens dann, wenn die gegenständlich ins Auge gefasste Berufung (Beschwerde) aus rechtlichen Gründen zu keinem Erfolg führen kann (M. Bydlinski in Fasching/Konecny³ II/1 § 63 ZPO, Rz 20, Stand 1.9.2014).

Der hier zugrundeliegende Verfahrenshilfeantrag bezieht sich auf zahlreiche Verfahren, in denen die belangte Behörde, ebenso wie im hier zugrundeliegenden Verfahren, einen Aussetzungsbeschluss erlassen hat. Die jeweiligen Geschäftszahlen ergeben sich aus der mit dem Verfahrenshilfeantrag übermittelten Beilage ./ W. Aus dieser ergibt sich, dass der ASt eben auch einen Verfahrenshilfeantrag betreffend das hier relevante Verfahren und in Bezug auf den Beschluss vom 18.05.2021 einbringen will. Im Wesentlichen argumentiert der ASt, es habe sich beim Verfahren XXXX des BG XXXX nicht um ein solches zur Überprüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines Erwachsenenvertreters, sondern um ein Pflegschafts- und Sachwalterschaftsverfahren gehandelt. Die weiteren Ausführungen des ASt sind dahingehend zusammenzufassen, dass dieser der Ansicht ist, aus der sich aus dem Beschluss des Obersten Gerichtshof vom 02.03.2021, 1 Ob 20/21d ergebenden Aufhebung der Beschlüsse im Verfahren zur Bestellung eines Erwachsenenvertreters sowie der Verfahrenseinstellung ergäbe sich, dass dieses rechtswidrig in Gang gebracht worden sei. Die „Errichtung von datenbehördlichen Rechtsakten auf Basis einer rechtswidrigen Pflegschafts- und Sachwalterschaftssache“ könne keine Rechtskraft erlangen, weder durch Verfahrensaussetzungen noch durch Aufhebungen von Aussetzungsbescheiden. Durch Einsichtnahme und Amtshilfeersuchen an das Bezirksgericht XXXX hätte die betroffene Behörde das rechtmäßige Alternativverhalten wählen können, entweder den Aussetzungsbescheid nicht in Gang zu bringen oder nach Erkennen des Verfahrensmangels am BG XXXX diesen „in einer geeigneten Weise aus der individuellen Normenwelt zu schaffen“. Er glaube, bezweifeln zu dürfen, dass dies durch eine Aufhebung rechtmäßig wäre. Im Übrigen leide die „Gebarung“ der belangten Behörde gegenüber dem ASt daran, dass seine Datenrechte nicht seine natürliche Person, sondern seine physische Person beträfen.

Dem ASt ist zunächst insofern beizupflichten, als tatsächlich ein vom Bezirksgericht XXXX eingeleitetes Verfahren zur Bestellung eines Erwachsenenvertreters (einem gegen den Einleitungsbeschluss erhobenen Rekurs des ASt gab das Rekursgericht nicht Folge) vom OGH in Folge Revisionsrekurses ersatzlos behoben und das Verfahren eingestellt wurde. Dem liegt zugrunde, dass sich das BG XXXX bei der Fortsetzung des Erwachsenenschutzverfahrens auf drei Verfahrenshilfeanträge des ASt beim BG für Handelssachen stützte. Das Rekursgericht zog in seiner Bestätigung auch weitere Verfahrenshilfeanträge des ASt vor der Datenschutzbehörde, vor dem Bundesverwaltungsgericht, vor dem Verfassungsgerichtshof, beim Verwaltungsgerichtshof und bei der Schlichtungsstelle heran. Die Verfahrenshilfeanträge vor dem BG für Handelssachen richteten sich erstens auf eine einstweilige Verfügung gegen die Post „wegen Unterlassung der Vorschreibung des Schreibgeräts zur Unterfertigung der Abholung von Schriftstücken, wegen Unterlassung der Verpflichtung zur Vorlage eines Ausweises bei der Abholung von Schriftstücken sowie wegen Unterlassung der Verweigerung der Ausgabe von Schriftstücken“, zweitens einer einstweiligen Verfügung gegen einen Mitarbeiter des Verwaltungsgerichtshofs „wegen Unterlassung der rechtsgrundlosen Erteilung eines Hausverbots“ und drittens zur Einleitung eines Exekutionsverfahrens aufgrund eines Bescheides der Datenschutzbehörde gegen eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft. Die Begründung der Verfahrenseinleitung hielt der OGH für nicht tragfähig, weil weder der Sachverhalt noch der sonstige Akteninhalt jenes Mindestmaß an Tatsachensubstrat erkennen lasse, aus denen sich konkrete und begründete Anhaltspunkte für die Gefahr einer Selbstschädigung des ASt ergäben. Bei diesem handle es sich um einen juristischen Laien, sodass sich alleine aus den von ihm formulierten („zugegebenermaßen fragwürdigen“) Rechtsschutzbegehren ohne Hinzutreten weiterer Umstände noch keine begründeten und konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen einer psychischen Erkrankung oder gleichwertigen Beeinträchtigung seiner Entscheidungsfähigkeit ergäben. Den Feststellungen könne auch nicht entnommen werden, ob der Betroffene in den von ihm geführten Gerichts- und Verwaltungsverfahren konkrete Kostennachteile befürchten müsse.

Diese Umstände ändern zunächst nichts daran, dass aus Sicht der Datenschutzbehörde bis zur Behebung und Einstellung durch den OGH beim zuständigen Wohnsitzbezirksgericht des ASt ein Verfahren zur Bestellung eines Erwachsenenvertreters anhängig war. Dies nahm die belangte Behörde zum Anlass einer Aussetzung gemäß § 38 AVG. Der entsprechende Beschluss ist in Rechtskraft erwachsen.

Nach der Rechtsprechung verliert ein Aussetzungsbescheid seine Rechtswirksamkeit „jedenfalls“ mit dem Eintritt des Zeitpunkts, bis zu welchem die Aussetzung verfügt worden ist. Bei rechtmäßigem Spruch kann er daher nur Rechtswirkungen entfalten, bis das Verfahren, in dem über die Vorfrage abzusprechen ist, rechtkräftig entschieden wird. In teleologischer Interpretation ist daher anzunehmen, dass die normative Wirkung des Aussetzungsbescheides dann wegfällt, wenn das betreffende Verfahren beendet wurde und daher nicht mehr anhängig ist (Hengstschläger/Leeb, AVG § 38, Rz 48 mwN).

Aufgrund des zitierten Beschlusses des OGH trifft dies für das dem Aussetzungsbeschluss zugrundeliegende Verfahren zur Bestellung eines Erwachsenenvertreters für den ASt zu, sodass die Aussetzung bereits mit Zustellung dieses Beschlusses des OGH wegfiel. Bei jenem Bescheid, den der ASt nunmehr unter Zuhilfenahme von Verfahrenshilfe bekämpfen will, mit dem der Aussetzungsbescheid „aufgehoben und das Verfahren fortgesetzt“ wurde, kommt insofern ohnehin lediglich deklarative Bedeutung zu. Somit fehlt einem allfälligen Rechtsmittel gegen diesen Beschluss die Beschwer, weil sich das Verfahren ohnehin bereits auch ohne einen derartigen Beschluss im Fortsetzungsstadium befindet.

Mangels Beschwer ist eine Beschwerde gegen diesen Bescheid aber als aussichtslos zu beurteilen. Somit ist – ungeachtet der sonstigen, insbesondere finanziellen Voraussetzungen -keine Grundlage gegeben, dem ASt Verfahrenshilfe zu gewähren.

Der Ausspruch der Unzulässigkeit der Revision folgt dem Umstand, dass im Zusammenhang mit der Prüfung der Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung anhand der bestehenden Rechtsprechung Einzelfallumstände zu beurteilen waren, die eine Revisibilität ausschließen.

Schlagworte

Aussetzung mangelnde Beschwer offensichtliche Aussichtslosigkeit Verfahrenshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W274.2244559.1.00

Im RIS seit

05.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

05.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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