TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/19 W238 2248332-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.11.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

19.11.2021

Norm

AlVG §10
AlVG §38
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §13 Abs2
VwGVG §13 Abs5

Spruch


W238 2248332-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin EGGER und Mag. Robert STEIER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Baden vom 27.10.2021, XXXX , betreffend Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde vom 18.10.2021 gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Baden vom 07.10.2021 zu Recht erkannt:

A)       Die Beschwerde wird gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG iVm § 28 Abs. 2 VwGVG abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Baden (im Folgenden: AMS) vom 07.10.2021 wurde gemäß § 38 iVm 10 AlVG ausgesprochen, dass die nunmehrige Beschwerdeführerin den Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 17.09.2021 bis 11.11.2021 verloren habe und dass keine Nachsicht erteilt werde. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin die Einstellung als Assistentin für Bürotätigkeiten beim Dienstgeber XXXX r GmbH vereitelt habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.

2. Gegen diesen Bescheid wurde am 18.10.2021 Beschwerde erhoben, in welcher die Beschwerdeführerin mit näherer Begründung bestritt, dass sie die Aufnahme der vom AMS zugewiesenen Beschäftigung vereitelt habe. Vielmehr habe sie sich ordnungsgemäß per Post für die Stelle beworben. Sie beantragte die Aufhebung der Bezugssperre und verwies auf ihre Fixkosten sowie auf die Obsorge für ihren Sohn.

3. Seitens der belangten Behörde wurde daraufhin mit Bescheid vom 27.10.2021 die aufschiebende Wirkung der Beschwerde vom 18.10.2021 gegen den Bescheid des AMS vom 07.10.2021 gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG iVm § 56 Abs. 2 und § 58 AlVG ausgeschlossen. Nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften führte das AMS begründend im Wesentlichen Folgendes aus: Das Arbeitslosenversicherungsrecht bezwecke, arbeitslos gewordene Versicherte durch Vermittlung einer zumutbaren Beschäftigung wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern und in die Lage zu versetzen, den Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. § 10 AlVG sanktioniere durch befristeten Leistungsausschluss diejenigen Personen, die erforderliche Anstrengungen zur Beendigung der Arbeitslosigkeit schuldhaft unterlassen oder vereiteln würden.

Die Entscheidung über Zuerkennung bzw. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung. Hierzu werde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin am XXXX geboren worden sei und bereits seit 05.08.2019 im Notstandshilfebezug stehe. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 01.09.2021 seien ihre Beschwerden gegen die Bescheide der Regionalen Geschäftsstelle Baden vom 02.07.2021 und 21.07.2021 (Ausschlussfrist gemäß § 10 iVm § 38 AlVG für die Zeit vom 24.06.2021 bis 04.08.2021) abgewiesen worden. Dagegen haben sie fristgerecht einen Vorlageantrag eingebracht. Eine Entscheidung des zuständigen Bundesverwaltungsgerichtes in dieser Rechtssache sei noch offen. Im gegenständlichen Fall liege Langzeitarbeitslosigkeit verbunden mit Arbeitsunwilligkeit vor. Daher erscheine die Einbringlichkeit der Forderung bei vorläufiger Anweisung der Leistung als gefährdet bzw. aussichtslos. Eine Gewährung der aufschiebenden Wirkung würde daher den aus generalpräventiven Gründen im öffentlichen Interesse gelegenen Normzweck unterlaufen. Insgesamt diene dieses Vorgehen dem gerechtfertigten Ziel der Verhinderung der missbräuchlichen Inanspruchnahme von Leistungen der Arbeitslosenversicherung. Aus diesem Grund überwiege das öffentliche Interesse gegenüber dem mit der Beschwerde verfolgten Einzelinteresse. Die aufschiebende Wirkung der Beschwerde sei daher entsprechend der Interessenabwägung auszuschließen.

4. Am 16.11.2021 brachte die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom 27.10.2021 ein. Darin wiederholte sie ihr Vorbringen, wonach ihr seitens des AMS zu Unrecht Arbeitsunwilligkeit vorgeworfen werde, da sie sich schriftlich auf den gegenständlichen Stellenvorschlag beworben habe. Das AMS habe sie auch nicht dahingehend kontaktiert, dass ihre Bewerbung nicht eingelangt sei, sondern den Status in ihrem eAMS-Konto ungefragt von „beworben“ auf „nicht vorgestellt“ geändert.

5. Die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wurde dem Bundesverwaltungsgericht samt bezughabendem Verwaltungsakt am 17.11.2021 vorgelegt. Seitens der belangten Behörde wurde mitgeteilt, dass von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung betreffend die Beschwerde gegen den Bescheid vom 07.10.2021 nicht abgesehen werde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin wurde am XXXX geboren und hat einen im Jahr 2001 geborenen Sohn.

Sie steht seit 05.08.2019 im Notstandshilfebezug.

Mit Bescheiden des AMS Baden vom 02.07.2021 und 21.07.2021 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 01.09.2021 wurde über sie eine Ausschlussfrist gemäß § 10 iVm § 38 AlVG für die Zeit vom 24.06.2021 bis 04.08.2021 verhängt. Die Beschwerdesache ist derzeit beim Bundesverwaltungsgericht zu Zahl W266 2246586-1 anhängig.

Mit Bescheid des AMS Baden vom 07.10.2021 wurde gemäß § 38 iVm 10 AlVG ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin den Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 17.09.2021 bis 11.11.2021 verloren habe und dass keine Nachsicht erteilt werde.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27.10.2021 wurde die aufschiebende Wirkung der Beschwerde vom 18.10.2021 gegen den Bescheid vom 07.10.2021 gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Einbringlichkeit der Forderung bei vorläufiger Anweisung der Leistung gefährdet erscheine, weil die Beschwerdeführerin bereits seit 05.08.2019 im Notstandshilfebezug stehe und über sie innerhalb der letzten 12 Monate bereits die zweite Sanktion nach § 10 AlVG verhängt worden sei, sohin Langzeitarbeitslosigkeit verbunden mit Arbeitsunwilligkeit vorliege.

Die Beschwerdeführerin erstattete kein hinreichend konkretes bzw. substantiiertes Vorbringen dahingehend, dass der sofortige Vollzug des Bescheides über den Verlust der Notstandshilfe sie unverhältnismäßig hart treffen würde.

Die Beschwerdeführerin steht aktuell im Notstandshilfebezug.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde. Dieser enthält die in Rede stehenden Bescheide, die verfahrensgegenständlichen Beschwerden sowie den Bezugs- und Versicherungsverlauf.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung ergibt sich aus ihrem diesbezüglichen Beschwerdeschriftsatz. Darin bestritt sie lediglich die ihr von der belangten Behörde vorgeworfene Arbeitsunwilligkeit und verwies diesbezüglich auf die von ihr vorgenommene Bewerbung. In der Beschwerde gegen den Bescheid vom 07.10.2021 brachte sie vor, dass sie ihre Fixkosten bezahlen und für ihren Sohn aufkommen müsse. Die Beschwerdeführerin legte jedoch weder ihre wirtschaftlichen Verhältnisse dar noch brachte sie diesbezüglich Bescheinigungsmittel in Vorlage. Sie trat auch der Annahme der belangten Behörde, wonach die Einbringlichkeit der Forderung bei vorläufiger Anweisung der Leistung gefährdet erscheine, nicht entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG (vgl. auch VwGH 07.09.2017, Ra 2017/08/0081).

Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. Das VwGVG sieht vor, dass eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG aufschiebende Wirkung hat (§ 13 Abs. 1 VwGVG), solange diese Wirkung nicht mit Bescheid (§ 13 Abs. 2 VwGVG) oder mit Beschluss (§ 22 Abs. 2 VwGVG) ausgeschlossen worden ist.

Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid der Behörde ausgeschlossen werden, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach § 13 Abs. 5 VwGVG hat die Behörde die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 – sofern sie nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist – dem Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.

3.3. Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung (VwGH 01.09.2014, Ra 2014/03/0028). § 13 Abs. 2 VwGVG ermöglicht es, den in der Praxis bestehenden Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Einbringung allenfalls unberechtigt empfangener Geldleistungen zu begegnen und dem Interesse der Versichertengemeinschaft, die Einbringlichkeit von (vermeintlich) zu Unrecht gewährten Leistungen an den einzelnen Versicherten ohne Zuwarten auf eine rechtskräftige Entscheidung im Falle der Bekämpfung eines Bescheides zu berücksichtigen, indem die berührten öffentlichen Interessen mit den Interessen des Leistungsempfängers abgewogen werden. Stellt sich im Zuge dieser Interessenabwägung heraus, dass der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist, so kann die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde mit Bescheid ausschließen.

Das Tatbestandsmerkmal „Gefahr im Verzug“ bringt zum Ausdruck, dass die Bestimmung (der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung) nur das Eintreten erheblicher Nachteile für eine Partei bzw. gravierender Nachteile für das öffentliche Wohl verhindern soll (vgl. Hengstschläger/Leeb, Rz 31 zu § 64 AVG; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, § 13 VwGVG K 12).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang in seinem Erkenntnis vom 11.04.2018, Ro 2017/08/0033, Folgendes ausgeführt:

„Um die vom Gesetzgeber außerdem geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können (vgl. zur Interessenabwägung nach § 30 Abs. 2 VwGG VwGH 14.02.2014, Ro 2014/02/0053), hat ein Notstandshilfebezieher insbesondere die nicht ohne weiteres erkennbaren Umstände, die sein Interesse an einer Weitergewährung untermauern, sowie die in seiner Sphäre liegenden Umstände, die entgegen entsprechender Feststellungen des AMS für die Einbringlichkeit einer künftigen Rückforderung sprechen, spätestens in der Begründung (§ 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG) seiner Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darzutun und zu bescheinigen, zumal das Verwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden hat.

Ein im öffentlichen Interesse gelegener Bedarf nach einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist im Allgemeinen insbesondere bei der Verhängung einer Sperrfrist mangels Arbeitswilligkeit gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG (iVm § 38 AlVG) gegeben, deren disziplinierender Zweck weitgehend verloren ginge, wenn sie erst Monate nach ihrer Verhängung in Kraft treten würde. Die Interessenabwägung kann vor allem dann zu Gunsten einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ausschlagen, wenn für den Fall einer vorläufigen Weitergewährung einer Leistung die Einbringlichkeit des Überbezuges gefährdet ist. Ob eine solche Gefährdung vorliegt, hat das AMS zu ermitteln und gegebenenfalls auf Grund konkret festzustellender Tatsachen über die wirtschaftlichen Verhältnisse der betroffenen Partei festzustellen (Müller in Pfeil AlVG-Komm Rz 3f und 19 zu § 56). Wirkt der Notstandshilfebezieher an den Feststellungen über die Einbringlichkeit nicht mit, kann von einer Gefährdung derselben ausgegangen werden (Müller in Pfeil AlVG-Komm Rz 19 zu § 56). Eine maßgebliche Gefährdung der Einbringlichkeit des Überbezuges wäre allerdings dann nicht anzunehmen, wenn die prima facie beurteilten Erfolgsaussichten der Beschwerde eine Rückforderung der weiter gezahlten Notstandshilfe unwahrscheinlich machen (vgl. zur Erfolgsprognose VwGH 09.05.2016, Ra 2016/09/0035).“

3.4. Im vorliegenden Fall behauptete die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde gegen den die aufschiebende Wirkung der Beschwerde vom 18.10.2021 ausschließenden Bescheid nicht, dass der Vollzug des Bescheides über den Verlust der Notstandshilfe sie unverhältnismäßig hart treffen würde. In der Beschwerde gegen den Bescheid vom 07.10.2021 brachte sie lediglich vor, dass sie ihre Fixkosten bezahlen und für ihren (im Jahr 2001 geborenen) Sohn aufkommen müsse. Damit wurde jedoch kein hinreichend konkretes bzw. bescheinigtes Vorbringen erstattet:

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 14.02.2014, Ro 2014/02/0053) trifft den Beschwerdeführer hinsichtlich des unverhältnismäßigen Nachteils eine Konkretisierungspflicht (vgl. auch VwGH 11.04.2018, Ro 2017/08/0033). In diesem Sinne erfordert die Dartuung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils die nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Folgen der behaupteten Einbußen auf dem Boden der gleichfalls konkret anzugebenden gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der beschwerdeführenden Partei. Nur durch die glaubhafte Dartuung konkreter – tunlichst ziffernmäßiger – Angaben über die finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers wird das erkennende Verwaltungsgericht überhaupt erst in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob der Vollzug des angefochtenen Bescheides für den Beschwerdeführer einen unverhältnismäßigen Nachteil mit sich brächte.

Dazu ist auch ins Treffen zu führen, dass das Verwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG ohne weiteres Verfahren zu entscheiden hat. Dies bedeutet, dass das Verwaltungsgericht (gleichsam einem Eilverfahren) ohne Setzung der sonstigen üblichen Verfahrensschritte über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erkennen kann (vgl. Eder/Martschin/Schmid, K17 zu § 13). „Unverzüglich“ und „ohne weiteres Verfahren“ bedeutet wohl, ohne jede Möglichkeit, ergänzende Sachverhaltsfeststellungen zu treffen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Anm. 8 zu § 13).

Vorliegend behauptete die Beschwerdeführerin weder konkret einen unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteil durch den sofortigen Vollzug der Bezugssperre noch legte sie Bescheinigungsmittel (z.B. über die Höhe ihres Haushaltseinkommens, Unterhaltspflichten, allfällige Gesundheitskosten, Wohnkosten, Kredite und Verbindlichkeiten etc.) vor, aus denen sich ein unverhältnismäßiger Nachteil für die Beschwerdeführerin ableiten ließe. Soweit die Beschwerdeführerin (auch) in der Beschwerde gegen den die aufschiebende Wirkung ausschließenden Bescheid dem zugrundeliegenden Vereitelungsvorwurf der belangten Behörde entgegentrat, ist festzuhalten, dass dieser nicht den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet, in dem es ausschließlich um die Frage des (vorläufigen) vorzeitigen Vollzuges des verfügten Anspruchsverlustes geht.

Die Gefährdung der Einbringlichkeit des allfälligen Überbezuges wurde demgegenüber vom AMS insbesondere mit dem bestehenden Notstandshilfebezug seit August 2019 und mit der zweiten Verhängung einer Sanktion nach § 10 AlVG innerhalb kurzer Zeit begründet. Die Beschwerdeführerin ist dem Vorhalt hinsichtlich einer Gefährdung der Einbringlichkeit der Forderung in der Beschwerde nicht entgegengetreten. Sie bescheinigte auch nicht, dass konkrete wirtschaftliche, finanzielle oder rechtliche Nachteile für sie mit der Durchsetzbarkeit des Bescheides verbunden wären, damit die erforderliche Abwägung gegenüber den – unstrittig bestehenden – Interessen der Öffentlichkeit am Sanktionszweck des § 10 AlVG vorgenommen hätte werden können (s. dazu die beweiswürdigenden Erwägungen).

Bei solch einer Interessensabwägung käme gegenständlich hinzu, dass für den Fall einer vorläufigen Weitergewährung der Leistung die Einbringlichkeit eines allfälligen Überbezuges aufgrund der gegen die Beschwerdeführerin nunmehr zum zweiten Mal verhängten Bezugssperre erschwert wäre. Auch ist zumindest prima facie nicht erkennbar, dass die Beschwerde vom 18.10.2021 gegen die Verhängung der Sperrfrist vom 17.09.2021 bis 11.11.2021 wahrscheinlich Erfolg haben wird. Schließlich ist bei der Abwägung der Interessen ein öffentliches Interesse an der Wirksamkeit von Maßnahmen iSd § 10 AlVG mit ins Kalkül zu ziehen. Aufgrund der festgestellten Umstände, nämlich der bestehenden Langzeitarbeitslosigkeit und der wiederholten Sanktionsverhängung einerseits sowie eines weder substantiierten noch bescheinigten Vorbringens der Beschwerdeführerin zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung andererseits kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Interesse der Versicherungsgemeinschaft an der Einbringlichkeit von (allenfalls) zu Unrecht gewährten Leistungen besonders stark gewichtet hat und von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen bzw. Gefahr im Verzug ausgegangen ist.

3.5. Die Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung war daher spruchgemäß abzuweisen.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass mit dem gegenständlichen Erkenntnis eine Entscheidung in der Hauptsache (Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe im Zeitraum vom 17.09.2021 bis 11.11.2021) nicht vorweggenommen wird. Diesbezüglich steht der belangten Behörde noch die Möglichkeit offen, eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen.

3.6. Eine mündliche Verhandlung ist entfallen, da das Bundesverwaltungsgericht nach der Regelung des § 13 Abs. 5 VwGVG verpflichtet ist, über die Beschwerde „ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden“, was impliziert, dass grundsätzlich keine mündliche Verhandlung durchzuführen ist (vgl. VwGH 09.06.2015, Ra 2015/08/0049).


Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde unter Pkt. II.3.3. und II.3.4. wiedergegeben. Schließlich liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Es handelt sich vielmehr um eine Einzelfallentscheidung.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Einbringlichkeit Gefahr im Verzug Konkretisierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W238.2248332.1.00

Im RIS seit

10.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten