TE Vwgh Erkenntnis 1996/10/17 95/08/0341

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Veröffentlicht am 17.10.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/03 Kollektives Arbeitsrecht;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §49 Abs1;
ASVG §49 Abs2;
ASVG §49 Abs3 idF vor 1985/205;
AVG §56;
KollV eisen- und metallverarbeitende Gewerbe;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 30. Oktober 1995, Zl. MA 15-II-J 6/95, betreffend Beitragsvorschreibung (mitbeteiligte Partei: Wiener Gebietskrankenkasse, Wien X, Wienerbergstraße 15-19), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse nahm am 18. November 1994 beim Beschwerdeführer eine Beitragsprüfung vor und stellte fest, daß für einen als Arbeiter (Goldschmied) beschäftigten namentlich genannten Dienstnehmer für das Jahr 1994 keine Meldung betreffend Sonderzahlungen erstattet wurde. Es wurden Sonderzahlungen (Urlaubszuschuß und Weihnachtsremuneration) in der vollen Höhe laut dem anzuwendenden Kollektivvertrag festgestellt und zur Verrechnung vorgeschrieben. Mit dem am 26. April 1995 und 17. Mai 1995 bei der Mitbeteiligten eingelangten Schreiben beantragte der Beschwerdeführer die bescheidmäßige Richtigstellung der Vorschreibung, weil nach Auskunft der Wirtschaftskammer nur der aliquote Teil der Sonderzahlungen gebühre. Der betroffene Arbeitnehmer habe aufgrund eines Krankenstandes nur vom 1. Jänner 1994 bis 18. März 1994 gearbeitet.

Mit Bescheid vom 21. Juli 1995 sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, daß der Beschwerdeführer als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG gemäß § 58 Abs. 2 und 3 leg. cit. i.V.m. den §§ 49 und 54 leg. cit. sowie im § 62 Abs. 2 AlVG bzw. § 5 Abs. 1 des Arbeitsmarktpolitikfinanzierungsgesetzes und § 13 Abs. 2 und 4 Entgeltfortzahlungsgesetz verpflichtet sei, Sonderbeiträge in einer bestimmten (einem ungekürzten Anspruch auf Sonderzahlungen entsprechenden) Höhe zu entrichten. In der Begründung wurde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens ausgeführt, daß die Arbeitsunfähigkeit des betroffenen Dienstnehmers infolge Krankheit ab 18. März 1994 feststehe. Ab 16. April 1994 habe der Dienstnehmer Krankengeld bezogen; er sei bis dato noch immer im Krankenstand. Die Berechnung des Urlaubszuschusses und der Weihnachtsremuneration sei nach den Bestimmungen des Kollektivvertrages für das eisen- und metallverarbeitende Gewerbe erfolgt. Von einer Aliquotierung der Ansprüche sei nur im Falle des Ein- oder Austrittes während des Kalenderjahres die Rede. Aus den Bestimmungen des Kollektivvertrages ergebe sich, daß der betroffene Dienstnehmer Anspruch auf einen Urlaubszuschuß und eine Weihnachtsremuneration in vollem Ausmaß gehabt habe, ungeachtet dessen, daß er zum Zeitpunkt der Fälligkeit bzw. der Auszahlung in Krankenstand gewesen sei.

Der Beschwerdeführer erhob Einspruch. Unter Bezugnahme auf die neuere Judikatur des Obersten Gerichtshofes (8 Ob A 279/94, 9 Ob A 38/94 und 8 Ob A 268/94) machte er geltend, daß für Zeiten, in denen kein Entgelt zu leisten sei - im Beschwerdefall ab 16. April 1994 - auch keine Sonderzahlungen gebührten.

Auch der anzuwendende Kollektivvertrag für das eisen- und metallverarbeitende Gewerbe kenne keine spezifischen Regelungen dafür, daß für entgeltfreie Zeiten, wie Krankenstand etc., anteilige Sonderzahlungen zu leisten wären.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Einspruch gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt. In der Begründung stellte die belangte Behörde nach zusammenfassender Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und einem Hinweis auf die anzuwendenden Gesetzesstellen die in Betracht kommenden Bestimmungen des Kollektivvertrages für das eisen- und metallverarbeitende Gewerbe wie folgt fest:

"XVII. Urlaub und Urlaubszuschuß

1.

Für den Urlaub des Arbeitnehmers gilt das Bundesgesetz betreffend die Vereinheitlichung des Urlaubsrechtes und die Einführung einer Pflegefreistellung (BGBl. Nr. 390/76), in der jeweils geltenden Fassung.

2.

Das Urlaubsausmaß beträgt bei einer Dienstzeit von weniger als 25 Jahren 30 Werktage und erhöht sich - unter Einbeziehung allenfalls anzurechnender Vorzeiten - nach Vollendung des 25. Jahres auf 36 Werktage.

Während des Urlaubes darf der Arbeitnehmer keine dem Erholungszweck des Urlaubes widersprechende Erwerbstätigkeit leisten.

3.

Zum Verbrauch eines Urlaubes während der Kündigungsfrist kann der Arbeitnehmer nicht verpflichtet werden.

4.

Im Falle von Kurzarbeit ist für die Bemessung des Urlaubsentgeltes die ungekürzte wöchentliche Arbeitszeit zugrunde zu legen.

Urlaubszuschuß

5.

Der Arbeitnehmer hat einmal in jedem Kalenderjahr zum gesetzlichen Urlaubsentgelt Anspruch auf einen Urlaubszuschuß. Dieser Urlaubszuschuß beträgt ohne Rücksicht auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit 4 1/3 Wochenverdienste.

6.

Der Urlaubszuschuß ist bei Antritt des Urlaubes fällig. Bei Teilung des Urlaubes gebührt nur der entsprechende Teil des Urlaubszuschusses.

Wird ein Urlaub, auf den bereits Anspruch besteht, in einem Kalenderjahr nicht angetreten bzw. verbraucht, ist der für dieses Kalenderjahr noch zustehende Urlaubszuschuß mit der Abrechnung für Dezember auszubezahlen.

7.

Arbeitnehmer erhalten im Eintrittsjahr den aliquoten Teil des Urlaubszuschusses vom Eintrittsdatum bis zum Ende des Kalenderjahres (je Woche 1/52).

Dieser ist bei Antritt des Urlaubes fällig.

Wird ein Urlaubsanspruch bis zum Ende des Kalenderjahres nicht erworben oder der Urlaub nicht angetreten, wird dieser aliquote Urlaubszuschuß am Ende des Kalenderjahres ausbezahlt.

8.

Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach Verbrauch eines Urlaubes und Erhalt des Urlaubszuschusses, jedoch vor Ablauf des Kalenderjahres endet, haben den auf den restlichen Teil des Kalenderjahres entfallenden Anteil des Urlaubszuschusses dann zurückzuzahlen, wenn das Arbeitsverhältnis auf einen der nachstehenden Arten gelöst wird:

a)

Kündigung durch den Arbeitnehmer,

b)

Entlassung aus Verschulden des Arbeitnehmers (§ 82 GewO),

c)

Austritt ohne wichtigen Grund

9.

Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor Verbrauch eines Urlaubes endet, haben Anspruch auf den aliquoten Teil des Urlaubszuschusses, entsprechend ihrer jeweils im Kalenderjahr zurückgelegten Dienstzeit (je Woche 1/52).

Dieser Anspruch entfällt bei:

a)

Entlassung aus Verschulden des Arbeitnehmers (§ 82 GewO),

b)

Austritt ohne wichtigen Grund

10.

Fallen in ein Kalenderjahr Zeiten eines Präsenzdienstes oder eines Karenzurlaubes, so vermindert sich der Urlaubszuschuß (je Woche 1/52) anteilsmäßig.

Berechnung des Urlaubsentgeltes und des Urlaubszuschusses

11.

Die Berechnung des Urlaubsentgeltes erfolgt nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes betreffend die Vereinheitlichung des Urlaubsrechtes und die Einführung einer Pflegefreistellung (BGBl. Nr. 390/76) und des Generalkollektivvertrages vom 22. Februar 1978 über den Begriff des Entgeltes gemäß § 6 UrlG.

Die Berechnung des Urlaubszuschusses erfolgt nach der Bestimmung über den Verdienstbegriff (Abschnitt X). Überstunden gelten im Sinne des Generalkollektivvertrages über den Begriff des Entgeltes dann als regelmäßig, wenn sie in den letzten 13 abgerechneten Wochen (bzw. drei Monaten oder Kalendervierteljahr) vor Urlaubsantritt durch mindestens sieben Wochen geleistet wurden.

Bei Arbeitnehmern, die während des Kalenderjahres ihre Lehrzeit vollendet haben, setzt sich der Urlaubszuschuß aus dem aliquoten Teil der Lehrlingsentschädigung der letzten 4 1/3 Wochen der Lehrzeit und aus dem aliquoten Teil von 4 1/3 Arbeiterwochenverdiensten zusammen.

XVIII. Weihnachtsremuneration

1.

Alle am 1. Dezember beschäftigten Arbeitnehmer haben Anspruch auf eine Weihnachtsremuneration im Ausmaß von 4 1/3 Wochenverdiensten.

2.

Die Auszahlung der Weihnachtsremuneration hat spätestens am Ende jener Arbeitswoche zu erfolgen, in die der 1. Dezember fällt.

3.

Arbeitnehmer, die am 1. Dezember noch nicht ein Jahr im Betrieb beschäftigt sind oder deren Arbeitsverhältnis vor dem 1. Dezember endet, haben Anspruch auf einen ihrer Dienstzeit entsprechenden Teil der Weihnachtsremuneration (je Woche 1/52).

4.

Dieser Anspruch entfällt, wenn das Arbeitsverhältnis gelöst wird durch:

a)

Entlassung aus Verschulden des Arbeitnehmers (§ 82 GewO),

b)

Austritt ohne wichtigen Grund

5.

Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach Erhalt der Weihnachtsremuneration, jedoch vor Ablauf des Kalenderjahres endet, haben den auf den restlichen Teil des Kalenderjahres entfallenden Anteil der Weihnachtsremuneration dann zurückzuzahlen, wenn das Arbeitsverhaltnis auf eine der nachstehenden Arten aufgelöst wird.

a)

Kündigung durch den Arbeitnehmer

b)

Entlassung aus Verschulden des Arbeitnehmers (§ 82 GewO),

c)

Austritt ohne wichtigen Grund

6.

Fallen in ein Kalenderjahr Zeiten eines Präsenzdienstes oder eines Karenzurlaubes, so vermindert sich die Weihnachtsremuneration (je Woche 1/52) anteilsmäßig.

Berechnung der Weihnachtsremuneration

7.

Die Berechnung der Weihnachtsremuneration erfolgt nach der Bestimmung über den Verdienstbegriff (Abschnitt X). Bei Arbeitnehmern, die während des Kalenderjahres ihre Lehrzeit vollendet haben, setzt sich die Weihnachtsremuneration aus dem aliquoten Teil der Lehrlingsentschädigung der letzten 4 1/3 Wochen der Lehrzeit und aus dem aliquoten Teil von 4 1/3 Arbeiterwochenverdiensten zusammen."

Die Bestimmungen des Kollektivvertrages für das eisen- und metallverarbeitende Gewerbe knüpften - so die Bescheidbegründung weiter - den Anspruch auf Sonderzahlungen lediglich an das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses und sähen ihre Aliquotierung nur im Falle der Begründung und Beendigung dieses Dienstverhältnisses sowie im Falle eines Präsenzdienstes oder Karenzurlaubes während des Kalenderjahres vor. Daß Sonderzahlungen im Falle von Krankenstandszeiten nicht zu bezahlen seien, lasse sich aus dem Kollektivvertrag nicht entnehmen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in einem ähnlich gelagerten Fall gebührten Sonderzahlungen als ein auf dem Kollektivvertrag beruhender günstigerer Entgeltanspruch während des Krankenstandes auch dann, wenn kein gesetzlicher Anspruch auf Entgeltfortzahlung mehr bestehe und auch für Zeiten, in denen Krankengeld bezogen werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Auch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer hält der Auffassung der belangten Behörde, dem Kollektivvertrag könne nicht entnommen werden, daß Sonderzahlungen im Falle von Krankenstandszeiten nicht zu bezahlen seien, die neuere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entgegen und verweist auf die Urteile vom 16. Juni 1994, Zl. 8 Ob A 264-266/94, vom 25. Mai 1994, Zl. 9 Ob A 38/94, und vom 27. Oktober 1994, Zl. 8 Ob A 279/94.

Damit kann der Beschwerdeführer keine dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit aufzeigen:

Im Verfahren 8 Ob A 264-266/94 war der Kollektivvertrag für die eisen- und metallerzeugende und -verarbeitende INDUSTRIE anzuwenden; der OGH stützte sich hier auf § 14 Abs. 2 MSchG und beantwortete lediglich die Frage, ob der Kollektivvertrag etwas Günstigeres regelt; diese Frage ist mit der hier zu entscheidenden nicht vergleichbar. Im Urteil 9 Ob A 38/94 ging der OGH (in Auslegung des mit einer Fluggesellschaft bestehenden Dienstvertrages) davon aus, daß aus der Vereinbarung im Dienstzettel nicht zu erschließen sei, daß die Sonderzahlung anders als das laufende Entgelt zu behandeln sei und daher auch nicht unabhängig von der Entgeltzahlungspflicht anfiele. Im Verfahren 8 Ob A 279/94 wurde festgestellt, daß die anzuwendende Dienstordnung A für die Angestellten bei den Sozialversicherungsträgern (= Kollektivvertrag) zu den Sonderzahlungen anordne, daß sie im Falle des Anspruches des Angestellten auf ständige Bezüge nur während eines Teiles des Kalenderjahres im Verhältnis der zurückgelegten Dienstzeit zum Kalenderjahr gebührten. Diese an die jeweilige, anders gestaltete Anspruchsgrundlage anknüpfenden Erwägungen lassen sich aus dem hier anzuwendenden Kollektivvertrag nicht unbesehen ableiten.

Soweit in den genannten Urteilen der Oberste Gerichtshof ausgesprochen hat, daß Sonderzahlungen eine Form aperiodischen Entgelts seien, das für Zeiten, in denen kein Entgeltanspruch - dem Arbeitgeber gegenüber - bestehe (etwa nach Ausschöpfung des Entgeltfortzahlungsanspruches im Falle der Krankheit gemäß § 8 Abs. 1 Angestelltengesetz bzw. § 2 Abs. 1 EFZG), regelmäßig nicht gebühre, soferne nicht ein Kollektivvertrag Gegenteiliges anordne, kann ihm in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Zunächst besteht weder eine allgemeine noch für den vorliegenden Beschwerdefall besondere gesetzliche Grundlage für die These des Obersten Gerichtshofes, daß Sonderzahlungen immer arbeitsleistungsbezogenes Entgelt darstellten. Der Entgeltbegriff wird nämlich von den verschiedenen arbeitsrechtlichen Normen entweder unterschiedlich weit gefaßt oder überhaupt nur vorausgesetzt. Sonderzahlungen sind Leistungen des Arbeitgebers, die abweichend von den normalen Entlohnungsterminen erfolgen. Sie sind im allgemeinen - so auch im Beschwerdefall - gesetzlich nicht vorgeschrieben, sondern werden aufgrund des Kollektivvertrages oder des Individualarbeitsvertrages geschuldet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Februar 1994, Zl. 93/08/0219). Die Fragen, ob überhaupt Ansprüche auf Urlaubszuschuß und Weihnachtsremuneration - kurz:

auf Sonderzahlungen - bestehen, unter welchen näheren Bedingungen und Voraussetzungen und in welchem Umfang sie gewährt werden und wann sie fällig sind, sind in dem - im Beschwerdefall unbestrittenermaßen - anzuwendenden Kollektivvertrag geregelt. Nur aus diesen Bestimmungen ist daher die Funktion der Sonderzahlungen abzulesen (vgl. dazu auch Runggaldier in DRdA 1996, 101 ff, hier 106, und Trost in DRdA 1995, 116 ff). Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich daher der Auffassung des Obersten Gerichtshofes, es bestehe (neben ausdrücklichen gesetzlichen Anordnungen in Einzelfällen) ein allgemeiner Rechtssatz, daß Sonderzahlungen für entgeltfreie Zeiträume nicht gebühren (mit der Konsequenz, daß der Kollektivvertrag - ausdrücklich - Günstigeres regeln müsse) nicht anzuschließen.

Der im Beschwerdefall anzuwendende Kollektivvertrag sieht die Leistung sowohl des Urlaubszuschusses als auch der Weihnachtsremuneration in einer bestimmten Höhe pro Kalenderjahr vor. So gebührt der Urlaubszuschuß pro Kalenderjahr entsprechend der Urlaubsdauer, er wird also grundsätzlich an den Urlaubsanspruch geknüpft. Der (motivierende) Zusammenhang von Urlaub und Urlaubszuschuß ist daher hier - immer noch - ausdrücklich festgeschrieben. Die Fälligkeit des Urlaubszuschusses ist mit Antritt des Urlaubes festgelegt und zwar im Ausmaß des in Anspruch genommenen Urlaubes. Wird der volle Urlaubsanspruch im Kalenderjahr erworben und der Urlaub auch konsumiert, ist bei Antritt des Urlaubes der für das volle Kalenderjahr zustehende Urlaubszuschuß fällig. Wenn das Arbeitsverhältnis nach Verbrauch des Urlaubes und vor Ende des Kalenderjahres endet, ist der Urlaubszuschuß auch nur in ganz bestimmten Fällen zurückzuzahlen (Punkt XVII 8a-c). Liegt ein solcher Fall nicht vor, wird daher der volle Urlaubszuschuß für einen kürzeren Zeitraum als das Kalenderjahr gewährt. Wird jedoch der im Kalenderjahr erworbene Urlaubsanspruch nicht konsumiert, ist der für das Kalenderjahr gebührende Urlaubszuschuß gemeinsam mit dem Dezemberlohn zu bezahlen. Bei Beginn des Arbeitsverhältnisses während des Kalenderjahres gebührt nur der aliquote Teil (je Woche 1/52). Dies gilt auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses während des Kalenderjahres; hier wird der Anspruch auf Urlaubszuschuß zusätzlich von der Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht. Daneben ist die Aliquotierung für Zeiten des Präsenzdienstes und eines Karenzurlaubes vorgesehen. In dieser abschließenden Regelung werden Krankenstandszeiten mit oder ohne Entgeltanspruch nicht erwähnt.

Mit dem Anspruch auf Weihnachtsremuneration verhält es sich ähnlich. Dieser Anspruch ist grundsätzlich an das Bestehen des Arbeitsverhältnisses am 1. Dezember geknüpft. Daß dieser Anspruch für Krankenstandszeiten ohne Entgeltanspruch nicht bestehe oder für solche Zeiten eine bereits ausbezahlte Weihnachtsremuneration zurückzuzahlen wäre, kann dem Kollektivvertrag nicht entnommen werden.

Daß die beiden genannten Sonderzahlungen nur für Zeiten der aktiven Dienstleistung, nicht jedoch für Krankenstandszeiten zu bezahlen seien, oder daß zumindest im Zeitpunkt der Fälligkeit der jeweiligen Sonderzahlung der wegen Krankheit arbeitsverhinderte Dienstnehmer noch einen Anspruch auf Entgelt haben müsse, läßt sich aus den oben zitierten Bestimmungen des Kollektivvertrages nicht begründen. Der (aus 1993 stammende) Kollektivvertrag enthält eine taxative Aufzählung von einigen gesetzlichen Ausnahmetatbeständen für die Leistungen von Sonderzahlungen. Im vorliegenden Kollektivvertrag zeigt sich insbesondere eine enge Verknüpfung der (unter Umständen nur aliquoten) Auszahlung des Urlaubsgeldes mit Zeitpunkt und Ausmaß des tatsächlich angetretenen Urlaubs. Entgegen der in dem (den Kollektivvertrag für die Angestellten des Gewerbes betreffenden) Urteil des OGH zur Zl. 8 Ob A 2019/96 vertretenen Rechtsauffassung kann daher hier von einem Wegfall des Zusammenhanges zwischen Urlaub und Weihnachten mit den Sonderzahlungen nicht gesprochen werden. Der vorliegende Kollektivvertrag zeigt überdies in seinem Regelungszusammenhang, daß er die Aliquotierungsfälle Sonderzahlungen betreffend abschließend regeln wollte. Ob darin auch eine günstigere Regelung gegenüber einem gesetzlichen Aliquotierungsfall liegt, der im Kollektivvertrag nicht erwähnt ist, kann offenbleiben, weil es darauf im Beschwerdefall nicht ankommt. Ebenso bleibt offen, ob eine Sonderzahlung auch dann gebührt, wenn im laufenden Kalenderjahr noch kein Arbeitsentgelt bezogen wurde, weil auch ein solcher Fall nicht vorliegt.

Aus der Erhöhung des Krankengeldes um einen (der Satzung überlassenen) bestimmten Prozentsatz kann für die hier zu beurteilende Frage - entgegen OGH 8 Ob A 2019/96 - nichts gewonnen werden. Die Erhöhung des Krankengeldes erfolgt deshalb, weil auch von den Sonderzahlungen in der Vergangenheit Beiträge eingehoben wurden und diese daher auch in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden müssen. Im übrigen zeigt der letzte Satz des § 125 Abs. 3 ASVG (Hinweis auf das Verfahren nach § 54 Abs. 2 ASVG), daß die Bemessungsgrundlage für das Krankengeld - entsprechend der Versicherung - um den gleichen Prozentsatz zu erhöhen ist, unabhängig davon, ob dem Betreffenden überhaupt eine Sonderzahlung gebührte

(vgl. Anmerkung 11 zu § 125 in MGA). In Anbetracht der (eingeschränkten) Höhe des Krankengeldes (§ 141 Abs. 1 und Abs. 2 ASVG) kann auch von einer "Doppelliquidation" der Sonderzahlung - entgegen OGH 9 Ob A 2047/96 - nicht die Rede sein.

Es zeigt sich somit, daß die Auffassung der belangten Behörde, dem Kollektivvertrag für das eisen- und metallverarbeitende Gewerbe lasse sich nicht entnehmen, daß Sonderzahlungen im Falle von Krankenstandszeiten ohne Entgeltanspruch zu aliquotieren seien, richtig ist.

Auch der Hinweis des Beschwerdeführers, daß im Zeitpunkt der Beitragsprüfung (18. November 1994) der Anspruch des Arbeitnehmers auf die Sonderzahlungen nach den Bestimmungen des Kollektivvertrages bereits verfallen gewesen sei, führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Beitragsgrundlagen nach § 49 ASVG nach der Rechtslage zu ermitteln, die in den Zeiträumen in Geltung stand, für welche die Beitragsgrundlagen zu ermitteln sind (vgl. das Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0050). Es kommt daher darauf an, ob der Arbeitnehmer in diesen Zeiträumen Anspruch auf die Sonderzahlungen hatte, und ist es unentscheidend, ob diese bezahlt wurden oder nicht oder aber ob sie zu einem späteren Zeitpunkt verjährten oder verfielen. Auf die Frage des Wirksamkeitsbeginnes der "authentischen Interpretation" des Kollektivvertrages ist aus eben diesem Grund im Zusammenhang mit der dargelegten Interpretation des Kollektivvertrages im hier relevanten Zeitraum nicht einzugehen.

Die Verfahrensrüge ist insofern verfehlt, als für die im Rahmen der rechtlichen Beurteilung anzustellenden Überlegungen kein "Ermittlungsverfahren" und kein "Parteiengehör" vorgesehen ist.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Entgelt Begriff AnspruchslohnMaßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995080341.X00

Im RIS seit

27.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

28.11.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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