TE Lvwg Erkenntnis 2021/10/27 LVwG-S-850/001-2021

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Veröffentlicht am 27.10.2021
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Entscheidungsdatum

27.10.2021

Norm

ASVG §4 Abs2
ASVG §33
ASVG §111

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch die Richterin
HR Dr. Hagmann über die Beschwerde des Herrn B, ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 17. März 2021, Zl. ***, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

1.  Die Beschwerde wird gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen. Das Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, dass

1.1.   die verletzte Rechtsnorm lautet:
§ 111 Abs 1 Z 1 ASVG idF BGBl I Nr. 113/2015 iVm § 33 Abs 1 iVm Abs 2 und Abs 1a ASVG idF BGBl I Nr. 44/2016“,

1.2.   in der Tatbeschreibung der Ausdruck „, NÖ Gebietskrankenkasse, ***, ***,“ entfällt,

1.3.  in der Tatbeschreibung der Ausdruck „als in der Krankenversicherung“ durch den Ausdruck „als in der Unfallversicherung“ ersetzt wird,
und

1.4.  in der Tatbeschreibung der Ausdruck „§ 33 Abs. 1 und 1a ASVG“ durch den Ausdruck „§ 33 Abs 1 und 1a iVm Abs 2 ASVG“ ersetzt wird.

2.   Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 146,-- zu leisten.

3.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführer wegen einer Übertretung des § 33 Abs iVm § 111 Abs 1 iVm Abs 1a ASVG mit einer Geldstrafe von € 730,- (Ersatzfreiheitsstrafe: 112 Stunden) bestraft. Im Schuldspruch dieses Straferkenntnisses wurde es als erwiesen angesehen, dass der Beschwerdeführer als Inhaber der A e.U. mit dem Sitz in ***, ***, als Dienstgeber am 25.08.2020 Herrn C als Arbeiter beschäftigt hat, ohne ihn vor Arbeitsantritt um 08:30 beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Dies sei aus Anlass einer Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei am 25.08.2020 um 11:35 Uhr festgestellt worden. Die Verrichtung der Tätigkeiten sei unbestritten. Der Umstand, dass Herr C nur mitgearbeitet habe, weil er lernen wollte, um sich für eine Prüfung vorzubereiten, sei unerheblich. Das Strafausmaß stelle die gesetzliche Mindestsstrafe dar. Von einem monatlichen Durchschnittseinkommen von € 1.500,-- sei auszugehen. Erschwerungsgründe lägen nicht vor.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

In der gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde eingewendet, es sei bereits mehrmals schriftlich darauf hingewiesen worden, dass es für diesen Tag seitens des Herrn C keine Rechnung gäbe, weil er dort nur für seien Lehrabschlussprüfung geübt habe und es somit ein Entgegenkommen seitens des Beschwerdeführers gewesen sei. Es wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung beantragt.

Das Amt für Betrugsbekämpfung verwies in einer schriftlichen Stellungnahme zum Beschwerdevorbringen auf Angaben des D und des Beschwerdeführers aus Anlass der Amtshandlung sowie auf den Inhalt einer mit dem Beschwerdeführer aufgenommenen Niederschrift. Es handle sich um ein dienstnehmerähnliches Verhältnis und werde die Bestätigung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher in Anwesenheit einer Vertreterin des Amtes für Betrugsbekämpfung durch Einvernahme des Beschwerdeführers und der Zeugen E und F (Erhebungsorgane), C und D, weiters durch Einsicht in die Akten des Verfahrens, auf deren Verlesung verzichtet wurde, Beweis erhoben wurde.

4.   Feststellungen:

Anlässlich einer Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei am 25. August 2020 um 11:35 Uhr wurde der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses bezeichnete österreichische Staatsbürger C auf der vom Unternehmen des Beschwerdeführers, der in ***, *** etablierten A e.U., betriebenen Baustelle in ***, ***, bei der Ausführung von Hilfsarbeiten angetroffen. Der Arbeitsantritt auf der Baustelle war am Vorfallstag um 08:30 Uhr. Eine Anmeldung zur Sozialversicherung war im Zeitpunkt der Kontrolle nicht erstattet. C arbeitete unter Aufsicht des im Unternehmen beschäftigten D. Beide Personen sind in *** wohnhaft und waren gemeinsam von dort aus im Firmenfahrzeug der A e.U., mit welchem auch Material zum Verlegen von Leitungen transportiert wurde, am Vorfallstag zum Arbeitsort nach *** angereist. C befand sich in dem Zeitraum, in den auch der Tattag fiel, in einer Ausbildung zum Klimatechniker beim Wirtschaftsförderungsinstitut in ***. C war zur Tatzeit mit zwei Gewerbeberechtigungen im Gewerbeinformationssystem verzeichnet, und zwar seit 2.3.2019 mit dem freien Gewerbe „Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3500 kg nicht übersteigt“; und seit 1.5.2019 mit dem freien Gewerbe Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe und Handelsagent“. Eine weitere Gewerbeberechtigung „Kälte- und Klimatechnik (Handwerk), eingeschränkt auf die Errichtung und Betrieb von Klimaanlagen mit einer Leistungsgrenze von 0-30 KW Kälteleistung, Kältemittel F-Gas, Füllmenge max. 10 Kg“ ist am 20.8.2021 entstanden und war somit im Tatzeitpunkt nicht aufrecht.

5.   Beweiswürdigung:

Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer als Inhaber der A e.U. am Kontrollort mit der Installation einer Klimaanlage beauftragt war, ebenso, dass C am Vorfallstag aus Anlass der finanzpolizeilichen Kontrolle durch die Erhebungsorgane auf der Baustelle arbeitend angetroffen wurde und dass er mit D, der ein Dienstnehmer des Beschwerdeführers ist, aus *** im Firmenfahrzeug, mit welchem auch das Material angeliefert wurde, zur Baustelle gekommen ist. Dem Beschwerdeführer ist darin zu folgen, dass er am Morgen des Vorfallstages ebenfalls auf der Baustelle war, um persönlich die Errichtung einer Dampfsperre auszuführen, und dass sich zu diesem Zeitpunkt die beiden Arbeiter bereits auf der Baustelle befunden haben, wobei ihnen das Durchbrechen der Dampfsperre erklärt worden ist. Dem Beschwerdeführer ist weiters in seinen Angaben dahin zu folgen, dass er anschließend mit D besprochen hat, wie die Verlegearbeiten auszuführen sind, bei deren Ausführung er allerdings persönlich nicht mehr anwesend war.

Der als Zeuge befragte C bestätigte, beim Errichten der Dampfsperre zugesehen und beim (daran anschließenden) Verlegen der Leitungen geholfen zu haben. Davon ausgehend ist ihm in seinen Angaben weiter zu folgen, dass er sich ca. 2 bis 3 Stunden auf der Baustelle aufgehalten hat und dass er unter Aufsicht des D beim Verlegen von Leitungen geholfen hat.

Aus den Angaben des C ergibt sich weiter unwidersprochen, dass er bereits früher – auf Grundlage seiner freien Gewerbeberechtigungen – für den Beschwerdeführer tätig geworden war. Früher habe er für den Beschwerdeführer auf Rechnung Transportarbeiten auf Basis seiner Gewerbeberechtigung ausgeführt, dies mit Fahrzeugen des Beschwerdeführers, da er damals noch kein eigenes Fahrzeug hatte. Am Vorfallstag habe er keinen Auftrag für einen Materialtransport gehabt, er habe dafür auch keine Rechnung. Betreffend Bezahlung sei nichts mit dem Beschwerdeführer vereinbart gewesen. Das sei in seinem eigenen Interesse gewesen, er habe so etwas in der Schule nicht gelernt und habe es in der Praxis sehen wollen.

Der Zeuge D bestätigte die Angaben des C sowie weiters, im Auftrag seines Dienstgebers die Verlegearbeiten ausgeführt zu haben. Dabei habe C mitgeholfen und ihm Werkzeug gereicht. Nach dem Verlegen der Leitungen habe er kontrolliert, ob alles richtig ausgeführt wurde.

Einhellig wurde erklärt, dass D und C gemeinsam im Firmenfahrzeug von ihrem Wohnort in *** zum Einsatzort nach *** gefahren sind und auch dabei Material für die Arbeiten auf der Baustelle mitgenommen wurde.

Aus dem durchgeführten Beweisverfahren ergibt sich, dass C – wie auch der Dienstnehmer des Beschwerdeführers D – am Vorfallstag auf der Baustelle war, um zunächst in Anwesenheit des Beschwerdeführers von diesem durchgeführte Arbeiten im Zusammenhang mit dem Errichten einer Dampfsperre zu beobachten und im Anschluss daran, nach dem Verlassen der Baustelle durch den Beschwerdeführer, Hilfsarbeiten im Zusammenhang mit den angeordneten Verlegearbeiten geleistet hat. Ohne jeden Zweifel hat es sich dabei um die Ausführung von Arbeiten zur Erfüllung eines dem Beschwerdeführer übertragenen Auftrages gehandelt, den dieser im Rahmen seines Unternehmens zur Ausführung übernommen hatte. Der Umstand, dass C auch – insbesondere im Zusammenhang mit dem Errichten einer Dampfsperre – Erfahrungen sammeln konnte, ändert nichts daran, dass er in der Folge auch mit Hilfsarbeiten an der Erfüllung des vom Beschwerdeführer im Rahmen seines Geschäftsbetriebes zu bewerkstelligenden Auftrages beschäftigt wurde.

6.   Erwägungen:

6.1.
Folgende Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) sind verfahrensrelevant und lauten in der zur Tatzeit anzuwendenden Fassung (auszugsweise):


§ 4 Abs 2 ASVG idF BGBl I Nr. 75/2016

„(1) […]


(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hierzu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. […]“

§ 33 Abs 1 bis 2 ASVG idF BGBl I Nr. 44/2016

„(1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden […].

(1a) der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in 2 Schritten meldet, und zwar

1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben-Anmeldung) und

2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

[…]

(2) Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, daß die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

§ 111 Abs 1 und 2 ASVG idF BGBl I Nr. 113/2015

„(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Dienstgeber […] entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
2. bis 6. […].


(2) Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

         –        mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2 180 €, im Wiederholungsfall von 2 180 € bis zu 5 000 €,

         –        bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.“

6.2.

Die zu Grunde zu legende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt sich wie folgt dar:

Für die Beurteilung, ob eine Erwerbstätigkeit in persönlicher Abhängigkeit ausgeübt wird, ist es von besonderer Aussagekraft, ob der Erwerbstätige in einen Betrieb mit einer vom Dienstgeber determinierten Ablauforganisation in einer Weise eingebunden war, dass dies der Erteilung ausdrücklicher persönlicher Weisungen und entsprechender Kontrollen gleichgehalten werden kann („stille Autorität" des Dienstgebers; vgl VwGH Ra 2019/08/0090). Liegt eine Einbindung in eine vom Dienstgeber bestimmte betriebliche Ablauforganisation vor, so wird dies bei manuellen (keine besondere Qualifikation aufweisenden Tätigkeiten idR zu einem die persönliche Abhängigkeit bejahenden Ergebnis führen (vgl VwGH Ra 2017/08/0130).

Eine Einbindung in die betriebliche Organisation setzt zunächst das Vorhandensein eines Betriebs voraus. Im Sinn der Definition des § 34 Abs 1 ArbVG ist diejenige Arbeitsstätte als Betrieb anzusehen, die eine organisatorische Einheit bildet, innerhalb derer eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft mit technischen oder immateriellen Mitteln die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse fortgesetzt verfolgt, ohne Rücksicht darauf, ob Erwerbsabsicht besteht oder nicht. Maßgeblich für eine Einbindung in die betriebliche Organisation ist insbesondere, ob von der aus Infrastruktur und beteiligten Personen gebildeten organisatorischen Einheit ein personenbezogener Anpassungsdruck auf den darin eingebundenen Erwerbstätigen ausgeht. Strukturen einer betrieblichen Organisation, in die eine Einbindung erfolgen kann, manifestieren sich zB in einem durch die Erfordernisse der betrieblichen Einrichtung vorgegebenen Ablauf, in einer gemeinsamen aufeinander abgestimmten Tätigkeit mehrerer Mitarbeiter oder in der Anwesenheit von Vorgesetzten an der Arbeitsstätte. Meist wird eine Einbindung in die betrieblichen Strukturen vor Ort von einer (dauerhaften) Zuweisung von einschlägigen Betriebsmitteln an den Erwerbstätigen begleitet (vgl VwGH Ra 2018/08/0028; sowie VwGH Ra 2018/08/0172, 0173, mit weiteren Ausführungen zum Begriff der Einbindung in den Betrieb). Insbesondere können auch Baustellen, soweit sie die genannten Kriterien erfüllen, in diesem Sinn als ein Betrieb angesehen werden, in den eine Einbindung erfolgen kann (vgl zu derartigen Fällen etwa VwGH Ra 2016/08/0119; 2010/08/0217).

Weiters entspricht es der Rechtsprechung des VwGH, dass dann, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, die Behörde berechtigt ist, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl etwa VwGH Ra 2019/08/0164, mwN). Spricht also eine Vermutung der genannten Art für ein Dienstverhältnis, dann muss die Partei ein ausreichend substanziiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte (vgl Ra 2015/08/0135, mwN). In diesem Sinn kann insbesondere bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten - wie etwa Bauhilfsarbeiten -, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden (vgl etwa VwGH 2013/08/0162, mwN).

6.3.

Fallbezogen ist mit Blick auf diese Rechtsprechung zunächst davon auszugehen, dass C in einen Betrieb mit einer vom Beschwerdeführer determinierten Ablauforganisation eingebunden war, waren doch die Verlegearbeiten entsprechend den betrieblich vorgegebenen Strukturen in Erfüllung eines dem Beschwerdeführer als Inhaber eines gewerblichen Unternehmens übertragenen Auftrages auszuführen. Die Baustelle, auf der C gearbeitet hat, entsprach jedenfalls den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien eines Betriebes. C wurde bei Arbeiten angetroffen, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten.

Im Hinblick auf das Vorbringen, C sei aus vorwiegend eigenem Interesse auf der Baustelle gewesen, um für seine bevorstehende Berufsprüfung Erfahrung zu sammeln, ist allerdings weiterhin zu prüfen, ob darin jene atypischen Umstände zu erblicken sind, die nach der Rechtsprechung geeignet sind, der Annahme eines Dienstverhältnisses entgegenzustehen.

Dazu ist zunächst auszuführen, dass nach dem Beweisergebnis keine wie immer geartete Vereinbarung über Unentgeltlichkeit getroffen wurde, und zwar weder ausdrücklich noch stillschweigend. Der Umstand, dass keine Entgeltvereinbarung getroffen wurde, bedeutet nicht automatisch die Vereinbarung von Unentgeltlichkeit. Eine allfällige Unentgeltlichkeit muss - wenigstens den Umständen nach konkludent - vereinbart worden sein und einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten. Eine derartige sachliche Rechtfertigung könnte in persönlichen Beziehungen, in bestimmten wirtschaftlichen Interessen, aber auch in einer idealistischen Einstellung begründet sein (vgl VwGH 2019/08/0133). Das Kriterium der sachlichen Rechtfertigung der Unentgeltlichkeit einer Dienstleistung dient nach der Rechtsprechung des VwGH dazu, ein entsprechendes Vorbringen unter Glaubwürdigkeitsgesichtspunkten dahingehend zu beurteilen, ob die Unentgeltlichkeitsvereinbarung nur nachträglich behauptet bzw bloß zum Schein geschlossen wurde; eine Aussage, wonach Unentgeltlichkeit gewollt war, ist nämlich vor dem Hintergrund zu prüfen, dass unentgeltliche Dienstverhältnisse nur ausnahmsweise und nur dann vorkommen, wenn sie ganz bestimmten, die (sonst das Arbeitsverhältnis dominierende) Erwerbsabsicht substituierenden Motiven entspringen (vgl VwGH Ra 2018/08/0191, mwN).

Im Ergebnis bedeutet das zunächst, dass eine in diesem Sinn von der Rechtsprechung geforderte spezifische Nahebeziehung zwischen dem Beschwerdeführer und C nicht festzustellen war, geht denn aus dem Beweisverfahren eindeutig hervor, dass deren Bekanntschaft aus bisherigen Geschäftsbeziehungen resultiert und weder in familiären noch freundschaftlichen Beziehungen gründet. Die behauptete (bloße) Motivation seitens des Beschwerdeführers, viel von seinem Wissen weitergeben zu wollen, dies auch im Zusammenhang mit der Tatsache, dass C in Ausbildung zum Heizungstechniker stand, vermag ebenfalls eine spezifische Nahebeziehung in diesem Sinn nicht zu begründen. Dieser Motivation steht schließlich auch der erzielte betriebliche Nutzen aus der Tätigkeit des C gegenüber. Im Übrigen ist jede Tätigkeit im Rahmen eines Betriebes grundsätzlich dafür geeignet, dem Arbeitenden auch Wissen zu verschaffen oder vorhandenes Wissen zu verbreitern. Schließlich sei ergänzend auch nicht unerwähnt, dass auch ein Volontärsverhältnis als Sonderfall eines Dienst- und Lehrverhältnisses oder aber etwa auch eine bloß kurzfristige Tätigkeit zur Probe nach der Rechtsprechung im Allgemeinen der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterliegt (vgl etwa VwGH 2010/08/0179; 2013/08/0091; 2010/08/0229).
Das bedeutet weiterhin, dass im gegenständlichen Fall atypische Umstände nicht vorliegen, somit die im Betriebsablauf erbrachten, unbestrittenen Dienstleistungen solche im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses waren.

6.4.

Die Vorschriften des ASVG über das Beschäftigungsverhältnis stehen auf dem Boden der Eingliederungstheorie. Ein Beschäftigungsverhältnis im Sinn des ASVG wird durch den "Einstellungsakt" begründet. Es setzt einen "Verpflichtungsakt" nicht voraus. Das Beschäftigungsverhältnis im Sinn des ASVG wird in der Regel durch die Aufnahme der Beschäftigung im Betrieb des Dienstgebers begründet (vgl VwGH Ra 2019/08/0080, mit Hinweis auf 2013/08/0183, mwN).

Da die Versicherungspflicht ex lege mit der Erfüllung der Tatbestandserfordernisse eintritt und kein Wahlrecht besteht, ob ein Dienstnehmer der Sozialversicherung unterliegen soll oder nicht, im gegenständlichen Fall also ein Dienstverhältnis im Sinn des ASVG vorlag, traf den Beschwerdeführer als Dienstgeber die Pflicht zur Anmeldung vor Arbeitsantritt. Allerdings war nach dem Beweisergebnis davon auszugehen, dass das Beschäftigungsverhältnis ausschließlich am Tattag im Ausmaß von einigen Stunden bestand, sodass daraus kein im Kalendermonat die Geringfügigkeitsgrenze übersteigendes Entgelt resultierte. Es lag daher ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis mit der Folge einer Versicherungspflicht in der Unfallversicherung und einer entsprechenden Meldepflicht des Dienstgebers vor.

6.5.
Zur Strafhöhe wird erwogen:

Gemäß § 19 Verwaltungsstrafgesetz idF BGBl. I Nr. 33/2013 ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Zweck der vor Arbeitsantritt zu erfüllenden Meldepflicht ist einerseits, die Pflichtversicherung für die Beschäftigten sicherzustellen, und andererseits, die Schwarzarbeit zu bekämpfen.

Der Beschwerdeführer ist nicht verwaltungsstrafrechtlich unbescholten. Es sind – wenngleich nicht einschlägige – aber dennoch rechtskräftige, noch nicht getilgte Verwaltungsstrafvormerkungen aktenkundig.

Milderungsgründe liegen nicht vor. Erschwerungsgründe sind ebenfalls nicht hervorgekommen.

Die belangte Behörde hat daher zutreffend den ersten Strafsatz des § 111 Abs 2 ASVG herangezogen. Über den Beschwerdeführer wurde die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe verhängt.

Mit Blick auf den dargestellten Zweck der vor Arbeitsantritt zu erfüllenden Anmeldeverpflichtung des Dienstgebers ist gegenständlich von einem bloß geringen Verschulden des Beschwerdeführers nicht auszugehen, zumal von einem solchen nur dann die Rede sein kann, wenn das tatbildmäßige Verhalten erheblich hinter dem typisierten Schuld- und Unrechtsgehalt zurückgeblieben ist. Dies ist in einem Fall wie dem gegenständlichen, in dem die Nichtanmeldung auch noch im Zeitpunkt der Kontrolle gegeben war, nicht anzunehmen, wie auch durch den durch die Nichtmeldung vor Arbeitsantritt eingetretenen mangelnden sozialversicherungsrechtlichen Schutz des Dienstnehmers und die Schädigung der Beitragsgemeinschaft von bloß unbedeutenden Tatfolgen nicht ausgegangen werden kann. Eine Unterschreitung der gesetzlichen Mindeststrafe kam daher auch im Hinblick auf die in § 111 Abs 2 ASVG eingeräumte Möglichkeit nicht in Betracht.

Für die ins Treffen geführte persönliche Motivation, möglichst viel von seinem Wissen weiterzugeben, bleibt auch im Zuge der Strafbemessung und dem damit eingeräumten Ermessen im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen kein Raum.

Auf Grund des nicht als bloß geringfügig erkannten Verschuldensausmaßes und der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes kann somit auch nicht vom Vorliegen der Voraussetzungen für die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens iSd § 45 Abs 1 Z 4 VStG iVm dem Ausspruch einer Ermahnung ausgegangen werden.

7.   Zur Spruchberichtigung:

7.1.

Dem Gebot des § 44a Z 2 VStG ist durch Zitierung der entsprechenden Norm im Spruch Rechnung zu tragen (vgl VwGH Ra 2020/09/0013). Die richtige „Fundstelle“ war aus Präzisierungsgründen im Spruch zu ergänzen.

7.2.

Träger der Krankenversicherung ist seit der Novelle zum ASVG BGBl I Nr. 100/2018 für das ganze Bundesgebiet die Österreichische Gesundheitskasse. Der im Spruch genannte Ausdruck „beim zuständigen Krankenversicherungsträger“ reicht zur Konkretisierung des Schuldspruches. Der Ausdruck „, NÖ Gebietskrankenkasse, ***, ***“ hatte ersatzlos zu entfallen.

7.3.

Der Tatvorwurf der Verletzung von Meldepflichten gemäß § 33 Abs 1 ASVG umfasst auch den Vorwurf eines Verstoßes gegen § 33 Abs 2 ASVG. Feststellungen dazu können auch im Verfahren zweiter Instanz nachgeholt werden (vgl zu der vergleichbaren Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2014 zB VwGH 2011/08/0368). Ausgehend davon, dass gegenständlich das Beschäftigungsverhältnis ausschließlich am Tattag im Ausmaß von einigen Stunden bestand, ergibt sich kein im Kalendermonat die Geringfügigkeitsgrenze übersteigendes Entgelt, sodass der Spruch des Straferkenntnisses dahingehend zu berichtigen war.

8.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine

Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche

Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der

Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche

Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen

Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Sozialversicherungsrecht; Dienstgeber; Betrieb; Dienstnehmer; geringfügige Beschäftigung; Entgelt; Unentgeltlichkeit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.S.850.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.12.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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