TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/27 W108 2231292-1

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Veröffentlicht am 27.09.2021
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Entscheidungsdatum

27.09.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
GEG §6a Abs1
GGG Art1 §1 Abs1
GGG Art1 §14
GGG Art1 §18
GGG Art1 §19a
GGG Art1 §32 TP1
JN §57
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W108 2231292-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. BRAUCHART über die Beschwerde von 1. XXXX und 2. XXXX gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes St. Pölten vom 05.02.2020, Zl. Jv 5339/19h-33, betreffend Gebührenvorschreibung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Bescheid auf Zahlungspflicht der beschwerdeführenden Parteien für den offenen Gesamtbetrag von EUR 6.353,00 zu lauten hat.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang/Sachverhalt:

1. Die beschwerdeführenden Parteien schlossen am 02.06.2016 zur Geschäftszahl 6 C 376/16v des Bezirksgerichtes XXXX (in der Folge: Bezirksgericht) einen prätorischen Vergleich mit folgendem Inhalt (Formatierung nicht 1:1 wiedergegeben):

„1. Für den Fall der Rechtskraft der Entscheidung zu 1 A 193/12z des BG XXXX , wonach Herrn XXXX und Frau XXXX das Erbrecht nach Frau XXXX auf Grund des Testaments zukommt, verpflichten sich XXXX zur ungeteilten Hand, binnen 5 Monaten ab Rechtskraft der Entscheidung im Verfahren 1 A 193/12z, folgende Zahlungen zu leisten:

a)       an XXXX EUR 264.065,82

b)       an XXXX EUR 85.404,47

c)       an XXXX EUR 85.404,47

d)       an XXXX EUR 85.404,47

Die Zahlungen unter lit. a bis lit. d erfolgen jeweils zu Handen XXXX und

e)       an XXXX , EUR 264.065,82, auf deren Konto zu bezahlen.

All dies bei sonstiger Exekution.

2. Die sechst- und siebentantragsstellenden Parteien XXXX verpflichten sich zur ungeteilten Hand folgenden Prozesskostenersatz zu leisten:

EUR 23.598,78 zu Handen XXXX

EUR 17.824,36 zu Handen XXXX ,

EUR 48.988,87 zu Handen RA XXXX ,

wobei diese Beträge jeweils binnen 14 Tagen ab Vergleichsabschluss bei sonstiger Exekution zu bezahlen sind.

3. Zur Besicherung der unter Punkt 1. genannten Zahlungen, räumen XXXX , nachgenannten Personen folgende Pfandrechte an der derzeit der verstorbenen XXXX alleine zugeschriebenen Liegenschaft XXXX , jeweils im ersten Geldrang, ein:

zu Gunsten XXXX , ein Pfandrecht im Betrag von EUR 264.065,82 samt 4 Prozent Zinsen ab 01.01.2017,

zu Gunsten XXXX , ein Pfandrecht im Betrag von EUR 264.065,82 samt 4 Prozent Zinsen ab 01.01.2017,

zu Gunsten XXXX , ein Pfandrecht im Betrag von EUR 85.404,47 samt 4 Prozent Zinsen ab 01.01.2017,

zu Gunsten XXXX , ein Pfandrecht im Betrag von EUR 85.404,47 samt 4 Prozent Zinsen ab 01.01.2017,

und willigen aufgrund dieses Vergleiches in die grundbücherliche Einverleibung der vorgenannten Pfandrechte zu Gunsten der vorgenannten Personen an der XXXX , ein.

Die Sechst- und Siebentantragsteller erteilten hiermit ihrem Rechtsvertreter XXXX den unwiderruflichen Auftrag, die Einverleibung dieser Pfandrechte binnen 14 Tagen ab Rechtskraft der im Punkt 1. genannten Entscheidung zu 1 a 193/12z des BG XXXX auf Ihre Kosten grundbücherlich durchzuführen.

4. Die Sechst- und Siebentantragsteller XXXX verpflichten sich sämtliche aus diesem Vergleich sich ergebende Grunderwerbssteuer, Eintragungsgebühr allenfalls anfallende ImmoEst, Gebühren der Pfandrechtseinverleibung und Gebühren dieses Vergleiches, zu tragen, und halten diesbezüglich die 1. bis 5. Antragsteller völlig schad- und klaglos.“

2. Infolge des abgeschlossenen Vergleiches wurde den beschwerdeführenden Parteien mit Lastschriftanzeige vom 13.06.2016 eine Pauschalgebühr in Höhe von EUR 6.200,00 vorgeschrieben, welche am 20.06.2016 auf das Konto des Bezirksgerichtes eingezahlt wurde.

3. Im Zuge einer Nachprüfung der Gebühren und Kosten durch die Revisorin wurde am 14.11.2019 die Einhebung eines Fehlbetrages in Höhe von EUR 10.906,00 abzüglich der bereits geleisteten Zahlung in Höhe von EUR 6.200,00, sohin eines Betrages in Höhe von EUR 4.706,00, aufgetragen. Begründend wurde ausgeführt, dass Verbindlichkeiten, zu deren Abstattung eine Verpflichtung eingegangen worden sei, der Gebührenvorschreibung zu Grunde zu legen seien. Dies gelte auch dann, wenn es sich um Lasten handle, die auf einer Liegenschaft bücherlich sichergestellt würden. Die Bemessungsgrundlage betrage daher für Punkt 1. und 3. des Vergleiches je EUR 784.345,05, sohin gesamt EUR 1.568.690,10.

4. Im gegenständlichen Einbringungsverfahren erließ der Präsident des Landesgerichtes St. Pölten (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Bescheid – nach Außer-Kraft-Treten des zunächst ergangenen Mandatsbescheides/Zahlungsauftrages vom 02.12.2019 aufgrund erhobener Vorstellung – (erneut) einen Zahlungsauftrag gemäß § 6a Abs. 1 Gerichtliches Einbringungsgesetz (GEG), mit dem die beschwerdeführenden Parteien als zahlungspflichtige Parteien aufgefordert wurden, die (für den am 02.06.2016 abgeschlossenen prätorischen Vergleich angefallene) restliche Pauschalgebühr nach TP 1 GGG iVm §19a GGG in der Höhe von EUR 7.978,00 (Bemessungsgrundlage: EUR 1.568.691,00 und die Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG in der Höhe von EUR 8,00, sohin einen Betrag von insgesamt EUR 7.986,00 binnen 14 Tagen auf ein näher genanntes Konto bei sonstiger Exekution zu überweisen.

Begründend wurde ausgeführt, dass die beschwerdeführenden Parteien mit dem abgeschlossenen Vergleich unter Punkt 3. zur Besicherung der Punkt. 1. vereinbarten Verpflichtung zur Leistung der Geldbeträge jene weitere Verpflichtung eingegangen seien, die grundbücherliche Besicherung der Forderungen vornehmen zu lassen. Es sei die Einwilligung zur Einverleibung der entsprechenden Pfandrechte erteilt worden. Der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu § 18 GGG folgend sei bei der Vergebührung von Vergleichen maßgebend, dass im Vergleich eine Verpflichtung ausgesprochen worden sei, wobei die Formulierung „Verpflichtung“ nicht zwingend erforderlich sei. Des Weiteren bedürfe es einer Verfügung über materielle Rechte. Betrachte man die herrschende Rechtsansicht, dass ein Vorkaufsrecht oder sonstiges Optionsrecht als materielles Recht anzusehen sei, so sei auch die Einverleibung eines grundbücherlich sicherzustellenden Pfandrechtes als ein dem materiellen Recht unterzuordnendes Rechtsthema anzusehen. Hierbei werde ein konkreter Rechtserfolg geschaffen und nicht bloß die Regelung zur Herbeiführung eines solchen festgelegt. Die zusätzliche zur Leistungsverpflichtung geschaffene Verpflichtung zur pfandrechtlichen Sicherstellung sei daher der Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Gerichtsgebühren hinzuzuzählen.

5. Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien fristgerecht Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, in welcher sie wie folgt ausführten:

Der Bescheid werde wegen unrichtiger Rechtsanwendung bzw. unrichtiger rechtlicher Beurteilung zu § 18 GGG im Umfang der Vorschreibung von EUR 5.816,00 bekämpft. Die Feststellungen zum Vergleichsabschluss, die angenommene Bemessungsgrundlage für Punkt 1. des Vergleiches in Höhe von EUR 784.345,00 sowie die Hinzurechnung eines Streitgenossenzuschlages von 35% blieben jeweils unbekämpft. Es sei weiters richtig, dass nach ständiger Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes die Verschaffung eines weiteren materiellen Rechts maßgeblich sei. Die Besicherung der im Punkt 1. des Vergleiches vereinbarten Leistung sei kein eigenes und weiteres materielles Recht, weil es keine neue Rechtsposition verschaffe. Die Besicherung der Leistungsverpflichtung stelle keine den Streitwert überschreitende weitere Leistung dar. Wie etwa nach ständiger Judikatur eine Lösungsbefugnis durch Zahlung eines geringeren Betrages bis zu einer bestimmten Frist keine weitere Leistung darstelle, da die Lösungsbefugnis nur ein zusätzliches Druckmittel zur Einhaltung des Vergleiches sei, so sei analog hierzu auch die Vereinbarung einer pfandrechtlichen Besicherung nur ein Druckmittel zur Sicherstellung der fristgerechten Leistung der vergleichsweise eingegangenen Zahlungsverpflichtung. Der Hinweis in der rechtlichen Beurteilung, wonach auch ein Vorkaufsrecht oder sonstiges Optionsrecht als weiteres materielles Recht anzusehen sei, überzeuge nicht, weil die pfandrechtliche Besicherung einer Leistungsverpflichtung in Geld nicht mit einem Vorkaufsrecht oder sonstigem Optionsrecht verglichen werden könne. Es ergebe sich daher, dass mit dem gegenständlichen Vergleich nur eine Zahlungsverpflichtung eingegangen worden sei, nämlich die im Punkt. 1 lit. a bis e des Vergleiches angeführten Beträge. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung ergebe sich sohin unter Berücksichtigung des Streitgenossenzuschlages eine Gesamtgebühr von EUR 8.370,00, wovon EUR 6.200,00 bereists entrichtet seien. Die zu Recht vorzuschreibende restliche Pauschalgebühr ergebe sohin EUR 2.710,00. Die beschwerdeführenden Parteien würden den Betrag von EUR 2.178,00 (inkl. der Einhebungsgebühr) an das Bezirksgericht einbezahlen.

6. Am 25.02.2020 überwiesen die beschwerdeführenden Parteien einen Betrag in Höhe von EUR 2.178,00 an das Bezirksgericht.

7. Die belangte Behörde sah von einer Beschwerdevorentscheidung ab und legte die Beschwerde samt den bezughabenden Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Ausführungen oben unter Punkt I. zum Verfahrensgang (Verwaltungsgeschehen) und Sachverhalt werden festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus dem prätorischen Vergleich vom 02.06.2016, dem angefochtenen Bescheid und der Beschwerde. Die relevanten Ermittlungsergebnisse und Urkunden liegen in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten ein. Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides den maßgeblichen Sachverhalt in Übereinstimmung mit der Aktenlage richtig festgestellt. Diesem Sachverhalt traten die beschwerdeführenden Parteien in der Beschwerde nicht entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.

3.3. Sie ist jedoch in der Sache nicht berechtigt:

3.3.1. Gemäß § 1 Abs. 1 Gerichtsgebührengesetzes (GGG) unterliegt den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren die Inanspruchnahme der Tätigkeit der Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizverwaltungsbehörden einschließlich der an diese gerichteten Eingaben sowie die Führung der öffentlichen Bücher, Urkundensammlungen sowie einsichtsfähigen Register nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen und des angeschlossenen, einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs.

Gemäß Tarifpost (TP) 1 GGG (in der hier maßgeblichen Fassung) betragen die Pauschalgebühren in zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz bei einem Wert des Streitgegenstandes über EUR 350.000,00 1,2% vom jeweiligen Streitwert zuzüglich EUR 2.987,00.

Gemäß der Anmerkung 2 zur TP 1 GGG ist die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG auch für prätorische Vergleiche (§ 433 ZPO) sowie für Verfahren zur Erlassung einstweiliger Verfügungen und Europäischer Beschlüsse zur vorläufigen Kontenpfändung außerhalb eines Zivilprozesses zu entrichten; in diesen Fällen ermäßigt sich die Pauschalgebühr nach Tarifpost 1 auf die Hälfte.

Gemäß § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.

Nach § 57 JN ist bei Streitigkeiten, welche nur die Sicherstellung einer Forderung oder ein Pfandrecht zum Gegenstande haben, der Betrag der Forderung, oder wenn der Pfandgegenstand einen geringeren Wert hat, dessen Wert für die Bewertung des Streitgegenstandes maßgebend.

§ 18 GGG bestimmt:

Abs. 1: Die Bemessungsgrundlage bleibt für das ganze Verfahren gleich.

Abs. 2: Hievon treten folgende Ausnahmen ein:
1. Wird der Streitwert gemäß § 7 RATG geändert, so bildet - unbeschadet des § 16 - der geänderte Streitwert die Bemessungsgrundlage. Bereits entrichtete Mehrbeträge sind zurückzuzahlen.
2. Wird der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen.
2a. Ist Gegenstand des Vergleichs eine Räumungsverpflichtung, die auch der Sicherung einer Forderung auf wiederkehrende Leistungen dient (etwa wenn auf die Räumung verzichtet wird oder von dieser kein Gebrauch gemacht werden soll, solange die Leistungsverpflichtung fristgerecht erfüllt wird), so ist in die Bemessungsgrundlage des Vergleiches neben dem Streitwert für die Räumung auch der Streitwert für die wiederkehrenden Leistungen einzurechnen.
3. Betrifft das Rechtsmittelverfahren oder das Verfahren über eine Wiederaufnahms- oder Nichtigkeitsklage nur einen Teil des ursprünglichen Streitgegenstandes, so ist in diesem Verfahren für die Berechnung nur der Wert dieses Teiles maßgebend. Bei wechselseitig erhobenen Rechtsmitteln sind die Pauschalgebühren nach Maßgabe der Anträge eines jeden der beiden Streitteile gesondert zu berechnen und vom jeweiligen Rechtsmittelwerber zu entrichten. Ist der von der Anfechtung betroffene Teil nicht nur ein Geldanspruch, so hat ihn der Rechtsmittelwerber in der Rechtsmittelschrift zu bewerten; unterläßt er dies, ist der Bemessung der Pauschalgebühr für das Rechtsmittelverfahren der ganze Wert des ursprünglichen Streitgegenstandes zugrunde zu legen.
4. Wenn ausschließlich der Ausspruch über die Zinsen angefochten wird, ist als Endzeitpunkt für die Zinsenberechnung der Zeitpunkt maßgebend, zu dem dem Rechtsmittelwerber die angefochtene Entscheidung zugestellt worden ist.

Abs. 3: Eine Änderung des Streitwertes für die Pauschalgebühren tritt nicht ein, wenn das Klagebegehren zurückgezogen oder eingeschränkt wird oder wenn ein Teil- oder Zwischenurteil gefällt wird.

Gemäß § 19a GGG erhöhen sich die in den Tarifposten 1 bis 4 angeführten Gebühren, wenn in einer Rechtssache mehrere Personen gemeinsam einen Anspruch gerichtlich geltend machen oder gerichtlich in Anspruch genommen werden oder wenn mehrere Personen gemeinsam ein Rechtsmittel erheben oder wenn dem Rechtsmittelwerber mehrere Personen als Rechtsmittelgegner gegenüberstehen. Die Erhöhung beträgt 10 vH, wenn zumindest auf einer Seite zwei Streitgenossen (Antragsteller, Antragsgegner), Rechtsmittelwerber oder Rechtsmittelgegner vorhanden sind, und 5 vH für jeden weiteren Streitgenossen (Antragsteller, Antragsgegner), Rechtsmittelwerber oder Rechtsmittelgegner, jedoch nie mehr als insgesamt 50 vH; Erhöhungsbeträge, die nicht auf volle 10 Cent lauten, sind auf die nächsten vollen 10 Cent aufzurunden.

3.3.2. Umgelegt auf den hier vorliegenden Sachverhalt ergibt sich daraus Folgendes:

3.3.2.1. Unstrittig ist, dass die beschwerdeführenden Parteien für den Abschluss des prätorischen Vergleiches am 02.06.2016 eine Pauschalgebühr nach TP 1 GGG iVm Anmerkung 2 zur TP 1 GGG zu entrichten haben. Weiters stellten die beschwerdeführenden Parteien die Bemessungsgrundlage für Punkt 1. des Vergleiches in Höhe von EUR 784.345,00 sowie die Hinzurechnung eines Streitgenossenzuschlages von 35 % außer Streit.

Strittig ist, ob die pfandrechtliche Sicherstellung der in Punkt 1. des Vergleichs genannten Zahlungen (Punkt 3. des Vergleichs) ebenfalls der Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Pauschalgebühr hinzuzurechnen ist.

Die beschwerdeführenden Parteien bringen vor, dass die Besicherung der im Punkt 1. des Vergleiches vereinbarten Leistung kein eigenes und weiteres materielles Recht sei, weil es keine neue Rechtsposition verschaffe und daher nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dieser Vergleichspunkt nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sei.

Die beschwerdeführenden Parteien sind mit ihren Ausführungen jedoch nicht im Recht:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 18 GGG kommt es bei einem Vergleich auf die im Vergleich übernommene Verpflichtung an, wobei die wechselseitigen Leistungen der Vergleichsparteien in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind und es maßgeblich ist, dass der Vergleich eine Verfügung über materielle Rechte enthält. Dabei ist es irrelevant, ob die im Vergleich enthaltenen Punkte zwischen den Parteien überhaupt strittig waren; ebenso wenig maßgeblich ist es, ob die im Vergleich übernommene Verpflichtung vorher nicht ohnehin schon bestanden hat und im Vergleich nur neuerlich (bekräftigend) übernommen wird; schließlich kommt es auch nicht darauf an, ob mit dem Vergleich überhaupt ein exekutionsfähiger Titel geschaffen wird; auch Vergleiche, die lediglich zur Klarstellung dienen, sind gebührenrechtlich relevant (VwGH 19.02.1998, 97/16/0395; VwGH 19.12.2002, 2002/16/0225; VwGH 18.09.2003, 2003/16/0078; VwGH 29.01.2015, 2013/16/0191 mwN).

Daraus kann für den verfahrensgegenständlichen Vergleich abgeleitet werden:

Im Wege der Vergleichspunkte 1. und 3. wurden Verfügungen über materielle Rechte im Wert von jeweils EUR 784.345,00 vorgenommen. Aus Punkt 3. des Vergleiches geht eindeutig hervor, dass die beschwerdeführenden Parteien den anderen Vergleichsparteien Pfandrechte an einer Liegenschaft einräumen und in die grundbücherliche Einverleibung der vorgenannten Pfandrechte einwilligen. Damit sind die beschwerdeführenden Parteien aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Leistungsverpflichtung eingegangen und haben eine Verfügung über ein materielles Recht getroffen (vgl. dazu abermals VwGH 19.12.2002, 2002/16/0225, wonach auch die Einwilligung des Beschwerdeführers in die Umbuchung einer Sicherheit auf Obligo als eine Leistungsverpflichtung und damit als Verfügung über ein materielles Recht anzusehen ist, sowie VwGH 18.09.2003, 2003/16/0078, wonach eine Verfügung über ein materielles Recht bereits darin erblickt wurde, dass der Vergleichspartner der Beschwerdeführerin sein Einverständnis dazu erklärt hat, dass der Betrag, der aus dem Verkauf einer ihm gehörenden Liegenschaft resultiert, an die Beschwerdeführerin und eine andere Bank überwiesen werden soll).

Wenn die beschwerdeführenden Parteien in ihrer Beschwerde vorbringen, dass das Zivilprozessrecht eine Klage auf Besicherung einer Geldleistung nicht kenne, da eine urteilsmäßig festgestellte oder vergleichsweise vereinbarte Zahlungspflicht im Wege der Zwangsvollstreckung zu vollziehen sei und sich daraus ergebe, dass die Besicherung kein materielles Recht sei, sind sie auf die oben angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es für die Bemessungsgrundlage nicht darauf ankommt, ob mit dem Vergleich überhaupt ein exekutionsfähiger Titel geschaffen wird.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der beschwerdeführenden Parteien, dass die Vereinbarung einer pfandrechtlichen Besicherung wie eine Lösungsbefugnis durch Zahlung eines geringeren Betrages bis zu einer bestimmten Frist keine weitere Leistung darstelle, sondern nur ein zusätzliches Druckmittel zur Einhaltung des Vergleiches bzw. der eingegangenen Zahlungspflichten sei, ist auszuführen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 18.09.2003, 2003/16/0078) eine Lösungsbefugnis dann nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen ist, wenn sie nur eine Befreiungsmöglichkeit enthält, jedoch die vorliegende Vereinbarung damit nicht zu vergleichen ist, zumal es sich bei dem in Punkt. 3 des Vergleiches getroffenen Übereinkommen nicht um eine Befreiungsmöglichkeit handelt, sondern ein weiteres, aktives Tun, eine weitere Leistungsverpflichtung (Einräumung der Pfandrechte), vereinbart wird. Es ist nämlich nicht ersichtlich, von welcher konkreten Verbindlichkeit sich die beschwerdeführenden Parteien durch Einräumung der Pfandrechte befreien können.

Im Übrigen ergibt sich bereits aus § 57 JN, der normiert, dass bei Streitigkeiten, welche nur die Sicherstellung einer Forderung oder ein Pfandrecht zum Gegenstande haben, der Betrag der Forderung, oder wenn der Pfandgegenstand einen geringeren Wert hat, dessen Wert für die Bewertung des Streitgegenstandes maßgebend ist, dass derartige Vereinbarung einer Gebührenpflicht unterliegen. Die beschwerdeführenden Parteien vereinbarten in Punkt 3. des prätorischen Vergleichs, die Einräumung von Pfandrechten an einer Liegenschaft zur Besicherung der unter Punkt 1. genannten Zahlungen und willigten in die grundbücherliche Einverleibung der vorgenannten Pfandrechte ein. Die Höhe dieser Zahlungen ist unstrittig und betragen diese laut Punkt. 1 des Vergleiches gesamt EUR 784.345,00. Dieser Wert ist gemäß § 57 JN auch für die Bewertung des Streitgegenstandes maßgeblich (VwGH 05.04.2011, 2010/16/0116).

Die belangte Behörde hat daher die Bemessungsgrundlage für den am 02.06.2016 abgeschlossenen prätorischen Vergleich zu Recht mit EUR 1.568.691,00 (je EUR 784.345,00) für die Vergleichspunkte 1. und 3. festgesetzt. Unter Heranziehung dieser Bemessungsgrundlage errechnet sich daher für den vorliegenden Fall eine Pauschalgebühr nach TP 1 GGG iVm § 19a GGG iVm Anmerkung 2 zur TP 1 GGG von EUR 14.722,62, gerundet nach § 6 Abs. 2 GGG somit ein Betrag von EUR 14.723,00 (1.568.691,00 * 1,2% + 2.987 = 21.811,292 + 35 % Streitgenossenzuschlag = 29.445,24 / 2 = 14.722,62).

Zu bemerken ist, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid bei der Ermittlung der Pauschalgebühr lediglich einen Streitgenossenzuschlag von 30% (anstelle von richtig 35%) berücksichtigt hat, was vom Bundesverwaltungsgericht zu korrigieren war. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass das Verbot der reformatio in peius (Verschlechterungsverbot) außerhalb des Verwaltungsstrafverfahrens nicht gilt (vgl. etwa VwGH 17.12.2014, Ro 2014/03/0066; VwGH 30.6.2015, Ra 2015/21/0002; VwGH 09.09.2019, Ro 2016/08/0009).

Ausgehend von der errechneten Pauschalgebühr von EUR 14.723,00 und der Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG von EUR 8,00 ergibt sich abzüglich der von den beschwerdeführenden Parteien bereits geleisteten Zahlungen von EUR 6.200,00 (am 24.06.2016) sowie von EUR 2.178,00 (am 25.02.2020) ein mit Zahlungsauftrag vorzuschreibender noch offener Gesamtbetrag von EUR 6.353,00.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides (Zahlungsauftrages) war daher entsprechend abzuändern.

3.4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 und Abs. 4 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall liegt kein Parteiantrag auf Durchführung einer Verhandlung vor. Weiters konnte auch deshalb von einer Verhandlung abgesehen werden, da die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich ist (vgl. dazu auch VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung/Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist, und VwGH 11.01.2016, Ra 2015/16/0132 [betreffend ein Nachlassverfahren nach dem GEG], wonach Angelegenheiten der Gerichtsgebühr nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK fallen). Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt, die Beweiswürdigung der Verwaltungsbehörde wurde nicht substantiiert bekämpft und es wurde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen erstattet. Zu einer Lösung von Rechtsfragen ist im Sinne der Judikatur des EGMR (vom 10.05.2007, Nr. 7401/04 [Hofbauer/Österreich Nr. 2] und vom 03.05.2007, Nr. 17.912/05 [Bösch/Österreich]) eine mündliche Verhandlung nicht geboten.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich im konkreten Fall eine Rechtsfrage stellt, die über den (hier vorliegenden konkreten) Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Ausgehend davon kann eine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG von grundsätzlicher Bedeutung auch insofern nicht bejaht werden (vgl. etwa VwGH 25.09.2015, Ra 2015/16/0085, mwN). Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

Schlagworte

Bemessungsgrundlage Einhebungsgebühr Gerichtsgebühren Gerichtsgebührenpflicht Pauschalgebühren Pfandrechtseintragung Streitgenossenzuschlag Streitwert Vergleich Zahlungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W108.2231292.1.00

Im RIS seit

09.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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