Index
L8500 StraßenNorm
B-VG Art139 Abs1 Z3Leitsatz
Gesetzwidrigkeit einer Einreihungsverordnung mangels eindeutiger Festlegung, welches Weggrundstück zur Verbindungsstraße erklärt wurde; Normtext sowie planliche Darstellung angesichts des Verlaufs des Wegs in der Natur nicht eindeutig auf öffentliches Weggrundstück beschränkt, sondern erfassen auch privaten GrundstücksteilSpruch
I. 1. Der Ausdruck "0046 Zagata Kaiserhof-Druml Haus Nr 135 Haus Nr 69" in §2 der "Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Feistritz an der Gail vom 17.12.2020, Zahl: 612-0/2020-1, mit welcher die Straßen und Wege der Gemeinde Feistritz an der Gail als Gemeindestraßen und Verbindungsstraßen erklärt werden (Einreihungsverordnung)", verlautbart durch die Freigabe zur Abfrage im Internet, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
2. Die Kärntner Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt für Kärnten verpflichtet.
II. Die Gemeinde Feistritz an der Gail ist schuldig, den Antragstellern zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit € 3.248,40 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Gestützt auf Art139 Abs1 Z3 B-VG begehren die Antragsteller, den Ausdruck
"
0046
Zagata Kaiserhof-Druml
Haus Nr 135
Haus Nr 69
"
in §2 der "Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Feistritz an der Gail vom 17.12.2020, Zahl: 612-0/2020-1, mit welcher die Straßen und Wege der Gemeinde Feistritz an der Gail als Gemeindestraßen und Verbindungsstraßen erklärt werden", verlautbart durch die Freigabe zur Abfrage im Internet (im Folgenden: Einreihungsverordnung), "sowie in der planlichen Darstellung, die diesen Ausdruck darstellende Festlegung des Weges als Verbindungsstraße mittels durchgezogener olivgrüner Linie", als gesetzwidrig aufzuheben.
II. Rechtslage
1. Die auf Grund der §§3 Abs1 Z5 und 6, 4, 21 und 24 des Kärntner Straßengesetzes 2017 – K-StrG 2017, LGBl 8 (WV), idF LGBl 91/2020 ergangene Einreihungsverordnung vom 17. Dezember 2020, Z612-0/2020-1, lautet auszugsweise wie folgt (der angefochtene Ausdruck ist hervorgehoben; Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):
"[…]
§2
Verbindungsstraßen
Nachfolgende Straßen- und Weganlagen Im Gemeindegebiet von Feistritz an der Geil werden zu Verbindungsstraßen erklärt:
Zahl
Name
Beginn
Ende
[…]
0046
Zagata Kaiserhof-Druml
Haus Nr 135
Haus Nr 69
[…]
§3
Planliche Darstellung
(1) Die planliche Darstellung der in den §§1 und 2 zu Gemeinde- und Verbindungsstraßen erklärten öffentlichen Straßen wurde mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt und wird in der Anlage als integrierender Bestandteil dieser Verordnung in digitaler Form beigeschlossen.
(2) Die gemäß §15 Abs6 Kärntner Gemeindeordnung — K-AGO, LGBl 66/1998, zuletzt geändert durch LGBl Nr 80/2020, geforderte Auflage der Anlage zur öffentlichen Einsicht erfolgt in der Weise, dass sie im Internet im KAGIS einsehbar ist.
§4
Inkrafttreten
(1) Diese Verordnung tritt mit Ablauf des Tages der Freigabe zur Abfrage im Internet in Kraft.
(2) Gleichzeitig mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung tritt die Einreihungsverordnung des Gemeinderates der Gemeinde Feistritz an der Geil vom 17.12.2018, Zahl: 612-0/2018-1, außer Kraft. Mit der letztgenannten Verordnung außer Kraft gesetzte Verordnungen treten nicht wieder in Kraft."
2. §§2, 3, 4 und 24 K-StrG 2017 lauten auszugsweise:
"§2
Öffentlichkeit der Straßen
(1) Öffentliche Straßen im Sinne des §1 Abs1 sind alle dem Verkehr von Menschen und Fahrzeugen gewidmeten Grundflächen, die entweder
a) dem allgemeinen Verkehr nach den Bestimmungen des §3 ausdrücklich gewidmet worden sind (ausdrückliche Widmung durch Erklärung) oder
b) in langjähriger Übung unter folgenden Voraussetzungen zum Verkehr benützt werden (stillschweigende Widmung):
1. sie müssen dem allgemeinen Verkehr ohne Einschränkung auf einen bestimmten Kreis von Benützungsberechtigten dienen;
2. die Benützung muss unabhängig von einer ausdrücklichen Bewilligung des über die Straßengrundfläche Verfügungsberechtigten erfolgen;
3. der Gemeingebrauch muss durch einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren ausgeübt worden sein;
4. sie müssen einem dringenden Verkehrsbedürfnis zu Gunsten der Allgemeinheit dienen.
(2) Allgemeiner Verkehr ist die Benützung durch jedermann (Gemeingebrauch). Die Art der Benützung (Fahren, Radfahren, Reiten, Gehen usw) ergibt sich aus der Widmung. Die öffentlichen Straßen dürfen für den durch die Widmung bestimmten Zweck von jedermann nur im Rahmen der Straßenverkehrsvorschriften benützt werden.
[…]
§3
Einteilung der öffentlichen Straßen (Straßengruppen und deren Reihung)
(1) Öffentliche Straßen im Sinne des §2 Abs1 lita sind folgende Straßengruppen in der nachstehenden Reihung:
[…]
6. Verbindungsstraßen, das sind jene Straßen, die überwiegend für
a) den lokalen Verkehr innerhalb von Ortschaften und innerhalb von sonstigen dauernd bewohnten Siedlungen vorwiegend zur Deckung des Verkehrsbedürfnisses eines beschränkten Kreises von Benützern oder
b) die Herstellung der Verbindungen von Ortschaften und sonstigen dauernd bewohnten Siedlungen
aa) jeweils untereinander oder
bb) mit Straßen höherer Straßengruppen oder
cc) mit Einrichtungen des Gemeinbedarfes (§7 Abs2 lita Kärntner Gemeinde-planungsgesetz 1995), für die ein allgemeines Verkehrsbedürfnis besteht,
von Bedeutung sind und mit Verordnung des Gemeinderates nach dem Verfahren des §4 zu Verbindungsstraßen erklärt werden.
(2) Betreffen Verordnungen nach Abs1 Z5 und 6 in der Natur bereits bestehende Straßen oder Wege, an denen kein Gemeingebrauch besteht, so dürfen diese Verordnungen frühestens mit dem Zeitpunkt in Kraft gesetzt werden, in dem die Gemeinde auf Grund von Verträgen oder von Verfahren nach dem III. Teil dieses Gesetzes Eigentum an den in Betracht kommenden Straßengrundstücken erworben hat. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens ist vom Gemeinderat in einer Kundmachung festzustellen. Die Beschlussfassung im Sinne des Abs1 Z5 und 6 ist Voraussetzung für die Stellung von Anträgen durch den Gemeinderat nach §13 und im Sinne des III. Teils dieses Gesetzes.
§4
Einreihungsverordnungen
(1) Der Gemeinderat hat die von der Gemeinde verwalteten Straßenflächen durch Verordnung in eine der in §3 Abs1 Z5 und 6 genannten Straßengruppen einzureihen (Einreihungsverordnung). Der Gemeinderat hat am Beginn jeder zweiten Amtsperiode aufgrund allgemeiner Gemeinderatswahlen innerhalb eines Jahres die Einreihung der von der Gemeinde verwalteten Straßenflächen zu überprüfen und, bei einer wesentlichen Änderung der Voraussetzungen für die Einreihung gemäß §3 Abs1 Z5 und 6, diese den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechend anzupassen.
(2) Eine Einreihungsverordnung besteht aus einer planlichen Darstellung auf der Grundlage des digitalen Straßenverzeichnisses (§64 Abs2) und erforderlichenfalls aus einem beschreibenden Textteil.
(3) Der Entwurf der Einreihungsverordnung ist durch vier Wochen im Gemeindeamt (Magistrat) zur allgemeinen Einsicht aufzulegen. Die Auflage ist an der Amtstafel und im Internet bekanntzumachen und der Landesregierung, den sonst berührten Landes- und Bundesdienststellen und den angrenzenden Gemeinden unter Einräumung einer Frist von vier Wochen zur Stellungnahme mitzuteilen. Die Bekanntmachung hat die Auflagefrist und den Hinweis zu enthalten, dass während der Auflagefrist jedermann, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, schriftliche Vorschläge zum Entwurf der Einreihungsverordnung erstatten kann. (4) Der Entwurf der Einreihungsverordnung ist vor der Beschlussfassung durch den Gemeinderat unter Anschluss der Äußerungen nochmals der Landesregierung zur Abgabe einer abschließenden fachlichen Stellungnahme innerhalb von drei Monaten zu übermitteln.
(5) Der Gemeinderat hat die Einreihungsverordnung zu beschließen. Je eine Ausführung der Einreihungsverordnung hat die Gemeinde der Landesregierung, der Bezirkshauptmannschaft – ausgenommen bei Städten mit eigenem Statut – und den benachbarten Gemeinden zu übermitteln.
(6) Die Landesregierung hat mit Verordnung die Form der Einreihungsverordnung, insbesondere die Verwendung bestimmter Planzeichen für die in der Einreihungsverordnung festzulegenden Straßengruppen, nach Maßgabe der Anforderungen für die automationsunterstützte Datenverarbeitung zu regeln.
6. Abschnitt
Verbindungsstraßen
§24
Verfahren der Erklärung, Herstellung, Erhaltung und Auflassung
Der Gemeinderat hat nach dem Verfahren des §4 zu beschließen:
a) die Erklärung zu Verbindungsstraßen,
b) sowie, bei einer Änderung der Voraussetzungen für die Erklärung (§3 Abs1 Z6), die Anpassung der Einreihung an die tatsächlichen Gegebenheiten und,
c) bei Wegfall der Voraussetzungen, die Auflassung von Verbindungsstraßen.
Über die Herstellung und Erhaltung von Verbindungsstraßen beschließt ebenso der Gemeinderat."
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Die Antragsteller legen ihre Bedenken im Wesentlichen wie folgt dar:
Durch §2 der Einreihungsverordnung werde das Weggrundstück "Zagata Kaiserhof-Druml" und somit ein Teil des der Antragsteller eigentümlichen Grundstückes, Nr 580, EZ574, KG 75412 Feistritz an der Gail, zu einer Verbindungsstraße erklärt.
Die angefochtene Verordnung verstoße, soweit sie sich im Text und in der planlichen Darstellung auf den Weg "Zagata Kaiserhof-Druml" beziehe, gegen die Bestimmung des §3 Abs1 Z6 und Abs2 K-StrG 2017, weil der Weg ausschließlich das Verkehrsbedürfnis der Antragsteller abdecke und keines sonstigen Kreises. Ein Gemeingebrauch im Sinne einer Benützung durch jedermann liege daher nicht vor.
Die verkehrstechnische Erschließung erfolge über das im öffentlichen Gut befindliche Weggrundstück, Nr 2383, EZ481, KG 75412 Feistritz an der Gail. Das Befahren dieses Weges sei aber nur unter Inanspruchnahme des Privatgrundstückes der Antragsteller im von den Antragstellern asphaltierten Flächenausmaß von ca. 40 m2 möglich. Dabei sei festzuhalten, dass die Fahrbahnbreite der Wegparzelle Nr 2383 lediglich 2,09 m betrage. Ein Befahren, jedenfalls durch zweispurige Fahrzeuge, sei deshalb nur durch das teilweise Benützen des Grundstückes der Antragsteller möglich. Diese Inanspruchnahme werde durch den Lageplan samt Katasterdarstellung eines zivilgerichtlichen Gutachtens bestätigt. Gemäß §3 Abs2 K-StrG 2017 dürften Einreihungsverordnungen, mit denen bestehende Straßen oder Wege, an denen kein Gemeingebrauch bestehe, frühestens mit dem Zeitpunkt in Kraft gesetzt werden, in dem die Gemeinde auf Grund von Verträgen oder Verfahren nach dem III. Teil dieses Gesetzes (Enteignungsverfahren) an den in Betracht kommenden Straßengrundstücken Eigentum erworben habe. Weder gebe es eine entsprechende Vereinbarung noch habe ein Enteignungsverfahren stattgefunden, wodurch die Gemeinde Eigentum am Privatgrundstück der Antragsteller erworben hätte. Auch lägen die Voraussetzungen für eine "stillschweigende Widmung" gemäß §2 Abs1 litb K-StrG 2017 nicht vor. Der Weg sei hinsichtlich der Benützung auf die Antragsteller eingeschränkt. Auf Grund des teilweisen Privateigentums bedürfe die Benützung der Zustimmung der Antragsteller. Es liege auch kein Gemeingebrauch von mindestens 30 Jahren vor. Ebenso habe der Weg nie einem dringenden Verkehrsbedürfnis zugunsten der Allgemeinheit, sondern nur den Antragstellern gedient.
2. Der Gemeinderat der Gemeinde Feistritz an der Gail hat als verordnungserlassende Behörde die Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der den Bedenken der Antragsteller zusammengefasst wie folgt entgegengetreten wird:
Durch die Verordnung und die Erklärung des Weges Nr 2383, KG 75412 Feistritz an der Gail, zur Verbindungsstraße seien die Antragsteller in ihrer Rechtssphäre weder beeinträchtigt noch aktuell betroffen. Sowohl in der textlichen Verordnung der bekämpften Norm als auch in der planlichen Darstellung werde als Verbindungsstraße ausschließlich der öffentliche Weg Nr 2383 erklärt. Teile des im Eigentum der Antragsteller stehenden Grundstückes Nr 580 seien nicht erfasst. Eine unmittelbare Rechtsverletzung der Antragsteller liege sohin nicht vor. Es sei auch von einer aktuellen Nutzung von Teilflächen des Grundstückes Nr 580 durch die Allgemeinheit nicht auszugehen. Eine Nutzung des Privatgrundes der Antragsteller ergebe sich auch aus der Straßenbreite von 2,09 m nicht.
Der Ansicht der Antragsteller, es bestehe kein Verkehrsbedürfnis mit Ausnahme jenes der Antragsteller könne nicht gefolgt werden: Es werde aktuell der genannte Verbindungsweg von den Eigentümern der Grundstücke Nr 578/1 und Nr 578/3 sowie von anderen Verkehrsteilnehmern genutzt. Des Weiteren sei auf dem Grundstück Nr 578/2 der Umbau des Gebäudes bewilligt worden. Es sei die Errichtung von Eigentumswohnungen geplant. Die Zufahrt zu Grundstück Nr 578/2 erfolge auch über die Wegparzelle Nr 2383.
Eine Beeinträchtigung des Privatgrundstückes der Antragsteller sei dabei nicht ersichtlich. Wie die Antragsteller selbst vorbringen, sei die Asphaltierung des Weges durch diese selbst vorgenommen worden. Sollte in der Natur die Asphaltfläche auch auf einem Teil des Grundstückes der Antragsteller zu liegen kommen, so habe dafür nicht die Gemeinde einzustehen. Diese habe bekanntlich die Asphaltierungsmaßnahmen nicht beauftragt.
Im Rahmen der als gesetzwidrig bekämpften Verordnung seien jedenfalls keine Teile der Grundstücksparzelle Nr 580 zur öffentlichen Verbindungsstraße, sondern sei sowohl in der planlichen Darstellung als auch in der textlichen Ausführung ausschließlich die Wegparzelle Nr 2383 zur Verbindungsstraße erklärt worden.
Die Gemeinde Feistritz an der Gail habe sich im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zur Vorgängerverordnung, der Einreihungsverordnung vom 17. Dezember 2018, Z612-0/2018-1, mit welcher der Weg "0046 – Zagata Kaiserhof-Druml" erstmals als Verbindungsstraße festgelegt worden sei, eingehend mit der Nutzung dieses Weges und dem Verkehrsbedürfnis für die Gemeinde befasst. Darüber hinaus sei der Weg seit mehr als 30 Jahren dem Gemeingebrauch und dem öffentlichen Verkehr gewidmet. Das Grundstück Nr 2383 sei seit jeher sowohl im Grundbuch als auch in den Flächenwidmungsplänen der Gemeinde als sonstige öffentliche Straßenverkehrsanlage gewidmet. Die Verordnung stehe im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen des §2 Abs1 litb und §3 Abs2 K-StrG 2017. Eine Gesetzwidrigkeit liege damit nicht vor.
3. Die Kärntner Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der dem Antrag im Wesentlichen Folgendes entgegengehalten wird:
Im Gegensatz zu den Antragstellern sei die Kärntner Landesregierung der Ansicht, dass mit der Einreihungsverordnung der Gemeinde Feistritz an der Gail aus dem Jahre 2020, ausweislich der Darstellung des Weges "0046 – Zagata Kaiserhof-Druml" mittels durchgezogener olivgrüner Linie in der planlichen Darstellung der Verordnung, ausschließlich die Parzelle Nr 2383 als öffentliches Gut zur Verbindungsstraße erklärt worden sei und daher eine unmittelbare Rechtsverletzung der Antragsteller gar nicht vorliege.
Soweit die Antragsteller der Ansicht seien, die Straße weise nicht die Qualifikation einer Verbindungsstraße im Sinne des §3 Abs1 Z6 K-StrG 2017, insbesondere der lita, auf, so seien dem die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens der Gemeinde vor Erlassung der Verordnung aus dem Jahr 2018 entgegenzuhalten, wonach der Weg als Zufahrtsweg für die Parzellen Nr 580, 578/1 und 578/3 mit Fahrzeugen aller Art benutzt worden sei, insbesondere für die Häuser Nr 69, 70 und 135 durch die Bewohner, Kunden und Gäste. Nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens der Gemeinde habe der Weg auch die Voraussetzung erfüllt, dem lokalen Verkehr zu dienen.
Wegen des Vorliegens eines Weges, an dem zum Zeitpunkt der Erlassung der (ersten) Einreihungsverordnung der Gemeinde Feistritz an der Gail im Jahre 2018 Gemeingebrauch bestanden habe, sei es nach Ansicht der Kärntner Landesregierung nicht mehr erforderlich, sich mit den Voraussetzungen für die Öffentlicherklärung eines Weges, an dem kein Gemeingebrauch bestehe (§3 Abs2 K-StrG 2017), auseinanderzusetzen.
4. Die Antragsteller haben weitere Beilagen übermittelt und eine Gegenäußerung erstattet, in der den Äußerungen des Gemeindesrates der Gemeinde Feistritz an der Gail und der Kärntner Landesregierung im Wesentlichen mit denselben Argumenten des Antrages entgegengetreten wird.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Antrages
1.1. Gemäß Art139 Abs1 Z3 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art139 Abs1 Z3 B-VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung – im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit – verletzt.
Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 13.944/1994, 15.234/1998, 15.947/2000).
1.2. Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was am Vorliegen dieser Voraussetzungen zweifeln ließe. Insbesondere geht der Verfassungsgerichtshof in seiner Beurteilung davon aus, dass Teile des Grundstückes der Antragsteller, Nr 580, EZ574, KG 75412 Feistritz an der Gail, – mangels konkreter planlicher Darstellung – von der angefochtenen Einreihungsverordnung umfasst sind (siehe Rz 32 f.). Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag insgesamt als zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).
2.2. Der Antrag ist begründet.
2.3. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes haben Pläne, die unmittelbare normative Wirkungen für Rechtsunterworfene entfalten, rechtsstaatlichen Anforderungen der Plangenauigkeit zu entsprechen.
2.3.1. So muss der Rechtsunterworfene die Rechtslage aus der planlichen Darstellung eindeutig und unmittelbar – also ohne das Heranziehen etwaiger technischer Hilfsmittel wie des Grenzkatasters – feststellen können. Diese in ständiger Rechtsprechung formulierte Anforderung entwickelte der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf die Abgrenzung des Aufhebungsumfanges (von Teilen) von Flächenwidmungsplänen, denen keine Grundstücksnummern zu entnehmen waren: Eine nach Grundstücksnummern abgrenzende Aufhebung kommt in diesen Fällen in ständiger Rechtsprechung (vgl zB VfSlg 11.807/1988, 13.716/1994) nicht in Betracht, weil der Rechtsunterworfene diesfalls allein aus der (auf Grundstücksnummern bezogenen) Aufhebungskundmachung in Verbindung mit dem Flächenwidmungsplan nicht die geltende Rechtslage erkennen kann, ohne technische Hilfsmittel wie die Katastermappe heranzuziehen. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung außerdem bereits zum Ausdruck gebracht, dass insbesondere dann, wenn in einem Flächenwidmungsplan für ein Grundstück mehrere Widmungsarten vorgesehen sind, aus der Plandarstellung ersichtlich sein muss, woran sich die Widmungsgrenzen orientieren (VfSlg 19.890/2014).
2.3.2. Den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Plangenauigkeit entspricht es auch nicht, wenn in verbalen Planumschreibungen bloß ein bestimmtes Flächenmaß als gewidmete Fläche ausgewiesen wird, aber die zeichnerische Darstellung die exakte Verortung dieses Flächenmaßes nicht erkennen lässt (vgl etwa VfSlg 14.270/1995), oder wenn auf historische Nutzungen im Planungszeitpunkt abgestellt wird und der Rechtsunterworfene daher erst diesbezügliche (private) Nachforschungen anstellen müsste, um den Normgehalt des Planes zu ermitteln (vgl VfSlg 13.887/1994).
2.4. Die Antragsteller sind der Auffassung, dass durch den Ausdruck "0046 Zagata Kaiserhof-Druml Haus Nr 135 Haus Nr 69" in §2 der Einreihungsverordnung und der planlichen Darstellung nicht nur das Weggrundgrundstück Nr 2383, EZ481, KG 75412 Feistritz an der Gail (öffentliches Gut), zur Verbindungsstraße erklärt wurde, sondern auch ein Teil des in ihrem Eigentum stehenden Grundstückes im Flächenausmaß von ca. 40 m2, Nr 580, EZ574, KG 75412 Feistritz an der Gail, von der Einreihungsverordnung mitumfasst ist.
2.5. Der Gemeinderat der Gemeinde Feistritz an der Gail und die Kärntner Landesregierung vertreten die Ansicht, dass lediglich das öffentliche Weggrundstück Nr 2383, EZ481, KG 75412 Feistritz an der Gail, zur Verbindungsstraße erklärt wurde.
2.6. Wie aus den dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Akten und Planunterlagen festzustellen ist, umfasst der in der Natur gelegene Weg auch einen asphaltierten Teil des Grundstückes der Antragsteller, Nr 580, EZ574, KG 75412 Feistritz an der Gail. Weder der Verordnung noch dem Plan ist zu entnehmen, dass – wie von der verordnungserlassenden Behörde offenbar intendiert – lediglich das öffentliche Weggrundstück Nr 2383, EZ481, KG 75412 Feistritz an der Gail, zur Verbindungsstraße erklärt wurde: Da der Asphalt ab dem südöstlichen Eck des Hauses Nr 69 bis zum östlichen Ende auf einer Fläche von 37 m2 in das Grundstück Nr 580 ragt, aber der angefochtene Ausdruck des §2 der Einreihungsverordnung nicht auf das öffentliche Weggrundstück Nr 2383 abstellt und auch der planlichen Darstellung – angesichts des Verlaufes des Weges in der Natur – nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zu entnehmen ist, dass sich die Verbindungsstraße ausschließlich auf dieses bezieht, hat der Verordnungsgeber die Verordnung mit Gesetzwidrigkeit belastet:
§2 Abs1 K-StrG 2017 legt die Voraussetzungen für das Vorliegen einer öffentlichen Straße fest. Nur öffentliche Straßen im Sinne dieser Bestimmung können als Verbindungsstraßen festgelegt werden (§3 Abs1 Z6 leg.cit.). Im Verordnungsakt finden sich im Hinblick darauf, ob sonstige Voraussetzungen für die Einreihung des Teiles des Grundstückes der Antragsteller, Nr 580, EZ574, KG 75412 Feistritz an der Gail, als Verbindungsstraße gemäß §2 Abs1 iVm §3 Abs1 Z6 K-StrG 2017 vorliegen, keinerlei Hinweise. Da der Verordnungsgeber selbst davon ausgeht, dass lediglich das öffentliche Weggrundstück Nr 2383, EZ481, KG 75412 Feistritz an der Gail, mit §2 der Einreihungsverordnung zur Verbindungsstraße erklärt wurde, prüfte er im Ermittlungsverfahren auch nicht, ob ein anderer Tatbestand iSd gesetzlichen Bestimmungen im Hinblick auf den privaten Teil des Grundstückes der Antragsteller, der von der Einreihungsverordnung erfasst ist, erfüllt sein könnte. Der angefochtene Ausdruck ist daher bereits aus diesem Grund gesetzwidrig.
V. Ergebnis
1. Der Ausdruck "0046 Zagata Kaiserhof-Druml Haus Nr 135 Haus Nr 69" in §2 der Einreihungsverordnung ist daher als gesetzwidrig aufzuheben.
2. Die Verpflichtung der Kärntner Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B-VG und §59 Abs2 VfGG iVm §2 Abs1 Z8 Ktn. KundmachungsG.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §61a VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 501,40 sowie der Ersatz der Eingabengebühr in Höhe von € 240,– enthalten.
Schlagworte
Einreihungsverordnung, Straßenverwaltung, Straßenverlaufsfestlegung, VfGH / Individualantrag, Verordnung KundmachungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:V112.2021Zuletzt aktualisiert am
21.01.2022