TE Vwgh Erkenntnis 2021/12/2 Ra 2021/02/0178

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Veröffentlicht am 02.12.2021
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §44a Z2
VStG §44a Z3
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §38

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller und die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer-Kober und Mag. Schindler als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des R in H, vertreten durch Mag. Johannes Polt, Rechtsanwalt in 3580 Horn, Prager Straße 5/1/11, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 27. Mai 2021, VGW-031/021/11824/2020-7, betreffend Übertretung des KFG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde vom 10. August 2020 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe als Zulassungsbesitzer eines näher bestimmten Fahrzeuges dieses am 16. April 2020 um 9.20 Uhr an einer näher bezeichneten Örtlichkeit gelenkt, wobei festgestellt worden sei, dass er es unterlassen habe, daran vorgenommene, die Verkehrs- und Betriebssicherheit oder die Umweltverträglichkeit beeinflussende Änderungen, nämlich die Montage einer anderen als im Zulassungsschein eingetragenen Dimension der Reifen (245/30 ZR21 anstatt 265/30 R21), unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen. Der Revisionswerber habe dadurch § 33 Abs. 1 KFG verletzt, weshalb über ihn gemäß 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe von € 250,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage und 2 Stunden) verhängt sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens festgesetzt wurde.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien (LVwG) die vom Revisionswerber gegen Punkt 2. erhobene Beschwerde als unbegründet ab, bestätigte das angefochtene Erkenntnis in diesem Spruchpunkt, setzte einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von € 50,-- fest und sprach aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3        Mit der vorliegenden außerordentlichen Revision begehrt der Revisionswerber die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Eine Revisionsbeantwortung wurde in dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren nicht erstattet.

4        Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5        Die Revision erweist sich im Hinblick auf ihr Vorbringen, das angefochtene Erkenntnis weiche von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 2 VStG ab, wonach die Verwaltungsvorschrift, die verletzt worden sei, durch Angabe ihrer Fundstelle im Spruch anzuführen sei.

6        Gemäß § 44a Z 2 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten. § 44a Z 2 VStG räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint (vgl. VwGH 25.4.2019, Ra 2018/09/0113, mwN).

7        Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird dem Gebot des § 44a Z 2 VStG dann nicht entsprochen, wenn die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift nicht unter Zitierung der entsprechenden Norm im Spruch angeführt wird. Hiezu zählt auch die Angabe ihrer - richtigen - „Fundstelle“. Dem Gebot der ausreichend deutlichen Angabe der Fundstelle der verletzten Verwaltungsvorschrift wird nur dann Rechnung getragen, wenn die Fundstelle jener Novelle angegeben wird, durch welche die als verletzt betrachtete Norm ihre zum Tatzeitpunkt gültige Fassung erhalten hat. Ein diesbezüglich unrichtiger oder unvollständiger Ausspruch im Spruch kann durch Ausführungen in der Begründung des Straferkenntnisses nicht ersetzt werden (vgl. VwGH 29.3.2021, Ra 2021/02/0023, mwN).

8        Entsprechendes gilt auch für die Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmung nach § 44a Z 3 VStG, zumal darunter jene Strafsanktionsnorm (Strafnorm) zu verstehen ist, welche die Strafdrohung enthält, in der die tatsächlich verhängte Strafe Deckung findet und derart bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist (vgl. VwGH 1.9.2020, Ra 2019/02/0153, mwN).

9        Dem Spruchpunkt 2. des behördlichen Straferkenntnisses ist weder die Fundstelle der als verletzte Verwaltungsvorschrift zitierten Norm des § 33 Abs. 1 KFG noch die Fundstelle der herangezogenen Strafsanktionsnorm des § 134 Abs. 1 KFG zu entnehmen. Obwohl das LVwG verpflichtet gewesen wäre, den Spruch des behördlichen Straferkenntnisses in seinem Abspruch zu ergänzen, wenn dieser - wie hier - unvollständig ist (vgl. VwGH 25.4.2019, Ra 2018/09/0069, mwN), hat es durch die Abweisung der Beschwerde den Spruch des bei ihm in Beschwerde gezogenen Straferkenntnisses unverändert übernommen (vgl. erneut VwGH 6.8.2020, Ra 2020/09/0013, mwN).

10       Dadurch hat das LVwG sein Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 2. Dezember 2021

Schlagworte

Allgemein Mängel im Spruch unvollständige Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021020178.L00

Im RIS seit

28.07.2022

Zuletzt aktualisiert am

29.07.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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