TE Lvwg Erkenntnis 2021/11/24 LVwG-2021/24/2765-1

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Veröffentlicht am 24.11.2021
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Entscheidungsdatum

24.11.2021

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §71

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Voppichler-Thöni über die Beschwerde des Herrn AA, wohnhaft in Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Z vom 15.09.2021, Zl *** und Zl ***, betreffend Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Einspruch gegen die Strafverfügungen des Bürgermeisters der Stadt Z vom 23.06.2021, Zl *** und Zl ***,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Dem Beschwerdeführer wurde im Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Z vom 15.09.2021, Zl *** und Zl ***,

1.   der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen und

2.   der eingebrachte Einspruch gegen die Strafverfügungen des Bürgermeisters der Stadt Z vom 23.06.2021, Zl *** und Zl ***, zurückgewiesen.

Dagegen hat der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht und darin ausgeführt wie folgt:

Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Einspruch

Die mit 23.6.2021 datierten zwei Strafverfügungen mit Aktenzahl Zl *** und Zl *** wurden mir am 25.6.2021 zugestellt. Dagegen erhob ich binnen offener Frist Einspruch, welcher mit 05.07.2021 eingeschrieben an die Stadt Z, Adresse 2, **** Z gesendet wurde. (Postaufgabeschein liegt in Kopie bei) Dieser Einspruch hat anscheinend den Empfänger nie erreicht. Jedenfalls wurde mir dieser Brief nicht retourniert. Somit konnte mir die nicht erfolgte Zustellung erst auffallen, nachdem ich die Zahlungserinnerung am 23.08.2021 zugestellt bekam. Innerhalb offener Frist stelle ich den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhebe Einspruch.

Ich kann mich nicht erinnern am 22.08.2020 an der Straßenbahnhaltestelle gewesen zu sein. Ich habe solch eine Aussage nie getätigt. Wie wurde dort meine Identität festgestellt?

Es ist auch fraglich, dass diese Anzeige nach fast einem Jahr kommt.

Weiter möchte ich vorbringen, dass es sich um eine Tathandlung und somit nur um eine Übertretung handelt. Bei einer Ehrenkränkung ist die Ehre des Beamten das geschützte Rechtsgut. Solch eine allgemeine Formulierung in der Mehrzahl ist nicht geeignet jemanden in seiner Ehre zu verletzen. Würde man solch eine Wendung als Ehrenkränkung akzeptieren, führte das zu dem unbilligen Ergebnis, dass wenn eine Gruppe Beamten allgemein beschimpft wird, dies astronomische Strafen zur Folge hat. Es würden also höhere Strafen verhängt, obwohl eine allgemein formulierte Beleidigung die Beamten nicht, oder nicht in dem Maß, wie eine persönlich adressierte Botschaft, in ihrer Ehre verletzt.

Niemand wird durch allgemeine Floskeln beleidigt.

Dies hat auch der VwGH in seinem Urteil zu A.C.A.B.(all Cops are bastards) festgestellt, dass eine mit dieser Aufschrift versehene Fahne niemanden beleidigen kann, da der Aufdruck, auch wenn ihn jeder versteht, zu allgemein gehalten ist und nicht geeignet jemanden persönlich zu beleidigen.

Ich erhebe auch Einspruch gegen die Strafhöhe,

und gebe bekannt, dass ich als Lehrling lediglich 1202,-€ netto verdiene, was weniger als die Hälfte des Durchschnittlichen Einkommens in Österreich ist.

Bisher Ist kein rechtskräftiger Strafbescheid In einer ähnlichen Angelegenheit ergangen. Damit liegt eine Erstbegehung vor und mich trifft nur leichtes Verschulden, deshalb beantrage ich eine Ermahnung auszusprechen. Dabei handelt es sich zwar um eine „kann" Bestimmung, die aber laut Rechtsprechung des VwGH als „muss" Bestimmung anzuwenden ist.

Auch die Ersatzfreiheitsstrafe ist viel zu hoch, da man bei meinem geringen Einkommen in die Verlegenheit kommen kann, diese auch tatsächlich anzutreten. “

II.      Sachverhalt:

Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt, insbesondere in die Anzeigen vom 27.8.2020, Zl ***, dem Rückschein über die Ersatzzustellung, den Aktenvermerk vom 24.8.2021 und vom 6.10.2021 und das Vorbringen des Beschwerdeführers.

Aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse steht nachfolgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:

Mit den Strafverfügungen des Bürgermeisters der Stadt Z vom 23.6.2021 zu den Zahlen *** und *** wurde dem Beschwerdeführer jeweils eine Verwaltungsübertretung nach 20 lit c iVm § 21 Abs 1 TLPG vorgeworfen.

Beide Strafverfügungen wurden dem Beschwerdeführer durch Ersatzzustellung (Mitbewohner) am 25.6.2021 zugestellt (siehe Rückschein).

Nachfolgend wurde vom Beschwerdeführer mit Eingabe vom 25.8.2021 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (samt Einspruch) eingebracht.

Ein Einspruch gegen die jeweiligen Strafverfügungen wurde vom Beschwerdeführer rechtzeitig nicht erhoben. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang behauptet, dass er am 5.7.2021 per Einschreiben einen Einspruch erhoben hat, ist zu erwidern, dass es sich bei dem von ihm beigelegten Postaufgabeschein mit der Einschreib-Nr. *** um eine Eingabe handelt, die eine Verwaltungsübertretung nach den Covid Bestimmungen (GZ ***) betroffen hat. Ausdrücklich wurde von der Erstbehörde darauf hingewiesen, dass diesem Kuvert kein weiterer Einspruch – insbesondere keine zu den Akten mit den GZlen. *** und *** - beigelegt war.

Für das Landesverwaltungsgericht Tirol steht somit fest, dass ein rechtzeitiger Einspruch gegen die Strafverfügungen vom 23.6.2021 vom Beschwerdeführer nicht eingebracht wurde.

III.     Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen der Zustellung der beiden Strafverfügungen des Bürgermeisters der Stadt Z ergeben sich aus dem vorliegenden Rückschein. Dass der Beschwerdeführer fristgerecht dagegen einen Einspruch erhoben hat, wird als Schutzbehauptung gewertet. Den Sachbearbeitern der zuständigen Strafabteilung ist zuzumuten, eingelangte Einsprüche den richtigen Akten und den dazu gehörigen Verfahren zuzuordnen. In diesem Zusammenhang wird auf den Aktenvermerk des Sachbearbeiters vom 6.10.2021 hingewiesen. Demgegenüber hat der Beschwerdeführer keinerlei Beweise (wie etwa die angeblich einbrachten Einsprüche in Kopie) dafür erbracht, dass sein Vorbringen irgendwie bestätigt. Im Übrigen bezieht sich die auf dem Aufgabeschein der Österreichischen Post AG angeführte Nummer auf einen anderen verwaltungsbehördlichen Strafakt.

IV.      Rechtslage:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes, AVG, 1991 idF lauten wie folgt:

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 71.

(1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

(3) Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

(4) Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat.

(5) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages findet keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand statt.

(6) Die Behörde kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(7) Der Wiedereinsetzungsantrag kann nicht auf Umstände gestützt werden, die die Behörde schon früher für unzureichend befunden hat, um die Verlängerung der versäumten Frist oder die Verlegung der versäumten Verhandlung zu bewilligen.

V.       Erwägungen:

Ein Wiedereinsetzungsantrag erfordert, dass die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Ein solches Vorbringen wurde nicht erstattet. Aufgrund der getroffenen Feststellungen steht fest, dass der Einspruch verspätet erhoben wurde. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus, dass die rechtsgültig erfolgte Ersatzzustellung im Sinne des § 16 ZustellG rechtswirksam war.

Ein weiteres unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis wird vom Beschwerdeführer nicht dargelegt.

Ein Wiedereinsetzungsgrund im Sinne § 71 AVG liegt nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

Da eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde und sowie keine Sachverhaltsermittlungen notwendig waren und die Entscheidung nach dem Inhalt der Beschwerde nur von der rechtlichen Beurteilung abhing, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrens-hilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr.in Voppichler-Thöni

(Richterin)

Schlagworte

Kein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.24.2765.1

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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