TE Bvwg Erkenntnis 2021/12/14 W200 2245591-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.12.2021
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Entscheidungsdatum

14.12.2021

Norm

BBG §1 Abs2
BBG §40 Abs1
BBG §41 Abs1
BBG §42 Abs1
BBG §42 Abs2
BBG §45 Abs1
BBG §45 Abs2
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W200 2245591-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Scherz als Vorsitzende und durch den Richter Dr. Kuzminski sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Halbauer als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , gegen die Beschwerdevorentscheidung des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 30.07.2021, OB: 32518913500010, mit der der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 42 Abs. 1 und 2,
§ 45 Abs. 1 und 2 des Bundesbehindertengesetzes (BBG) idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 11.08.2020 unter Vorlage von medizinischen Unterlagen den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Als gesundheitliche Leiden nannte er „Sprunggelenk re.; Kniegelenk re“. Es wurde ein Sachverständigengutachten nach dem Behinderteneinstellungsgesetz vom 07.03.1996 vorgelegt, worin damals die folgenden Leiden beim Beschwerdeführer festgestellt wurden: Hypertonie (Leiden 1); Spondylarhtrose sowie Bandscheibenschädigung (Leiden 2); Polyarthrosen (Leiden 3); Chronische Bronchitis (Leiden 4); Bewegungsbehinderung des rechten Sprunggelenkes (Leiden 5); Varikosis beidseits (Leiden 6).

Das nunmehr vom Sozialministeriumservice eingeholte Gutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 19.02.2021 ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 30 vH und gestaltete sich in Auszügen wie folgt:

„Anamnese:

Sprunggelenksverletzung rechts vor 20 Jahren. Keine Operation.

2018 ASK rechtes Knie – Meniskusteilresektion Knorpelglättung

Sonst keine Unfälle und Operationen am Bewegungsapparat

Derzeitige Beschwerden:

Bei Belastung Schmerzen im rechten Knie. Eine Schwellungsneigung wird angegeben.

Letzte Punktion vor 3 Jahren. Nach der Operation keine Punktion mehr.

Giving way Attacken werden nicht angegeben.

Behandlung(en) Medikamente / Hilfsmittel:

Letzte physikalische Therapie: 2020.

Schmerzstillende Medikamente: Metagelan Deflamat 75 bei Bedarf.

Weitere Medikamente: Venoruton, Renitec, Clopidrogel

Hilfsmittel Gehstock wird verwendet.

Sozialanamnese:

Pension

Wohnung EG

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

4.6.2018 MRT rechtes Knie, MR Dr. XXXX : dislozierter Korbhenkelriss am Hinterhorn des massiv degenerativen veränderten Innenmeniskus, Extrusion der Pars intermedia, die dislozierten Anteile des Meniskus massiv verquollen, schwere Arthrose im medialen Compartiment, Chondromalazie Grad IV bei vollständig fehlenden zentralen Knorpel. Angedeuteter diskoider Meniskus lateral.

12.6.2018 Operationsbericht Evangelisches KH Wien, Diagnose: Rupt.med.men.et lat.gen.dext.defect.card.comp.med.gen.dext.plicainfrapatellaris, ASK des rechten Kniegelenkes mit Innenmeniskusteilresektion, Außenmeniskusteilresektion, Knorpelglättung, Plicarresektion, Teilsynovektomie.

12.10.2018 Radiologische Gruppenpraxis Baden, MRT rechtes Knie: deutliches Knochenmarködem im medialen Gelenkcompartiment mit mehreren osteochondralen Läsionen, die größte dorsal am medialen Femurcondyl mit sagittal 22, quer 14mm Durchmesser, das knöcherne Fragment ist hier nicht vollständig abgelöst. Es zeigt sich jedoch ein Demarkationssaum zum gesunden Knochengewebe hin. Retropatellarer Knorpel ist intakt.

26.8.2019 Befundbericht aus der Ord. Prim. Prof. XXXX : es wird das Vorliegen einer schweren Gonarthrose rechts sowie eine Sprunggelenksarthrose rechts bescheinigt. Eine operative Sanierung des rechten Kniegelenkes wurde angeraten.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Kommt alleine, aufrecht gehend, normale Straßenkleidung, normaler Konfektionsschuh.

Aus- und Ankleiden im Stehen und Sitzen, ohne Fremdhilfe.

Guter AZ und EZ

Rechtshändig.

Kopf, Brustkorb, Bauch unauffällig.

Haut normal durchblutet,

Operationsnarbe rechtes Knie.

Ernährungszustand: gut Größe: 183,00 cm Gewicht: 96,00 kg

Klinischer Status – Fachstatus:

Wirbelsäule gesamt

Im Lot, Becken-, Schultergeradstand,

HWS, BWS Krümmung normal, Streckhaltung LWS, keine Skoliose. Seitengleiche Tailliendreiecke, symmetrische, mittelkräftige, seitengleiche Muskulatur

HWS S 35-0-10, R je 50, F je 20,

BWS R je 10, Ott 30/32

LWS FBA + 30 cm Reklination 10, Seitneigen je 20, R je 20, Plateaubildung L4-S1 mit segmentalem Druckschmerz. Schober 10:14

SI Gelenke nicht druckschmerzhaft,

Grob neurologisch:

Hirnnerver frei.

OE: MER mittellebhaft, seitengleich, Sensibilität seitengleich, Kraft seitengleich

UE: MER mittellebhaft, seitengleich, Sensibilität seitengleich, Kraft seitengleich

Keine Pyramiedenzeichen.

Obere Extremität

Allgemein

Rechtshändig,

Achsen normal, Gelenkkonturen schlank Muskulatur seitengleich, Durchblutung seitengleich, Handgelenkspulse gut tastbar. Gebrauchsspuren seitengleich.

Schulter bds:

S40-0-180, F 180-0-30, R(F0) 60-0-60, (F90) 80-0-80. Kein schmerzhafter Bogen.

Ellbogen bds:

S0-0-145, R 80-0-80, bandstabil.

Handgelenk bds:

S70-0-70, Radial-, Ulnaabspreizung je 30

Langfingergelenke nicht bewegungseingeschränkt

Schürzengriff:

Nicht eingeschränkt, seitengleich

Nackengriff:

Nicht eingeschränkt, seitengleich.

Kraft seitengleich, Faustschluss komplett, seitengleich, Fingerfertigkeit seitengleich.

Untere Extremität

Allgemein

Keine Beinlängendifferenz,

Beinachse rechts 5° o-beinig, links normal x-beinig, Gelenkkonturen rechtes Knie verplumpt Muskulatur rechter Oberschenkel etwas abgeschwächt, sonst seitengleich, Durchblutung seitengleich, Fußpulse gut tastbar, Gebrauchsspuren seitengleich.

Hüfte bds:

S 0-0-110, R 30-0-30, F 20-0-20, kein Kapselmuster.

Knie rechts:

S0-5-140, bandstabil, kein Erguss, keine Meniskuszeichen, Patellaspiel nicht eingeschränkt,

Zohlenzeichen negativ. Endlagige Beugung und Streckung schmerzhaft

Knie links:

S0-0-150, bandstabil, kein Erguss, keine Meniskuszeichen, Patellaspiel nicht eingeschränkt, Zohlenzeichen negativ.

SG bds:

S 10-0-30, bandfest, kein Erguss.

Fuß bds:

Rückfuß gerade, Längsgewölbe normale Krümmung, Spreizfuß

Zehen uneingeschränkt beweglich. Keine Achsabweichung

Gesamtmobilität – Gangbild:

Kleinschrittig, ohne Gehhilfe, deutliches Hinken rechts,

Zehen-Fersenstand nur links möglich.,

Einbeinstand möglich, rechts unsicher

Hocke möglich.

Transfer auf die Untersuchungsliege selbständig, rasch.

Wendebewegungen rasch.

Status Psychicus:

Orientiert, freundlich, kooperativ.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd.

Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Kniegelenksabnützung rechts.

Fixer Richtsatz, berücksichtigt das Streckdefizit und die Achsabweichung sowie den fortgeschrittenen, MR- und Arthroskopie, dokumentierten Knorpelschaden.

02.05.20

30

2

Sprunggelenksabnützung rechts.

Unterer Rahmensatz dieser Positionsnummer, berücksichtigt die seitengleiche Beweglichkeit mit geringer Funktionsbehinderung und die belastungsabhängige Schmerzhaftigkeit.

02.05.32

10

Gesamtgrad der Behinderung:        30 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Es besteht aufgrund der Geringfügigkeit keine weitere Erhöhungsnotwendigkeit.

(…) Dauerzustand. (…)“

Im hierzu gewährten Parteiengehör übermittelte der Beschwerdeführer am 22.03.2021 eine Stellungnahme. Darin legte er unter Bezugnahme auf die Anamnese im Gutachten seinen bisherigen Krankheitsverlauf dar und führte aus, dass nach der Behandlung seines rechten Kniegelenkes keine Besserung eingetreten sei. Er hätte beim Gehen starke Schmerzen und nur ganz kurze Strecken zu Fuß, mit Hilfe eines Gehstockes zum Abstützen, zurücklegen können. Dabei habe er immer längere Pausen einlegen müssen, weil er mit dem rechten Knie durch Schmerzschübe eingeknickt sei. Durch die Verletzung seines rechten Fußes, sei eine Überbelastung seines linken Fußes beim Gehen eingetreten, sodass er auf Schmerzmittel, wie Iboprofen, Deflamat Kaps. und Metagalan dauernd angewiesen sei. Sein rechtes Knie und beide Knöchel seien angeschwollen und er verspüre eine dauernde Missempfindung in beiden Beinen beim Gehen, wodurch er eine dauernde Gangunsicherheit habe. Die Muskulatur des rechten Unter- und Oberschenkels sei im Umfang 2 cm gegenüber dem linken Unter- und Oberschenkel geringer durch die Fehlbelastung. Er könne nur ganz kurze Strecken zu Fuß bewältigen und sei auf sein KFZ angewiesen.

Mit Bescheid des Sozialministeriumservice vom 28.04.2021 wurde der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses mangels Vorliegen der Voraussetzungen abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass das durchgeführte Beweisverfahren einen Gesamtgrad der Behinderung von 30 vH ergeben habe. Dem Bescheid war als Beilage das eingeholte Gutachten als Bescheidbestandteil angeschlossen.

Im Rahmen der fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde im Wesentlichen zunächst dasselbe Vorbringen erstattet, wie mit Stellungnahme vom 22.03.2021. Ergänzend führte der Beschwerdeführer zudem aus, dass er auch schon vor der Verletzung des Kniegelenkes immer wieder Schmerzen im rechten Sprunggelenk gehabt habe. Bei dem Sprunggelenk habe er vor 20 Jahren einen Bänderriss erlitten, der als Dienstunfall von der BVAEB-Unfallversicherung begutachtet worden sei und seit damals mit einer Unfallrente von 20 % berentet worden sei. Durch die Verletzung seines rechten Fußes sei beim Gehen eine Überlastung seines linken Fußes aufgetreten. Die Muskulatur des rechten Unter- und Oberschenkels sei aufgrund der Fehlbelastung beim Gehen und Stehen um 2 cm im Umfang geringer gegenüber dem linken Unter- und Oberschenkel. Sein rechtes Knie und beide Knöchel seien angeschwollen und er verspüre eine dauernde Missempfindung in beiden Beinen. Da sich der Zustand trotz mehreren phys. Behandlungen nicht gebessert hätte, habe er erneut die Praxis von Dr. XXXX aufgesucht, der ihm auf Grund einer neuerlichen MRT-Untersuchung eine Kniegelenksprothese empfohlen habe. Der Beschwerdeführer habe große Angst vor dieser OP, weil er durch die Sprunggelenksverletzung und eine neuerliche OP in Sorge sei, dass er dann überhaupt nicht mehr gehen könne. Er könne nur eine ganz kurze Strecke zu Fuß gehen, weshalb ihm die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zumutbar, er vielmehr auf sein Kfz angewiesen sei.

Das Sozialministeriumservice holte aufgrund dieses Vorbringens ein Aktengutachten des Facharztes für Orthopädie vom 28.07.2021 ein. Dieses gestaltete sich wie folgt:

„Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Seit der Befundaufnahme im Rahmen der Gutachtenerstellung März 2021 wurden keine aktuellen Befunde vorgelegt.

Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:

Aus den Schreiben und den aktuell vorgelegten Befunden sind keine Änderungen der Behandlung und des bisherigen Verlaufes festzustellen.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd.

Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Kniegelenksabnützung rechts.

Fixer Richtsatz, berücksichtigt das Streckdefizit und die Achsabweichung sowie die fortgeschrittene, MRT- und ASK-dokumentierte Knorpelschädigung.

02.05.20

30

2

Sprunggelenksabnützung rechts.

Unterer Rahmensatz dieser Positionsnummer, berücksichtigt die seitengleiche Beweglichkeit und geringer Funktionsbehinderung und die belastungsabhängige Schmerzhaftigkeit.

02.05.32

10

Gesamtgrad der Behinderung:        30 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Erhöhung des Gesamt GdB erfolgt wegen der Geringfügigkeit von Leiden 2 nicht. (…)

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Seit der Beurteilung kann 1996 (orthopädische Leiden) eine relevante Funktionsbehinderung im Bereich der Lendenwirbelsäule weder bei der klinischen Untersuchung noch durch eine Befundvorlage dokumentiert werden, somit entfällt das Leiden 2 des Vorgutachtens.

Im Vordergrund steht das Knieleiden mit einer mittelgradigen Abnützung und einem Streckdefizit das der Einschätzungsverordnung gemäß beurteilt wurde. Weitere relevante Gelenksabnützungen können weder befundmäßig noch im Rahmen der Untersuchung festgestellt werden, sohin ist der laufende Punkt 3 des Vorgutachtens dadurch zu ersetzen.

Im Bewegungsumfang und der Belastbarkeit des Sprunggelenkes ist unter Berücksichtigung einer Adaptation über Jahrzehnte eine Rückstufung erforderlich (Punkt 5 des Vorgutachtens).

Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:

Im Vergleich zum Vorgutachten ist unter Berücksichtigung der Einzelpositionen eine Rückstufung des Gesamtgrades vorzunehmen.

(…) Dauerzustand. (…)

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Nach der aktuellen Untersuchung ist eine mittelgradige Funktionsbehinderung Streckdefizit von 5 Grad bei einer normalen Beugefähigkeit im unteren Normbereich im rechten Knie feststellbar. Zu berücksichtigen ist die in den Hilfsuntersuchungen MRT- bzw. im Operationsbericht der Arthroskopie beschriebene deutliche Knorpelschädigung. Relevante höhergradige Achsabweichungen oder Bandinstabilitäten konnten bei der Untersuchung nicht festgestellt werden. Im Bereich der Sprunggelenke findet sich eine seitengleiche Beweglichkeit mit geringer Einschränkung der Beugung und damit geringe Behinderung des Abrollvorganges. Berücksichtigt ist die belastungsabhängige Schmerzhaftigkeit bei an sich seitengleicher Beweglichkeit der Sprunggelenke. An der oberen Extremität finden sich keine Funktionsbehinderungen, Kraft und Koordination sind hier im Normalbereich. Im Bereich der Wirbelsäule sind weder fortgeschrittene Funktionsbehinderung im Sinn von Bewegungseinschränkungen noch durch Bandscheiben- und Nervenwurzelschädigung bedingte Ausfälle an den jeweiligen Extremitäten feststellbar. Zusammenfassung: Der Bewegungsumfang der großen Gelenke, Kraft und Koordination ermöglichen die Bewältigung von kurzen Wegstrecken. Die Verwendung von Aufstiegshilfen bzw. Haltegriffen ist uneingeschränkt möglich, das sichere Aus- und Einsteigen somit gegeben. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist zumutbar. (…)“

Mit Bescheid vom 30.07.2021 wies das Sozialministeriumservice die Beschwerde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung ab und stellte einen Grad der Behinderung von 30 vH fest. Begründend wurde auf das eingeholte Sachverständigengutachten vom 29.07.2021 (richtig: 28.07.2021) verwiesen.

Der Beschwerdeführer stellte rechtzeitig einen Vorlageantrag und führte aus, dass sich sein Zustand seit der Begutachtung am 22.01.2021 verschlechtert und derart verändert hätte, dass er beim Gehen immer wieder im rechten und linken Knie durch Schmerzschübe einknicke und dadurch auch die Balance verliere und zu stürzen drohe. Vor zwei Wochen sei er beim Gehen wegen plötzlicher Schmerzen im rechten Knie eingeknickt. Es hätte ihm die Füße weggerissen, wodurch er zum Sturz gekommen sei, wobei er auf seine rechte Hüfte und den rechten Ellenbogen gefallen sei und es ihm den Gehstock aus der rechten Hand gerissen hätte. Es sei eine riesige blutunterlaufene Stelle im Ausmaß von 10 cm Durchmesser an der rechten Hüfte entstanden. Durch die Schmerzen hätte er sich eine Woche nur in der Wohnung aufhalten und nicht aus dem Haus gehen können. Er sei nicht in der Lage, ein öffentliches Verkehrsmittel zu nutzen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH.

1.2.    Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:

beschwerderelevanter Status:

Guter AZ und EZ, rechtshändig, Kopf, Brustkorb, Bauch unauffällig. Haut normal durchblutet, Operationsnarbe rechtes Knie.

Wirbelsäule gesamt

Im Lot, Becken-, Schultergeradstand,

HWS, BWS Krümmung normal, Streckhaltung LWS, keine Skoliose. Seitengleiche Tailliendreiecke, symmetrische, mittelkräftige, seitengleiche Muskulatur

HWS S 35-0-10, R je 50, F je 20,

BWS R je 10, Ott 30/32

LWS FBA + 30 cm Reklination 10, Seitneigen je 20, R je 20, Plateaubildung L4-S1 mit segmentalem Druckschmerz. Schober 10:14

SI Gelenke nicht druckschmerzhaft.

Grob neurologisch:

Hirnnerver frei.

OE: MER mittellebhaft, seitengleich, Sensibilität seitengleich, Kraft seitengleich

UE: MER mittellebhaft, seitengleich, Sensibilität seitengleich, Kraft seitengleich

Keine Pyramiedenzeichen.

Obere Extremität

Allgemein

Rechtshändig, Achsen normal, Gelenkkonturen schlank Muskulatur seitengleich, Durchblutung seitengleich, Handgelenkspulse gut tastbar. Gebrauchsspuren seitengleich.

Schulter bds:

S40-0-180, F 180-0-30, R(F0) 60-0-60, (F90) 80-0-80. Kein schmerzhafter Bogen.

Ellbogen bds:

S0-0-145, R 80-0-80, bandstabil.

Handgelenk bds:

S70-0-70, Radial-, Ulnaabspreizung je 30

Langfingergelenke nicht bewegungseingeschränkt

Schürzengriff:

Nicht eingeschränkt, seitengleich

Nackengriff:

Nicht eingeschränkt, seitengleich.

Kraft seitengleich, Faustschluss komplett, seitengleich, Fingerfertigkeit seitengleich.

Untere Extremität

Allgemein

Keine Beinlängendifferenz,

Beinachse rechts 5° o-beinig, links normal x-beinig, Gelenkkonturen rechtes Knie verplumpt

Muskulatur rechter Oberschenkel etwas abgeschwächt, sonst seitengleich, Durchblutung seitengleich, Fußpulse gut tastbar, Gebrauchsspuren seitengleich.

Hüfte bds:

S 0-0-110, R 30-0-30, F 20-0-20, kein Kapselmuster.

Knie rechts: S0-5-140, bandstabil, kein Erguss, keine Meniskuszeichen, Patellaspiel nicht eingeschränkt, Zohlenzeichen negativ. Endlagige Beugung und Streckung schmerzhaft

Knie links: S0-0-150, bandstabil, kein Erguss, keine Meniskuszeichen, Patellaspiel nicht eingeschränkt, Zohlenzeichen negativ.

SG bds: S 10-0-30, bandfest, kein Erguss.

Fuß bds: Rückfuß gerade, Längsgewölbe normale Krümmung, Spreizfuß

Zehen uneingeschränkt beweglich. Keine Achsabweichung

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt alleine, aufrecht gehend, normale Straßenkleidung, normaler Konfektionsschuh. Aus- und Ankleiden im Stehen und Sitzen, ohne Fremdhilfe. Kleinschrittig, ohne Gehhilfe, deutliches Hinken rechts, Zehen-Fersenstand nur links möglich. Einbeinstand möglich, rechts unsicher, Hocke möglich. Transfer auf die Untersuchungsliege selbständig, rasch. Wendebewegungen rasch.

Status Psychicus:

Orientiert, freundlich, kooperativ.

1.3.    Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd.

Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Kniegelenksabnützung rechts.

Fixer Richtsatz, berücksichtigt das Streckdefizit und die Achsabweichung sowie die fortgeschrittene, MRT- und Arthroskopie dokumentierte Knorpelschädigung.

02.05.20

30

2

Sprunggelenksabnützung rechts.

Unterer Rahmensatz dieser Positionsnummer, berücksichtigt die seitengleiche Beweglichkeit mit geringer Funktionsbehinderung und die belastungsabhängige Schmerzhaftigkeit.

02.05.32

10

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 %. Leiden 1 wird durch Leiden 2 nicht erhöht, da aufgrund des geringgradigen Ausmaßes von Leiden 2 keine maßgebliche wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung hinsichtlich des Grades der Behinderung des Beschwerdeführers gründet sich auf das von der belangten Behörde eingeholte orthopädische Sachverständigengutachten vom 19.02.2021, basierend auf einer Untersuchung am 22.01.2021, sowie das Aktengutachten des Facharztes für Orthopädie vom 28.07.2021, welche übereinstimmend einen Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 % ergeben.

Die von der belangten Behörde eingeholten Gutachten sind schlüssig und nachvollziehbar.

Der von der belangten Behörde befasste Gutachter beschreibt den Status des Beschwerdeführers genau und detailreich und unterzog auch alle vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen einer Beurteilung. Die Gutachten weisen keinerlei Widersprüche auf.

Das führende Leiden 1 stuft der Facharzt für Orthopädie in beiden Gutachten nachvollziehbar unter Pos.Nr. 02.05.20 – Kniegelenksabnützung rechts – mit einem GdB von 30 vH bei fixem Richtsatz ein und begründet schlüssig die Anwendung dieser Position (Funktionseinschränkung mittleren Grades einseitig) damit, dass das festgestellte Streckendefizit und die Achsabweichung sowie die fortgeschrittene MRT- und Arthroskopie dokumentierte Knorpelschädigung dabei berücksichtigt sind. Im Vergleich zum Vorgutachten aus dem Jahr 1996 und unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens des Beschwerdeführers hält der Gutachter nachvollziehbar fest, dass im Vordergrund das Knieleiden (Leiden 1) mit einer mittelgradigen Abnützung und einem Streckdefizit steht. Dem Beschwerdevorbringen hält der Mediziner in seinem Aktengutachten vom 28.07.2021 schlüssig entgegen, dass weitere Gelenksabnützungen weder befundmäßig noch im Rahmen der Untersuchung festgestellt werden konnten, sohin der laufende Punkt 3 des Vorgutachtens aus dem Jahr 1996 (damals Polyarthrosen) dadurch zu ersetzen ist.

Den vom Beschwerdeführer monierten Leiden im Bereich der Lendenwirbelsäule hält der Facharzt nachvollziehbar entgegen, dass seit der Beurteilung 1996 eine relevante Funktionsbehinderung im Bereich der Lendenwirbelsäule weder bei der klinischen Untersuchung am 22.01.2021 festgestellt, noch durch eine Befundvorlage dokumentiert werden, weshalb das damalige Leiden 2 des Vorgutachtens aus dem Jahr 1996 (Spondylarhtrose sowie Bandscheibenschädigung) entfällt.

Das nunmehr festgestellte Leiden 2 stuft der Orthopäde schlüssig unter Pos.Nr. 02.05.32 – Sprunggelenksabnützung rechts – mit einem GdB von 10 vH ein und begründet nachvollziehbar die Anwendung des unteren Rahmensatzes damit, dass dabei die seitengleiche Beweglichkeit mit geringer Funktionsbehinderung und die belastungsabhängige Schmerzhaftigkeit bereits berücksichtigt sind. Im Vergleich zum Gutachten aus dem Jahr 1996 hält der Mediziner nachvollziehbar fest, dass im Bewegungsumfang und der Belastbarkeit des Sprunggelenkes unter Berücksichtigung einer Adaptation über Jahrzehnte und des aktuellen Untersuchungsergebnisses eine Rückstufung erforderlich ist (Leiden 5 des Vorgutachtens - Bewegungsbehinderung des rechten Sprunggelenkes).

Abschließend führt er zum Gesamtgrad der Behinderung nachvollziehbar aus, dass im Vergleich zum Vorgutachten aus dem Jahr 1996, unter Berücksichtigung der Einzelpositionen, eine Rückstufung des Gesamtgrades vorzunehmen ist. Wegen der Geringfügigkeit von Leiden 2 erfolgt keine Erhöhung des nunmehr festgestellten Grades der Behinderung bzw. des führenden Leidens 1.

Die Sachverständigengutachten werden in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt. Zweifel am Inhalt der Gutachten bestehen für das BVwG keine – die Gutachten sind schlüssig und nachvollziehbar, sie weisen keine Widersprüche und Ungereimtheiten auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.

Der Facharzt beschreibt den Status des Beschwerdeführers genau und detailreich und unterzog auch alle vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen einer Beurteilung. Das Beschwerdevorbringen wurde bereits im Aktengutachten vom 28.07.2021 miterfasst.

Im Vorlageantrag brachte der Beschwerdeführer sodann vor, dass sich sein Zustand seit der Begutachtung am 22.01.2021 verschlechtert und derart verändert hätte, dass er beim Gehen immer wieder im rechten und linken Knie durch Schmerzschübe einknicke und dadurch auch die Balance verliere und zu stürzen drohe. Vor zwei Wochen sei er beim Gehen wegen plötzlicher Schmerzen im rechten Knie eingeknickt. Es hätte ihm die Füße weggerissen, wodurch er zum Sturz gekommen sei, wobei er auf seine rechte Hüfte und den rechten Ellenbogen gefallen sei und es ihm den Gehstock aus der rechten Hand gerissen hätte. Es sei eine riesige blutunterlaufene Stelle im Ausmaß von 10 cm Durchmesser an der rechten Hüfte entstanden. Durch die Schmerzen hätte er sich eine Woche nur in der Wohnung aufhalten und nicht aus dem Haus gehen können. Er sei nicht in der Lage, ein öffentliches Verkehrsmittel zu nutzen.

Diesem Vorbringen kann jedoch insofern nicht gefolgt werden, als der Beschwerdeführer keine diesbezüglichen Befunde vorgelegt hat und den beiden eingeholten aktuellen übereinstimmenden Gutachten derartiges – unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes sowie aller bis dahin vorgelegten medizinischen Unterlagen des Beschwerdeführers – nicht entnommen werden kann. Vielmehr kam der Orthopäde in beiden Sachverständigengutachten nachvollziehbar zum selben Schluss und führte im Aktengutachten aus, dass nach der aktuellen Untersuchung eine mittelgradige Funktionsbehinderung Streckdefizit von 5 Grad bei einer normalen Beugefähigkeit im unteren Normbereich im rechten Knie feststellbar war. Zu berücksichtigen ist die in den Hilfsuntersuchungen MRT- bzw. im Operationsbericht der Arthroskopie beschriebene deutliche Knorpelschädigung. Relevante höhergradige Achsabweichungen oder Bandinstabilitäten konnten bei der Untersuchung nicht festgestellt werden. Im Bereich der Sprunggelenke findet sich eine seitengleiche Beweglichkeit mit geringer Einschränkung der Beugung und damit geringe Behinderung des Abrollvorganges. Berücksichtigt ist die belastungsabhängige Schmerzhaftigkeit bei an sich seitengleicher Beweglichkeit der Sprunggelenke. An der oberen Extremität finden sich keine Funktionsbehinderungen, Kraft und Koordination sind hier im Normalbereich. Im Bereich der Wirbelsäule sind weder fortgeschrittene Funktionsbehinderung im Sinn von Bewegungseinschränkungen noch durch Bandscheiben- und Nervenwurzelschädigung bedingte Ausfälle an den jeweiligen Extremitäten feststellbar.

Für den erkennenden Senat ergibt sich daher kein Anhaltspunkt vom festgestellten Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 von Hundert abzuweichen. Der Gutachter trat in seinem Aktengutachten vom 28.07.2021 den in der Beschwerde getätigten Angaben des Beschwerdeführers nachvollziehbar und schlüssig entgegen. Die Behauptungen im Vorlageantrag wurden nicht durch entsprechende Befunde untermauert.

Der Beschwerdeführer ist den von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene ausreichend konkret entgegengetreten.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen in Gesamtbetrachtung keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten. Diese wurden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Zu A)

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1.       ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2.       sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3.       sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4.       für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5.       sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1.       nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2.       zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3.       ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpass hat den Vor- und Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird. (§ 45 Abs. 2 BBG)

Die Feststellung hinsichtlich des Grades der Behinderung gründet sich auf die von der erstinstanzlichen Behörde eingeholten Gutachten, worin ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 % festgestellt wurde.

Der Beschwerdeführer ist den Gutachten nicht in substantiierter Weise entgegengetreten.

Nachdem die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.

Der Vollständigkeit halber wird zum Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung (StVO) festgehalten, dass Abs. 1 leg cit. besagt, dass Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ verfügen, als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen ist.

Wie bereits festgestellt liegen unter Zugrundelegung des festgestellten Gesamtgrades der Behinderung die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses im vorliegenden Fall nicht vor. In weiterer Folge liegen auch nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO vor zumal ein Behindertenpass (mit Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“) nach dem Bundesbehindertengesetz Voraussetzung für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO ist.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. (§ 24 Abs. 1 VwGVG)

Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist. (§ 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG)

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221). Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der bei der beschwerdeführenden Partei festgestellten Gesundheitsschädigungen.

Zur Klärung des Sachverhaltes wurden daher ärztliche Gutachten eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurden diese als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Die beschwerdeführende Partei hat auch mit der Beschwerde keine Beweismittel vorgelegt, welche mit der erstinstanzlichen gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen bzw. wurden diese mit Aktengutachten bereits einer Beurteilung unterzogen. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der beschwerdeführenden Partei mündlich zu erörtern gewesen wäre.

Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist das Beschwerdevorbringen (bzw. der Vorlageantrag) nicht geeignet darzutun, dass ein höherer Gesamtgrad der Behinderung vorläge und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Im Übrigen wurde eine solche auch nicht beantragt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W200.2245591.1.00

Im RIS seit

28.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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