TE Vwgh Erkenntnis 1975/9/12 1275/74

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Veröffentlicht am 12.09.1975
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Index

KFG
40/01 Verwaltungsverfahren
90/02 Kraftfahrgesetz

Norm

AVG §78
KFG 1967 §55 Abs3
KFG 1967 §55 Abs4
KFG 1967 §55 Abs4 litb

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Dolp und die Hofräte Dr. Schmid, Dr. Rath, Dr. Reichel und Großmann als Richter, im Beisein der Schriftührerin Dr. Korsche, über die Beschwerde der Freiwilligen Feuerwehr S, vertreten durch Dr. Wilhelm N. Leitgeb, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Theaterplatz 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 23. November 1973, Zl. 192.183-II/21/73, betreffend Kostenbeitrag gemäß § 55 Abs. 3 und 4 lit. b KFG 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin hat über Aufforderung durch die Bezirkshauptmannschaft Tulln ihren Einsatzwagen, den Lastkraftwagen mit dem Kennzeichen nnn am 8. Mai 1973 dem technischen Prüfstand in A vorgeführt und die Überprüfung gemäß § 55 KFG 1967 in der Fassung der Kraftfahrgesetz-Novelle 1971, BGBl. Nr. 285, durchführen lassen, den Kostenbeitrag nach § 55 Abs. 3 leg. cit. jedoch nicht entrichtet. Hierauf wurde ihr mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 28. Mai 1973 gemäß § 55 Abs. 3 und Abs. 4 lit. b leg. cit. ein Kostenbeitrag von S 130,-- zur Bezahlung vorgeschrieben.

In der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung wurde die Meinung vertreten, daß für die Beschwerdeführerin eine Verpflichtung zur Entrichtung des gegenständlichen Kostenbeitrages nicht gegeben sei. Dies schließe die Beschwerdeführerin ans der Bestimmung des § 78 Abs. 1 AVG 1950, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 45/1968, die normiere, daß ein im Verwaltungsverfahren als Partei auftretender Rechtsträger, der zur Vollziehung der Gesetze berufen ist, nicht der Verpflichtung zur Entrichtung von Bundesverwaltungsabgaben unterliege, wenn die Amtshandlung eine unmittelbare Voraussetzung der dem Rechtsträger obliegenden Vollziehung der Gesetze bilde. Um die Vorschreibung einer solchen Verwaltungsabgabe handle es sich offenbar im vorliegenden Fall, wenngleich der im § 55 Abs. 4 lit. b KFG 1967 gebrauchte Begriff „Kostenbeitrag“ dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz fremd sei. Die Freiwilligen Feuerwehren seien kraft Gesetzesbefehl zur Vollziehung der Gesetze verpflichtet und es seien deren Fahrzeuge unmittelbare Voraussetzung der den Rechtsträgern „Freiwillige Feuerwehren“ obliegenden Vollziehung der Gesetze.

Dieser Berufung gab der Landeshauptmann von Niederösterreich keine Folge. In der Begründüng des Berufungsbescheides wurde ausgeführt, daß die Berufungsausführungen hinsichtlich der Befreiung der Freiwilligen Feuerwehren von der Entrichtung einer Verwaltungsabgabe fehlgingen, da es sich im Gegensatz von der in der Berufung vertretenen Auffassung bei der gegenständlichen Gebührenvorschreibung nicht um die Vorschreibung einer Verwaltungsabgabe handle. Der Umstand, daß das allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz nur Kostenvorschreibungen nach §§ 76, 77 und 78 kenne, schließe nicht aus, daß in anderen gesetzlichen Vorschriften eigene Gebühren für besondere Anlässe festgesetzt werden können. Solche Gebühren sui generis lägen im gegenständlichen Fall vor. Ohne die Frage näher zu überprüfen, ob die Freiwilligen Feuerwehren einer Verpflichtung zur Entrichtung von Verwaltungsabgaben unterlägen, sei daher im gegenständlichen Fall ausschließlich nur darauf Bedacht zu nehmen, daß hinsichtlich der Nichttragung der Überprüfungsgebühren im Kraftfahrgesetz 1967 keine Ausnahmebestimmungen festgesetzt worden seien.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin gab die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge. Dieser Bescheid wurde damit begründet, daß die Ausführungen in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides im wesentlichen auch für die gegenständliche Entscheidung maßgebend gewesen seien.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin eine auf Art. 144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der sie die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptete. Der Verfassungsgerichtshof sprach mit Erkenntnis vom 28. Juni 1974, B 14/74-11, aus, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in keinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden sei, wies die Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber ab, ob die Beschwerdeführerin durch den Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin offenbar Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes mit der Behauptung geltend, es wäre das Gesetz (§ 55 Abs. 3 und 4 lit. b KFG 1967) unrichtig angewendet worden. Nach Inhalt des § 55 leg. cit. richte sich der Gesetzesauftrag nicht gegen Kraftfahrzeughalter, deren Fahrzeug in Vollziehung des Landesgesetzes - sei es im Feuerwehr- oder im Katastrophendienst - eingesetzt seien. Im Zusammenhang damit verwies die Beschwerdeführerin auf die analoge Anwendung des. allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes in bezug auf die Beitragsfreiheit der Feuerwehren.

Gemäß § 55 Abs. 1 KFG 1967 in der Fassung der Kraftfahrgesetz-Novelle 1971, BGBl. Nr. 285, sind u. a. Lastkraftwagen von der Behörde, die den Zulassungsschein ausgestellt hat, wiederkehrend - und zwar in den im § 55 Abs. 2 genannten Zeitabständen - zu überprüfen. Von dieser wiederkehrenden Überprüfung sind jedoch ausgenommen „Fahrzeuge im Besitz des Bundes, der Länder, der Gemeindeverbände, der Ortsgemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern und der von diesen Gebietskörperschaften unter ihrer Haftung betriebenen Unternehmungen, sofern die Fahrzeuge von den Dienststellen dieser Gebietskörperschaften oder Unternehmungen durch hinreichend geeignetes, die Voraussetzungen des § 125 Abs. 2 Z. 2 erfüllendes Personal und mit Hilfe der erforderlichen Einrichtungen selbst im Sinne der für die wiederkehrende Überprüfung bestehenden Vorschriften überprüft werden.“

§ 55 Abs. 3 leg. cit. bestimmt, daß für die wiederkehrende Überprüfung ein Kostenbeitrag zu leisten ist, den die überprüfende Behörde einzuheben hat. § 55 Abs. 4 lit. b leg. cit. setzt diesen Kostenbeitrag für die Überprüfung von Lastkraftwagen mit S 130,-- fest.

Im Beschwerdefall ist zunächst von dem unwidersprochenen Sachverhalt auszugehen, daß eine Überprüfung des Lastkraftwagen der Beschwerdeführerin durchgeführt wurde und daß die Beschwerdeführerin nicht zu jenem im § 55 Abs. 1 KFG 1967 aufgezählten Personenkreis gehört, der von der wiederkehrenden Überprüfung im Sinne des § 55 Abs. 1 KFG unter bestimmten Voraussetzungen ausgenommen ist. Bei dieser Sachlage bietet der oben zitierte Gesetzeswortlaut keine andere Auslegungsmöglichkeit als jene, daß die Beschwerdeführerin mit Recht von der belangten Behörde zur Bezahlung des Kostenbeitrages von S 130,-- für die wiederkehrende Überprüfung verhalten worden ist. Das Kraftfahrgesetz 1967 enthält keine Befreiungstatbestände für die Entrichtung des Kostenbeitrages im Falle bereits erfolgter wiederkehrender Überprüfung, sondern nur Befreiungstatbestände von der wiederkehrenden Überprüfung. Wurde ein Fahrzeug, wie im Beschwerdefall unbestritten feststeht, der wiederkehrenden Überprüfung unterzogen, so ist demnach der Zulassungsbesitzer kostenbeitragspflichtig geworden. Da es sich bei den im § 55 Abs. 3 und 4 KFG 1967 genannten Kostenbeiträgen um Gebühren eigener Art - insbesondere nicht um Verwaltungsabgaben - handelt, können Befreiungstatbestände anderer gesetzlicher Vorschriften, auch nicht des § 78 AVG 1950, hier nicht Platz greifen. Es hätte daher nach der Gesetzeslage selbst die im § 55 Abs. 1 genannten Rechtsträger, die von der wiederkehrenden Überprüfung befreit sind, den im § 55 Abs. 3 und 4 KFG 1967, genannten Kostenbeitrag zu leisten, wenn eine Überprüfung ihres Fahrzeuges im Sinne des § 55 KFG durchgeführt worden ist.

Aus diesen Erwägungen ist der angefochtene Bescheid nicht mit der geltend gemachten Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet, weshalb der Beschwerde gemäß § 42 Abs. 2 VwGG 1965 als unbegründet ein Erfolg versagt bleiben mußte.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 19. Dezember 1974, BGBl. Nr. 4/1975.

Wien, am 12. September 1975

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1975:1974001275.X00

Im RIS seit

07.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

07.12.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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