TE Vwgh Beschluss 2021/12/3 Ra 2021/07/0094

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Veröffentlicht am 03.12.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
81/01 Wasserrechtsgesetz

Norm

B-VG Art133 Abs4
VStG §31 Abs1
VStG §32 Abs2
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
WRG 1959 §137 Abs3 Z8

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des Dipl.-Ing. K K in S, vertreten durch Dr. Stefan Gloß, Dr. Hans Pucher, Mag. Volker Leitner, Dr. Peter Gloß und Mag. Alexander Enzenhofer, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Wiener Straße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 27. September 2021, Zl. LVwG-S-873/001-2021, betreffend eine Übertretung des WRG 1959 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Amstetten), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 12. März 2021 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er sei einerseits einem mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 6. Dezember 2019, andererseits einem mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 15. Juli 2020 jeweils gemäß § 138 Abs. 1 lit. a Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) erteilten - näher dargestellten - Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustands nicht nachgekommen.

2        Dadurch habe der Revisionswerber jeweils § 137 Abs. 3 Z 8 WRG 1959 verletzt, weshalb die belangte Behörde über ihn zwei Geldstrafen zu jeweils € 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 55 Stunden) verhängte.

3        Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis änderte das Verwaltungsgericht - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - den Spruch des behördlichen Straferkenntnisses insofern ab, als dem Revisionswerber nunmehr zur Last gelegt wurde, er sei im Zeitraum von 31. Oktober 2020 bis 12. März 2021 einem ihm mit rechtskräftigen Bescheiden der belangten Behörde vom 6. Dezember 2019 und 15. Juli 2020 jeweils gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 erteilten Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustands nicht nachgekommen, weil er die Beseitigung der mit Erdmaterial vorgenommenen Verfüllungen von Gräben auf näher bezeichneten Grundstücken unterlassen habe, indem er an den genannten Örtlichkeiten keinerlei Maßnahmen zur Durchführung der ihm aufgetragenen Räumungsarbeiten (Entfernen des Erdmaterials) gesetzt habe.

5        Dadurch habe der Revisionswerber eine Übertretung nach § 137 Abs. 3 Z 8 WRG 1959 iVm. den vorgenannten rechtskräftigen Bescheiden der belangten Behörde begangen, weshalb das Verwaltungsgericht über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von € 3.700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 100 Stunden) verhängte.

6        Die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

7        Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

8        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11       Nach der ständigen hg. Rechtsprechung ist in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher hg. Rechtsprechung abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. etwa VwGH 25.6.2020, Ra 2020/07/0042, mwN).

12       Unter „F) Gründe für die Zulässigkeit der a.o. Revision“ wird vorgebracht, wie oben zu „D lit a“ bzw. „E lit a“ ausgeführt worden sei, habe es das Verwaltungsgericht unterlassen, ein Vorbringen des Revisionswerbers zu protokollieren. Damit habe es gegen grundsätzliche „Verfahrensschritte“ verstoßen, weil das rechtliche Gehör des Revisionswerbers verletzt worden sei. Die diesbezügliche Rechtslage und Judikatur sei eindeutig. Wenn also das Verwaltungsgericht dieses rechtliche Gehör verletzt habe, dann weiche es von der Rechtslage und „hier Judikatur“ ab. Daraus erfolge die Zulässigkeit der vorliegenden Revision.

13       Zudem habe das Verwaltungsgericht den Spruch „zweier Bescheide“ abgeändert und neu formuliert. Zu dieser rechtlichen Vorgangsweise gebe es keine Judikatur. Die diesbezügliche rechtliche Beurteilung des Verwaltungsgerichts erscheine auch verfehlt. Ein Strafbescheid sei nur zulässig, wenn jemand eine rechtswidrige Handlung setze, die gegen eine Norm verstoße, die erlassen worden sei, bevor eine rechtswidrige Handlung erfolge. In concreto sei es aber so, dass der Revisionswerber wegen Unterlassungen im Zeitraum von 31. Oktober 2020 bis 12. März 2021 bestraft worden sei, während die ihm angelastete verletzte Norm erst mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 27. September 2021 definiert worden sei.

14       Mit dem erstgenannten Vorbringen legt der Revisionswerber nicht konkret - unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten hg. Entscheidung - dar, von welcher hg. Rechtsprechung das Verwaltungsgericht abgewichen sein soll (vgl. VwGH 10.4.2020, Ra 2020/07/0007, 0008, mwN).

15       Auch mit dem Verweis auf die übrigen Revisionsausführungen (Revisionspunkt, Abschnitt „D“; Revisionsgründe, Abschnitt „E“) wird der Anforderung, die Gründe für die Revisionszulässigkeit gesondert anzuführen, nicht entsprochen (vgl. VwGH 28.3.2019, Ra 2019/07/0027, mwN).

16       Sofern der Revisionswerber eine Verletzung des „rechtlichen Gehörs“ behauptet, so ist er darauf hinzuweisen, dass schon in der Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieses Verfahrensmangels, weshalb also bei Vermeidung desselben in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, aufzuzeigen gewesen wäre (vgl. VwGH 21.10.2021, Ra 2021/07/0064, mwN). Dem wird mit der pauschalen Behauptung, das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, in der mündlichen Verhandlung ein - nicht näher präzisiertes - Vorbringen des Revisionswerbers zu protokollieren, nicht ansatzweise entsprochen.

17       Der Ansicht des Revisionswerbers, dass es zur vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Abänderung des Spruchs des behördlichen Straferkenntnisses keine Judikatur gebe, ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach das Verwaltungsgericht nicht nur berechtigt, sondern vielmehr verpflichtet ist, einen allenfalls fehlerhaften Spruch im behördlichen Straferkenntnis richtig zu stellen oder zu ergänzen. Dies gilt - worauf der Revisionswerber offenbar hinzuweisen versucht - allerdings nur dann, wenn innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist rechtzeitig eine alle der Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente enthaltende Verfolgungshandlung (wozu auch die Tathandlung gehört) durch die Behörde gesetzt wurde (vgl. etwa VwGH 18.1.2021, Ra 2020/11/0206, mwN).

18       In der Zulässigkeitsbegründung wird jedoch nicht behauptet, dass innerhalb der Frist des § 31 Abs. 1 VStG keine Verfolgungshandlung im Sinn des § 32 Abs. 2 VStG in Bezug auf jene Tatbestandselemente des § 137 Abs. 3 Z 8 WRG 1959 vorgenommen worden wäre, die das Verwaltungsgericht der Bestrafung des Revisionswerbers zu Grunde gelegt hat. Die mit dem angefochtenen Erkenntnis vorgenommene Abänderung des Spruchs des behördlichen Straferkenntnisses vom 12. März 2021 begegnet daher keinen Bedenken.

19       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

20       Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 3. Dezember 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021070094.L00

Im RIS seit

29.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.01.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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