TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/19 W259 2241347-1

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Veröffentlicht am 19.10.2021
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Entscheidungsdatum

19.10.2021

Norm

AVG §38
AVG §73 Abs1
B-VG Art133 Abs4
GehG §113
GehG §13b
GehG §169c
GehG §169f
GehG §169g
VwGVG §16
VwGVG §28 Abs7
VwGVG §8

Spruch


W259 2241347-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Ulrike RUPRECHT als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch XXXX , Rechtsanwälte XXXX , wegen Verletzung der Entscheidungspflicht der XXXX betreffend den am XXXX .2013 und am 29.09.2014 gestellten Anträgen hinsichtlich Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages zu Recht:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der XXXX , aufgetragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung des Bundesverwaltungsgerichtes binnen acht Wochen ab Zustellung zu erlassen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer beantragte am XXXX .2013 die Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtages durch Anrechnung von vor der Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Zeiten und seiner daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung sowie allenfalls die Nachzahlung von Bezügen. Mit Schreiben vom XXXX .2014 wiederholte er seinen Antrag, wobei er den Zeitpunkt der Beendigung des im Anhang angeführten Schulbesuches änderte.

2. Mit Bescheid der XXXX (folgend: belangte Behörde), vom XXXX .2014 wurde das Verfahren bis zur Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichthofes vom 11.11.2014 in der Rechtssache C-530/13 durch den Bundesgesetzgeber gemäß § 38 AVG ausgesetzt.

3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom XXXX 2015 wurden die Anträge des Beschwerdeführers gemäß § 175 Abs. 79 Z 2 und 3 des Gehaltsgesetzes 1956 idF BGBl. I Nr. 32/2015 (GehG 1956) mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen, dass der Gesetzgeber mit der Bundesbesoldungsreform 2015, BGBl. I Nr. 32/2015, alle bisherigen Bestimmungen betreffend den Vorrückungsstichtag aufgehoben und in der Übergangsbestimmung des § 175 Abs. 79 Z 2 und 3 GehG 1956 normiert habe, dass auch die bisherigen einschlägigen Bestimmungen in laufenden und künftigen Verfahren nicht mehr anzuwenden seien und somit die Rechtsgrundlage für den gegenständlichen Antrag weggefallen sei.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde mit der Begründung, dass der Gesetzgeber durch die mit der Bundesbesoldungsreform 2015 getroffenen Übergangs- und Überleitungsbestimmungen die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes betreffend die Anrechnung von Vordienstzeiten vor dem 18. Geburtstag nur unzureichend umgesetzt und damit die Altersdiskriminierung fortgeschrieben werde.

5. Das Bundesverwaltungsgericht setzte das Verfahren mit Beschluss gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die ordentliche Revision zu Zl. Ro 2015/12/0022 aus.

6. Mit beim Bundesverwaltungsgericht am XXXX 2016 eingelangtem Erkenntnis vom 09.09.2016, Ro 2015/12/0025, hat der Verwaltungsgerichtshof über die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen entschieden.

7. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.10.2016 (W208 2110204-1/4E) gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde Folge und hob den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom XXXX 2015 ersatzlos auf.

8. Mit Bescheid der XXXX , vom XXXX .2017 wurde das Verfahren bis zur Vorabentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof, welcher vom Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom 19.12.2016, GZ: 9 ObA 141/15y-14 angerufen wurde, gemäß § 38 AVG ausgesetzt.

9. Mit Urteil vom 08.05.2019 zu C-24/17 hat der Europäische Gerichtshof über das Vorabentscheidungsersuchen entschieden.

10. Mit Schreiben vom XXXX .2020 erhob der Beschwerdeführer wegen Verletzung der Entscheidungspflicht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin wurde insbesondere ausgeführt, dass die sechsmonatige Entscheidungsfrist – auch unter Berücksichtigung der Fristunterbrechung aufgrund der COVID-Pandemiegesetzgebung – längst verstrichen und der Akt nicht erledigt worden sei. Diese Säumnis sei von der Dienstrechtsbehörde erster Instanz zu vertreten, die nach außen keine wahrnehmbare Tätigkeit entfaltet habe. In der Sache selbst wurde auf die vorangehende Argumentation und die entsprechende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Beamter bei der XXXX .

Während seines aufrechten Dienstverhältnisses zum Bund beantragte er am XXXX .2013 und am XXXX .2014 die Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtages durch Anrechnung von vor der Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Zeiten und seiner daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung sowie allenfalls die Nachzahlung von Bezügen.

Die belangte Behörde hat über die Anträge des Beschwerdeführers nicht abgesprochen.

Mit Schreiben vom XXXX .2020 erhob der Beschwerdeführer wegen Verletzung der Entscheidungspflicht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, welche dem Bundesverwaltungsgericht samt dem Bezug habenden Verwaltungsakt im April 2021 vorgelegt wurde.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit der Säumnisbeschwerde des Beschwerdeführers und sind soweit unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (GehG 1956, BDG 1979) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Zur Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde:

Gemäß § 8 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen, einen Bescheid zu erlassen.

Gemäß § 38 AVG ist die Behörde berechtigt, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage auszusetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

Der Beschwerdeführer hat am XXXX .2013 den gegenständlichen Antrag auf Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtages gestellt und diesen mit Antrag vom XXXX .2014 im Wesentlichen wiederholt. Mit Bescheid vom XXXX 2015 wurden diese Anträge als unzulässig zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht setzte das Verfahren mit Beschluss gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die ordentliche Revision zu Zl. Ro 2015/12/0022 aus. Nachdem der Verwaltungsgerichtshof über die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen entschieden hatte, hob das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 24.10.2016 (W208 2110204-1/4E) den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom XXXX 2015 ersatzlos auf. Diese Entscheidung wurde der belangten Behörde am 04.11.2016 zugestellt, sodass zu diesem Zeitpunkt die sechsmonatige Entscheidungsfrist neu zu laufen begonnen hat.

Die belangte Behörde setzte das Verfahren mit Bescheid vom XXXX .2017 gemäß § 38 AVG bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes im Vorabentscheidungsersuchen zu C-24/17 aus. Mit Urteil vom 08.05.2019 zu C-24/17 hat der Europäische Gerichtshof über das Vorabentscheidungsersuchen entschieden. Durch den Wegfall des Aussetzungsgrundes hat die Entscheidungsfrist der Behörde neu zu laufen begonnen. Die sechsmonatige Entscheidungsfrist der belangten Behörde ist daher gemäß § 73 Abs. 1 AVG am 08.11.2019 abgelaufen. Am XXXX .2020 erhob der Beschwerdeführer Säumnisbeschwerde.

Wie sich aus den Verwaltungsakten und aus dem oben dargestellten Verfahrensgang ergibt, hat die belangte Behörde in dieser Zeit keine Ermittlungs- bzw. Verfahrensschritte gesetzt.

Ein Aussetzungsbescheid nach § 38 AVG verliert seine Rechtswirksamkeit jedenfalls mit dem Eintritt des Zeitpunktes, bis zu welchem die Aussetzung verfügt worden ist, also bei einer Aussetzung bis zur rechtskräftigen Beendigung eines Verwaltungsverfahrens mit dessen Beendigung. Ab diesem Zeitpunkt ist die Rechtsverletzungsmöglichkeit, unabhängig davon, ob das ausgesetzte Verfahren bereits fortgesetzt wurde, nicht gegeben (VwGH 01.07.2010, 2009/04/0129 mwN).

Vor diesem Hintergrund hat der Aussetzungsbescheid der belangten Behörde mit rechtskräftigem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 08.05.2019 zu C-24/17 seine Rechtswirksamkeit verloren und die Entscheidungsfrist der belangten Behörde hat neu zu laufen begonnen. Die sechsmonatige Entscheidungsfrist der belangten Behörde ist daher am 08.11.2019 abgelaufen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff des Verschuldens der Behörde nach § 73 Abs. 2 AVG nicht im Sinne eines Verschuldens von Organwaltern der Behörde, sondern insofern „objektiv“ zu verstehen, als ein solches „Verschulden“ dann anzunehmen ist, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde nicht durch schuldhaftes Verhalten der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse an der Entscheidung gehindert war (vgl. VwGH 21.09.2007, 2006/05/0145).

In diesem Zusammenhang ist daher festzuhalten, dass sich aus dem Akteninhalt nicht ergibt, dass die Verletzung der Entscheidungspflicht durch ein schuldhaftes Verhalten des Beschwerdeführers oder durch unüberwindliche Hindernisse verursacht war. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher von einer durch die Behörde zu verantwortenden Untätigkeit aus, welche die Kriterien des „überwiegenden Verschuldens“ erfüllt.

Aus all dem folgt, dass die Säumnisbeschwerde zulässig ist.

Da die belangte Behörde nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, den Bescheid innerhalb der Nachfrist von drei Monaten iSd § 16 VwGVG nachzuholen, sondern die Säumnisbeschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt hat, ist die Zuständigkeit an das Bundesverwaltungsgericht übergegangen.

3.2. Nachholung des versäumten Bescheides:

Gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG kann im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen.

Auch wenn das Gesetz keine expliziten Voraussetzungen für die Ausübung dieses Ermessens nennt, ist anzunehmen, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung in erster Linie die Grundsätze der Verfahrensökonomie zu beachten hat (vgl. VwGH 24.10.2017, Ra 2016/06/0023 mwN). Aus verfahrensökonomischer Sicht wird die Erlassung eines „Teilerkenntnisses“ vor allem dann in Betracht kommen, wenn neben der Lösung der maßgeblichen Rechtsfragen auch noch der Sachverhalt weiter klärungsbedürftig ist.

Vor diesem Hintergrund macht das Bundesverwaltungsgericht von der Ermächtigung gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG Gebrauch und trägt der belangten Behörde auf, den versäumten Bescheid innerhalb von acht Wochen unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung nachzuholen:

In Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG ist die 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, ergangen (zuletzt ergänzt mit BGBl. I Nr. 153/2020).

§ 169f Abs. 1 GehG 1956 ordnet an, dass bei Beamten, die sich am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, im Dienststand befinden (Z 1) und die nach § 169c Abs. 1 übergeleitet wurden (Z 2) und deren erstmalige Festsetzung des Vorrückungsstichtags für das laufende Dienstverhältnis unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten erfolgt ist (Z 3) und bei denen nach der erstmaligen Festsetzung nach Z 3 nicht die vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2010 vorangestellt und durch Außerachtlassung der mit diesem Bundesgesetz bewirkten Verlängerung des für die erste Vorrückung erforderlichen Zeitraums zur Gänze für die Einstufung wirksam geworden sind (Z 4), die besoldungsrechtliche Stellung von Amts wegen bescheidmäßig neu festzusetzen ist.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. erfolgt bei den am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, anhängigen Verfahren, welche die Frage der Anrechnung zusätzlicher Vordienstzeiten, der Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags, insbesondere nach § 113 Abs. 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2010, der Neufestsetzung des Besoldungsdienstalters oder der Festsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung für eine Beamtin oder einen Beamten nach Abs. 1 Z 3 als Hauptfrage zum Gegenstand haben, eine Neufestsetzung im Rahmen dieser Verfahren.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. erfolgt die Neufestsetzung nach den Abs. 1 bis 3 nach Ermittlung des Vergleichsstichtags (§ 169g) durch Feststellung des Besoldungsdienstalters zum Ablauf des 28.02.2015. Das Besoldungsdienstalter nach § 169c erhöht sich um den zwischen dem Vergleichsstichtag und dem Vorrückungsstichtag liegenden Zeitraum, wenn der Vergleichsstichtag vor dem Vorrückungsstichtag liegt, andernfalls vermindert es sich um diesen Zeitraum. Für den Vergleich ist der letzte Vorrückungsstichtag maßgebend, der unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten festgesetzt wurde.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die belangte Behörde zunächst den letzten Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers, der unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten festgesetzt wurde und gemäß § 169f Abs. 4 letzter Satz GehG 1956 für den Vergleich mit dem zu ermittelnden Vergleichsstichtag heranzuziehen ist, festzustellen hat.

In einem weiteren Schritt hat die belangte Behörde den Vergleichsstichtag gemäß § 169g GehG 1956 zu ermitteln.

Zuletzt hat die belangte Behörde den im ersten Schritt festgestellten Vorrückungsstichtag mit dem festgestellten Vergleichsstichtag zu vergleichen. Das Besoldungsdienstalter nach § 169c GehG 1956 erhöht sich um den zwischen dem Vergleichsstichtag und dem Vorrückungsstichtag liegenden Zeitraum, wenn der Vergleichsstichtag vor dem Vorrückungsstichtag liegt, andernfalls vermindert es sich um diesen Zeitraum.

Sollte sich aufgrund dieser Berechnung ergeben, dass sich die Einstufung des Beschwerdeführers verbessert, würde dem Beschwerdeführer eine Nachzahlung der sich aus der Verbesserung seiner Einstufung ergebenden Bezüge gebühren.

Dazu ist folgende Rechtsanschauung festzulegen:

Der Beschwerdeführer hat seinen ersten Antrag am XXXX .2013 und damit zu einem Zeitpunkt gestellt, als § 113 Abs. 13 GehG 1956 idF BGBl. I Nr. 82/2010 noch in Kraft war.

§ 113 Abs. 13 Gehaltsgesetz 1956 idF BGBI. I Nr. 82/2010 (kundgemacht am 30.08.2010), normierte:

„Für besoldungs- und pensionsrechtliche Ansprüche, die sich aus einer Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages ergeben, ist der Zeitraum vom 18. Juni 2009 bis zum Tag der Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2010 nicht auf die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 13b dieses Bundesgesetzes oder gemäß § 40 des Pensionsgesetzes 1965 anzurechnen.“

Die Wortfolge „diese Bestimmungen sind in laufenden und künftigen Verfahren nicht mehr anzuwenden“ in § 175 Abs. 79 Z 2 GehG 1956 idF BGBl. I Nr. 32/2015 (kundgemacht am 11.02.2015) steht im Widerspruch zum Unionsrecht und hat aufgrund des Effektivitäts- und Äquivalenzprinzips sowie des Schutzes des berechtigten Vertrauens unangewendet zu bleiben (vgl. auch VwGH 27.05.2019, Ra 2017/12/0001).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt die „anspruchsbegründende Leistung“ nach § 13b Abs. 1 GehG 1956 im Bestand eines Dienstverhältnisses am Monatsersten (Fälligkeitsdatum). Nachdem mit dem Monatsersten der Anspruch auf den gesamten Monatsbezug entsteht, beginnt auch die dreijährige Verjährungsfrist bereits mit Ablauf des Monatsersten zu laufen (VwGH 19.09.2003, 2003/12/002).

Somit ist im Falle einer Verbesserung seiner Einstufung die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 13b Abs. 1 GehG 1956 unter Berücksichtigung des § 113 Abs. 13 GehG 1956, der die gegenständliche Verjährungsfrist vom 18.06.2009 bis zum 30.08.2010, somit um 1 Jahr, 2 Monate und 12 Tage hemmte, zu berechnen.

Der belangten Behörde wird daher gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG aufgetragen, binnen acht Wochen den beantragten Bescheid zu erlassen. Im Hinblick auf die noch durchzuführenden Ermittlungen wurde die in § 28 Abs. 7 VwGVG vorgesehene Frist in vollem Umfang gewährt.

Es wird nicht verkannt, dass § 169f Abs. 7 GehG 1956 normiert, dass dem Beschwerdeführer das vorläufige Ergebnis der Ermittlungen aufgrund der Aktenlage mit der Aufforderung schriftlich mitzuteilen ist, binnen sechs Monaten allfällige weitere Zeiten geltend zu machen und die erforderlichen Nachweise zu erbringen, jedoch kann diese Frist mit Zustimmung des Beamten verkürzt werden, weshalb es der belangten Behörde möglich ist, den gegenständlichen Bescheid innerhalb einer Frist von 8 Wochen nachzuholen.

3.3. Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass dienstrechtliche Streitigkeiten öffentlich Bediensteter unter den Begriff der „civil rights“ im Verständnis des Art. 6 Abs. 1 EMRK fallen, insoweit derartige Streitigkeiten durch die innerstaatliche Rechtsordnung geregelte, subjektive Rechte oder Pflichten des jeweils betroffenen Bediensteten zum Gegenstand haben (vgl. VwGH 13.09.2017, Ro 2016/12/0024 mwN).

Demnach kann eine Verhandlungspflicht gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK nur dann entfallen, wenn die Ausnahmen für nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen oder hochtechnische Fragen Platz greifen (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0067).

Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt und es sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage handelt, kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu Spruchpunkt B) Zulässigkeit der Revision:

3.4. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt. Insbesondere fehlt es an einer Rechtsprechung zu der mit der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, erfolgten gesetzlichen Neugestaltung in Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG.

Schlagworte

Auftrag an die belangte Behörde Aussetzung Besoldungsdienstalter besoldungsrechtliche Stellung Entscheidungsfrist öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis Revision zulässig Säumnisbeschwerde Verletzung der Entscheidungspflicht Vorrückungsstichtag - Neufestsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W259.2241347.1.00

Im RIS seit

09.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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