TE Bvwg Beschluss 2021/9/21 W278 2205872-1

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Veröffentlicht am 21.09.2021
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Entscheidungsdatum

21.09.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1a
B-VG Art133 Abs4
VwG-AufwErsV §1 Z1
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs2
VwGVG §35 Abs3

Spruch


W278 2205872-1/21E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Habitzl als Einzelrichter im Beschwerdeverfahren des XXXX , geboren am XXXX , StA. Dominikanische Republik, vertreten durch Dr. Joachim Rathbauer, RA in 4020 Linz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 17.09.2018, XXXX

A)

I. Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG iVm § 35 Abs. 1 und 2 VwGVG stattgegeben. Gemäß § 35 Abs. 2 VwGVG iVm § 1 Z. 1 VwG-AufwErsV hat der Bund (Bundesminister für Inneres) dem Beschwerdeführer zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters Aufwendungen in Höhe von EUR 737,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. Der Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 17.09.2018 wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den Beschwerdeführer (BF) die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung verhängt.

Mit Beschwerdeschriftsatz vom 18.09.2018 erhob der BF durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter Beschwerde gegen den Mandatsbescheid vom 17.09.2018 und die darauf gegründete Anhaltung. Neben der Beschwerdestattgabe wurde auch ein Antrag auf Ersatz der Kosten der Beschwerde gestellt.

Mit Vorlageschriftsatz vom 18.09.2018 erstattete das BFA Stellungnahme und beantragte, neben der Beschwerdestattgabe, ebenfalls Kostenersatz.

Der BF befand sich von 17.09.2018 bis 24.09.2018 in Schubhaft.

Am 24.09.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt. Am Ende der Verhandlung wurde die Entscheidung mündlich verkündet. Der Beschwerde wurde stattgeben, die Anhaltung des BF in Schubhaft vom 17.09.2018 bis 24.09.2018 für rechtswidrig erklärt und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung nicht vorlagen. Ein Ausspruch über die Kosten wurde nicht getroffen.

Die gegenständliche Rechtssache wurde mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 29.06.2021 der Gerichtsabteilung W186 abgenommen und in der Folge der Gerichtsabteilung W278 neu zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichts.

2. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Kostenentscheidungen:

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-VG, StF BGBl. I Nr. 87/2012 idgF lautet:

㤠22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

Der mit „Kosten im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt“ betitelte § 35 VwGVG, StF BGBl. I Nr. 33/2013 in der StF lautet:

„§ 35. (1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

(3a) § 47 Abs. 5 VwGG ist sinngemäß anzuwenden.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.“

§ 1 VwG-Aufwandersatzverordnung StF BGBl. II Nr. 517/2013 idgF lautet:

„§ 1. Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird wie folgt festgesetzt:

1.       Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei   737,60 Euro

2.       Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei   922,00 Euro

3.       Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei   57,40 Euro

4.       Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei   368,80 Euro
5.         Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei    461,00 Euro

6.       Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand)    553,20 Euro

7.       Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand)    276,60 Euro“

Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

Die Festsetzung des Schriftsatzaufwandes erfolgt im Wege einer Verordnung des Bundeskanzlers (vgl § 35 Abs 4 Z 3 VwGVG).

Die Präambel /Promulgationsklausel der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze StF: BGBl. II Nr. 517/2013 (VwG-Aufwandersatzverordnung- VwG-AufwErsV) lautet:

„Auf Grund der §§ 35 Abs. 4 Z 3 und 53 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 122/2013, wird verordnet:“

Das VwG hat jene Verordnung anzuwenden, die zum Zeitpunkt seiner Entscheidung anzuwenden ist; auf den Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung kommt es nicht an (vgl VwGH 11. 12. 2007, 2004/18/0290).

Für die Ermittlung der pauschalierten Beträge gelangt somit die VwG-AufwErsV, BGBl II. 517/2013 zur Anwendung.

Der Antrag [Anm. auf Kostenersatz] kann schriftlich oder mündlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden (vgl auch VwGH 9. 9. 2003, 2002/01/0360; 15. 3. 2016, Ra 2014/01/0181). Er muss angeben, für welche Aufwendungen Kostenersatz begehrt wird (vgl VwGH 15. 3. 2016, Ra 2014/01/0181). Zu beziffern sind die Aufwendungen aber nur dann, wenn sie nicht pauschaliert sind (vgl § 35 Abs 4 Z 3 und Abs 5 VwGVG); bei Pauschalierung ist es ausreichend, wenn (unbeziffert) schlichtweg der Ersatz des Pauschalbetrages begehrt wird (vgl VwGH 25.5. 2016, Ra 2016/11/0042, auch zur inhaltlichen Deutung eines Antrags „Kostenersatz zuzuerkennen“); wird allerdings ausdrücklich weniger als der Pauschalbetrag begehrt, so darf darüber nicht hinausgegangen werden (vgl VwGH 19.6.2008, 2007/21/0016, zu § 79a AVG).

(vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 35 VwGVG (Stand 1.10.2018, rdb.at), abgerufen am 15.09.2021)

Im vorliegenden Fall begehrten beide Parteien Kostenersatz.

Der BF beantragte den Schriftsatzaufwand der Beschwerde. Da er vollständig obsiegte steht ihm dieser dem Grunde nach zu. Die Höhe des Ersatzanspruches ergibt sich – entgegen der in der Beschwerde herangezogenen Rechtsgrundlage – aus § 1 Z. 1 VwG-AufwErsV und beträgt für den Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei EUR 737,60. Dieser war dem BF zuzusprechen.

Da die Behörde vollständig unterlag war der Antrag des BFA vollinhaltlich abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Es sind keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren hervorgekommen und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts auch nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Aufwandersatz individuelle Verhältnisse Kostenersatz Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W278.2205872.1.00

Im RIS seit

05.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

05.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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