TE Lvwg Erkenntnis 2021/11/12 LVwG-2021/27/2874-1

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Veröffentlicht am 12.11.2021
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Entscheidungsdatum

12.11.2021

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §49

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Rosenkranz über die Beschwerde des Herrn AA, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Z vom 28.09.2021, Zl ***, wegen Zurückweisung eines Einspruches als verspätet,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Einspruch des Beschwerdeführers gegen die Strafverfügung des Bürgermeisters der Stadt Z vom 06.09.2021, ***, als verspätet zurückgewiesen.

In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Strafverfügung laut dem RSb-Rückschein, der im behördlichen Akt einliegt, am 10.09.2021 persönlich übernommen wurde und die Übernahme des Dokumentes mittels Unterschrift bestätigt wurde und der Einspruch erst am 24.09.2021 um 14.16 Uhr, somit außerhalb der Amtsstunden, eingebracht wurde.

Dagegen hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben und zunächst ausgeführt, dass er in der gesamten Corona Zeit nur an diesem Tag in der BB gewesen seien. Im ergänzenden E-Mail vom 12.10.2021 hat der Beschwerdeführer dann noch ausgeführt, dass sein Einspruch fristgerecht am 14. Tag elektronisch eingereicht worden. Wie lange die Amtszeiten seien, habe er leider nicht gewusst und wäre ein bisschen Kulanz angebracht.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt und den Akt des Landesverwaltungsgerichtes.

II.      Sachverhalt:

Mit Strafverfügung der belangten Behörde vom 06.09.2021, ***, wurde dem Beschwerdeführer eine Übertretung nach § 7 Abs 1 der vierten COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl II Nr 58/2021 idgF, zur Last gelegt. Diese Strafverfügung wurde dem Beschwerdeführer am 10.09.2021 persönlich zugestellt. Der Einspruch des Beschwerdeführers folgte per E-Mail vom 24.09.2021, 14.16 Uhr. In der Rechtsmittelbelehrung der angefochtenen Strafverfügung wird darauf hingewiesen, dass der Einspruch innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung der Strafverfügung schriftlich oder mündlich (nicht telefonisch) einzubringen ist. Wenn für die schriftliche Einbringung auch technische Übertragungsmöglichkeiten (Telefax, E-Mail oder Ähnliches) zur Verfügung stehen, ist dies als Ergänzung zur Anschrift anzugeben. Sodann findet sich der Hinweis: „Achtung: Die Einbringung auf einem solchen Weg außerhalb der Amtsstunden bleibt bis zu deren Wiederbeginn unwirksam (Gefahr der Fristversäumnis).“

Es ist amtsbekannt und im Übrigen durch Einsicht in das Internet unter der Adresse www.*** über die Startseite „***“ für jedermann einsichtbar, dass seitens des CC der Stadt Z Regelungen gemäß § 13 und 42 Abs 1a AVG sowie § 86b BAO getroffen wurden und unter der vorgenannten Adresse im Internet kundgemacht wurden.

Für die rechtswirksame Einbringung von schriftlichen Anbringen wurde dabei festgelegt, dass die Empfangsgeräte (für Telefax und E-Mail) des DD auch außerhalb er Amtsstunden empfangsbereit sind, diese allerdings nur während der Amtsstunden betreut werden, was die Wirkung hat, dass Anbringen auch dann, wenn sie an sich bereits in einem Verfügungsbereich des Amtes gelangt sind, erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht und eingelangt gelten und erst ab diesem Zeitpunkt behandelt werden. Als Amtsstunden wurden in Zeiten von Montag bis Donnerstag von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr sowie von 13.00 Uhr bis 16.00 Uhr sowie Freitag von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr festgelegt. Beim 24.09.2021 handelt es sich um einen Freitag.

III.     Beweiswürdigung:

Die vorerwähnten Feststellungen ergeben sich in eindeutiger Weise aus dem behördlichen Akt, insbesondere aus dem im Akt liegenden Rückschein und dem per E-Mail übermittelten Einspruch.

IV.      Rechtslage:

Dire wesentlichen Bestimmungen des AVG, BGBl Nr 51/1991 idF BGBl I Nr 58/2018 lauten:

„Anbringen

§ 13.

(1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.

(2) Schriftliche Anbringen können der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.

(5) Die Behörde ist nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, und, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, mündliche oder telefonische Anbringen entgegenzunehmen. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen.

5. Abschnitt: Fristen

§ 32.

(1) Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.

(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.“

Die wesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes, BGBl Nr 52/1999 idF BGBl I Nr 58/2018, lauten:

㤠49.

(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht und nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch, soweit er nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben oder zurückgezogen wird, ist die Strafverfügung zu vollstrecken.“

V.       Erwägungen:

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass die angefochtene Strafverfügung dem Beschwerdeführer am 10.09.2021 persönlich übergeben wurde und ist damit die Zustellung erfolgt.

Die 2-wöchige Rechtsmittelfrist endete sohin am 14.09.2021.

Dabei ist im gegenständlichen Fall zu beachten, dass seitens des Bürgermeisters der Stadt Z Regelungen gemäß § 13 und § 42 Abs 1 AVG sowie § 86b BAO getroffen wurden und unter der Adresse www.*** im Internet kundgemacht wurden.

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer den Einspruch am letzten Tag der 2-wöchigen Frist eingebracht hat. Aufgrund der Bekanntmachung gemäß §§ 13 und 42 Abs 1a AVG des CC der Stadt Z gelten mit Telefax und E-Mail eingebrachten Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden eingebracht werden und bei der belangten Behörde einlangen erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht und eingelangt. Die Amtsstunden wurden für Freitag mit 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr festgelegt.

Der Beschwerdeführer hat laut den Feststellungen den Einspruch am 24.09.2021 um 14.16 Uhr übermittelt und ist dieser zu diesem Zeitpunkt bei der belangten Behörde eingelangt. Aufgrund der vorerwähnten Bekanntmachung gilt dieses Anbringen erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht und eingelangt, sohin mit 27.09.2021.

Damit erweist sich der Einspruch jedoch als verspätet.

Die Zulässigkeit für Bekanntmachungen nach §§ 13 und 42 Abs 1a AVG ist in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt (vgl VSSlg 19.849/2014; VwGH 23.12.2012, 2012/08/0102; 24.11.2015, Ra 2015/05/0062 ua).

Da die belangte Behörde sohin Amtsstunden festlegen durfte, innerhalb derer Anbringen per Telefax und E-Mail bei der belangten Behörde einzubringen sind und auch festlegen durfte, dass außerhalb er Amtsstunden eingebrachte und eingelangte Anbringen erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht und eingelangt gelten, ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass der außerhalb der Amtsstunden am letzten Tag der Frist eingebrachte Einspruch sohin erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden am Montag, den 27.09.2021, als eingebracht und eingelangt gilt.

Damit erweist sich dieser Einspruch als verspätet.

In der Rechtsmittelbelehrung der Strafverfügung wird eigens auf diesen Umstand hingewiesen.

Der Beschwerdeführer hat selbst angegeben, von den Amtszeiten nichts gewusst zu haben.

Es wäre jedoch am Beschwerdeführer gelegen gewesen, sich für den Fall, dass er sein Rechtsmittel mit E-Mail einbringen will, darüber zu informieren, welche diesbezüglichen Beschränkungen gelten. Dies gilt umso mehr, als in der Rechtsmittelbelehrung der Strafverfügung eigens auf die Gefahr einer Fristversäumnis bei einer Einbringung außerhalb der Amtsstunden hingewiesen wird.

Sofern der Beschwerdeführer angibt, dass diesfalls „ein bisschen Kulanz“ angebracht sei, ist darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung der Rechtsmittelfristen eine zwingende Norm darstellt und es weder einer Behörde noch einem Verwaltungsgericht obliegt, diese Fristen nach ihrem Ermessen abzuändern, sodass für die vom Beschwerdeführer angesprochene „Kulanz“ kein Raum bleibt. Die Rechtsmittelfristen sind verfahrensrechtliche Fristen für die Setzung von Verfahrenshandlungen, deren Dauer vom Gesetzgeber festgelegt wurde. Derartige gesetzliche Fristen können auch auf Antrag nicht erstreckt werden (vgl VwGH 27.11.2012, 2012/10/0134 ua).

Die belangte Behörde hat sohin den Einspruch zu Recht als verspätet zurückgewiesen.

Gemäß § 44 Abs 2 VwGVG entfällt die mündliche Verhandlung.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Rosenkranz

(Richter)

Schlagworte

Verspätung; außerhalb Amtsstunden;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.27.2874.1

Zuletzt aktualisiert am

13.12.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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