TE Bvwg Beschluss 2021/11/11 W181 2246626-1

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Veröffentlicht am 11.11.2021
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Entscheidungsdatum

11.11.2021

Norm

AVG §53a Abs2
B-VG Art133 Abs4
GebAG §25
GebAG §34 Abs5
VwGVG §17
ZPO §273

Spruch


W181 2246626-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald PERL als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 06.07.2021 basierenden gebührenrechtlichen Antrag des Sachverständigen XXXX beschlossen:

A)

I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53a Abs. 2 AVG mit

€ 136,10 (inkl. USt.)

bestimmt.

II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der Antragsteller wurde im Rahmen der Verhandlung vom 02.07.2021,
XXXX , von der Leiterin der Gerichtsabteilung XXXX in der Beschwerdesache der XXXX , gemäß § 52 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG zum länderkundigen Sachverständigen für Afghanistan bestellt und iSd § 52 Abs. 4 AVG iVm § 17 VwGVG gerichtlich beeidet. Im Rahmen der Verhandlung wurde er ersucht, die Fragen der Richterin direkt in der Verhandlung zu beantworten und somit sein Gutachten mündlich zu erstatten.

2. Am 06.07.2021 langte die diesbezügliche Honorarnote XXXX im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs beim Bundesverwaltungsgericht – wie folgt – ein:

ANTRAG
für NICHTAMTLICHE SACHVERSTÄNDIGE

Honorarnote-Nr./Rechnungs- XXXX vom 06.07.2021

 

EURO

Mühewaltung § 34 Abs. 5 GebAG iVm § 273 ZPO

 

8 begonnene Stunden für Erstellung eines Gutachtens
(nur SV-Länderkunde) à € 33,80

270,40

Übermittlung im Wege des ERV § 31 Abs. 1a GebAG

12,00

Zwischensumme

282,40

20 % Umsatzsteuer

56,48

Gesamtsumme

338,88

Gesamtsumme aufgerundet auf volle 10 Cent

338,90

Anmerkungen/Bescheinigungen:

Verhandlung mit mündlichem Gutachten; Teilnahme an dieser Verhandlung war spontan, während ich mich bei einem anderen Richter befand. Deshalb sind keine zusätzlichen Kosten entstanden, außer meinem Gutachtenshonorar (der Wert des Gutachtens ist € 338,90). Ich war von 12:30 Uhr bis 15:10 Uhr anwesend. Mein Gutachten basiert auf meinen Fachkenntnissen, die ich sowohl wissenschaftlich als durch Forschungen in Afghanistan erworben habe.

3. Mit E-Mail vom 14.09.2021 wurde der Antragsteller von der Verrechnungsstelle darauf aufmerksam gemacht, dass aufgrund seiner spontanen Teilnahme an der Verhandlung im Verfahren zur XXXX am 02.07.2021 nach Rücksprache mit der verfahrensführenden Richterin keine Vorbereitungszeit im Vorfeld der Verhandlung möglich gewesen sei und ihm daher nur eine Gebühr für Mühewaltung gemäß § 35 Abs. 1 GebAG für drei begonnene Stunden zuerkannt werden könne. In einem Telefonat mit der Verrechnungsstelle vom selben Tag teilte der Antragsteller mit, dass er sich als landeskundiger Sachverständiger für Afghanistan stets auf aktuellem politischem Stand befinden und sich somit jeden Tag mit diesem Thema befassen müsse.

4. Das Bundesverwaltungsgericht hielt dem Antragsteller sodann mit Schreiben vom 04.10.2021, nachweislich zugestellt am 13.10.2021, mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen kurz zusammengefasst vor, dass ihm aufgrund der „spontanen“ Teilnahme an der Verhandlung keine Vorbereitungszeit zur Verfügung gestanden habe und ihm daher lediglich eine Gebühr für Mühewaltung iSd § 34 Abs. 5 GebAG in Höhe von drei Stunden à € 33,80 zuerkannt werden könne.

5. In weiterer Folge langte keine Stellungnahme oder korrigierte Honorarnote seitens des Antragstellers ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass der Antragsteller im Rahmen des Verfahrens zur XXXX gemäß § 52 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG zum länderkundigen Sachverständigen für Afghanistan bestellt und iSd § 52 Abs. 4 AVG iVm § 17 VwGVG gerichtlich beeidet wurde. Er wurde ersucht, die Fragen der Richterin direkt im Rahmen der Verhandlung zu beantworten und sein Gutachten somit mündlich zu erstatten. Der Antragsteller wohnte der Verhandlung als Sachverständiger im Zeitraum von 12:30 Uhr bis 15:10 Uhr bei. Die seiner Tätigkeit zugrundliegende Honorarnote wurde am 06.07.2021 im Wege des ERV eingebracht.

2. Beweiswürdigung:

Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zum Verfahren XXXX , dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 02.07.2021, XXXX , dem Gebührenantrag vom 06.07.2021, der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 04.10.2021, XXXX , und dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 53a Abs. 1 AVG haben nichtamtliche Sachverständige für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren im Umfang der sinngemäß anzuwendenden §§ 24 bis 37 und 43 bis 49 und 51 GebAG. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen herangezogen hat.

§ 38 Abs. 1 GebAG zufolge hat der Sachverständige den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen nach Abschluss seiner Tätigkeit bei sonstigem Verlust, unter Aufgliederung der einzelnen Gebührenbestandteile, bei dem Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte, geltend zu machen.

Gemäß § 89c Abs. 5a Gerichtsorganisationsgesetz – GOG, RGBl. Nr. 217/1896, sind Sachverständige sowie Dolmetscherinnen und Dolmetscher nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten, insbesondere zum Zweck der Übermittlung von Gutachten, Übersetzungen und Gebührenanträgen, zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr (§ 89a) verpflichtet. Diese Verpflichtung entfällt, wenn die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr für die Sachverständige oder den Sachverständigen oder die Dolmetscherin oder den Dolmetscher im Einzelfall nicht zumutbar ist; dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie mit einem unverhältnismäßigen Aufwand für die Sachverständige oder den Sachverständigen oder die Dolmetscherin oder den Dolmetscher verbunden wäre, etwa im Hinblick auf die geringe Zahl an Bestellungen. Von der Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs kann abgesehen werden, wenn diese im Einzelfall, insbesondere im Hinblick auf den Gutachtensgegenstand oder die Verwertbarkeit des Gutachtens, untunlich ist.

Gemäß § 24 GebAG umfasst die Gebühr des Sachverständigen

1.       den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Befund- oder Beweisaufnahme, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;

2.       den Ersatz der Kosten für die Beiziehung von Hilfskräften und der sonstigen durch seine Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren verursachten notwendigen Kosten;

3.       die Entschädigung für Zeitversäumnis;

4.       die Gebühr für Mühewaltung einschließlich der Gebühr für die Teilnahme an einer Verhandlung und der Gebühr für Aktenstudium.

Zu A)

Zu der beantragten Gebühr für Mühewaltung gemäß § 34 Abs. 5 GebAG iVm § 273 ZPO

Gemäß § 25 GebAG richtet sich der Anspruch auf die Gebühr nach dem dem Sachverständigen erteilten gerichtlichen Auftrag; hat der Sachverständige Zweifel über den Umfang und Inhalt des gerichtlichen Auftrags, so hat er die Weisung des Gerichtes einzuholen. Ist der bekanntgegebene Zweck der Untersuchung erreicht, so hat der Sachverständige für darüber hinaus erbrachte Leistungen keinen Gebührenanspruch.

Der Antragsteller wurde von der Leiterin der Gerichtsabteilung XXXX im Rahmen einer Verhandlungspause im Verfahren zur XXXX spontan gebeten, in der Verhandlung ein (mündliches) Gutachten zu erstatten. Laut Angaben der verfahrensführenden Richterin sei er in der nächsten Lüftungspause dann mit ihr in den Verhandlungssaal gegangen und habe das Gutachten mündlich erstattet. Von einer weiteren mit Recherche im Herkunftsstaat verbundenen schriftlichen Gutachtensbeauftragung sei jedoch abgesehen worden.

Erstattet der Sachverständige sein Gutachten mündlich in der Verhandlung, so hat er Anspruch auf die für diese Leistung vorgesehene Gebühr für Mühewaltung gemäß § 34 GebAG (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG – GebAG4, Anm. 8 zu § 35).

In seiner Honorarnote vom 06.07.2021 machte der Antragsteller eine Gebühr für Mühewaltung iSd § 34 Abs. 5 GebAG iVm § 273 ZPO für acht begonnene Stunden à € 33,80 für die Erstattung seines mündlichen Gutachtens geltend.

Im Zuge seiner Bestellung als Sachverständiger im Verfahren zur XXXX kam es zu keiner Gutachtenserstattung im Vorfeld der mündlichen Verhandlung, sondern gab er ausschließlich im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 02.07.2021 zum einen Auskunft über die örtlichen Gegebenheiten in Afghanistan (Adresse), sowie Auskunft zum Thema Zwangsverheiratung. Zum anderen gab der Antragsteller Auskunft zu Angaben, die die Beschwerdeführerin im Rahmen ihres Asylverfahrens gemacht hatte, wie beispielsweise ihre berufliche Tätigkeit und ihre Familienverhältnisse (vgl. hiezu die Niederschrift der mündlichen Verhandlung, XXXX , S. 24 ff).

Da sich der gerichtliche Auftrag ausschließlich auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung beschränkte, an welcher der Antragsteller in der Zeit von 12:30 Uhr bis 15:10 Uhr teilgenommen hat, und ein Gutachten über die örtlichen Gegebenheiten in Afghanistan (Adresse), allgemeines zum Thema Zwangsverheiratung sowie den persönlichen
(Familien-)Verhältnissen der Beschwerdeführerin betreffend jene Angaben, die sie im Asylverfahren vorgebracht hatte, mündlich in der Verhandlung erstattete, kann lediglich eine Mühewaltungsgebühr iSd § 34 Abs. 5 GebAG iVm § 273 ZPO in Höhe von drei begonnenen Stunden à € 33,80 zuerkannt werden.

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:

 

EURO

Mühewaltung § 34 Abs. 5 GebAG iVm § 273 ZPO

 

3 begonnene Stunden für Erstellung eines Gutachtens
(nur SV-Länderkunde) à € 33,80

101,40

Übermittlung im Wege des ERV § 31 Abs. 1a GebAG

12,00

Zwischensumme

113,40

20 % Umsatzsteuer

22,68

Gesamtsumme

136,08

Gesamtsumme aufgerundet auf volle 10 Cent

136,10

Die Gebühr des Antragstellers war daher mit € 136,10 (inkl. USt.) zu bestimmen. Das Mehrbegehren war abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen.

Schlagworte

Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Mehrbegehren Mühewaltung mündliche Verhandlung Sachverständigengebühr Sachverständigengutachten Sachverständiger Teilstattgebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W181.2246626.1.00

Im RIS seit

22.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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