TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/30 W122 2150550-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.08.2021
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Entscheidungsdatum

30.08.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
GehG §12
GehG §169c
GehG §169f
GehG §169g
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W122 2150550-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde von RevInsp. XXXX , wohnhaft in XXXX , gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 12.01.2017, GZ P6/3080/2017-PA, betreffend Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages zu Recht:

A) In Erledigung der Beschwerde wird dieser gemäß § 169f GehG in Verbindung mit § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG stattgegeben und festgestellt, dass das Besoldungsdienstalter des Beschwerdeführers zum Stichtag 28.02.2015 9 Jahre, 2 Monate und 100 Tage beträgt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer beantragte am 28.12.2012 die Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtages und seiner daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung samt allfälliger Nachzahlung von Bezügen.

Die Landespolizeidirektion Niederösterreich wies den Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 20.05.2015, GZ P6/31979/2015, mit der Begründung zurück, dass gemäß § 175 Abs. 79 Z 2 und 3 Gehaltsgesetz 1956 (GehG) in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 32/2015 die §§ 7a, 113 und 113a sowie die §§ 8, 10 Abs. 2 und 12 samt Überschriften mit dem der Kundmachung folgenden Tag entfallen und dadurch in laufenden und künftigen Verfahren nicht mehr anzuwenden seien.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde und wurde der Bescheid vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 04.11.2016, GZ W213 2114033-1, ersatzlos aufgehoben.

Nachfolgend wies die Landespolizeidirektion Niederösterreich den Antrag des Beschwerdeführers mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 12.01.2017 ab. Begründend führte sie im Wesentlichen an, dass der Gesetzgeber mit dem Besoldungsrechtsanpassungsgesetz BGBl. I Nr. 104/2016 in § 175 Abs. 79 Z 3 und Abs. 79a und 79b GehG klargestellt habe, dass die alte Rechtslage zum Vorrückungsstichtag in ausnahmslos allen Verfahren nicht mehr anzuwenden sei.

Mit der gegenständlichen Beschwerde vom 31.01.2017 brachte der Beschwerdeführer unionsrechtliche Bedenken vor.

Mit Erledigung vom 16.03.2017 legte die belangte Behörde den Bescheid, die Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

Mit Schreiben vom 26.05.2020 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer die von der belangten Behörde vorgenommene Berechnung des Vergleichsstichtages samt festgestelltem Vorrückungsstichtag, der besoldungsrechtlichen Stellung und des Besoldungsdienstalters des Beschwerdeführers zum Ablauf des 01.02.2015 und 28.02.2015 sowie die Mitteilung der belangten Behörde vom 18.03.2020, dass irrtümlich für Februar 2015 die Gehaltsstufe 5 mitgeteilt worden sei und die richtige Gehaltsstufe für Februar 2015 die Gehaltsstufe 6 sei.

Dem Beschwerdeführer wurde vom Bundesverwaltungsgericht die Möglichkeit eingeräumt, hierzu innerhalb von vier Wochen Stellung zu nehmen sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu beantragen.

Der Beschwerdeführer übermittelte am 16.06.2020 eine schriftliche Stellungnahme, in welcher er im Wesentlichen vorbrachte, dass eine Ermittlung des Vergleichsstichtages unter Anwendung der seit 09.07.2019 in Kraft stehenden Bestimmungen betreffend die Anrechnung „sonstiger Zeiten“ gemäß § 169g Abs. 4 GehG nicht durchzuführen sei, da er dadurch infolge der Streichung von vier Jahren „sonstiger Zeiten“ gegenüber der zu seinem Antragszeitpunkt geltenden Gesetzeslage eine Verschlechterung erfahre. Eine mündliche Verhandlung beantragte der Beschwerdeführer nicht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der am XXXX geborene Beschwerdeführer steht seit XXXX in einem Dienstverhältnis zum Bund und ist dem Planstellenbereich der Landespolizeidirektion Niederösterreich zur Dienstleistung zugewiesen.

Der Beschwerdeführer hat am XXXX das 14. Lebensjahr vollendet. Vom XXXX bis XXXX absolvierte er Zeiten an einer Handelsakademie und Handelsschule. Er war vom 07.10.2002 bis 31.12.2002 sowie vom 08.09.2003 bis XXXX Lagerarbeiter. Vom XXXX bis XXXX absolvierte er den Präsenzdienst.

In der Zeit ab Vollendung seines 14. Lebensjahres bis zum Tag vor der Anstellung im laufenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis am XXXX weist der Beschwerdeführer folgende Vordienstzeiten auf:

Beschreibung

Wert

100% JMT

Basis 50% JMT

Sonstige Zeit

XXXX – XXXX

 

03 J; 05 M; 19 T

Präsenzdienst

XXXX – XXXX

00 J; 08 M; 00 T

 

Sonstige Zeit

XXXX – XXXX

 

01 J; 00 M; 25 T

Summe 100%ig anrechenbare Zeiten

 

00 J; 08 M; 00 T

 

Summe sonstige Zeiten

 

 

04 J; 06 M; 14 T

Abzug max. 4 Jahre sonstige Zeiten

 

 

04 J; 00 M; 00 T

Sonstige Zeiten >= 4 Jahre

 

 

00 J; 06 M; 14 T

Summe 50%ig anrechenbare sonstige Zeiten

 

 

00 J; 03 M; 07 T

Anrechenbare Zeiten für Stichtag

00 J; 11 M; 07 T

 

 

Errechneter Vergleichsstichtag

XXXX

 

 

Korrektur in BDA-Tagen

100 Tage

 

 

Mit Bescheid vom 05.08.2005, GZ P39/b/05, wurde der XXXX als Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers für das laufende Dienstverhältnis festgesetzt.

Gemäß § 12 GehG wurden neben zur Hälfte anzurechnenden Zeiten im Ausmaß von 6 Monaten und 13 Tagen die Zeit des Präsenzdienstes zur Gänze im Ausmaß von 1 Monat und 17 Tagen berücksichtigt, gesamt daher 8 Monate. Zeiten vor dem 19.07.2003 (Vollendung des 18. Lebensjahres) wurden nicht berücksichtigt.

Der Beschwerdeführer stand am 28.02.2015 in einem Dienstverhältnis zum Bund und wurde nach § 169c Abs. 1 GehG übergeleitet. Er befand sich am 11.02.2015 im Dienststand. Im Februar 2015 bezog er ein Gehalt entsprechend der Gehaltsstufe 6, Verwendungsgruppe E2b, mit nächster Vorrückung am 01.01.2016. Der Überleitungsbetrag war EUR 1.807,50 (E2b, Gehaltsstufe 6). Das betraglich zum Überleitungsbetrag nächstniedrigere Gehalt derselben Verwendungsgruppe gemäß § 169c Abs. 3 GehG war in der am 12.02.2015 geltenden Fassung von § 72 GehG EUR 1.790,00 und entsprach der Gehaltsstufe 5.

Der Zeitraum zur Erreichung der Gehaltsstufe 5 beträgt 8 Jahre. Die letzte Vorrückung vor dem 28.02.2015 (Ablauf des Überleitungsmonats) war am 01.01.2014. Der Zeitraum zwischen der letzten Vorrückung vor der Überleitung und dem Ablauf des Überleitungsmonats beträgt 1 Jahr und 2 Monate.

Das Besoldungsdienstalter des Beschwerdeführers gemäß § 169c Abs. 2 GehG zum Ablauf des 28.02.2015 betrug daher 9 Jahre und 2 Monate.

Der letzte ohne Berücksichtigung der Zeiten vor der Vollendung des 18. Lebensjahres erstellte Vorrückungsstichtagsbescheid setzte den XXXX als Vorrückungsstichtag fest. Der nach § 169g GehG errechnete Vergleichsstichtag ist der XXXX . Der Unterschied zwischen Vorrückungsstichtag und Vergleichsstichtag beträgt 100 Tage.

Das Besoldungsdienstalter des Beschwerdeführers zum 28.02.2015 hatte daher 9 Jahre, 2 Monate und 100 Tage zu betragen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen sind aus dem behördlichen Verwaltungsakt, dem Antrag des Beschwerdeführers, dem Versicherungsdatenauszug des Beschwerdeführers sowie den von der belangten Behörde übermittelten Unterlagen unstrittig zu entnehmen.

Die letzte Vorrückung vor dem 28.02.2015 (Ablauf des Überleitungsmonats) am 01.01.2014 ergibt sich aus den vorliegenden Gehaltsauszügen des Beschwerdeführers für Jänner und Februar 2015.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in dem einschlägigen Materiengesetz (Gehaltsgesetz 1956) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass dienstrechtliche Streitigkeiten öffentlich Bediensteter unter den Begriff der „civil rights“ im Verständnis des Art. 6 Abs. 1 EMRK fallen, insoweit derartige Streitigkeiten durch die innerstaatliche Rechtsordnung geregelte, subjektive Rechte oder Pflichten des jeweils betroffenen Bediensteten zum Gegenstand haben (VwGH 13.09.2017, Ro 2016/12/0024). Demnach kann eine Verhandlungspflicht gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK nur dann entfallen, wenn die Ausnahmen für nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen oder hochtechnische Fragen Platz greifen (VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0067).

Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt und es sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage handelt, kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Wie oben bereits ausgeführt steht der in der Angelegenheit maßgebliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in der Sache selbst zu entscheiden.

Zu A)

In Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG ist die 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, ergangen.

Gemäß § 169c Abs. 1 GehG werden alle Beamten, welche sich am 11.02.2015 im Dienststand befinden, auf Grundlage ihrer bisherigen Gehälter in das durch dieses Bundesgesetz neu geschaffene Besoldungssystem übergeleitet. Die Überleitung erfolgt gemäß Abs. 2 leg. cit. durch eine pauschale Festsetzung des Besoldungsdienstalters. Maßgebend ist der Überleitungsbetrag. Dieser ist das volle Gehalt ohne allfällige außerordentliche Vorrückungen, welches bei der Bemessung des Monatsbezugs des Beamten für den Februar 2015 (Überleitungsmonat) zugrunde gelegt wurde.

Gemäß § 169c Abs. 3 GehG wird das Besoldungsdienstalter des übergeleiteten Beamten mit jenem Zeitraum festgesetzt, der für die Vorrückung von der ersten Gehaltsstufe (Beginn des 1. Tages) in jene Gehaltsstufe derselben Verwendungsgruppe erforderlich ist, für die in der am 12.02.2015 geltenden Fassung das betraglich zum Überleitungsbetrag nächstniedrigere Gehalt angeführt ist.

Dieses festgesetzte Besoldungsdienstalter wird gemäß Abs. 4 leg. cit. um den Zeitraum verlängert, der zwischen dem Zeitpunkt der letzten Vorrückung in ein höheres Gehalt und dem Ablauf des Überleitungsmonats vergangen ist, sofern er für die Vorrückung wirksam ist.

§ 169f Abs. 1 GehG ordnet an, dass bei Beamten, die sich am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, im Dienststand befinden (Z 1) und die nach § 169c Abs. 1 übergeleitet wurden (Z 2) und deren erstmalige Festsetzung des Vorrückungsstichtags für das laufende Dienstverhältnis unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten erfolgt ist (Z 3) und bei denen nach der erstmaligen Festsetzung nach Z 3 nicht die vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2010 vorangestellt und durch Außerachtlassung der mit diesem Bundesgesetz bewirkten Verlängerung des für die erste Vorrückung erforderlichen Zeitraums zur Gänze für die Einstufung wirksam geworden sind (Z 4), die besoldungsrechtliche Stellung von Amts wegen bescheidmäßig neu festzusetzen ist.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. erfolgt bei den am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, anhängigen Verfahren, welche die Frage der Anrechnung zusätzlicher Vordienstzeiten, der Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags, insbesondere nach § 113 Abs. 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2010, der Neufestsetzung des Besoldungsdienstalters oder der Festsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung für einen Beamten nach Abs. 1 Z 3 als Hauptfrage zum Gegenstand haben, eine Neufestsetzung im Rahmen dieser Verfahren.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. erfolgt die Neufestsetzung nach den Abs. 1 bis 3 nach Ermittlung des Vergleichsstichtags (§ 169g) durch Feststellung des Besoldungsdienstalters zum Ablauf des 28.02.2015. Das Besoldungsdienstalter nach § 169c erhöht sich um den zwischen dem Vergleichsstichtag und dem Vorrückungsstichtag liegenden Zeitraum, wenn der Vergleichsstichtag vor dem Vorrückungsstichtag liegt, andernfalls vermindert es sich um diesen Zeitraum. Für den Vergleich ist der letzte Vorrückungsstichtag maßgebend, der unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten festgesetzt wurde.

Der Vergleichsstichtag wird gemäß § 169g Abs. 1 GehG dadurch ermittelt, dass die nach Vollendung des 14. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten, die bei der Ermittlung des Vorrückungsstichtags voranzustellen waren oder bei Außerachtlassung der Altersgrenze von 18 Jahren voranzustellen gewesen wären, nach Maßgabe der Abs. 2 bis 6 dem Tag der Anstellung vorangestellt werden.

Gemäß § 169g Abs. 2 Z 1 bis 5 GehG sind – nach Maßgabe der Abs. 3 bis 6 leg. cit. – § 12 in der Fassung der 2. Dienstrechts-Novelle 2007, BGBI. I Nr. 96/2007, § 12a in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2011, BGBI. l Nr. 140/2011, § 113 in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2004, BGBI. l Nr. 176/2004, § 113a in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2007, BGBI. l Nr. 53/2007, und die Anlage 1 in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2004, BGBI. l Nr. 176/2004 anzuwenden.

Gemäß § 12 GehG in der Fassung der 2. Dienstrechts-Novelle 2007, BGBI. I Nr. 96/2007, werden dem Tag der Anstellung – unter Ausschluss der vor der Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Zeiten – zur Ermittlung des Vorrückungsstichtages die Zeit in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft, im Lehrberuf an einer inländischen öffentlichen Schule, Universität oder Hochschule oder an der Akademie der bildenden Künste oder an einer mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten inländischen Privatschule sowie die Zeit des Präsenzdienstes nach dem Wehrgesetz 2001 zur Gänze vorangesetzt. Sonstige Zeiten, die die Erfordernisse der Abs. 3 oder 3a leg. cit. nicht erfüllen, werden zur Hälfte vorangesetzt, soweit sie insgesamt drei Jahre nicht übersteigen.

Abweichend von den Bestimmungen gemäß § 169g Abs. 2 Z 1 bis 5 GehG treten gemäß § 169g Abs. 3 Z 1 GehG an Stelle der vor Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Zeiten die vor Vollendung des 14. Lebensjahres liegenden Zeiten.

Gemäß Z 4 leg. cit. sind sonstige Zeiten, die bis zum Höchstausmaß von drei Jahren zur Hälfte zu berücksichtigen sind, bis zum Höchstausmaß von sieben Jahren zur Hälfte zu berücksichtigen.

Gemäß § 169g Abs. 4 GehG sind die zur Hälfte zu berücksichtigenden sonstigen Zeiten bei der Ermittlung des Vergleichsstichtags nur insoweit voranzustellen, als sie das Ausmaß von vier zur Hälfte zu berücksichtigenden Jahren übersteigen.

Gemäß § 169g Abs. 6 GehG ist – soweit die Abs. 3 bis 5 keine abweichenden Regelungen vorsehen – bei der Voranstellung von Zeiten von entschiedener Sache hinsichtlich der nach Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten auszugehen, wenn diese bereits bei der Festsetzung des Vorrückungsstichtags (§ 169f Abs. 4 letzter Satz) nach den Bestimmungen gemäß Abs. 2 Z 1 bis 5 oder nach früher geltenden Fassungen dieser Bestimmungen zur Gänze vorangestellt oder nicht vorangestellt wurden.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass zunächst der letzte Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers, der unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten festgesetzt wurde und gemäß § 169f Abs. 4 GehG für den Vergleich mit dem zu ermittelnden Vergleichsstichtag heranzuziehen ist, festzustellen ist. In einem weiteren Schritt ist der Vergleichsstichtag gemäß § 169g GehG 1956 zu ermitteln.

Zuletzt ist der im ersten Schritt festgestellte Vorrückungsstichtag mit dem festgestellten Vergleichsstichtag zu vergleichen und ist das Besoldungsdienstalter nach § 169c GehG um den zwischen dem Vergleichsstichtag und dem Vorrückungsstichtag liegenden Zeitraum zu erhöhen, wenn der Vergleichsstichtag vor dem Vorrückungsstichtag liegt. Andernfalls ist es um diesen Zeitraum zu vermindern.

Der letzte ohne Berücksichtigung der Zeiten vor dem 18. Geburtstag des Beschwerdeführers erstellte Vorrückungsstichtagsbescheid vom 05.08.2005 setzte den XXXX als Vorrückungsstichtag fest. Gemäß § 169f Abs. 4 GehG ist dieser Vorrückungsstichtag mit dem zu ermittelnden Vergleichsstichtag zu vergleichen.

In die Berechnung des Vergleichsstichtages fließen zur Gänze jene Zeiten ein, in denen der Beschwerdeführer den Präsenzdienst absolvierte (8 Monate). Die Summe der sonstigen zur Hälfte zu berücksichtigenden Zeiten ab der Vollendung des 14. Lebensjahres des Beschwerdeführers beträgt 4 Jahre, 6 Monate und 14 Tage. Gemäß § 169g Abs. 3 Z 4 GehG sind diese bis zum Höchstausmaß von sieben Jahren zur Hälfte zu berücksichtigen.

Gemäß § 169g Abs. 4 GehG sind die zur Hälfte zu berücksichtigenden sonstigen Zeiten bei der Ermittlung des Vergleichsstichtages nur insoweit zur Hälfte anzurechnen, als sie das Ausmaß von vier zur Hälfte zu berücksichtigenden Jahren übersteigen. Somit verblieben im vorliegenden Fall 6 Monate und 14 Tage, die zur Hälfte, also im Ausmaß von 3 Monaten und 7 Tagen, anzurechnen waren.

Ausgehend von den zur Gänze zu berücksichtigenden Zeiten im Ausmaß von 8 Monaten und den zur Hälfte zu berücksichtigenden Zeiten im Ausmaß von 3 Monaten und 7 Tagen, die dem Tag der Anstellung des Beschwerdeführers ( XXXX ) voranzustellen waren, fällt der ermittelte Vergleichsstichtag auf den XXXX .

Da zwischen dem Vergleichsstichtag ( XXXX ) und dem letzten maßgebenden Vorrückungsstichtag ( XXXX ), der unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten festgesetzt wurde, eine Differenz von 100 Tagen liegt und der Vergleichsstichtag vor diesem Vorrückungsstichtag liegt, war das anhand des Überleitungsbetrages ermittelte Besoldungsdienstalter des Beschwerdeführers mit Ablauf des 28.02.2015 um 100 Tage zu verbessern und hatte daher mit Ablauf des 28.02.2015 9 Jahre, 2 Monate und 100 Tage zu betragen.

Betreffend das Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 05.06.2020, ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht entsprechend dem Legalitätsprinzip die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses anzuwenden hat (vgl. VwGH 27.06.2017, Ra 2017/18/0005). Konkret sind die Bestimmungen des Gehaltsgesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. 115/2021 einschlägig, wonach gemäß § 169f GehG bei den am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 (näher angeführten) anhängigen Verfahren bei Beamten, die nach § 169c Abs. 1 GehG übergeleitet wurden, eine Neufestsetzung im Sinne des § 169f Abs. 4 GehG erfolgt. Bei der Ermittlung des Vergleichsstichtages ist sohin auch §169g Abs. 4 GehG anzuwenden, nach welchem die zur Hälfte zu berücksichtigenden sonstigen Zeiten bei der Ermittlung des Vergleichsstichtags nur insoweit voranzustellen sind, als sie das Ausmaß von vier zur Hälfte zu berücksichtigenden Jahren übersteigen.

Einzelne Elemente der bisherigen Altersdiskriminierungen, wie die Vorverlegung der Altersgrenze (von 18 auf 14 Jahre gem. § 169g Abs. 3 Z 1 GehG) um eine bestimmte Zeit, die sodann wieder – teilweise wie im Fall des Beschwerdeführers oder gänzlich, wenn keine Zeiten des § 169g Abs. 3 vorliegen – in Abzug gebracht wird, finden sich zwar auch in der aktuellen Rechtslage. Da diese Zeiten jedoch unter dem Titel sonstiger Zeiten ohne Abstellen auf eine Erwerbstätigkeit auch über den 18. Geburtstag hinaus angerechnet werden (§ 169g Abs. 6 GehG) erscheint ein Fortsetzen der Altersdiskriminierung durch eine konkrete Bestimmung nicht ersichtlich zu sein. So profitierte der Beschwerdeführer auch von einer Anrechnung seiner Zeiten als Arbeiter nach Vollendung seines 18. Lebensjahres.

Zeiten, die etwa in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft zurückgelegt wurden oder bestimmte Lehrberufe, sind im Anwendungsbereich des § 169g Abs. 2 Z 1 GehG i.V.m. § 12 GehG in der Fassung der 2. Dienstrechts-Novelle 2007, BGBl. I Nr. 96/2007, ohnehin auch vor Vollendung des 18. Lebensjahres zur Gänze anzurechnen, sodass die Regelung des § 169g Abs. 4 GehG in diesen Fällen nicht zur Anwendung gelangt. Vielmehr sind von § 169g Abs. 4 GehG nur jene Zeiten betroffen, die als sonstige Zeiten zurückgelegt wurden und zwar unabhängig davon, in welchem Alter sie zurückgelegt wurden. Dass nur Zeiten betroffen sind, die typischerweise in der Zeit zwischen der Vollendung des 14. und des 18. Lebensjahres absolviert werden, ist nicht ersichtlich.

Auch wenn die Regelung einer Erhöhung der Zeit in der ersten Gehaltsstufe ähnelt, wird der Zweck der Entdiskriminierung durch die grundsätzliche Anrechnungsmöglichkeit der Zeit vor dem 18. Geburtstag erreicht und wird keine Unionsrechtswidrigkeit erkannt.

Betreffend die besoldungsrechtliche Stellung des Beschwerdeführers war auf die unstrittige Frage der Funktions- und Verwendungsgruppe sowie die nächste Vorrückung nicht einzugehen, da sich die Vorrückung sowie die nächste Gehaltsstufe aus dem Besoldungsdienstalter ableiten.

Die entsprechende Nachzahlung wird durch die belangte Behörde zu effektuieren sein.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt und es an Rechtsprechung hierzu mangelt.

Die Frage, inwieweit die durch die 2. Dienstrechts-Novelle intendierte Entdiskriminierung mit der gegenständlichen gesetzlichen Regelung am unionsrechtlichen Maßstab gelungen ist, ist höchstgerichtlich nicht geklärt.

Darüber hinaus erscheint es unklar, ob mit § 169g Abs. 6 GehG – in Bezug auf nicht im Spruch genannte oder separat ausgewiesene Zeiträume des Vorrückungsstichtagsbescheides – von „entschiedener Sache“ ausgegangen werden kann.

Weiters wird die Revision zugelassen, da zur Frage der korrekten (Fristen)Berechnung des Besoldungsdienstalters und zum Zeitpunkt im Rechenschritt iZm der Umwandlung von Jahren und Monaten in Tage keine Judikatur existiert.

Konkret wird diese Problematik bei der Berechnung des Besoldungsdienstalters des Beschwerdeführers zum 28.02.2015 dadurch deutlich, dass der Zeitraum von 01.01.2014 bis 28.02.2015 424 Tage und das Besoldungsdienstalter des Beschwerdeführers daher zum 28.02.2015 – ohne die Berücksichtigung von Schaltjahren – 3.344 Tage beträgt (8x365+424), welches auch einem Besoldungsdienstalter von 9 Jahren und 2 Monaten entspricht, und welches in der Folge um die Differenz zwischen Vergleichs- und Vorrückungsstichtag zu erhöhen ist (konkret 100 Tage).

Im „Handbuch: Vordienstzeiten-Vergleichsrechner“, des Bundeskanzleramts und des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, Stand 21.04.2020, wird betreffend das Besoldungsdienstalter zum Ablauf des 28.02.2015 nach der pauschalen Überleitung gemäß § 169c GehG in Jahren und Monaten angegeben, dass 1 Jahr in 365 Tage umgerechnet wird und ein Monat in 365/12 = 30,4167 Tage. Weder aus dem Gehaltsgesetz noch aus dem AVG lässt sich dies klar ableiten.

Je nach Berechnung und auch je nachdem, ob Schaltjahre berücksichtigt werden oder generell von 365 Tagen ausgegangen wird, kann sich daher bei der Berechnung eine Differenz von mehreren Tagen ergeben. Auch die Zeit, die erforderlich ist, um in die nächste Gehaltsstufe zu kommen, kann – je nach Rechnungsweg und Lage der Schaltjahre - um einzelne Tage divergieren und als Anknüpfungspunkt für eine taggenaue Darstellung zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.

Nicht zuletzt wird die Revision auch deshalb zugelassen, weil sowohl im Wege des Vorrückungsstichtagsbescheides, der vor dem 18. Geburtstag zurückgelegte Zeiten ausschließt (§ 169f Abs. 4 letzter Satz GehG) als auch im Wege des Überleitungsbetrages, der das Besoldungsdienstalter zum 28.02.2015 maßgeblich bestimmt, auf Ergebnissen einer Altersdiskriminierung aufgebaut wird. Ob die Verminderung oder Erhöhung des Besoldungsdienstalters (durch die Heranziehung des Vergleichsstichtages) diese Ergebnisse der Altersdiskriminierung zur Gänze beseitigt, ist höchstgerichtlich nicht geklärt.

Unionsrechtlich scheint diese Anknüpfung an einer Diskriminierung zur Beseitigung eben dieser erfolgt zu sein.

Schlagworte

Altersdiskriminierung Besoldungsdienstalter Revision zulässig Unionsrecht Vergleichsstichtag Vordienstzeiten Vorrückungsstichtag - Neufestsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W122.2150550.1.00

Im RIS seit

05.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

05.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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