TE Vwgh Erkenntnis 1996/10/30 95/13/0122

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Veröffentlicht am 30.10.1996
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Index

21/01 Handelsrecht;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

BAO §115 Abs1;
BAO §119;
BAO §21 Abs1;
BAO §284 Abs1;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §2 Abs3;
EStG 1988 §2 Abs2;
EStG 1988 §2 Abs3;
HGB §335;
HGB §337;
LiebhabereiV 1993 §2 Abs3;
LiebhabereiV;
UStG 1972 §2 Abs5 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde

1) der F-GmbH, 2) des Dr. S und 3) des Dr. R, alle in W und alle vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VI, vom 10. März 1995, Zl. 16-94/3345/04, betreffend Umsatzsteuer, Feststellung der Einkünfte und Gewerbesteuer für die Jahre 1987 bis 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer haben sich zu einer ihre Tätigkeit im Herbst des Jahres 1987 aufnehmenden atypischen stillen Gesellschaft derart zusammengeschlossen, daß sich Zweit- und Drittbeschwerdeführer am Unternehmen der Erstbeschwerdeführerin, welches in der Generalvertretung eines amerkanischen Bootserzeugungsunternehmens, im Handel mit und der Vercharterung von Booten sowie im Handel mit Bootszubehör besteht, in der Weise beteiligten, daß sie am Vermögen und Ertrag des Unternehmens (unter Berücksichtigung der von ihnen je zur Hälfte gehaltenen Geschäftsanteile an der Erstbeschwerdeführerin) je zu 50 % partizipieren sollten.

Nachdem die durch die Beschwerdeführer gebildete stille Gesellschaft für das Jahr 1987 einen Verlust von S 729.955,--, für das Jahr 1988 einen solchen von S 1,314.966,-- und für das Jahr 1989 einen solchen von S 1,160.393,-- erklärt hatte, wurde die Tätigkeit der stillen Gesellschaft einer abgabenbehördlichen Prüfung unterzogen, in deren Ergebnis die Prüferin unter Einbeziehung des für das Jahr 1990 erlärten Verlustes von S 618.025,-- die Auffassung vertrat, daß es der Tätigkeit der stillen Gesellschaft an der Eignung fehle, auf Dauer Gewinne abzuwerfen. Die für die Jahre 1987 bis 1990 abgegebenen Erklärungen wiesen auch nach buchhalterischer Richtigstellung der Betriebsergebnisse beträchtliche Verluste aus. Zur Beurteilung der Möglichkeit, in einem überschaubaren Zeitraume Gewinne zu erzielen, seien für die Jahre 1991 und 1992 anhand der bekannten Inhalte der Buchhaltung die voraussichtlichen Betriebsergebnisse hochgerechnet worden. Der damit zur Verfügung stehende Beobachtungszeitraum von sechs Jahren erbringe einen Gesamtverlust von S 5,484.633,--. Die Verfolgung der Möglichkeiten, unter den gegebenen Umständen in Zukunft positiv zu bilanzieren, lasse mit Sicherheit auch für künftige Jahre keine Gewinne erwarten; innerhalb eines Zeitraumes von ungefähr zwölf Jahren sei der notwendige Gesamtgewinn nicht zu erreichen.

Das Finanzamt folgte der Auffassung der Prüferin und erließ - für das Jahr 1987 unter Wiederaufnahme der betroffenen Verfahren - dementsprechende Sachbescheide über einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften und Gewerbesteuer, in denen die erklärten Einkünfte mit Null festgesetzt wurden, sowie Bescheide, mit denen das Unterbleiben einer Festsetzung von Umsatzsteuer gemäß § 21 Abs. 7 UStG 1972 ausgesprochen wurde; die für das Jahr 1988 und 1989 erlassenen Bescheide ergingen gemäß § 200 Abs. 2 BAO, jene für das Jahr 1990 nach § 200 Abs. 1 leg. cit. In der gegen diese Sachbescheide erhobenen Berufung wurde der Antrag gestellt, die Frist zur Begründung dieser Berufung zu verlängern. Zum einen müsse erst die Prognoserechnung durch die Betriebsprüfung zur Verfügung gestellt werden, und zum anderen müßten umfangreiche Erhebungen angestellt und Informationen aus dem Ausland eingeholt werden. In der verlängerten Frist zur Begründung der Berufung wurde diese Begründung nachgereicht und dabei im wesentlichen folgendes vorgebracht:

Da Mitte der Achtzigerjahre die Freizeitbranche allgemein und die Wassersportbranche im besonderen durch hohes Wachstum ausgezeichnet gewesen sei, hätten der Zweit- und der Drittbeschwerdeführer nach eingehender Marktbeobachtung im Jahre 1987 beschlossen, durch den Import und Verkauf von amerikanischen Segelyachten eine ertragsorientierte gewerbliche Tätigkeit aufzunehmen. Das dabei angebotene Produkt habe Verkaufsvorteile durch ein ungewöhnliches Raumangebot, durch einen Bekanntheitsgrad durch Charterflotten in der Karibik und durch einen sehr günstigen Preis infolge des Kursverfalles des Dollars aufgewiesen. Nach dem im Jahre 1987 mit dem Erzeugerunternehmen geschlossenen Liefervertrag, auf Grund dessen noch im Herbst 1987 das erste Schiff als Vorführboot bestellt worden sei, habe für die Beschwerdeführer die Verpflichtung bestanden, jeweils ein Vorführschiff auf Lager und ein Schiff in Bestellung zu halten. Die Beschwerdeführer hätten ihre Tätigkeit durch regelmäßige Annoncen in einschlägigen Publikationen, durch Messebeteiligung und Kontakte zu Charteragenturen sowie den Druck verschiedener Prospekte und anderer Informationsmittel intensiv beworben. Das primäre Ziel des Unternehmens sei der Verkauf von Yachten gewesen, wobei durch Vercharterung von firmeneigenen Vorführyachten der Bekanntheitsgrad verbessert und zusätzlich eine weitere Umsatzmöglichkeit eröffnet werden sollte. Zu diesem Zweck sei mit einem Unternehmen auf dem Staatsgebiet des früheren Jugoslawien ein Charter- und Servicestützpunkt errichtet und ab August 1988 in Betrieb genommen worden. Vom Jahre 1988 bis zum Jahre 1991 seien insgesamt neun Messen mit einem Stand besucht worden. Die Geschäfts- und Bürotätigkeiten seien vom Zweit- und Drittbeschwerdeführer, ihren Gattinnen sowie von Gelegenheitsangestellten während der Messen ausgeführt worden. In der Zeit vom Jänner 1991 bis Juni 1991 sei ein weiterer Mitarbeiter in einem festen Dienstverhältnis angestellt gewesen, der Zweitbeschwerdeführer habe sich vom Februar 1990 bis Oktober 1990 von seinem Beamtendienstverhältnis karenzieren lassen, um mehr Zeit für das Unternehmen aufbringen zu können. Die erwartete rege Nachfrage sei als Ergebnis der ersten Werbetätigkeit und der Messebesuche eingetroffen, was sich durch hunderte Anfragebeantwortungen nach Annoncen und Messekontakten beweisen lasse. Der erste Yachtverkauf sei 1989 abgeschlossen worden. Im Jahre 1990 sei auf Anregung der Gesellschaft vom Hersteller eine Produktionsänderung für europäische Kunden vollzogen worden. Noch in diesem Jahr habe die Gesellschaft einen Prototyp einer neuen Serie in Auftrag gegeben, für den sogar mit Baubeginn ein Kaufabschluß habe getätigt habe werden können. In der Folge seien zwei weitere Yachten verkauft worden. Zwei Tage vor der Eröffnung der im Jänner 1991 stattgefundenen Messe "Boot 91" in Düsseldorf habe der Golfkrieg begonnen und damit eine spürbare Stimmungsänderung beim Messepublikum eingesetzt. Es seien jedoch trotz des verminderten Publikumsinteresses einige Verkaufsoptionen zustande gekommen. Im Frühjahr 1991 habe der Krieg im früheren Jugoslawien begonnen, der zur Auflösung des Charterstützpunktes und zum abrupten Erlöschen vieler Kaufinteressen, zum Teil in Form dezidierter Rücktritte geführt habe. Der Zweit- und der Drittbeschwerdeführer hätten daraufhin versucht, auf andere regionale Märkte auszuweichen, wobei es ihnen gelungen sei, auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen. Eine deutsche Charterfirma habe zwei Yachten für die Ostsee bestellt und dafür eine Anzahlung geleistet. Die Ausführung des Auftrages sei allerdings an der zwischenzeitig eingetretenen Insolvenz des Lieferunternehmens gescheitert. Die Gewinnerzielungsabsicht der Betätigung könne auf Grund des Tätigkeitsumfanges nicht bestritten werden, es seien auch keine ertragsschädigenden Entnahmen vorgenommen, sondern im Gegenteil jährlich Kapitalzuschüsse durch die Gesellschafter getätigt und von diesen auch beträchtliche persönliche Haftungen übernommen worden. Die Umstände, die einem Totalgewinn entgegengestanden seien, müßten auf höhere Gewalt zurückgeführt werden und seien damit weder ein übliches kaufmännisches Risiko gewesen, noch von den Gesellschaftern in steuerschädigender Absicht herbeigeführt oder als möglich in Betracht gezogen worden. Das Unternehmen habe sich im Hinblick auf die angebotenen Leistungen marktgerecht verhalten, indem beispielsweise ein Charter- und Servicestützpunkt eingerichtet und auf Kundenwünsche mit Produktionsänderungen geantwortet worden sei. Im Falle einer Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz werde um einen mündliche Berufungsverhandlung ersucht.

In der Stellungnahme der Prüfungsabteilung zur Berufung wurde berichtet, daß im Prüfungsverlauf auf Anregung der Beschwerdeführer eine Reihe von Personen aus der zur Verfügung stehenden Interessentenliste angeschrieben worden sei. Den Antworten sei zu entnehmen, daß der Begriff "Interessenten" in diesem Zusammenhang zu weit gefaßt scheine. Es handle sich im wesentlichen nämlich um "Nichtinteressenten"

- Konkurrenzbeobachter, unverbindliche Anfrager, Preisanfrage eines Einundsiebzigjährigen (kaufe kein Boot), Prospekterfrager, Kontakter aus USA, welche das Unternehmen der Beschwerdeführer nicht gekannt hätten, ÖSV-Prüfer, etc. Wiederholt sei die Ansicht geäußert worden, die Boote seien schlecht ausgestattet, hätten ein veraltetes Konzept und seien den europäischen weit unterlegen. Die Erwartungen, wonach zwei Freiberufler - der Zweit- und der Drittbeschwerdeführer sind Fachärzte - ihre persönliche Neigung zum Yachtsegeln zu einem gewinnbringenden Unternehmen umsetzen könnten, müßten als unrealistisch bezeichnet werden. Der harte Konkurrenzkampf unter alteingesessenen Branchenangehörigen lasse Neulingen, noch dazu mit offenbar nicht wettbewerbsfährigen Produkten, kaum eine Chance. Als Ansatz der notwendigen Prognoserechnung hätten nicht die Erwartungen bei Geschäftsbeginn, sondern die Ergebnisse eines Beobachtungszeitraumes von sechs Jahren gedient. Die daraus abzuleitende Prognose des Gesamtgewinnes für rund zwölf Jahre ergebe eindeutig eine hohe Verlustsumme.

Diese dem steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführer mitgeteilte Stellungnahme der Betriebsprüfungsabteilung des Finanzamtes blieb unbeantwortet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der durch die Beschwerdeführer gebildeten stillen Gesellschaft ohne Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung ab. Nach Wiedergabe der Feststellungen des Prüfungsberichtes, des Berufungsvorbringens und der Stellungnahme der Prüfungsabteilung zur Berufung legte die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides zunächst dar, daß die Liebhabereibeurteilung für die Jahre 1987 bis 1989 nach den vor dem Inkrafttreten der Liebhabereiverordnung geltenden Grundsätzen und für das Jahr 1990 auf der Basis der für dieses Jahr geltenden Liebhabereiverordnung vorzunehmen sei. Die Regelung der Liebhabereiverordnung über den Anlaufzeitraum komme nicht zum Tragen, weil der Anlaufzeitraum bereits im Jahre 1989 geendet habe, während die Liebhabereiverordnung erst für das Jahr 1990 anwendbar sei. Die Beurteilung der Betriebsprüfung, daß sich mit Sicherheit auch für künftige Jahre keine Gewinne erwarten ließen, sei unwidersprochen geblieben. Es würden von den Beschwerdeführern vielmehr auf höhere Gewalt zurückzuführende Umstände ins Treffen geführt, die einem Totalgewinn entgegengestanden seien, nämlich der Golfkrieg und der Krieg im früheren Jugoslawien. Diese Argumentation sei aber nicht stichhaltig. Wenn nämlich die Wassersportbranche schon Mitte der Achtzigerjahre durch hohes Wachstum ausgezeichnet gewesen sei, wie die Beschwerdeführer vorgebracht hätten, dann hätten die Beschwerdeführer vom Jahre 1987 an über drei Jahre Zeit gehabt, am hohen Wachstum der Wassersportbranche und dem behaupteten großen Interesse am Yachtsport zu partizipieren. Es seien ihnen in diesem Zeitraum aber lediglich drei Yachtverkäufe gelungen. Des weiteren hätten die Beschwerdeführer der Stellungnahme der Betriebsprüfung nicht widersprochen, in welcher ausgeführt worden sei, was die schriftliche Befragung der bekanntgegebenen Interessenten zutage gefördert habe. Ebenso unwidersprochen sei die Äußerung der Betriebsprüfung darüber geblieben, daß von den angeschriebenen Personen wiederholt die Ansicht geäußert worden sei, die Boote seien schlecht ausgestattet, hätten ein veraltetes Konzept und seien den europäischen weit unterlegen. Der in der Mängelbehebung der Berufung angeführte Umstand der Insolvenz des Bootslieferunternehmens füge sich in dieses Bild ein. Der Versuch des Ausweichens auf andere (nicht von Kriegshandlung betroffene) regionale Märkte sei an den offenbar nicht wettbewerbsfähigen Produkten gescheitert. Für das Jahr 1990 ergebe sich bei Berücksichtigung der anzuwendenden Liebhabereiverordnung im Lichte deren § 2 Abs. 1 kein anderes Bild. Die Ursache für das Unterbleiben eines Gewinnes sei im dargestellten mangelnden Interesse von Abnehmern und in der unzureichenden Ausstattung der Boote zu erblicken. Beim angestrebten Verkauf schlecht ausgestatteter Boote mit veraltetem Konzept könne auch ein marktgerechtes Verhalten nicht gesehen werden. Als Bemühung zur Verbesserung der Ertragslage hätte nach Ausbleiben entsprechender Verkaufserfolge auch nach den erwähnten Produktionsänderungen des amerikanischen Herstellers ein Wechsel des Lieferunternehmens angesehen werden können. Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung sei verspätet gestellt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Erklärung begehren, sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Anerkennung ihrer Tätigkeit als steuerlich beachtliche Einkunftsquelle und in ihren Verfahrensrechten als verletzt anzusehen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt. Die Beschwerdeführer haben repliziert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Durch das Unterbleiben der mündlichen Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde wurden die Beschwerdeführer nicht in ihrem Recht auf mündlichen Sachvortrag vor der belangten Behörde verletzt, weil sie ein solches Recht nur durch einen im Sinne des § 284 Abs. 1 BAO rechtzeitig gestellten Antrag erworben hätten. Mit dem erst im Schriftsatz zur Begründung ihrer Berufung nachgetragenen Antrag auf Durchführung der Verhandlung vor der belangten Behörde konnten sie das nunmehr als verletzt behauptete Recht nicht mehr erwerben, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat (vgl. dazu die bei Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Tz 1 zu § 284 BAO, wiedergegebene hg. Judikatur).

Ebenso zutreffend hat die belangte Behörde erkannt, daß sie die Liebhabereiverordnung vom 18. Mai 1990, BGBl. Nr. 322, im Ergebnis des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1991, V 53/51-15 u.a., nur für das Jahr 1990, nicht jedoch für die Jahre 1987 bis 1989 anzuwenden hatte, während die Eignung der Betätigung der Beschwerdeführer als Einkunftsquelle für vor dem Jahr 1990 gelegenen Zeiträume ohne Bedachtnahme auf die Grundsätze der Liebhabereiverordnung zu beurteilen war (vgl. dazu das schon von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zitierte hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1994, 93/14/0217).

Für die Rechtslage außerhalb der Liebhabereiverordnungen hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Juli 1996, 93/13/0171, ÖStZB 1996, 397, klargestellt, daß die Einkunftsquelleneigenschaft einer Betätigung in erster Linie danach zu beurteilen ist, ob die geprüfte Tätigkeit in der betriebenen Weise objektiv Aussicht hat, einen der positiven Steuererhebung aus der betroffenen Einkunftsart zugänglichen wirtschaftlichen Gesamterfolg innerhalb eines solchen Zeitraumes abzuwerfen, der zum getätigten Mitteleinsatz bei Betrachtung der Umstände des konkreten Falles in einer nach der Verkehrsauffassung vernünftigen, üblichen Relation steht. Dem subjektiven Ertragsstreben desjenigen, der sich betätigt, kommt für die Beurteilung der wirtschaftlichen Ergebnisse der Tätigkeit als Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 der Einkommensteuergesetze dann Bedeutung zu, wenn die Prüfung der objektiven Komponente der Ertragsfähigkeit der Betätigung kein eindeutiges Bild ergibt, dies allerdings nur insoweit, als ein solches Ertragsstreben durch ein Handeln nach Wirtschaftlichkeitsprinzipien nach außen erkennbar in Erscheinung tritt.

Der Gerichtshof hat im genannten Erkenntnis auch ausgeführt, daß die Abgabenbehörde, wenn sie mit dem Vorliegen erheblicher Verluste aus einer Tätigkeit innerhalb eines zur Gewinnung von Erkenntnissen über die Erfolgsaussichten dieser Tätigkeit ausreichenden Beobachtungszeitraumes konfrontiert wird, dazu berechtigt und verpflichtet ist, solche Verluste zum Anlaß dafür zu nehmen, deren rechtliche Beurteilung als (negative) Einkünfte im Sinne der Einkommensteuergesetze anhand der vom Gerichtshof dargestellten Grundsätze eingehend zu prüfen, wobei es Sache des den Verlustausgleich begehrenden Steuerpflichtigen sein muß, der Abgabenbehörde alle Beurteilungsgrundlagen offenzulegen, aus denen sich die Einkunftsquelleneigenschaft seiner solche Verluste erbringenden Betätigung zuverlässig beurteilen läßt.

Im Beschwerdefall betätigten sich zwei Fachärzte in einer gesellschaftsrechtlichen Form, welche die steuerliche Zuweisung der Betriebsergebnisse zum weitaus überwiegenden Teil an sie persönlich zur Folge hat, auf dem Gebiet des Handels mit und der Vercharterung von Yachten und des Handels mit Bootszubehör und erwirtschafteten dabei beträchtliche Verluste. Daß eine solche Fallkonstellation auf den ersten Blick die Annahme steuerlicher Liebhaberei nahelegt, kann nicht zweifelhaft sein, gleicht sie doch geradezu dem Modellfall einer Liebhabereitätigkeit, mit welcher der Versuch unternommen wird, die Steuerlast aus dem Hauptberuf durch verlustbringende Betätigung auf dem Freizeitsektor zu mindern. Die Behörde durfte es in Anwendung des Gesetzes aber bei einem solchen ersten Blick nicht belassen, sondern hatte in Wahrnehmung der sie nach § 115 Abs. 1 BAO treffenden Pflicht unter Inanspruchnahme der Mitwirkungspflicht der Beschwerdeführer die tatsächlichen Verhältnisse des Falles von Amts wegen innerhalb der Grenzen ihrer Möglichkeiten und des vom Verfahrenszweck her gebotenen und zumutbaren Aufwandes (vgl. die bei Ritz, a.a.O., Kommentar, Tz 6 zu § 115 BAO, wiedergegebene Judikatur) zu ermitteln. Dies hat die belangte Behörde zwar ohnehin erkannt, nicht aber in jenem Ausmaß getan, welches eine zuverlässige Beurteilung der Rechtsrichtigkeit des von ihr gefundenen Ergebnisses ermöglichen würde.

Daß eine nähere Betrachtung der von den Beschwerdeführern unternommenen betrieblichen Anstrengungen den ersten Anschein eines Liebhabereicharakters ihrer Tätigkeit in Frage stellen mußte, hat die belangte Behörde schon dadurch zu erkennen gegeben, daß sie im Rahmen ihrer für das Jahr 1990 vorgenommenen Beurteilung die Tätigkeit der Beschwerdeführer nicht als solche nach § 1 Abs. 2 der Liebhabereiverordnung, sondern als solche nach dem ersten Absatz dieser Vorschrift eingestuft hat.

Dem Beschwerdevorwurf einer nach Lage des Falles zu kurz bemessenen Beobachtungsfrist kann Berechtigung nicht abgesprochen werden. Die Frage der objektiven Ertragsfähigkeit einer Betätigung in der betriebenen Art läßt sich regelmäßig erst nach längerfristiger Beobachtung beantworten, weil erst nach Ablauf eines im Einzelfall tauglichen Beobachtungszeitraumes mit der notwendigen Sicherheit Prognosen darauf angestellt werden können, ob sich die Tätigkeit in der betriebenen Weise innerhalb eines nach der Verkehrsauffassung üblichen Zeitraumes im Sinne eines der positiven Steuererhebung zugänglichen Ertrages rechnen wird (vgl. hiezu schon die hg. Erkenntnisse vom 6. März 1984, 83/14/0188, 0195, und vom 27. November 1984, 83/14/0046, 0048), was erst recht dann gilt, wenn die Betätigung in einer Branche erfolgt, welche besonders kostspielige Anschaffungen von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens notwendig macht (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1984, 83/13/0104). Dies gilt zwar dann nicht, wenn bei einer Tätigkeit nach den besonderen Umständen des einzelnen Falles die Erzielung von positiven Einkünften von vornherein aussichtslos erscheint (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 11. April 1991, 88/13/0027), doch kann der Verwaltungsgerichtshof der Begründung des angefochtenen Bescheides keine tragfähigen Argumente dafür entnehmen, daß im Beschwerdefall ein entsprechender Beobachtungszeitraum entbehrlich wäre. Der von der belangten Behörde herangezogene Beobachtungszeitraum aber betrug nicht, wie sie meint, sechs, sondern tatsächlich nur vier Jahre. Hatte die Prüferin doch für ihre Prognose nur die Ergebnisse der Jahre 1987 bis 1990 zur Verfügung, während ihre Einschätzung der Ergebnisse 1991 und 1992 anhand der bisher bekannten Unterlagen aus der Buchhaltung bereits auf einer Hochrechnung beruhte.

Welcher Zeitraum dazu ausreicht, die objektive Ertragsfähigkeit einer Betätigung zu beurteilen, läßt sich nicht generell festlegen, sondern muß anhand der jeweiligen Lagerung des Einzelfalles beantwortet werden. Nun haben die Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren wiederholt auf von ihnen weder beeinflußbare noch für sie vorhersehbare widrige Außenereignisse hingewiesen, denen sie in ihren betrieblichen Bemühungen ab dem Jahre 1991 ausgesetzt waren. Daß es sich bei Markteinbrüchen infolge regionaler kriegerischer Ereignisse und schließlich auch beim Insolvenzfall des Lieferunternehmens um von außen kommende Ereignisse gehandelt hatte, die geeignet gewesen sein konnten, den Gesamterfolg einer zunächst gegebenenfalls als ertragstauglich anzusehenden Tätigkeit hinauszuzögern, ist nicht von der Hand zu weisen. Bei diesem Sachverhalt durfte die belangte Behörde im Beschwerdefall noch nicht davon ausgehen, daß die ihr bislang bekannten Betriebsergebnisse dazu ausreichen könnten, eine einigermaßen verläßliche Beurteilung der Frage vorzunehmen, ob die Betätigung der Beschwerdeführer geeignet ist, innerhalb des nach der Auffassung des betroffenen Verkehrskreises üblichen Zeitraumes einen Gesamtgewinn abzuwerfen. Die von den Beschwerdeführern schon im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Maßnahmen waren als Reaktion auf den Verlust des Charterstützpunktes auf dem Gebiet des früheren Jugoslawien nämlich keine mit dem gewöhnlichen Betrieb einer solchen Tätigkeit zu erwartenden Wirtschaftsmaßnahmen, die eine Verlängerung des Beobachtungszeitraumes nicht rechtfertigen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. September 1988, 87/13/0222), sondern als der Versuch zu erkennen, einer nicht vorhersehbar gewesenen Behinderung in der betrieblichen Tätigkeit in entsprechender Weise zu begegnen, und konnten auf die Beurteilung des gebotenen Beobachtungszeitraumes im Beschwerdefall deshalb nicht ohne Einfluß bleiben. Wie die Beschwerdeführer auf den zuletzt eingetretenen Insolvenzfall des Lieferunternehmens reagiert haben, wird ebenso erst zu beurteilen sein.

Die Argumente der belangten Behörde für das Ausreichen des ihr zur Verfügung gestandenen Beobachtungszeitraumes überzeugen nicht. Daß den Beschwerdeführern in der Zeit bis zum Eintritt der Kriegsereignisse nicht mehr als drei Yachtverkäufe gelungen waren, ist ein Einwand, dem die Beschwerdeführer plausibel erwidern, daß die Positionierung eines neuen Produktes auf dem Markt eine gewisse Anlaufzeit benötigt habe. Daß ein kostspieliges Produkt einer neuen Marke seine Zeit braucht, bis sich Käufer dazu entschließen, ein solches neu auf den Markt gebrachtes Produkt zu erwerben, entspricht der allgemeinen Erfahrung. Wenig zu gewinnen ist für den behördlichen Standpunkt aus den einzelnen Äußerungen von den Beschwerdeführern namhaft gemachter Interessenten über das Desinteresse an einem Kauf des Bootes der von den Beschwerdeführern vertriebenen Marke. Die Aussagekraft dieser vereinzelten Bekundungen über die Eignung des von den Beschwerdeführern vertriebenen Produktes zum Absatz auf dem Markt ist zu vernachlässigen; abgesehen davon, daß die belangte Behörde weder die Dichte noch das Auswahlkriterium der im Verfahren vorgenommenen Befragungen offengelegt hat, erscheint bei der Intensität der von den Beschwerdeführern entfalteten Werbeaktivitäten das Zustandekommen von Kontakten mit Personen ohne wahre Kaufabsicht nicht weiter verwunderlich. Verfehlt ist der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gezogene Schluß aus den Bekundungen solcher Personen auf eine mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der von den Beschwerdeführern vertriebenen Bootsmarke. Aus Äußerungen einzelner, zu einem Kauf des Bootes aus welchen Gründen immer nicht bereit gewesenen Personen über deren Einschätzung der Qualitäten des Bootes zu einer Sachverhaltsfeststellung des Inhalts zu gelangen, das Produkt sei nicht wettbewerbsfähig, ist eine Beweiswürdigung auf völlig unzulänglicher Grundlage, wenn man dazu noch bedenkt, daß unter den Bekundungen auch solche von Personen waren, die sich der Behörde gegenüber als Konkurrenzbeobachter deklariert hatten.

Daß die Beschwerdeführer, wenngleich dies sachdienlich gewesen wäre, auf die ihnen übermittelte Stellungnahme der Prüfungsabteilung nicht reagiert haben, kann ihnen im Beschwerdefall nicht zum Nachteil gereichen. Enthielt doch diese Stellungnahme jenseits der an Polemik grenzenden Ausführungen über "Freiberufler", die sich als "Neulinge" mit "offenbar nicht wettbewerbsfähigen Produkten" im Konkurrenzkampf mit "alteingesessenen Branchenangehörigen" nicht durchsetzen könnten, doch nur die Wiedergabe der Bekundungen der befragten Interessenten, von denen die Beschwerdeführer einen zulässigen Schluß auf das Ausreichen des der Behörde zur Verfügung gestandenen Beobachtungszeitraumes für die Liebhabereibeurteilung nicht erwarten mußten.

Soweit die belangte Behörde schließlich ins Treffen führt, daß die Beschwerdeführer der Feststellung der Prüferin, daß sich "mit Sicherheit auch für künftige Jahre keine Gewinne erwarten" ließen, nicht entgegengetreten sei, ist dem zu erwidern, daß die Beschwerdeführer in ihrer Berufung Umstände aufgezeigt haben, aus denen der Behörde deutlich hätte werden müssen, daß der Beobachtungszeitraum für die Liebhabereibeurteilung noch nicht ausreiche. Da diese Einschätzung der Beschwerdeführer zutraf, erübrigten sich zu diesem Zeitpunkt Spekulationen über den Zeitraum, innerhalb dessen ein Gesamtgewinn erzielt werden würde. Hinzu kommt, daß die Prüferin im Prüfungsbericht von der Erforderlichkeit der Erwirtschaftung eines Gesamtgewinnes innerhalb von zwölf Jahren ausgegangen ist und damit eine Rechtsanschauung vertreten hat, welche der Verwaltungsgerichtshof in seinem oben zitierten Erkenntnis vom 3. Juli 1996, 93/13/0171, ÖStZB 1996, 397, ausdrücklich aufgegeben hat.

Soweit die Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift über ein im Jahr 1991 positives steuerliches Ergebnis berichten, eine Prognose bis zum Jahr 1994 anstellen und in ihrer Replik auf die Gegenschrift auf positive Testergebnisse ihres Bootes in Fachzeitschriften hinweisen, verstoßen sie mit all diesen Ausführungen gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot. Derlei schon im Verwaltungsverfahren vorzubringen, hätte ihrer Sache gedient. Es kann ihnen ihre diesbezügliche Untätigkeit im Verwaltungsverfahren im Beschwerdefall aber deswegen nicht als Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht angelastet werden, weil die belangte Behörde ihrerseits es verabsäumt hat, ihren Teil zur Sachverhaltsermittlung durch entsprechend sachdienliche Anfragen und Vorhalte zu leisten. Die bloße Übersendung der Stellungnahme der Prüfungsabteilung zur Berufung hatte nach dem Inhalt dieser Stellungnahme eine Mitwirkungspflicht der Beschwerdeführer, die sie verletzt hätten, nicht ausgelöst. Hinsichtlich der Jahre 1987 bis 1989 hat die belangte Behörde somit durch die Beurteilung der Tätigkeit der Beschwerdeführer auf der Basis eines eine verläßliche Beurteilung dieser Tätigkeit als Einkunftsquelle nicht erlaubenden Beobachtungszeitraumes Verfahrensvorschriften verletzt, ohne daß ausgeschlossen werden könnte, daß sie andernfalls zu einem anderen Bescheid gelangt wäre.

Für die nach der Liebhabereiverordnung vorzunehmende Beurteilung des Streitjahres 1990 führt die Prüfung des Beschwerdefalles zum gleichen Ergebnis. Gestützt auf die untaugliche Grundlage der Ergebnisse der Befragung einiger der von den Beschwerdeführern namhaft gemachten Interessenten erblickte die belangte Behörde die Ursache für das Ausbleiben eines Gewinnes im Verkauf schlecht ausgestatteter Boote mit veraltetem Konzept im Ergebnis einer Beweiswürdigung, deren Fehlerhaftigkeit das Ausmaß einer Rechtswidrigkeit erreicht hat. Für die Beurteilung der Behörde, die Beschwerdeführer hätten sich deswegen nicht marktgerecht verhalten (§ 2 Abs. 1 Z. 4 der Verordnung), gilt nichts anderes. Soweit die belangte Behörde zum Kriterium des § 2 Abs. 1 Z. 6 der Verordnung ausführt, daß als Bemühung zur Verbesserung der Ertragslage nach Ausbleiben von entsprechenden Verkaufserfolgen auch nach den Produktionsänderungen des amerikanischen Herstellers ein Wechsel der Lieferfirma angesehen hätte werden können, setzt sie voraus, was Ergebnis einer unschlüssigen Beweiswürdigung war, nämlich die von ihr unterstellte Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit des von den Beschwerdeführern vertriebenen Bootes.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995130122.X00

Im RIS seit

22.02.2002

Zuletzt aktualisiert am

03.09.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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