TE OGH 2021/10/18 7Ob165/21x

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Veröffentlicht am 18.10.2021
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätin und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Mag. Painsi und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** N*****, vertreten durch Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei A***** SE *****, vertreten durch die Themmer, Toth & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung, infolge der Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. Juli 2021, GZ 2 R 26/21i-21, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 31. Dezember 2020, GZ 23 Cg 63/19v-15, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Berufungsgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

[1]       Der Kläger begehrt von der Beklagten Rechtsschutzdeckung für die Inanspruchnahme seines Lebensversicherers aus zwei Lebensversicherungsverträgen.

[2]       Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

[3]            Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung in eine klagsstattgebende ab. Die Entscheidung des Berufungsgerichts enthält keine Bewertung des Entscheidungsgegenstands, jedoch den Ausspruch, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

[4]       Die gegen das Urteil des Berufungsgerichts gerichtete (außerordentliche) Revision des Klägers legte das Erstgericht direkt dem Obersten Gerichtshof vor.

[5]       Ob der Oberste Gerichtshof zu einer Entscheidung über dieses Rechtsmittel funktionell zuständig ist, kann jedoch mangels eines Bewertungsausspruchs in der Berufungsentscheidung noch nicht beurteilt werden.

Rechtliche Beurteilung

[6]       Gemäß § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO hat das Berufungsgericht für den Fall, dass der Entscheidungsgegenstand nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht, auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands bei Überschreitung von 5.000 auch 30.000 EUR übersteigt oder nicht. Der Kläger bewertete zwar sein Feststellungsbegehren mit 31.000 EUR entsprechend den von ihm erwarteten voraussichtlich anfallenden Prozesskosten im Haftpflichtprozess. Da aber der Bewertungsausspruch nach § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO durch eine vom Kläger gemäß § 56 Abs 2 JN vorgenommene Angabe des Werts des Streitgegenstands nicht ersetzt wird (RS0042296) und das Gericht zweiter Instanz daran auch nicht gebunden ist (RS0043252), wird das Berufungsgericht einen Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands vornehmen müssen. Dabei wird es zu beachten haben, dass Rechtsschutzdeckung für die Geltendmachung von Ansprüchen aus zwei gesonderten Lebensversicherungsverträgen begehrt wird, wobei sich aus dem Akteninhalt keine Anhaltspunkte für eine Zusammenrechnung nach § 55 JN ergeben. Das Fehlen eines solchen Ausspruchs führt zu einer entsprechenden Ergänzung (RS0114386). Sollte das Berufungsgericht aussprechen, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige jeweils nicht 30.000 EUR, läge ein Fall des § 502 Abs 3 ZPO vor. Diesfalls hätte das Berufungsgericht gemäß § 508 Abs 3 ZPO zu entscheiden. Dies gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist und wenn der Rechtsmittelwerber im Schriftsatz nicht iSd § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil ein solcher (allfälliger) Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserbar ist (RS0109623).

[7]       Sollte das Berufungsgericht in seinem nachzuholenden Bewertungsausspruch gemäß § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO den Entscheidungsgegenstand jeweils mit mehr als 30.000 EUR bewerten, läge kein Fall des § 508 ZPO vor, und das Rechtsmittel wäre als außerordentliches neuerlich dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen. Sollte das Berufungsgericht bei der vorzunehmenden Einzelbewertung für einzelne Begehren einen 5.000 EUR nicht übersteigenden Wert ansetzen, wäre das Rechtsmittel insoweit gemäß § 502 Abs 2 ZPO absolut unzulässig; der bisherige Zulassungsausspruch wäre diesfalls zu berichtigen (4 Ob 66/17k).

Textnummer

E133240

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:0070OB00165.21X.1018.000

Im RIS seit

21.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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