TE Vwgh Erkenntnis 1975/4/22 1213/73

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Veröffentlicht am 22.04.1975
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Index

Abgabenverfahren
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §52 implizit
BAO §148
BAO §151
BAO §177
BAO §303 Abs4
BAO §71
EStG 1967 §2

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Hofstätter, Mag. DDr. Heller, Dr. Simon und Dr. Schubert als Richters im Beisein des Schriftführers Finanzoberkommissär Dr. Tintera, über die Beschwerde des Dr. FW in W, vertreten durch Dr. Hans Perner, Rechtsanwalt in Wien 1, Herrengasse 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat IX a, vom 10. Juli 1972, Zl. 6-2059/1/69, betreffend gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1963 bis 1966, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung. des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Hans Perner, und des Vertreters der belangten Behörde, Oberfinanzrat Dr. FP, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 1.560,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist als Verwaltungsdirektor an der Hochschule für Bodenkultur in Wien nichtselbständig erwerbstätig und übt außerdem den Beruf eines Schriftstellers aus. Seine Gattin ist Eigentümerin eines Verlages. Im Jahre 1963 erwarb der Beschwerdeführer in Niederösterreich eine land- und forstwirtschaftliche Grundfläche von 10.5 ha, auf der sich verschiedene Baulichkeiten befanden, so auch ein Wohnhaus im Rohbau. In Erklärungen über gesondert festzustellende Einkünfte (§ 187 BAO) wies der Beschwerdeführer als „Landwirt“ für die Jahre 1963 bis 1966 Verluste von S 80.212,--, S 89.183, S 33.372,-- und S 53.760,-- aus.

Eine von Prüfern des Wohnsitzfinanzamtes des Beschwerdeführers im Auftrag des Lagefinanzamtes im Jahre 1967 durchgeführte Betriebsprüfung der Jahre 1963 bis 1965 kam zur Ansicht, daß es sich beim gegenständlichen Besitz des Beschwerdeführers um Voluptuarbesitz im Sinne des Einkommensteuerrechtes handle. Das Lagefinanzamt trug dieser Ansicht dadurch Rechnung, indem es anstelle des für 1963 bereits ergangenen Bescheides über die gesonderte Feststellung von Einkünften im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens einen neuen Bescheid und gleichzeitig erstmals für die Jahre 1964 bis 1966 Bescheide gemäß § 187 BAO erließ, in deren Begründung jeweils unter Hinweis auf den Betriebsprüfungsbericht der Vermerk „Voluptuarbetrieb“ aufschien. Im Spruch der Bescheide wurden allerdings stets Verluste aus Land- und Forstwirtschaft festgestellt. Auf diesen Widerspruch zwischen Spruch und Begründung verwies der Beschwerdeführer in einer Eingabe an das Finanzamt, die als Eventualantrag auch eine Berufung gegen die Feststellungsbescheide für die Jahre 1963 bis 1966 enthielt. Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland griff aber den aufgezeigten Widerspruch zwischen Spruch und Begründung auf und behob die Feststellungsbescheide für 1963 bis 1966 gemäß § 299 Abs. 2 BAO im Aufsichtsweg. Neuerliche Bescheide des Finanzamtes für die genannten Jahre, in denen die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft unter Hinweis auf den Betriebsprüfungsbericht jeweils mit Null Schilling festgestellt wurden, bekämpfte der Beschwerdeführer mit Berufung, in der er die sachliche Zuständigkeit des Wohnsitzfinanzamtes zur Durchführung der Betriebsprüfung bestritt, zumal den Wiener Prüfern die notwendigen landwirtschaftlichen Kenntnisse gefehlt hätten. Hinsichtlich der rechtskräftig festgestellten Verluste für 1963 und 1964 seien überdies die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme nicht gegeben. Der Grundstücksbeschreibung des Betriebsprüfungsberichtes wurde in mehreren Punkten Unrichtigkeit vorgeworfen und abschließend die Voluptuareigenschaft der gegenständlichen Landwirtschaft in Abrede gestellt. Zur Untermauerung ihres Vorbringens bezog sich die Berufung auf eine Reihe von Unterlagen, die dem Finanzamt bereits vorgelegt worden waren, darunter eine Bestätigung der für den Landwirtschaftsbetrieb zuständigen Bezirks-Bauernkammer über die Art der Bewirtschaftung der Landwirtschaft sowie eine schriftliche Äußerung des Vorstandes der Lehrkanzel für Tierzucht, Fütterungslehre und Alpwirtschaft an der Hochschule für Bodenkultur, o. Prof. Dr. T, vom 7. März 1968 über die Bewirtschaftungsmöglichkeiten und Ertragsaussichten der Landwirtschaft.

Die belangte Behörde wies die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid aus folgenden Gründen ab:

Unzuständigkeit des Wohnsitzfinanzamtes sei jedenfalls hinsichtlich der Umsatzsteuer nicht gegeben gewesen und zudem sei ein Prüfungsauftrag des Finanzamtes L vorgelegen. Der Vorwurf der „fachlichen Inkompetenz“ der Prüfungsorgane sei verfahrensrechtlich unbeachtlich. Die Wiederaufnahme des Verfahrens sei nur für 1963 und nicht auch für 1964 erfolgt. Für 1963 entspreche die Wiederaufnahme dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Zl. 773/66. In der Frage der Liebhaberei ging die belangte Behörde davon aus, daß keine ausreichenden Momente gegeben erscheinen, um die „Ertragsbetriebseigenschaft“ der in Rede stehenden Landwirtschaft schon aus dem Titel einer nichtwirtschaftlichen Betriebsführung zu verneinen, kam aber zu dem Ergebnis, daß der Betrieb bei der selbstgewählten Bewirtschaftungsmethode nicht in der Lage sei, nachhaltig einen Gewinn abzuwerfen. Der bei der derzeitigen Extensivmethode erreichbare Einnahmenplafonds von durchschnittlich S 20.000,-- wäre schon in den Jahren 1968 bis 1970 erreicht worden, die Anlaufperiode also bereits spätestens 1968 abgeschlossen gewesen. Auf der Ausgabenseite lasse sich aber hinsichtlich der Jahre 1963 bis 1966 selbst bei Ausscheiden von Anlaufposten sowie nichtanzuerkennenden bzw. zu aktivierenden Betriebsausgaben erkennen, daß die Höhe der Ausgaben im Schnitt und auf Dauer die vernünftigerweise erwartbaren Einnahmen übersteigen müsse. Diese Erkenntnis werde durch die Erklärungen für 1967 bis 1970 erhärtet, die unzutreffend ein konsolidiertes Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben ausweisen würden, da nicht alle Aufwendungen erfaßt wären. Übrigens würde selbst ein tatsächliches (geringfügig) positives Ergebnis einzelner besonders günstiger Jahre nicht eine nachhaltige Gewinnerzielungsmöglichkeit beweisen, da bei einem so knappen Verhältnis schon ein einziges Jahr mit (periodischen) größeren Aufwendungen den „Gewinn“ etlicher solcher „Gewinnjahre“ aufzehren müßte. Eine Verbesserung der negativen Relation wäre nur bei einer hauptberuflichen Bewirtschaftung durch den Besitzer und seine Familie denkbar. Ein Übergang zu einer intensiveren Bewirtschaftung aber würde kostspielige Investitionen erfordern und auch die laufenden Betriebsausgaben beträchtlich steigern, wobei vor allem den Mehrkosten für Fremdarbeitskräfte entscheidendes Gewicht zukäme. Auch von einer intensiven Bewirtschaftung wäre daher in Anbetracht der Betriebsgröße ohne Mitarbeit der Besitzerfamilie kein nachhaltig positives Betriebsergebnis zu erwarten. Die von Prof. Dr. T in den Vordergrund gestellte Zuchttierproduktion sei vom Beschwerdeführer überhaupt noch nicht in Angriff genommen worden. Das Gutachten der Bezirks-Bauernkammer aber gehe auf die Frage der Rentabilität des Betriebes gar nicht ein. Die Beweggründe für die Bewirtschaftung der gegenständlichen Landwirtschaft waren nach Ansicht des Berufungssenates vornehmlich privater Art (Schaffung eines Wochenend- und Urlaubsaufenthaltes; Vermögensanlage mit zusätzlichem Anreiz der Steuerersparnis). Die belangte Behörde kam zusammenfassend zur Ansicht, daß im vorliegenden Fall Liebhaberei anzunehmen sei.

Die Berufungsentscheidung vom 10. Juli 1972 wurde zunächst beim Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte angefochten, die Beschwerde von diesem Gerichtshof aber als unbegründet abgewiesen und einem Antrag des Beschwerdeführers entsprechend an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerde die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie verweist darauf, daß den mehrfach erwähnten Betriebsprüfungsbericht, welcher der Entscheidung der ersten Instanz zugrunde gelegt worden sei, ein unzuständiges Finanzamt erstattet habe. Bei den laut § 148 Abs. 1 BAO mit der Vornahme einer Betriebsprüfung betrauten Organen könne es sich im vorliegenden Fall nur um Beamte des Finanzamtes L und nicht um solche des Wohnsitzfinanzamtes handeln. Dieser Verfahrensmangel sei im Hinblick auf die mangelnde Erfahrung der Prüfungsorgane dieses städtischen Finanzamtes mit land- und forstwirtschaftlichen Betrieben wesentlich. Die belangte Behörde hätte bei dieser Sachlage den Sachverhalt näher klären müssen, z. B. durch Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens. Die Notwendigkeit einer gewissen Anlaufperiode habe die belangte Behörde zwar zugegeben, bei ihm aber nicht berücksichtigt. Die vom Beschwerdeführer erklärten Holzverkäufe dürften bei der Beurteilung, ob Liebhaberei vorliege, nicht mit der Bemerkung abgetan werden, daß sie auf Kosten der Substanz gingen und keine ständige Einnahmepost wären, da sonst Einkünfte aus einem aussetzenden Forstbetrieb grundsätzlich überhaupt nie steuerpflichtig wären. Daß sich der Aufbau der Tierhaltung etwas länger als erwartet, hinziehe, liege daran, daß sich die Instandsetzung des Wirtschaftsgebäudes und des Stalles wegen der Arbeitskräftemangel verzögert hätte und daran, daß sich der Beschwerdeführer durch die unklare Rechtslage behindert fühle. Daß sein Betrieb nur rentabel sein könne, wenn die Besitzerfamilie ihre volle Arbeitskraft einsetze, treffe nicht zu. Bei seinem Naheverhältnis zur Landwirtschaft als Direktor der Hochschule für Bodenkultur und auf Grund der dort gewonnenen Erkenntnisses wäre eine ertragbringende Bewirtschaftung seiner Landwirtshaft auch in der von ihm geplanten intensiven Form neben einer sonstigen Tätigkeiten möglich. Bei der vom Beschwerdeführer in Aussicht gestellten Rinderhaltung im Ausmaß von 20 Stück würden nicht nur die Betriebsausgaben, sondern auch der Ertrag steigen; in welchem Verhältnis dies der Fall sein werde, habe die belangte Behörde nicht festgestellt. Die von der belangten Behörde geforderte notdürftige Verzinsung des investierten Kapitals stehe mit der Systematik des Einkommensteuerrechtes nicht im Einklang. Dem Gutachten von Prof. Dr. T wolle der Beschwerdeführer entsprechen und sich der Zuchttierproduktion zuwenden, aus der auch dem Gutachten zufolge ein Reingewinn erzielbar sei, und zwar trotz der zu erwartenden Fremdlohnbelastung. Darin, daß die belangte Behörde das Gutachten der zuständigen Bezirks-Bauernkammer als irrelevant beseite schiebe, liege ein Verfahrensmangel. Die Gewinnerzielungsabsicht des Beschwerdeführers werde von der belangten Behörde zu Unrecht bestritten; sie wäre vielmehr durch sein bisheriges Verhalten, durch die von ihm getätigten Investitionen und das Gutachten von Prof. Dr. T erwiesen. Was den von der belangten Behörde ins Treffen geführten Urlaubs- und Wochenendaufenthalt, so könnte sich der Beschwerdeführer im Hinblick auf die bei ihm und seiner Frau vorliegenden günstigen Einkommensverhältnisse etwas Luxuriöseres leisten; aus seiner Landwirtschaft erwarte er sich aber nach der Anlaufzeit gute und krisenfeste Einkünfte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1) Den Ausführungen der Beschwerde über die Unzuständigkeit des Wiener Wohnsitzfinanzamtes zur Durchführung der Betriebsprüfung in der gegenständlichen Land- und Forstwirtschaft ist entgegenzuhalten, daß die Prüfungsorgane ihren Prüfungsauftrag vom Finanzamt L als der zuständigen Abgabenbehörde erhielten. Durch den Umstand aber, daß die Betriebsprüfungsstelle des Wiener Wohnsitzfinanzamtes den Betriebsprüfungsbericht ausgeliefert hat, wurde der Beschwerdeführer schon deshalb in keinem Recht verletzt, weil ein Betriebsprüfungsbericht für die Abgabenpflichtigen keine unmittelbaren Rechtsfolgen auslöst. Derartige Rechtsfolgen bewirkt erst der Abgabenbescheid, der allenfalls unter Bezugnahme auf einen Betriebsprüfungsbericht ergeht und ihn damit in die Bescheidbegründung übernimmt. Die in Streit stehenden Feststellungsbescheide für die Jahre 1963 bis 1966 hat aber in erster Instanz das auch nach der Beschwerde unbestritten zuständige Finanzamt L erlassen. Ins Leere geht auch die Bezugnahme der Beschwerde auf § 71 BAO, da eine Delegierung im Beschwerdefall nicht stattgefunden hat. Im Zusammenhang mit der Feststellung der Einkünfte für die Jahre 1963 bis 1966 aus der in Rede stehenden Landwirtschaft wurde in erster Instanz allein das Finanzamt L tätig, wobei auch die Betriebsprüfer als beauftragte Organe des Finanzamtes L handelten.

Soweit sich die vorliegende Beschwerde gegen die Betriebsprüfer, ihre fachliche Eignung und ihre Feststellungen richtet, kann ihr auch schon deshalb kein Erfolg beschieden sein, weil die belangte Behörde sich nicht auf die Feststellungen der Betriebsprüfung stützt, sondern vielmehr an deren Stelle ihre eigenen Feststellungen und Schlüsse setzt. Daß sie dabei kein Gutachten eines landwirtschaftlichen Sachverständigen einholte, bewirkt nicht den von der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensmangel. Eines Sachverständigenbeweises bedarf es nämlich nur, wenn die Behörde selbst nicht über ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen zur Klärung der zu beurteilenden Fragen verfügt (siehe Reeger-Stoll, Kommentar zur BAO, Fußnote 3 zu 177, und die dort angeführte höchstgerichtliche Rechtsprechung). Diese Kenntnisse und Erfahrungen erscheinen nach der Lage des Falles und nach der Zusammensetzung des erkennenden Berufungssenates, dem auch ein Mitglied einer Landwirtschaftskammer angehörte, gegeben, und zwar, soweit es die Beurteilung der streitentscheidenden Frage betrifft, in ausreichendem Maße. Einen Antrag auf Durchführung eines Sachverständigenbeweises hat der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren nach dem Inhalt der Akten des Verwaltungsverfahrens übrigens auch nicht gestellt.

Hinsichtlich der in der Beschwerde gerügten Wiederaufnahme des Verfahrens, die nach der Aktenlage nur den Feststellungsbescheid für 1963 und nicht auch den für 1964 betraf, berief sich der angefochtene Bescheid zu Recht auf das hg. Erkenntnis vom 16. September 1966, Zl. 773/66, wonach unter anderem auch der durch die Beurteilung eines mehrjährigen Betriebsergebnisses gewonnene zusammenfassende Überblick im Zusammenhang mit der Frage, ob ein Gewinnbetrieb oder Liebhaberei vorliegen, ein neu hervorgekommenes Beweismittel darstellt, welches die amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO rechtfertigt.

2) Von einer Land- und Forstwirtschaft kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann die Rede sein, wenn der betreffende Betrieb nach wirtschaftlichen Grundsätzen geführt wird und dabei - auf die Dauer gesehen - nach objektivem Maßstab die Möglichkeit besteht, einen Gewinn zu erzielen, und wenn der Wille des Wirtschaftenden darauf gerichtet ist, nicht bloß die Kosten des Betriebes zu decken, sondern auch eine wirtschaftliche Nutzung zu erreichen. Sonst liegt Liebhaberei und demnach keine bei der Einkommensteuer beachtliche Einkunftsart vor (siehe das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1972, Zl. 2230/70, und die dort angeführte Vorjudikatur). Der angefochtene Bescheid stellt nun eine Betriebsführung nach wirtschaftlichen Grundsätzen nicht in Abrede, kommt aber zu dem Ergebnis, daß bei der selbstgewählten Bewirtschaftungsmethode auf die Dauer gesehen nach objektivem Maßstab nicht die Möglichkeit besteht, einen Gewinn zu erzielen. Dieser Auffassung kann nicht entgegengetreten werden.

Die belangte Behörde ist zu Recht davon ausgegangen, daß die selbstgewählte Bewirtschaftungsmethode in den Streitjahren und auch in den folgenden Jahren, die für eine Beurteilung noch herangezogen würden, eine extensive war. Sie konnte sich dabei auf die eigenen Angaben des Beschwerdeführers stützen, daß die Viehwirtschaft in seinem Betrieb im Vordergrund stehen soll. Seit Betriebsbeginn im Jahre 1963 bis tum Jahr 1970 erreichte der Rinderbestand nur 7 Stück und setzte sich laut Aussage des Beschwerdeführers in der mündlichen Berufungsverhandlung aus 3 Milchkühen, 2 Maststieren und 2 Kälbern zusammen. Die vom Beschwerdeführer geplante intensive Rinderwirtschaft - Zuchttierproduktion und Aufstockung des Viehbestandes bis auf 20 Stück - war offenbar auch im Jahre 1972 noch nicht verwirklicht; gab doch der Beschwerdeführer in der Berufungsverhandlung selbst an, daß er für die Errichtung eines Stalles, in welchem bis zu 20 Rinder gehalten werden können, - erst - Kostenvoranschläge eingeholt habe. Dieser Umstand ist deshalb von Bedeutung, da nach dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten des Prof. Dr. T, dessen Anregungen der Beschwerdeführer laut Beschwerde entsprechen will, „die Unterbringung einer Leistungsherde ... nur in einem entsprechend ausgebauten und klimatisch günstigen Stall erfolgen“ kann.

Aus der Sicht der für die Streitjahre und auch noch darnach gegebenen extensiven Bewirtschaftung des in Rede stehenden Betriebes aber hat der angefochtene Bescheid schlüssig dargetan, daß nach dem Verhältnis von Kosten und Erträgen nachhaltig mit keinem Gewinn zu rechnen ist. Die Annahme der belangten Behörde, daß der bei der derzeitigen Extensivmethode erreichbare Einnahmenplafonds im Schnitt kaum über S 20.000,-- jährlich liegen dürfte und in den Jahren 1968 bis 1970 bereits erreicht war, wird durch die vorliegenden Erklärungen über gesondert festzustellende Einkünfte für 1968 bis 1970 gestützt, in deren Beilagen an Betriebseinnahmen 1968 S 20.289,--, 1969 S 14.198,-- und 1970 S 27.842,50 aufscheinen, und zwar einschließlich der Erlöse aus Holzverkäufen. Die belangte Behörde irrt auch nicht, wenn sie in den Holzverkaufserlösen keine feste Einnahmspost sieht. Dafür spricht nicht nur der Umstand, daß nach allgemeiner Erfahrung aus einem höchstens drei Hektar großen Waldbesitz nicht mit jährlichen Holzverkäufen gerechnet werden kann, was übrigens die Beschwerde ausdrücklich bestätigt, sondern auch die Tatsache, daß von 1968 bis 1970 lediglich im letzten Jahr Einnahmen aus Holzverkäufen von S 6.452,50 erklärt wurden. Selbst unter Einbeziehung des Holzverkaufes des Jahres 1970 ergibt sich aber für 1968 bis 1970 nur ein Einnahmendurchschnitt von rund S 20.000,--.

Für die Ausgabenseite hält der angefochtene Bescheid fest, daß der Wert des dem Nachbarn als Entgelt für seine Arbeitsleistung überlassenen Heues zwar unter den Einnahmen, nicht aber unter den Betriebsausgaben aufscheint; daß die erklärte AfA 1967 und auch 1968 und 1969 gegenüber der AfA 1966 vollkommen unverändert blieb, obwohl in diesem Jahr (1967) Stallerweiterungs- und -einrichtungskosten anfielen und unter anderem Rechnungen über diverse diesbezügliche Anschaffungen (S 4.344,--) sowie den Ankauf einer Motorkettensäge (S 4.500,--) der Finanzbehörde vorgelegt wurden; daß entgegen der Gewinnrechnung für 1966 die Kosten für Viehankäufe (laut Belegen 1 Kalbin, 1 Kalb; S 11.000,-- und S 5.800,--) unter den Betriebsausgaben für 1967 nicht ausgewiesen wurden. Diese Feststellungen blieben in der Beschwerde unwidersprochen. Berücksichtigt man aber diese Momente, so ist für 1968 anstelle des erklärten Gewinnes von S 3.840,44 ein Verlust anzunehmen, während das für 1970 ausgewiesene positive Betriebsergebnis (vor Abzug der vorzeitigen Abschreibung) von S 5.532,34 zumindest der Höhe nach in Zweifel zu ziehen ist.

In der Zeit von der Betriebsgründung im Jahre 1963 bis zum Jahre 1970, also in einem Zeitraum von rund acht Jahren, sind im streitgegenständlichen Betrieb mit Ausnahme eines einzigen Jahres, in dem vielleicht ein geringfügiges positives Betriebsergebnis zu verzeichnen war, nur Verluste angefallen. Bei der gegebenen extensiven Wirtschaftsführung war nach der Kosten- und Ertragsstruktur des Betriebes auch weiterhin im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf die Dauer gesehen nicht mit einer Gewinnerzielung zu rechnen, sodaß die belangte Behörde schon nach diesen objektiven Merkmalen in dem in Rede stehenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu Recht Liebhaberei sah. Neben objektiven Merkmalen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch subjektive Momente, wie die Beweggründe des Ankaufes, Aufenthalt auf dem Besitz, Vorhandensein anderer Einkommensquellen und anderes, für das Vorliegen einer Liebhaberei in Erwägung zu ziehen (siehe die hg. Erkenntnisse vom 8. Dezember 1950, Slg. Nr. 299/F; vom 8. Mai 1964, Zl. 989/62; vom 16. September 1970, Zl. 1437/68; vom 28. Juni 1972, Zl. 2230/70). Im Sinne dieser Rechtsprechung hat der angefochtene Bescheid zutreffend darauf hingewiesen, daß der gegenständliche Besitz dem Beschwerdeführer und seiner Familie Wochenend- und Urlaubsaufenthalte ermöglicht und eine wertbeständige Vermögensanlage bot. Dazu kommen die vom Beschwerdeführer selbst vorgebrachten insgesamt günstigen Einkommensverhältnisse, bei denen eine gewinnbringende Bewirtschaftung der Land- und Forstwirtschaft für den Beschwerdeführer kein unbedingtes Gebot darstellt, sondern die vielmehr die Inkaufnahme von Verlusten zulassen. Diese subjektiven Momente würden nun freilich für sich allein die Annahme einer Liebhaberei nicht rechtfertigen, bilden aber ein zusätzliches Indiz für das Vorliegen einer Liebhaberei.

Die belangte Behörde hat ihrer Annahme der Liebhaberei, wie ausgeführt, einen Zeitraum von acht Jahren (1963 bis 1970) zugrunde gelegt. Dieser Zeitraum ist im vorliegenden Fall als ausreichend für die Feststellung anzusehen, ob der in Rede stehende land- und forstwirtschaftliche Besitz bei der gegebenen Bewirtschaftungsmethode auf Dauer gesehen eine Gewinnerzielung zuläßt, zumal die belangte Behörde auf Grund der geschilderten Ertragsentwicklung zu Recht annahm, daß die Anlaufperiode bereits spätestens 1968 abgeschlossen war. Es unterlief ihr daher nicht der von der Beschwerde vorgeworfene Verfahrensmangel, wenn sie keine Feststellungen über das weitere Verhalten des Beschwerdeführers getroffen hat. Im übrigen hat der Beschwerdeführer in seiner Berufung vom 11. Februar 1969 selbst ausgeführt, daß etwa nach einem Zeitraum von fünf bis acht Jahren ein Urteil abgegeben werden kann, ob ein landwirtschaftlicher Betrieb auf Dauer gesehen einen Ertrag zu erbringen vermag.

Zu Unrecht rügt die Beschwerde auch, die belangte Behörde gebe zwar die Notwendigkeit einer gewissen Anlaufperiode zu, berücksichtige aber trotzdem diese Anlaufperiode bei ihm nicht. Die Berücksichtigung der Ergebnisse, die ein Betrieb in seiner Anlaufperiode erzielt, bei der Einkommensermittlung setzt nämlich voraus, daß in dem Betrieb überhaupt eine Quelle von Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 des jeweils geltenden Einkommensteuergesetzes gesehen werden kann. Nur dann können Verluste, die in einer Anlaufperiode angefallen sind, bei der Einkommensermittlung gemäß § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes ausgeglichen werden. Erweist sich aber ein Betrieb von vornherein nicht als Einkunftsquelle, sondern als Liebhaberei, so sind auch die Verluste von vornherein nicht gemäß § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes ausgleichsfähig. Die Anlaufperiode spielt im Zusammenhang mit Liebhaberei nur insoweit eine Rolle, als allein auf Grund von Verlusten, die in einer Anlaufperiode anfallen, noch nicht auf Liebhaberei geschlossen werden darf. Steht aber wie im Beschwerdefall auf Grund eines längeren, über die Anlaufperiode hinausreichenden Zeitraumes fest, daß Liebhaberei gegeben ist, so sind auch die Ergebnisse der Anlaufperiode bei der Einkommensermittlung nicht zu berücksichtigen.

Dem mehrfach erwähnten Gutachten von Prof. Dr. T konnte für den Beschwerdefall deshalb keine Bedeutung beigemessen werden, weil, wie bereits ausgeführt, eine Bewirtschaftung im Sinne der Vorstellungen des Genannten in den Streitjahren und offenbar sogar bis 1972 nicht erfolgt ist. Sollte allerdings der Beschwerdeführer die Art der Bewirtschaftung seines landwirtschaftlichen Besitzes ändern, auf eine intensive Tierhaltung entsprechend den Anregungen des Prof. Dr. T übergehen und hiefür erkennbare Maßnahmen, wie etwa den Bau eines geeigneten Stalles und die Ausweitung des Viehbestandes, setzen (oder schon gesetzt haben), so wird sich die Abgabenbehörde mit der Frage der Liebhaberei neuerlich auseinanderzusetzen haben. Die fehlende Mitarbeit des Eigentümers und seiner Familie sowie die zu erwartende Kostensteigerung aus der intensiveren Bewirtschaftungsart werden dabei nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes für sich allein für die Annahme der Liebhaberei nicht ausreichen, wobei in diesem Zusammenhang auf das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1960, Zl. 2109/59, hingewiesen sei. Die Beschwerde ist im Recht, wenn sie bei Verneinung der Gewinnaussichten der intensiven Tierhaltung einen eingehenderen Einnahmen- und Ausgabenvergleich fordert, doch ist daraus nicht der behauptete Verfahrensmangel abzuleiten, weil für die Streitjahre von der intensiven Tierhaltung nicht ausgegangen werden kann.

Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Bestätigung der Bezirks-Bauernkammer läßt keine Beurteilung der Gewinnaussichten des gegenständlichen land- und forstwirtschaftlichen Besitzes zu und vermag daher zur Lösung des Problems, ob Liebhaberei vorliegt oder nicht, nichts beizutragen.

Zusammenfassend ergibt sich, daß der angefochtene Bescheid weder an inhaltlicher Rechtswidrigkeit leidet noch ihm ein Verfahrensmangel zugrunde liegt, sodaß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 19. Dezember 1974, BGBl. Nr. 4/1975, insbesondere auf Art. IV Abs. 2 dieser Verordnung.

Wien, am 22. April 1975

Schlagworte

Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Besonderes Fachgebiet

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1975:1973001213.X00

Im RIS seit

21.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.12.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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