TE Lvwg Erkenntnis 2021/11/2 LVwG-2021/37/1901-7

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.11.2021
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Entscheidungsdatum

02.11.2021

Index

82/02 Gesundheitsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

COVID-19-MG §3
COVID-19-MG §8
COVID-19-SchutzMaV §5
VStG §5
VStG §19
VStG §20
VStG §45
VwGVG 2014 §47
VwGVG 2014 §50
VwGVG 2014 §52

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde der AA, Adresse 1, **** Z, vertreten durch BB, Adresse 2, **** Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Z (= belangte Behörde) vom 11.06.2021, Zahl ***, betreffend ein Strafverfahren nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz in Verbindung mit der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die Beschwerdeführerin hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 120,00 zu leisten.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Straferkenntnis vom 11.06.2021, Zahl ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Z AA zur Last gelegt, als strafrechtlich Verantwortliche der Betriebsstätte des Unternehmens „CC“ in **** Z, Adresse 3, am 13.02.2021 um 10:45 Uhr entgegen der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung (4. COVID-19-SchuMaV), nicht durch geeignete Maßnahmen sichergestellt zu haben, dass sich maximal so viele Kunden gleichzeitig im Kundenbereich aufhalten, dass pro Kunde 20 m² zur Verfügung gestanden wären. Sie hätte keine ausreichenden Maßnahmen gesetzt, um die maximale Personenzahl (Kunde pro 20 m²) zu gewährleisten. Dadurch hätte sie die Rechtsvorschrift des § 5 Abs 1 Z 4 der 4. COVID-19-SchuMaV, BGBl II Nr 58/2021, verletzt, weswegen über sie gemäß § 8 Abs 4 COVID-19-Maßnahmengesetz (COVID-19-MG), BGBl I Nr 12/2020, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 23/2021, eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 600,00 (Ersatzfreiheitsstrafe: 112 Stunden) verhängt wurde. Die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens hat die Bezirkshauptmannschaft Z mit Euro 60,00 bestimmt.

Gegen dieses Straferkenntnis hat AA, vertreten durch BB, Adresse 2, **** Y, mit Schriftsatz vom 12.07.2021 Beschwerde erhoben und beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Mit Schriftsatz vom 13.07.2021, Zahl ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Z den Gegenstandsakt mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde der rechtsfreundlich vertretenen AA gegen den Bescheid vom 11.06.2021 dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorgelegt.

Mit Schriftsatz vom 20.08.2021 hat die CC die Verantwortlichkeitserklärung der Beschwerdeführerin vom 30.03.2020 an das Landesverwaltungsgericht Tirol übermittelt. Mit Schriftsatz vom 28.09.2021 hat die Beschwerdeführerin ein ergänzendes Vorbringen erstattet.

Am 29.09.2021 hat die öffentliche mündliche Verhandlung stattgefunden. Die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin hat auf ihr bisheriges Vorbringen, insbesondere in der ergänzenden Stellungnahme vom 25.05.2021, in der Beschwerde vom 12.07.2021 und in der Stellungnahme vom 28.09.2021, verwiesen. Der Vertreter der belangten Behörde hat auf die Darlegungen im angefochtenen Straferkenntnis verwiesen und sich zu dem im Schriftsatz vom 28.09.2021 erstatteten ergänzenden Vorbringen geäußert. Darüber hinaus hat der Vertreter der belangten Behörde vorgebracht, dass vor Aufnahme der Kontrollen eine Anfrage an die beim Land Tirol eingerichtete „Corona-Rechtsberatung“ gestellt worden sei. Aus der Beantwortung gehe klar hervor, dass die Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen der 4. COVID-19-SchuMaV durch konkrete Maßnahmen erfüllt werden müsste.

Beweis wurde aufgenommen durch die Einvernahme des Vertreters der belangten Behörde als Partei und durch die Einvernahme der Zeugin DD. Von einer Verlesung des behördlichen Aktes sowie des Aktes des Verwaltungsgerichtes wurde gemäß § 48 Abs 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) abgesehen.

Der Beweisantrag der rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführerin auf Einvernahme des EE zu den mit Schriftsatz vom 28.09.2021 vorgelegten Kundenauswertungen hat das Landesverwaltungsgericht Tirol mit verfahrensleitendem Beschluss als unerheblich zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 04.10.2021, Zahl LVwG-***, hat das Landesverwaltungsgericht Tirol der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde die Ausfertigung der Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 29.09.2021 übermittelt. Innerhalb der zweiwöchigen Frist hat keine Verfahrenspartei Einwendungen wegen Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Verhandlungsschrift erhoben.

II.      Beschwerdevorbringen:

Die Beschwerdeführerin stellt außer Streit, dass gemäß § 5 Abs 1 Z 4 der 4. COVID-19-SchuMaV geeignete Maßnahmen zu treffen seien, um sicher zu stellen, dass pro Kunde 20 m2 zur Verfügung stünden. Allerdings sei fraglich, welche Versäumnisse ihr [= der Beschwerdeführerin] vorgeworfen würden. Das Kontrollorgan habe festgestellt, dass in der gegenständlichen Filiale der CC 1.000 m2 zur Verfügung stünden. Damit sei das Betreten durch 50 Personen möglich. Sollten daher niemals mehr als 50 Personen im Geschäft gewesen sein, wären keine weiteren geeigneten Veranlassungen zu treffen. Die COVID-19-SchuMaV sei dahingehend zu interpretieren, dass für den Fall der drohenden Unterschreitung der Mindestquadratmeterzahl pro Kunde Maßnahmen zu setzen seien, um genau dies zu verhindern. Sollte eine derartige Gefahr nicht drohen, sei auch nichts zu unternehmen. Bei der Kontrolle seien weder eine Überschreitung der zulässigen Kundenzahl festgestellt worden noch hätte die Gefahr einer Überschreitung bestanden. Es sei daher fraglich, welche geeigneten Maßnahmen zu treffen gewesen wären, um ein niemals eingetretenes oder drohendes Geschehnis zu verhindern. Behördlich geforderte Maßnahmen im Sinne der COVID-19-SchuMaV würden ein konkretes Gefährdungspotenzial voraussetzen. Erst wenn sich tatsächlich zu viele Personen im Geschäft aufgehalten hätten, könne unterstellt werden, dass keine ausreichenden Maßnahmen getroffen seien.

Diese Darlegungen hat die Beschwerdeführerin mit ihrer Stellungnahme vom 28.09.2021 ergänzt. Darin verweist sie auf Kundenauswertungen der betreffenden Filiale vom Oktober/November 2020, wonach in dieser Filiale durchschnittlich 12 Kunden gleichzeitig anwesend seien. Eine weitere Kundenauswertung im Hinblick auf die Verschärfungen der 4. COVID-19-SchuMaV hätten dasselbe Ergebnis erbracht. Im Wissen darum, dass keine Gefahr einer Überschreitung der maximal zulässigen Kundenzahl bestanden habe, habe für sie [= die Beschwerdeführerin] kein Handlungsbedarf bestanden.

Die Beschwerdeführerin bringt zudem vor, dass gemäß § 5 Abs 1 Z 4 der 4. COVID-19-SchuMaV das Betreten und Befahren des Kundenbereichs von Betriebsstätten nur unter näher normierten Voraussetzungen zulässig sei. Zu den Bereichen einer Betriebsstätte zähle unter Berücksichtigung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 13.02.1991, 90/03/0265, auch der Kundenparkplatz. Da die 4. COVID-19-SchuMaV gemäß der Ermächtigung des § 3 Abs 1 Z 1 COVID-19-MG das Befahren von Betriebsstätten regle, werde ein Kundenparkplatz vom Begriff der Betriebsstätte umfasst. Den in § 5 Abs 1 Z 4 der 4. COVID-19-SchuMaV verwendeten Begriff „Kundenbereich“ definiere weder die zitierte Verordnung noch COVID-19-MG. Ausgehend vom allgemeinen Sprachbegriff umfasse der Begriff „Kundenbereich“ wohl jenen Bereich, der für den Kunden in der Betriebsstätte frei zugänglich sei. Damit zähle auch der Kundenparkplatz zum „Kundenbereich“. Es sei daher nicht nachvollziehbar, weshalb die belangte Behörde nur die reine Verkaufsfläche als „Kundenbereich“ qualifiziere.

III.     Sachverhalt:

1.       Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin AA, wohnhaft Adresse 1, **** Z, ist verwaltungsstrafrechtlich Beauftragte für die Filiale der CC am Standort Adresse 3, **** Z. Die Funktion als verantwortliche Beauftragte gemäß § 9 Abs 2 zweiter Satz Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) übt sie seit 01.04.2020 aus. Der sachliche Zuständigkeitsbereich erstreckt sich auf die Einhaltung aller Verwaltungsvorschriften.

Die Beschwerdeführerin ist unbescholten. Angaben zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen, zu allfälligen Schulden sowie Sorgepflichten liegen nicht vor.

2.       Zum Tatvorwurf:

Die Verkaufsfläche der CC-Filiale am Standort Adresse 3, **** Z, beträgt 1.000 m².

Die Beschwerdeführerin hat keine Maßnahmen getroffen, um die Einhaltung der in § 5 Abs 2 Z 4 der 4. COVID-19-SchuMaV vorgegebene maximale Anzahl an Kunden sicherzustellen.

Am 13.02.2021 kontrollierte die Bezirkshauptmannschaft Z ? Mag. Rene Winkler als Leiter des Gewerbereferates in Begleitung eines Polizeiorgans – ua die CC-Filiale am Standort Adresse 3, **** Z. Im Eingangsbereich war ein Hinweis auf die Maskenpflicht vorhanden. Weitere Hinweise, etwa auf die Größe der Verkaufsfläche und die maximale Kundenanzahl, waren nicht vorhanden. Eingangskontrollen wurden nicht durchgeführt bzw waren keine Vorkehrungen vorhanden, um die die CC-Filiale betretenden sowie die die CC-Filiale verlassenden Personen zu erfassen.

Wie viele Kunden und Kundinnen anlässlich der Kontrolle am 13.02.2021 sich in der CC Filiale Adresse 3, **** Z, aufhielten, lässt sich nicht feststellen.

IV.      Beweiswürdigung:

Die Bestellung der Beschwerdeführerin zur verantwortlich Beauftragten für die Filiale der CC am Standort Adresse 3, **** Z, ergibt sich aus der dem Landesverwaltungsgericht Tirol übermittelten Verantwortungserklärung vom 30.03.2020. Angaben zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen, zu allfälligen Schulden sowie Sorgepflichten liegen nicht vor. Die Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis festgestellt.

Dementsprechend lauten die Feststellungen in Kapitel 1. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses.

Die Beschwerdeführerin hat im Schriftsatz vom 28.09.2021 auf Auswertungen der Kundenfrequentierung der verfahrensgegenständlichen CC-Filiale in Z hingewiesen. Davon ausgehend heißt es in dem zitierten Schriftsatz abschließend:

„Es darf erneut festgehalten werden, dass schlicht und ergreifend zu keinem Zeitpunkt die Gefahr einer Überschreitung der maximalen Kundenanzahl bestanden hat, sodass von der Beschwerdeführerin auch keine (weiteren) Maßnahmen zu treffen waren.“

Die Zeugin DD ? sie war zum Tatzeitpunkt stellvertretende Filialleiterin und bei der Kontrolle am 13.02.2021 anwesend ? hat ausdrücklich festgehalten, dass die Beschwerdeführerin als Filialleiterin konkrete Anweisungen an die weiteren Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter der Filiale erteilt hat. Im Hinblick auf die aufgrund der Corona-Pandemie ergangenen Regelungen hätte man allerdings immer auf Anweisungen aus der Zentrale gewartet. Solange keine Anweisungen erteilt worden seien, seien auch keine Maßnahmen getroffen worden. Laut den Angaben der Zeugin wurden während des „1. Lockdowns“ – März/April 2020 – ua auch durch die Beschwerdeführerin Eingangskontrollen durchgeführt.

Zur Amtshandlung selbst hat sich FF als Vertreter der belangten Behörde anlässlich seiner Einvernahme am 29.09.2021 ausführlich geäußert und dabei auf den von dem ihm angelegten Vermerk vom 13.03.2021 (Beilage B) verwiesen. Der Vertreter der belangten Behörde hat ausdrücklich festgehalten, sich vor den Kontrollen die relevanten Betriebsanlagenakten ausgehoben und anhand dieser Betriebsanlagenakten die jeweilige Verkaufsfläche ermittelt zu haben. FF hat ausdrücklich eingeräumt, anlässlich der Kontrolle am 13.02.2021 die in der CC-Filiale anwesenden Kundinnen und Kunden nicht erhoben zu haben.

Diese Beweismittel bilden die Grundlage für die Feststellungen des Kapitels 2. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses.

V.       Rechtslage:

1.       COVID-19-Maßnahmengesetz:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des COVID-19-Maßnahmengesetzes
(COVID-19-MG), BGBl I Nr 12/2020 in den Fassungen BGBl I Nr 104/2020 (§ 3) und BGBl I Nr 23/2021 (§ 8), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Betreten und Befahren von Betriebsstätten und Arbeitsorten sowie Benutzen von Verkehrsmitteln

§ 3. (1) Beim Auftreten von COVID-19 kann durch Verordnung

1.   das Betreten und das Befahren von Betriebsstätten oder nur bestimmten Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen,

[…]

geregelt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.

(2) In einer Verordnung gemäß Abs. 1 kann entsprechend der epidemiologischen Situation festgelegt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit oder unter welchen Voraussetzungen und Auflagen Betriebsstätten oder Arbeitsorte betreten und befahren oder Verkehrsmittel benutzt werden dürfen. Weiters kann das Betreten und Befahren von Betriebsstätten oder Arbeitsorten sowie das Benutzen von Verkehrsmitteln untersagt werden, sofern gelindere Maßnahmen nicht ausreichen“.

„Strafbestimmungen

§ 8. […]

(4) Wer als Inhaber einer Betriebsstätte oder eines Arbeitsortes, als Betreiber eines Verkehrsmittels oder als gemäß § 4 hinsichtlich bestimmter privater Orte, nicht von Abs. 2 erfasster Verpflichteter nicht dafür Sorge trägt, dass die Betriebsstätte, der Arbeitsort, das Verkehrsmittel oder der bestimmte private Ort nicht entgegen den in einer Verordnung gemäß §§ 3 und 4 festgelegten Personenzahlen, Zeiten, Voraussetzungen oder Auflagen betreten oder befahren wird, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu Euro 3.600,00, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen, zu bestrafen.

[…]“

2.       4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 5 der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmen-verordnung (4. COVID-19 SchuMaV), BGBl II Nr 598/2021 in der Fassung BGBl II Nr 58/2021, lautet samt Überschrift auszugsweise wie folgt:

„Kundenbereiche

§ 5. (1) Das Betreten und Befahren des Kundenbereichs von Betriebsstätten ist unter folgenden Voraussetzungen zulässig:

[…]

4.   Der Betreiber hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass sich maximal so viele Kunden gleichzeitig im Kundenbereich aufhalten, dass pro Kunde 20 m² zur Verfügung stehen; ist der Kundenbereich kleiner als 20 m², so darf jeweils nur ein Kunde den Kundenbereich der Betriebsstätte betreten. Bei Betriebsstätten ohne Personal ist auf geeignete Weise auf diese Voraussetzung hinzuweisen.

[…]“

(2) Das Betreten von baulich verbundenen Betriebsstätten (zB Einkaufszentren, Markthallen) ist nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig:

[…]

2.   Abs. 1 Z 4 gilt mit der Maßgabe, dass

a)   bei Einkaufszentren die Flächen der Kundenbereiche der Betriebsstätten ohne Berücksichtigung des Verbindungsbauwerks zusammenzuzählen sind und dass sich sowohl im Kundenbereich der jeweiligen Betriebsstätten als auch im Verbindungsbauwerk maximal so viele Kunden gleichzeitig aufhalten dürfen, dass pro Kunde 20 m² der so ermittelten Fläche zur Verfügung stehen, wobei sich in Kundenbereichen von Betriebsstätten gemäß Abs. 1 Z 5 nur so viele Kunden im Kundenbereich aufhalten dürfen, dass pro Kunde 10 m² zur Verfügung stehen,

b)   bei Markthallen die Flächen der Kundenbereiche der Betriebsstätten und des Verbindungsbauwerks zusammenzuzählen sind und dass sich sowohl auf der so ermittelten Fläche, als auch im Kundenbereich der jeweiligen Betriebsstätte maximal so viele Kunden gleichzeitig aufhalten dürfen, dass pro Kunde 20 m² der so ermittelten Fläche bzw. des Kundenbereichs der Betriebsstätte zur Verfügung stehen.

[…]“

3.       Verwaltungsstrafgesetz 1991:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991, in den Fassungen BGBl Nr 52/1991 (§ 20), BGBl I Nr 33/2013 (§§ 19 und 45) und BGBl I Nr 57/2018 (§ 5), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Schuld

§ 5. (1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder der Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(1a) Abs. 1 zweiter Satz gilt nicht, wenn die Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von über 50 000 Euro bedroht ist.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.“

„Strafbemessung

§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

[…]

„Außerordentliche Milderung der Strafe

§ 20. Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.“

„§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1.  die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2.  der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

3.  Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

4.  die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

5.  die Strafverfolgung nicht möglich ist;

6.  die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.“

4.       Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idF BGBl I Nr 57/2018, lauten samt Überschriften auszugweise wie folgt:

„Schluss der Verhandlung

§ 47. (1) Das Verfahren ist möglichst in einer Verhandlung abzuschließen. Wenn sich die Vernehmung des der Verhandlung fern gebliebenen Beschuldigten oder die Aufnahme weiterer Beweise als notwendig erweist, dann ist die Verhandlung zu vertagen.

[…]

(4) Hierauf ist die Verhandlung zu schließen. Im Verfahren vor dem Senat zieht sich dieser zur Beratung und Abstimmung zurück. Der Spruch des Erkenntnisses und seine wesentliche Begründung sind nach Möglichkeit sofort zu beschließen und zu verkünden.“

„Erkenntnisse

§ 50. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen und das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

[…]“

„Kosten

§ 52. (1) In jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, ist auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

[…]“

(8) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.“

VI.      Erwägungen:

1.       Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen.

Das angefochtene Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin am 14.06.2021 zugestellt. Die dagegen erhobene Beschwerde vom 12.07.2021 ist an diesem Tag und somit innerhalb der Beschwerdefrist bei der Bezirkshauptmannschaft Z eingebracht worden Die Erhebung der Beschwerde erfolgte somit fristgerecht.

2.       In der Sache:

2.1.    Zum Günstigkeitsprinzip:

§ 1 Abs 2 VStG sieht vor, dass sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht richtet, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre. Dieses in der zitierten Bestimmung normierte „Günstigkeitsprinzip“ gilt allerdings nicht für „Zeitgesetze“. Dabei handelt es sich um Gesetze, die von Vornherein nur für einen bestimmten Zeitraum gegolten haben und der Wegfall der Regelung somit nicht auf einem geänderte Unwerturteil des Normgebers basiert (vgl dazu etwa generell VwGH 22.07.2019, Ra 2019/02/0107).

Zur 4. COVID-19-SchuMaV ergingen insgesamt 12 Novellen. Gemäß § 26 Abs 1 der 4. COVID-19-SchuMaV idF BGBl II Nr 221/2021 (12. Novelle) trat die 4. COVID-19-SchuMaV mit Ablauf des 18.05.2021 außer Kraft, die Ausgangsregel des § 2 war bereits mit Ablauf des 15.05.2021 außer Kraft getreten. Das Außerkrafttreten der 4. COVID-19-SchuMaV ist auf die zu diesem Zeitpunkt deutlich verbesserte Gesamtsituation betreffend die Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus im Bundesgebiet zurückzuführen. Dementsprechend galten ab dem 19.05.2021 die auf die damalige Situation angepassten Vorschriften der COVID-19-Öffnungsverordnung, BGBl II Nr 214/2021. Der Ablauf der 4. COVID-19-SchuMaV, BGBl II Nr 58/2021 in der Fassung BGBi II Nr 221/2021, am 15.05. („Ausgangsregel“) sowie am 18.05.2021 ist auf eine Änderung der für die Anordnung relevanten Sachlage zurückzuführen und nicht auf eine nachträglich andere Beurteilung der Gefährlichkeit des Virus. Im Hinblick auf das der Beschwerdeführerin zum Tatzeitpunkt ? 13.02.2021 ? vorgeworfene Verhalten ist das Außerkrafttreten der 4. COVID-19-SchuMaV mit Ablauf des 15./18.05.2021 unbeachtlich.

2.2.    Zur Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin:

Die „Bestellung“ verantwortlicher Beauftragter erfordert in allen Fällen eine entsprechende Vereinbarung, also eine ? nicht notwendig zeitgleich erfolgende ? übereinstimmende Willenserklärung von Beauftragendem und Beauftragten; (erst) mit Zustimmung des Beauftragten wird die Bestellung rechtswirksam. Bloße einseitige Bestellungen/Beauftragungen sind daher unzureichend und jedenfalls wirkungslos.

Eine solche übereinstimmende Willenserklärung der CC, vertreten durch deren handelsrechtlichen Geschäftsführer, und der Beschwerdeführer liegt mit der „Verantwortlichkeitserklärung“ vom 30.03.2020 vor. Mit dieser Erklärung hat die Beschwerdeführerin ihrer Bestellung zur verantwortlichen Beauftragten für die CC-Filiale am Standort Adresse 3, **** Z, ausdrücklich zugestimmt.

Mit dieser Verantwortlichkeitserklärung wurde ihr eine entsprechende Anordnungsbefugnis für einen klar abgegrenzten Bereich zugewiesen. AA hat ihren Hauptwohnsitz im Inland.

Die wirksame Bestellung führte damit ab 01.04.2021 zu einer entsprechenden Änderung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit [Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 9 Rz 25ff mit weiteren Nachweisen (Stand 1.5.2017, rdb.at)].

Ergeht ein Strafbescheid gegen einen Beschuldigten infolge seiner Stellung gemäß § 9 VStG, so hat der Spruch diesen Umstand entsprechend zum Ausdruck zu bringen. Dabei ist anzugeben, ob die Bestrafung des Beschuldigten als statutarisches Vertretungsorgan im Sinn des § 9 Abs 1 VStG oder als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs 2 VStG erfolgt [Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 9 Rz 32 mit weiteren Nachweisen (Stand 1.5.2017, rdb.at); Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 44a Rz 4 mit weiteren Nachweisen (Stand 1.5.2017, rdb.at)]. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist aber die bloße Bezeichnung des Beschuldigten als „Verantwortlicher“ unzureichend und entspricht nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG (so VwGH 25.02.1993, 92/18/0440; VwGH 19.05.1994, 94/17/0007; VwGH 25.02.2005, 2004/02/0368; VwGH 08.09.2011, 2011/03/0130).

Die Bezirkshauptmannschaft Z hat im angefochtenen Straferkenntnis die Beschwerdeführerin als „strafrechtlich Verantwortliche“ angeführt und sie damit als verantwortliche Beauftragte nach § 9 Abs 2 zweiter Satz VStG qualifiziert. Das Unterbleiben der Zitierung des § 9 im Spruch des Straferkenntnisses bewirkt keine Rechtswidrigkeit. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses hat in hinreichender Weise zum Ausdruck gebracht, dass sich der Strafvorwurf gegen die Beschwerdeführerin als verantwortliche Beauftragte richtet.

2.3.    Zur örtlichen Zuständigkeit:

Gemäß § 27 Abs 1 VStG ist grundsätzlich jene Behörde örtlich für das Strafverfahren zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen wurde. Wenn es dabei um eine Unterlassung im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Unternehmens geht, ist dieser Ort im Zweifel der Sitz des Unternehmens bzw der Unternehmensleitung. Wird das nach außen vertretungsbefugte Organ des gesamten Unternehmens wegen Unterlassung einer gebotenen Vorsorgehandlung zur Verantwortung gezogen, kommt es somit nicht auf den Ort an, an dem die betroffene Filiale betrieben wird (vgl VwGH 10.06.2015, Ra 2015/11/0005).

Im gegenständlichen Fall ist die Beschwerdeführerin für die M-Peis-Filiale am Standort Adresse 3, **** Z, gemäß § 9 Abs 2 zweiter Satz VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Damit war die Bezirkshauptmannschaft Z örtlich für das gegenständliche Strafverfahren zuständig, auch wenn es sich beim Fehlen geeigneter Maßnahmen im Sinn des § 5 Abs 1 Z 4 der 4. COVID-19-SchuMaV um eine Unterlassung im Zusammenhang mit dem Betrieb des Unternehmens handelt.

2.4.    Zum Tatbestandsmerkmal „Kundenbereich“:

Entgegen den Darlegungen der Beschwerdeführerin ist der Kundenparkplatz nicht als „Kundenbereich“ im Sinne des § 5 Abs 1 Z 4 der 4. COVID-19-SchuMaV zu qualifizieren.

Gemäß § 5 Abs 2 der 4. COVID-19-SchuMaV ist das Betreten von baulich verbundenen Betriebstätten (zB Einkaufszentren, Markthallen) nur unter den dort genannten Voraussetzungen zulässig. § 5 Abs 2 Z 2 der 4. COVID-19-SchuMaV bestimmt, welche Flächen in Einkaufszentren und Markthallen betreffend die maximale zulässige Anzahl von Kunden zusammenzuzählen sind. Beispielhaft ist auf die lit a zu verweisen, wonach bei Einkaufszentren die Flächen der Kundenbereiche der Betriebsstätten ohne Berücksichtigung des Verbindungsbauwerkes zusammenzuzählen sind und sich sowohl im Kundenbereich der jeweiligen Betriebsstätten als auch im Verbindungsbauwerk maximal so viele Kunden gleichzeitig aufhalten dürfen, dass pro Kunde 20 m2 der so ermittelten Fläche zur Verfügung stehen. Dem gegenüber sind bei Markthallen die Flächen der Kundenbereiche der Betriebsstätten und des Verbindungsbauwerkes zusammenzuzählen. Auf der so ermittelten Fläche, aber auch im Kundenbereich der jeweiligen Betriebsstätten, dürfen sich maximal gleichzeitig so viele Kunden aufhalten, dass pro Kunde 20 m2 der so ermittelten Fläche bzw des Kundenbereiches der Betriebsstätte zur Verfügung stehen. § 5 Abs 2 Z 2 lit a und b der 4. COVID-19-SchuMaV unterscheiden somit zwischen dem Verbindungsbauwerk und den Kundenbereichen. Daraus geht klar hervor, dass es sich bei den Kundenbereichen um die Verkaufsflächen handelt. Dies unterstreicht auch die Formulierung des § 5 Abs 2 Z 3 der 4. COVID-19-SchuMaV, wonach das Betreten der Verbindungsbauwerke einschließlich Gang-, bzw Aufzugs-, Stiegen- und sonstiger allgemein zugänglicher Bereiche für Kunden ausschließlich zum Zweck des Durchganges zu den Kundenbereichen der Betriebsstätte zulässig ist.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 13.02.1991, 90/03/0264, bezieht sich auf eine verbotene Werbung gemäß § 84 Abs 2 StVO 1960 und ist für die gegenständliche Frage im Hinblick auf die 4. COVID-19-SchuMaV nicht relevant.

2.5.    Zum Tatvorwurf:

2.5.1.  Zum objektiven Tatbestand:

Gemäß § 5 Abs 1 Z 4 der 4. COVID-19-SchuMaV, BGBl II Nr 58/2021, hat der Betreiber durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass sich maximal so viele Kunden gleichzeitig im Kundenbereich aufhalten, dass pro Kunde 20 m² zur Verfügung stehen. Bei Betriebsstätten ohne Personal ist auf geeignete Weise auf diese Voraussetzung hinzuweisen.

Ein Verstoß gegen die wiedergegebene Norm liegt nicht erst dann vor, wenn die maximal zulässige Personenanzahl überschritten ist. § 5 Abs 1 Z 4 der 4. COVID-19-SchuMaV ist dahingehend zu interpretieren, dass jedenfalls Vorkehrungen zu treffen sind, um ein Überschreiten der maximal zulässigen Personenzahl, bezogen auf die Verkaufsfläche, zu unterbinden. Dabei gilt es die Größe der jeweiligen Verkaufsfläche zu berücksichtigen. Bei Betriebsstätten in der Größe der verfahrensgegenständlichen CC-Filiale sind daher zumindest Maßnahmen erforderlich, um über die jeweils anwesende Anzahl von Personen im Geschäft Bescheid zu wissen. Werden aber überhaupt keine Vorkehrungen getroffen und fehlen somit selbst Informationen über die Anzahl der im Geschäftsbereich anwesenden Kundinnen und Kunden, so kann auch bei einem drohenden Überschreiten der höchstzulässigen Anzahl von Kundinnen und Kunden mangels entsprechenden Wissens nicht eingegriffen werden.

Die Beschwerdeführerin hat als verantwortliche Beauftragte der CC Filiale in **** Z, Adresse 3, keine Maßnahmen im Hinblick auf die Vorgabe des § 5 Abs 1 Z 4 der 4. COVID-19-SchuMaV gesetzt. Die von ihr vorgelegten Kundenfrequenzen schließen nicht aus, dass an bestimmten Tagen die höchstzulässige Kundenanzahl überschritten wird. Zudem sind Grundlage dieser Kundenfrequenzen Kassenbons, allerdings ist nicht von einer zwingenden Übereinstimmung der Kassenbons mit der tatsächlichen Anzahl der im Geschäft anwesenden Kundinnen und Kunden auszugehen. Dementsprechend hat das Landesverwaltungsgericht Tirol den im Zusammenhang mit den vorgelegten Kundenfrequenzen gestellten Beweisantrag – Zeugeneinvernahme einer namentlich bezeichneten Person – als unerheblich zurückgewiesen. Durch das Unterlassen jeglicher Maßnahmen zur Sicherstellung der höchstzulässigen Anzahl von Kundinnen und Kunden im Kundenbereich hat die Beschwerdeführerin die Vorschrift des § 5 Abs 1 Z 4 der 4. COVID-19-SchuMaV verletzt. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass ein Überschreiten der maximal zulässigen Personenanzahl am 13.02.2021 nicht festgestellt wurde. Es liegt somit objektiv betrachtet eine Verwaltungsübertretung im Sinne des § 8 Abs 4 COVID-19-MG vor.

Die belangte Behörde hat die der Beschwerdeführerin zur Last gelegte Tat dadurch umschrieben, dass sie keine ausreichenden Maßnahmen gesetzt habe, um die maximale Personenanzahl (20 m² pro Kunde) gewährleisten zu können. Die belangte Behörde hat somit die der Beschwerdeführerin vorgeworfene Tat hinreichend konkretisiert (vgl VwGH 25.06.2021, Ra 2020/05/0079).

2.5.2.  Zum subjektiven Tatbestand:

Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines „Ungehorsamsdeliktes“ ? als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt ? tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Gemäß § 5 Abs 2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesener Maßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Die Verbotsunkenntnis ist vorwerfbar, wenn sich der Täter trotz Veranlassung über den Inhalt der einschlägigen Normen nicht näher informiert hat. Es besteht also insoweit eine Erkundungspflicht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat sich jedermann mit den einschlägigen Normen seines Betätigungsfeldes ausreichend vertraut zu machen (vgl VwGH 14.01.2020, 2008/09/0175). Eine derartige Erkundungspflicht ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Existenz einschlägiger Regeln für die jeweilige Tätigkeit erkennbar ist. Dies trifft im vorliegenden Fall jedenfalls zu. Die Beschwerdeführerin als verantwortlich Beauftragte der verfahrensgegenständlichen CC-Filiale war jedenfalls verpflichtet, sich mit den aufgrund der 4. COVID-19-SchuMaV geltenden Regelungen für das Betreten von Kundenbereichen in Betriebsstätten zu informieren. Die Beschwerdeführerin hat auch nichts vorgebracht, was Zweifel an ihrem Verschulden aufkommen ließe.

Die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung steht somit auch in subjektiver Hinsicht fest, wobei beim Ausmaß des Verschuldens zumindest von Fahrlässigkeit auszugehen ist.

2.6.    Zur Strafbemessung:

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Über die Beschwerdeführerin wurde bei einem gemäß § 8 Abs 4 der 4. COVID-19-MG zur Verfügung stehenden Strafrahmen in der Höhe von bis zu Euro 3.600,00 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 600,00 und damit im Ausmaß von rund 17 % des vorgesehenen Strafrahmens verhängt.

Die Beschwerdeführerin hat keine wie immer gearteten Maßnahmen gesetzt, um die Einhaltung der in § 5 Abs 1 Z 4 der 4. COVID-19-SchuMaV enthaltenen Verpflichtung sicherzustellen. Es wurden auch keine Vorkehrungen getroffen, um über die tatsächliche Anzahl der Kunden in der CC-Filiale informiert zu sein. Das völlige Missachten der in § 5 Abs 1 Z 4 der 4. COVID-19-SchuMaV enthaltenen Verpflichtung ist als massives Verschulden zu werten. Darüber hinaus ist die Bedeutung des verletzten Rechtsgutes als hoch einzustufen. Ein Überschreiten der höchstzulässigen Anzahl von Kunden in der verfahrensgegenständlichen CC-Filiale hätte ein relevantes Infektionsrisiko dargestellt. Aus den dargelegten Gründen kommt eine Herabsetzung der verhängten Strafe nicht in Betracht. Daran ändert auch nichts die Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin.

Die Voraussetzungen für die Umwandlung der verhängten Geldstrafe in eine Ermahnung liegen nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung zu § 45 Abs 1 Z 4 VStG müssen die dort genannten Umstände ? geringe Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, geringe Intensität der Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes durch die Tat sowie geringes Verschulden ? kumulativ vorliegen. Fehlt es an einer der in § 45 Abs 1 Z 4 VStG genannten Voraussetzungen für die Einstellung des Strafverfahrens, kommt auch keine Ermahnung nach § 45 Abs 1 letzter Satz VStG in Frage (vgl VwGH 14.09.2021, Ra 2018/06/0240, mit Hinweis auf VwGH 18.12.2019, Ra 2019/02/0180). Ausgehend vom Verschulden der Beschwerdeführerin und dem hohen Unrechtsgehalt der Rechtsverletzung liegen die in § 45 Abs 1 Z 4 VStG normierten Voraussetzungen nicht vor.

Eine außerordentliche Milderung im Sinne des § 20 VStG kommt nicht in Betracht, da § 8 Abs 4 COVID-19-MG keine Mindeststrafe kennt.

Die von der belangten Behörde festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe entspricht den Vorgaben des § 16 in Verbindung mit § 19 VStG.

3.       Ergebnis:

3.1.    Zur Entscheidung:

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Eigenschaft als verantwortliche Beauftragte der CC-Filiale am Standort Adresse 3, zur Tatzeit die in § 5 Abs 1 Z 4 der 4. COVID-19-SchuMaV normierte Verpflichtung schuldhaft verletzt und damit eine Verwaltungsübertretung nach § 8 Abs 4 COVID-19-MG begangen. Die Bezirkshauptmannschaft Z hat im angefochtenen Straferkenntnis die Beschwerdeführerin als „strafrechtlich Verantwortliche“ angeführt und sie damit als verantwortliche Beauftragte nach § 9 Abs 2 zweiter Satz VStG qualifiziert. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses hat in hinreichender Weise zum Ausdruck gebracht, dass sich der Strafvorwurf gegen die Beschwerdeführerin als verantwortliche Beauftragte richtet. Die Bezirkshauptmannschaft Z hat die verletzte Verwaltungsvorschrift und die angewandte Strafsanktionsnorm richtig und vollständig in ihren Spruch aufgenommen. Die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen. Dementsprechend lautet Spruchpunkt 1. des gegenständliche Erkenntnisses.

Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch Euro 10,00 zu leisten. Ausgehend von der verhängten Geldstrafe in Höhe von Euro 600,00 beträgt der von der Beschwerdeführerin zu leistende Betrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens Euro 120,00. Dementsprechend lautet Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Erkenntnisses.

3.2.    Zur schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses:

Nach § 47 Abs 4 letzter Satz VwGVG sind in Verfahren in Verwaltungsstrafsachen nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung der Spruch des Erkenntnisses und seine wesentliche Begründung nach Möglichkeit sofort zu beschließen und zu verkünden. Die Verkündung der Entscheidung direkt nach der Verhandlung stellt nach der zitierten Bestimmung den, wenn auch in der Praxis nicht immer umsetzbaren, Regelfall dar. Ist eine anschließende Verkündung nicht möglich, etwa wegen der Komplexität der Sach- oder Rechtslage, hat die Entscheidung schriftlich zu ergehen. Bedarf die Fällung des Erkenntnisses (etwa die Beweiswürdigung) reiflicher Überlegung, so kann das Verwaltungsgericht von der sofortigen Verkündung Abstand nehmen. Andernfalls belastet die rechtswidrige Unterlassung der Verkündung durch das Verwaltungsgericht das Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (VwGH 11.09.2019, Ra 2019/02/0110; dieser Entscheidung folgend VwGH 02.10.2020, Ra 2020/02/0182).

Das Verwaltungsgericht hat ein Absehen von der mündlichen Verkündung zu begründen. Eine solche Begründung im Einzelfall ist, wenn sie in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze erfolgt, nicht revisibel (VwGH 02.10.2020, Ra 2020/02/0182, mit weiteren Nachweisen; dieser Entscheidung folgend VwGH 12.02.2021, Ra 2020/02/0291).

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat unter Berücksichtigung des Beschwerdeverfahrens ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Zudem hat die Beschwerdeführerin noch am Vortag der mündlichen Verhandlung ein ergänzendes Vorbringen erstattet. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hatte sich zudem eingehend mit der für das gegenständliche Beschwerdeverfahren relevanten Bestimmung des § 5 Abs 2 Z 4 der 4. COVID-19-SchuMaV auseinanderzusetzen. Diese Umstände rechtfertigen das Absehen von der mündlichen Verkündung. Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin, aber auch der Vertreter der belangten Behörde im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausdrücklich auf die mündliche Verkündung verzichtet.

VII.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die rechtliche Beurteilung stützt sich auf den klaren Wortlaut der anzuwendenden Bestimmung der 4. COVID-SchuMaV. Da die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen eindeutig ist, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, auch wenn zu den anzuwendenden Normen der zitierten Verordnung noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (VwGH 30.08.2019, Ra 2019/17/0035).

Bei der Erörterung der Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Z sowie der Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin als verantwortliche Beauftragte ist das Landesverwaltungsgericht Tirol von der einheitlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen. Bei der Strafbemessung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung für den einzelnen Fall, die jedenfalls keine grundsätzliche Rechtsfrage darstellt (VwGH 19.12.2019, Ra 2019/03/0123; VwGH 14.12.2020, Ra 2019/02/0232).

Dementsprechend wird in Spruchpunkt 3. des gegenständlichen Erkenntnisses die ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hirn

(Richter)

Schlagworte

Kundenbereich;
Betriebsstätte;
verantwortlicher Beauftragter;
örtliche Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.37.1901.7

Zuletzt aktualisiert am

17.12.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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