Gbk 2021/5/4 GBK I/877/19

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Veröffentlicht am 04.05.2021
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Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Sonstige Arbeitsbedingungen, sexuelle Belästigung durch Arbeitgeber/in

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl. Nr. 108/1979 idgF)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 4. Mai 2021 über den am 11. März 2019 eingelangten Antrag von A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch den/die ArbeitgeberIn gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idgF) sowie aufgrund des Geschlechtes bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gemäß § 3 Z 6 GlBG durch die Z Ges.m.b.H (Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idgF), zu GZ GBK I/877/19, zu folgendem

PRÜFUNGSERGEBNIS:

1.   A ist aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch den/die ArbeitgeberIn gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 GlBG durch Z Ges.m.b.H diskriminiert worden.

2.   A ist nicht aufgrund des Geschlechtes bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gemäß § 3 Z 6 GlBG durch die Z Ges.m.b.H diskriminiert worden.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.

VORBRINGEN

Im Antrag wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Die Antragstellerin habe von 2. Oktober 2017 bis 30. November 2018 im Unternehmen Z GmbH in Stadt 1 als Sekretärin gearbeitet. Ihr Chef sei Y gewesen. Die Antragstellerin möchte erwähnen, dass sie von Februar 2017 bis April 2017 dort bereits als Urlaubsvertretung gearbeitet habe.

Diese Mitarbeiterin habe dann gekündigt und Y habe die Antragstellerin angerufen und gefragt, ob sie Interesse habe, in seinem Betrieb zu arbeiten. Da die Antragstellerin zu dieser Zeit arbeitslos gewesen sei, habe sie zugesagt.

Beim Einstellungsgespräch mit Y sei vereinbart worden, dass sie 30 Stunden pro Woche arbeiten werde. Nach einem Jahr würde sie eine Gehaltserhöhung bekommen.

Als die Antragstellerin dann dort gearbeitet habe, seien Y und sie die meiste Zeit alleine im Büro gewesen. Es seien drei Angestellte dort beschäftigt gewesen und der Chef.

Die Antragstellerin könne sich erinnern, dass im Oktober 2017 Y, als sie eine Lade mit dem Knie geschlossen habe zu ihr gesagt habe, dass es besser aussehen würde, wenn sie Strapse und einen Minirock anhätte. Im ersten Moment habe sie diese Äußerung schockiert übergangen.

Sie seien dann im Februar 2018 in ein anderes Büro übersiedelt und da könne die Antragstellerin sich erinnern, dass in der Werkstätte ein Gleitgel in einer Lade gewesen sei und sie ihn gefragt habe, ob man dies wegwerfen könne. Daraufhin habe er nein gesagt und dass sie das bräuchten und sie solle eigentlich wissen wofür. Nach fünf Minuten sei er dann zurückgekommen und habe gesagt, dass man dies für Kabeleinziehen brauchen würde und dabei habe er gegrinst.

Als sie dann schon im neuen Büro gewesen seien, seien immer wieder dumme und anzügliche Aussagen von ihm gekommen. Er habe mehrmals zur Antragstellerin gesagt, dass sie mit ihm in den Keller gehen solle, dies habe er in einem Ton und mit solch einem Gesichtsausdruck gesagt, welcher für sie eindeutig so zu verstehen gewesen sei, dass er mit ihr „schnackseln“ gehen möchte.

Als Y dies das erste Mal gesagt habe, dass die Antragstellerin mit ihm in den Keller gehen solle, habe sie dies eigentlich mit Humor genommen, doch da er dies immer wieder gesagt habe, habe sie zunehmend ein mulmiges Gefühl bekommen. Im Laufe der Zeit, habe die Antragstellerin gar nicht mehr gewusst, wie sie mit ihm umgehen solle. Ihr seien seine Anzüglichkeiten immer unangenehmer geworden.

Als es dann immer wärmer geworden sei und die Antragstellerin normale Frühlingskleidung getragen habe, habe Y ihr immer wieder in ihren Ausschnitt gesehen.

Es sei ihr dann so unangenehm geworden, dass sie nur mehr eine Weste über den T-Shirts getragen habe, oder überhaupt „Schlabberkleidung“ angezogen habe, um sich so vor seinen lüsternen Blicken zu schützen.

Auch habe Y eine Liste geführt. Diese habe er ihr auch gezeigt. Auf diese Liste würde er jedes Mal notieren, wenn sie seiner Ansicht nach, eine kecke oder freche Antwort gebe.

Wenn auf dieser Liste dann fünf Vermerke wären, dann müsse sie sich bei ihm Erkenntlich zeigen, um diese „frechen Antworten“ wiedergutzumachen. Auf die Frage, wie die Antragstellerin das verstehen solle, habe er nur gesagt, dass sie dies dann unter vier Augen besprechen würden, wenn es so weit sei. Dies habe er mit einem breiten Grinsen im Gesicht gesagt.

Einmal habe Y zur Antragstellerin gesagt, dass sie zu seinem Schreibtisch rüberkommen solle. Sie sei aufgestanden und zu ihm gegangen, da habe er sie von oben bis unten angesehen und gesagt „das würde dir stehen“. Auf ihre Frage, was ihr stehen würde, habe er ihr am Bildschirm schwarze Dessous gezeigt und gesagt „leider gibt's die nicht in rosa“. Daraufhin habe ihm die Antragstellerin gesagt, ob er nicht lieber Unterwäsche für seine Frau aussuchen wolle, da sie sich ihre Unterwäsche selbst aussuchen könne.

Die Antragstellerin habe ihm auch einmal etwas auf den Schreibtisch legen wollen, die Schreibtische seien gegenübergelegen und deshalb habe sie zu ihm hinübergehen müssen. Er sei bei seinem Schreibtisch gesessen und habe sich dort Pornos angesehen. Sie sei so schockiert und sprachlos darüber gewesen, dass sie gar nichts sagen habe können.

Ebenso könne sie sich daran erinnern, dass einige Mitarbeiter über den Film und die Bücher „Shades of Grey“ gesprochen haben. Ihr Chef sei dann einige Zeig später zu ihr gekommen und habe zu ihr gemeint, dass das alles nur Lug und Trug wäre und er ihr zeigen könne, wie so etwas wirklich gehe. Auch darüber sei sie total schockiert gewesen und habe abgelehnt.

Einmal sei B ins Zimmer gekommen, er habe über einen peinlichen Vorfall mit einer Hausbewohnerin erzählt. Dieser sei ein Busen aus dem Leiberl gerutscht, da hätten alle gelacht. Daraufhin habe Y gesagt, dass die Antragstellerin sich da keine Sorgen machen müsse, da ihre Busen ohnehin schön wären.

An einen Vorfall könne die Antragstellerin sich noch erinnern. Da habe sie ihre Haare zu einem geflochtenen Zopf gebunden gehabt. Diese seien so lang gewesen, dass die Haarspitzen genau in Höhe ihres Busens geendet haben. Sie sei zu Y gegangen, um ihm Akte zu bringen und da habe er ihre Haare genommen und diese zur Seite geben wollen. Dabei habe er ihren Busen berührt. Sie sei erschrocken zurückgewichen. Diese Berührung sei für sie zutiefst unangenehm gewesen.

Einmal habe die Antragstellerin Arbeitsscheine in einen Ordner eingeschlichtet und sei dabei leicht vorgebückt gestanden. Y sei mit seinem Sessel den Tisch entlang gerollt und habe dabei ihr Gesäß beobachtet. Dabei habe er mit seiner Hand eine Geste gemacht, als ob er ihr den Hintern versohlen wolle.

Im Sommer Juli 2018 habe sie Y gefragt, ob er bei der Personalverrechnung nachfragen könne, wieviel die Gehaltserhöhung netto für sie ausmachen würde. Er habe das dann immer wieder hinausgezögert und sie dann im August darüber informiert, dass er sie nicht hinaufstufen könne, da sie laut ihm keine Ausbildung hätte. Sie habe sich dann bei der WKO erkundigt ob die Zeugnisse, welche sie habe, als offizielle Ausbildung gelten würden. Die WKO habe ihr dann mitgeteilt, dass dies sehr wohl als Ausbildung gelte, da sie von ihnen geprüft worden sei und dies gleichzusetzen wäre mit einer Lehrausbildung, da es den Lehrberuf Buchhaltung und Personalverrechnung nicht gebe. Sie habe dies dann Y mitteilen wollen, doch dies sei von ihm einfach ignoriert worden. Er habe in einem Zweimannbüro einen eigenen Termin vereinbaren wollen, obwohl sie ohnehin nur zu zweit im Büro anwesend gewesen seien.

Sie habe sich dann den Kollektivvertrag angesehen und durchgelesen punkto Einstufungen und dies sei ein Kollektivvertrag für Angestellte im Metallgewerbe gewesen. In diesem Kollektivvertrag sei nicht die Ausbildung relevant, sondern die Tätigkeit, welche man ausübe. Dies habe die Antragstellerin ihrem damaligen Chef mitteilen wollen, doch habe er dies abermals ignoriert. Sie haben dann einen Termin vereinbart, wo er sie gefragt habe, ob sie 34 Wochenstunden arbeiten könne. Er habe ihr dann auch eine Summe genannt, welche sie dann verdienen würde. Da sie mit dieser Summe nicht einverstanden gewesen sei, habe sie dieses Angebot abgelehnt.

Die Antragstellerin habe sich aufgrund dessen bei der Arbeiterkammer erkundigt. Dort sei ihr mitgeteilt worden, dass sie falsch eingestuft sei. Sie habe Y daraufhin einen Brief geschrieben und ihn aufgefordert, sie richtig einzustufen. Am nächsten Tag, als sie in die Arbeit gekommen sei, habe er mit ihr sprechen wollen und sie gefragt, ob dies ihr Ernst sei, dass sie jetzt schriftlich miteinander kommunizieren würden. Die Antragstellerin habe dies bejaht, da er ihr nicht zugehört und ihre Fragen ignoriert habe. Daraufhin habe er ihr die Kündigung vorgelegt und gesagt, dass er sich auf das hinauf von ihr trennen müsse. Auch sei sie von ihm für die Kündigungsfrist freigestellt worden.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK von der rechtsfreundlichen Vertretung der Antragsgegnerin übermittelten Stellungnahme vom 2. Mai 2019 bestritt diese die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe, soweit die Richtigkeit nicht außer Streit gestellt wurde, und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Das Dienstverhältnis mit der Antragstellerin habe am 30. November 2018 geendet. Die gegenständlichen Vorwürfe, Y habe sie sexuell belästigt, seien erst erhoben worden, als Y als Geschäftsführer der Z GesmbH die unberechtigten arbeitsrechtlichen Forderungen der Antragstellerin abgelehnt habe. Y habe von den ihm gegenüber erhobenen Behauptungen der sexuellen Belästigung erstmalig durch das Schreiben der Kammer für Arbeiter und Angestellte Land 1 vom 24. Jänner 2019 erfahren. Y habe seinen Anwalt bereits unmittelbar nach Erhalt dieses Schreibens damit beauftragt, gegen die Antragstellerin eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Stadt 1 einzubringen, zur Überprüfung auf Vorliegen des Straftatbestandes der Verleumdung.

Um Wiederholungen zu vermeiden, werde auf das detaillierte Vorbringen in der Sachverhaltsdarstellung vom 31. Jänner 2019 verwiesen und dieses auch zum Vorbringen dieser Stellungnahme erhoben.

Entgegen der von der Antragstellerin gemachten Angaben, sie sei nicht in finanziellen Nöten und habe auch keinen Geldbedarf, werde insbesondere auf das Vorbringen in der Sachverhaltsdarstellung verwiesen, die Antragstellerin habe gegenüber Y und auch ihren Kollegen immer wieder ihr Leid darüber geklagt, dass sie es finanziell schwer habe, der Kindesvater nicht ausreichend Unterhalt bezahle und sie generell immer unter Geldnot leide.

Zu den von der Antragstellerin erhobenen Vorwürfen werde nachstehend im Detail Stellung genommen:

1.  „Kleidung"

Die Antragstellerin sei Assistentin der Geschäftsleitung gewesen und von Anfang an nicht ihrem Job entsprechend gekleidet gewesen. Sie habe Großteils nur Freizeitkleidung getragen und selbst diese mehr schlampig als ordentlich und adrett. Y habe die Antragstellerin nach einiger Zeit darauf angesprochen, dass sie sich entsprechend ihrer Stelle als Assistentin der Geschäftsleitung doch einfach nett und adrett anziehen solle. Es sei niemals die Rede davon gewesen, dass sie Strapse und einen Minirock anziehen solle.

2.  „Gleitgel"

Es sei richtig, dass Y der Antragstellerin erklärt habe, wofür das Gleitgel verwendet werde. Er habe über die Jahre hin damit beim Einziehen von Kabeln viel bessere Erfahrungen gemacht, als mit üblichen Kabeleinzugsgleitmitteln. Der Hinweis darauf, wofür das Gleitgel verwendet werde, sei weder in der von der Antragstellerin geschilderten Weise noch so zu verstehen gewesen, dass es sich dabei auch nur im Entferntesten um irgendeine sexuelle Anspielung oder ähnliches handeln solle. Das Gleitgel sei immer in einer Lade und nicht offen zugänglich gelegen. Es sei so gewesen, dass als Y aus dieser Lade irgendetwas benötigt habe, die Antragstellerin das Gleitgel gesehen habe, es herausgenommen und ihn darauf angesprochen habe, wofür denn das benötigt werde, was Y ganz normal und sachlich erklärt habe.

3.  „Keller gehen - Schnackseln"

Es sei unrichtig, dass Y jemals zur Antragstellerin gesagt hätte, dass sie mit ihm in den Keller gehen solle. Es sei nicht nachvollziehbar oder erklärbar, wie die Antragstellerin auf solche unrichtigen Behauptungen komme.

4.  „In den Ausschnitt geschaut; Schlabberkleidung“

Y habe der Antragstellerin nicht immer wieder in den Ausschnitt geschaut, er habe ihr gar nicht in den Ausschnitt geschaut. Er habe sie mehrmals gebeten, büroadäquate und ihrem Job angemessene Kleidung zu tragen.

5.  Kecke oder freche Antworten - Stricherlliste"

Es sei unrichtig, dass Y für kecke oder freche Antworten eine Stricherlliste geführt habe. Es stimme auch nicht, dass sich die Antragstellerin bei Y erkenntlich zeigen hätte sollen, wenn fünf Vermerke auf dieser Stricherlliste gewesen wären. Es sei nicht nachvollziehbar oder erklärbar, wie die Antragstellerin auf solche unrichtigen Behauptungen komme.

6.  „Schwarze Dessous — leider gibt's die nicht in Rosa; Bei Schreibtisch Pornos angeschaut; Shades of Grey — Wie so etwas wirklich gehe“

Die von der Antragstellerin zu den obigen Punkten geschilderten Details seien unrichtig und frei erfunden. Die Antragstellerin habe Y einmal davon erzählt, dass sie auch einen Facebook Account habe. Sie verwende auf ihrem Facebook Account den Namen …. Als Hintergrund des Profilfotos sei ein Foto ähnlich wie in dem Film Fifty Shades of Grey erkennbar, nur, dass hier die Rollenverteilung so sei, dass die Frau als Domina auftrete und der Mann der Sklave sei. Darin zeige die Antragstellerin ihr wahres Gesicht.

Sie habe Y auch einmal gefragt, ob sie ihm ein Video, das sie über WhatsApp erhalten habe, zeigen könne. Er habe zugestimmt. Die Antragstellerin habe Y dann dieses Video über WhatsApp geschickt. Y habe dieses Video am Abend seiner Frau C gezeigt und habe diese den Inhalt so befremdlich gefunden, dass sie ihren Mann gefragt habe, ob die Antragstellerin von ihm etwas wolle. Y habe auch während des Arbeitsverhältnisses manchmal das Gefühl gehabt, dass die Antragstellerin mehr wolle, als nur Mitarbeiterin zu sein.

7.  Busen aus dem Leiberl gerutscht; wollte Haare zur Seite geben; Geste als ob er mir den Hintern versohlen wollte“

Auch diese Anschuldigungen seien unrichtig, frei erfunden und haben sich solche Sachverhalte nie zugetragen.

Zu dem Dienstverhältnis selbst sei auszuführen, dass die Antragstellerin nicht im Stande gewesen sei, die ihr übertragenen Aufgaben zu erledigen. Es habe diesbezüglich, vor allem wegen ihrer kollektivvertraglichen Einstufung, ausführliche Korrespondenz mit der Arbeiterkammer gegeben. Sehr prägnant sei das arbeitsmäßig persönliche Unvermögen der Antragstellerin von der steuerlichen Vertretung der Z GesmbH, der X Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH im Schreiben vom 14. Dezember 2018 zusammengefasst. Darin werde ein kurzer Umriss der Ausbildung der Antragstellerin gegeben und auch zu der Problematik der richtigen Kollektivvertragseinstufung in Beschäftigungsgruppe …, Berufsjahr 4 Stellung genommen. Um Wiederholungen zu vermeiden, werde auch auf den Inhalt des Schreibens der X Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH vom 14. Dezember 2018 verwiesen, und werden auch diese Ausführungen zum eigenen Vorbringen erhoben.

Richtig sei die Darstellung der Antragstellerin, dass Y letztendlich der von der Antragstellerin geforderten Gehaltserhöhung nicht zugestimmt habe und diese auch sein Angebot ablehnt habe. Es sei daraufhin zur Kündigung gekommen. Y habe wegen der ausführlichen Auseinandersetzung hinsichtlich der Einstufung der Antragstellerin mit der Kammer für Arbeiter und Angestellte … und der damit verbundenen Gehaltsnachforderungen die Einbringung einer Klage beim Arbeits- und Sozialgericht Stadt 1 erwartet. Stattdessen sei als nächster Schritt das Schreiben der Kammer für Arbeiter und Angestellte … vom 24. Jänner 2019 gekommen, in welchem erstmalig der Vorwurf einer sexuellen Belästigung erhoben worden sei, auf den Y mit der sofortigen Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Stadt 1 reagiert habe. Das Ermittlungsverfahren sei eingestellt worden, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung, kein Schuldnachweis bestehe.

Keiner der von der Antragstellerin angeführten Gründe für eine sexuelle Belästigung liege vor oder sei von Y gesetzt worden. Wenn man sich die Darstellung der sexuellen Neigungen der Antragstellerin auf deren Facebook Account ansehe, so lasse das eindeutig Rückschlüsse auf deren Einstellung zu Männern zu. Es wäre dies nicht der erste Fall, dass sich eine Frau deshalb, weil sie von einem Mann abgewiesen werde, in der subtilsten, verletzendsten und nicht widerlegbaren Form an diesem zu rächen versuche.

Sachverhaltsdarstellung vom 31. Jänner 2019:

Die Antragstellerin sei von 2. Oktober 2017 bis 30. November 2018 im Unternehmen des Anzeigers, der Z Ges.m.b.H., Stadt 1 beschäftigt gewesen. Die Antragstellerin verfüge weder über einen Lehrabschluss (Friseurlehre sei 2008 nach zwei Monaten abgebrochen worden), noch über eine abgeschlossene Schulausbildung (Ausbildung in der Handelsschule … sei ebenfalls vorzeitig abgebrochen worden). Die einzige Ausbildung der Antragstellerin sei ein dreimonatiger Crash-Kurs zum Thema Buchhaltung und Lohnverrechnung beim WIFI Stadt 1 gewesen. Bereits beim Einstellungsgespräch habe Y mit der Antragstellerin besprochen, dass sie wegen der nicht abgeschlossenen Schulausbildung und Lehre in dem auf das Unternehmen von Y anzuwendenden Kollektivvertrag Metallgewerbe Angestellte nur in der Verwendungsgruppe … eingestuft werden könne. Es sei bei Beginn des Dienstverhältnisses eine Wochenarbeitszeit von 30 Stunden vereinbart worden. Y habe im Spätsommer 2018 mit der Antragstellerin darüber gesprochen, ob sie wöchentlich 34 Stunden in seinem Unternehmen arbeiten könne, weil der Bedarf einfach vorhanden gewesen sei.

Die Antragstellerin sei Mutter einer 2011 geborenen Tochter und lebe vom Kindesvater getrennt. Sie habe immer wieder erzählt, dass sie ihn auf Unterhalt verklagt habe, er aber trotzdem nicht bezahle und sie immer wieder finanzielle Probleme habe. Sie habe Y immer wieder mitgeteilt, dass sie mehr Geld brauche und daher entweder eine Gehaltserhöhung haben möchte, oder in eine höhere Verwendungsgruppe eingestuft werden möchte. Y habe darauf immer dasselbe geantwortet, dass dies nach ihrer Ausbildung und nach ihren bisherigen Leistungen nicht möglich sei. Er könne sich nur vorstellen, dass sie länger, nämlich 34 Wochenstunden bei ihm arbeite, was er ihr ohnedies schon angeboten habe. Das habe die Antragstellerin aber nicht wollen. Sie habe nur dann vier Wochenstunden mehr arbeiten wollen, wenn sie anders eingestuft werden würde. Diesbezüglich haben sich Y und die Antragstellerin nicht einigen können.

Weil im Unternehmen von Y der Bedarf zur Erledigung der anfallenden Arbeit vorhanden gewesen sei, habe er sich letztendlich dazu entschlossen, das Dienstverhältnis mit der Antragstellerin aufzulösen. Die Kündigung sei am 10. Oktober 2018 unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Wochen zum 30. November 2018 ausgesprochen und die Antragstellerin vom Dienst freigestellt worden.

Die für die Antragstellerin einschreitende Kammer für Arbeiter und Angestellte … habe in ihrem Schreiben vom 31. Oktober 2018 dargelegt, warum die Antragstellerin in Verwendungsgruppe … oder mindestens … des anzuwendenden Kollektivvertrages eingestuft hätte werden müssen. Die damalige steuerliche Vertretung der Z Ges.m.b.H., die X Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH habe in einer umfassenden Stellungnahme vom 14. Dezember 2018 an die … Gebietskrankenkasse, an die sich die Antragstellerin auf Empfehlung der Arbeiterkammer gewendet habe, dargelegt, warum sie nicht in einer höheren Verwendungsgruppe eingestuft worden sei. Dass Dienstnehmer und Dienstgeber unterschiedliche Standpunkte vertreten, sei völlig normal und stehe für den Fall, dass sich die Parteien nicht auf eine vernünftige außergerichtliche Lösung einigen, der Klagsweg offen. Wenn sich die Antragstellerin diesbezüglich in ihren Ansprüchen verkürzt sehe, hätte sie die Arbeiterkammer … jederzeit mit der Einbringung einer Klage gegen die Z Ges.m.b.H. beim Arbeits- und Sozialgericht … beauftragen können.

Nachdem Y die aus seiner Sicht unberechtigten Ansprüche der Antragstellerin abgelehnt habe, habe er eigentlich damit gerechnet, dass die Arbeiterkammer … die Ansprüche der Antragstellerin mit einer Klage beim Arbeits- und Sozialgericht geltend machen werde. Stattdessen habe die Arbeiterkammer mit Schreiben vom 24. Jänner 2019 an die Z Ges.m.b.H. nachstehendes mitgeteilt:

„Nach Angaben von A sei sie zur Zeit ihrer Anstellung durch ihren Vorgesetzten Y mehrmals sexuell belästigt worden.“

Diese Anschuldigungen gegenüber Y seien unrichtig und haltlos. Die Arbeiterkammer habe im Zusammenhang mit der persönlichen Beeinträchtigung der Antragstellerin durch diese sexuellen Belästigungen eine betraglich nicht genannte Entschädigung geltend gemacht, und die Z Ges.m.b.H. ersucht, eine Abrechnung gemäß § 12 Abs. 11 Gleichbehandlungsgesetz zu erstellen und den sich daraus ergebenden Betrag auf das Konto der Arbeitnehmerin zu überweisen.

Im Gesamtzusammenhang der bisherigen Geschehnisse erscheine dieser plötzlich und erstmalig erhobene Vorwurf gegen Y als reine Geldbeschaffungsaktion der Antragstellerin. Nachdem sie die Arbeiterkammer bereits Ende Oktober 2018 mit der Geltendmachung ihrer Ansprüche aus dem beendeten Arbeitsvertrag beauftragt habe, sich die Dienstgeberin beharrlich geweigert habe, diese Ansprüche anzuerkennen und entsprechend zu bezahlen, habe die Antragstellerin in der Beschuldigung Y habe sie sexuell belästigt, offensichtlich ein geeignetes Mittel gesehen, um durch den Erhalt einer Entschädigungszahlung rasch an Geld zu kommen.

Es bestehe daher der begründete Verdacht, dass die Antragstellerin Y wegen der bei ihr latent bestehenden Geldnot wahrheitswidrig und absichtlich bezichtigt habe, sie zur Zeit ihrer Anstellung mehrmals sexuell belästigt zu haben, um von diesem eine Entschädigung nach dem Gleichbehandlungsgesetz zu erhalten. Die Antragstellerin nehme bei ihrer Äußerung dieser wahrheitswidrigen und unrichtigen Vorwürfe gegenüber Y in Kauf, dass dieser einer strafgerichtlichen Verfolgung ausgesetzt sei und auch zu Unrecht zu einer Entschädigungszahlung verpflichtet werden könnte.

Es bestehe daher der Verdacht, dass das Verhalten der Antragstellerin den Tatbestand der Verleumdung erfülle oder sonst strafrechtlich relevant sein könnte. Dieser Sachverhalt werde daher der Staatsanwaltschaft … zur strafrechtlichen Beurteilung zur Kenntnis gebracht.

Schreiben der X Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH vom 14. Dezember 2018:

Die Antragstellerin sei vom 2. Februar 2017 bis 15. April 2017 (befristetes Dienstverhältnis) und vom 2. Oktober 2017 bis 30. November 2018 (unbefristetes Dienstverhältnis) beschäftigt gewesen.

Aufgrund des von ihr vorgelegten Lebenslaufes sei eine KV-Einstufung in den Kollektivvertrag Metallgewerbe Angestellte, Verwendungsgruppe …, Berufsjahr 4, vorgenommen worden.

Diese Einstufung sei vorgenommen worden, da die Antragstellerin weder über eine abgeschlossene Lehre noch über eine abgeschlossene anrechenbare kaufmännische Schulausbildung verfüge.

Die einzige Ausbildung sei ein dreimonatiger Crash-Kurs zum Thema Buchhaltung und Lohnverrechnung beim WIFI Stadt 1 gewesen. Diese — vom AMS gerne für Umschulungen angeordneten — Lehrgänge würden gerade einmal ein Basiswissen vermitteln. Sie würden auf keinen Fall eine dreijährige Ausbildung, welche während einer Lehre oder einem Schulbesuch einer kaufmännischen Schule vermittelt werden, ersetzen, und seien daher nicht geeignet eine Einstufung in eine höhere Beschäftigungsgruppe zu erlangen.

Die Antragstellerin sei vor der Beschäftigung bei unserer Mandantin ca. zweieinhalb Jahre als Verkäuferin (… + Trafik), sieben Monate (inkl. Praktikumszeit) als Angestellte bei … Universität Stadt 1 und drei Monate bei einem Steuerberater tätig gewesen. Keine dieser Tätigkeiten würde auf Grund der Dauer (erreichen der notwendigen Praxis für eine höherwertige Bürotätigkeit) bzw. auf Grund des Aufgabengebietes eine Einstufung in die Beschäftigungsgruppe … rechtfertigen.

Die Antragstellerin gebe selbst in Ihrem Protokoll an, dass die Anstellung bei unserer Mandantin die erste Anstellung als kaufmännische Angestellte gewesen sei.

Die Antragstellerin habe sich leider auch während ihrer ca. einjährigen Tätigkeit bei unserer Mandantin nicht in den gestellten Aufgabenbereich einarbeiten können. Die von ihr erledigten Arbeiten haben noch bis zum Schluss nachkontrolliert bzw. korrigiert werden müssen. Im Buchhaltungsbereich habe sie zwar die Belege nach Kassa und Bank sortieren können, zu tiefergehenden Fragen habe sie jedoch immer Y kontaktieren müssen, da sie keine Auskunft geben habe können.

Aufgrund dessen sei auch eine Höherreihung während des Dienstverhältnisses (z.B. wie üblich nach der Einarbeitszeit von drei bis sechs Monaten) nicht vorgenommen worden.

Die KV-Einstufung in Beschäftigungsgruppe …, Berufsjahr 4, sei daher nach ihrer Ausbildung, nach ihren Vordienstzeiten und nach ihrer Arbeitsweise korrekt erfolgt.

PRÜFUNGSGRUNDLAGEN

Der Senat I der GBK stützt sein Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin und von Y (informierter Vertreter der Antragsgegnerin) vom 4. Mai 2021. Als weitere Auskunftspersonen wurden B und D am 4. Mai 2021 befragt.

BEGRÜNDUNG2

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:

„§ 3. Auf Grund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat darf im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

6.   bei den sonstigen Arbeitsbedingungen“.

㤠6. (1) Eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes liegt auch vor, wenn eine Person

1.    vom/von der Arbeitgeber/in selbst sexuell belästigt wird.

(2) Sexuelle Belästigung liegt vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und

1.    eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt.

Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren anzumerken, dass eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 3 und 6 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist.

Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des/der Antragstellers/Antragstellerin sprechen als dagegen.3 Dem/der AntragsgegnerIn obliegt dann zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes von ihm/ihr glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.

Bei einer (sexuellen) Belästigung gilt davon abweichend, dass es dem/der AntragsgegnerIn zu beweisen obliegt, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm/ihr glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung des Vorwurfes, der Geschäftsführer der Antragsgegnerin Y habe sie mehrfach sexuell belästigt, indem er sexuell konnotierte Äußerungen getätigt habe, sie gebeten habe mit ihm in den Keller zu gehen, ihr in den Ausschnitt und aufs Gesäß gesehen habe, ihren Busen berührt habe sowie in Anwesenheit der Antragstellerin pornografische Inhalte angesehen habe, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch und geht von folgendem Sachverhalt aus:

Die Antragstellerin war von 2. Oktober 2017 bis 30. November 2018 bei der Antragsgegnerin in einem unbefristeten Dienstverhältnis als Assistenz der Geschäftsführung beschäftigt. Zuvor arbeitete die Antragstellerin bereits von 2. Februar 2017 bis 15. April 2017 als Urlaubsvertretung bei der Antragsgegnerin. Ob der Antragstellerin bei der Einstellung versprochen wurde, nach einem Jahr eine Gehaltserhöhung zu erhalten, konnte nicht festgestellt werden.

Im Unternehmen waren insgesamt vier Personen beschäftigt – drei MitarbeiterInnen und der Geschäftsführer. Im Laufe des Dienstverhältnisses der Antragstellerin fand ein Umzug in neue Büroräumlichkeiten statt. Während im alten Büro alle MitarbeiterInnen im gleichen Raum saßen, war es im neuen Büro so, dass die Antragstellerin und der Geschäftsführer Y sich ein Büro teilten, während im anderen Büro der Techniker und der … saßen.

Im alten Büro kam es im Oktober 2017 zu der Situation, dass die Antragstellerin, da sie Akten in der Hand hielt, eine Lade mit ihrem Knie schloss. Y sagte im Zuge dessen zur Antragstellerin, dass es besser aussehen würde, wenn sie Strapse und einen Minirock anhätte.

Im Februar 2018 erfolgte der Umzug in das neue Büro. Im neuen Büro räumte die Antragstellerin das Büro auf und fand dort in einer Lade ein Gleitgel liegen. Sie fragte den Geschäftsführer Y, ob man dies wegwerfen könnte. Er sagte nein, und dass sie das bräuchten und sie sollte eigentlich wissen wofür. Daraufhin verließ er den Raum und erklärte erst fünf Minuten später, dass man dies fürs Kabeleinziehen braucht und grinste dabei.

Einmal sah sich die Antragstellerin im gemeinsamen Büro sitzend einen Medieninhalt an, den sie auf WhatsApp zugeschickt erhielt. Es konnte nicht festgestellt werden, ob es sich dabei um ein Bild oder ein Video handelte. Sie zeigte dies dem Geschäftsführer Y und dieser bat sie, ihm den Medieninhalt weiterzuleiten. Als Y später abends seiner Frau den Inhalt zeigte, war diese schockiert.

Weiters bat Y die Antragstellerin zu seinem Schreibtisch zu kommen, sah die Antragstellerin von oben bis unten an und meinte, die schwarzen Dessous, die er sich am Bildschirm ansah, würden ihr gut stehen, obwohl es diese leider nicht in rosa geben würde. Die Antragstellerin erwiderte darauf, dass sie sich ihre Unterwäsche selbst aussuchen kann und er lieber Unterwäsche für seine Frau kaufen sollte.

Nachdem im Büro einige Mitarbeiter über den Film beziehungsweise die Bücher „50 Shades of Grey“ sprachen, kam der Geschäftsführer später zur Antragstellerin, und erklärte ihr, dass dies alles nur Lug und Trug ist und er ihr zeigen könnte, wie so etwas wirklich geht. Er bezog sich dabei auf BDSM-Praktiken.

Als B einmal von einem Vorfall mit einer Hausbewohnerin erzählte, welcher während einem Termin der Busen aus dem T-Shirt gerutscht ist, wandte sich Y an die Antragstellerin und meinte, sie bräuchte sich keine Sorgen machen, da sie ohnehin schöne Busen hätte.

Überdies forderte Y die Antragstellerin mehrfach auf, mit ihm in den Keller zu gehen. Nicht festgestellt werden konnte, ob es relevante Unterlagen im Keller gab, die für die Antragstellerin einen Arbeitsbezug aufwiesen.

Der Geschäftsführer Y führte überdies eine Liste mit Vergehen, welche die Antragstellerin sich erlaubte und sie müsse sich bei ihm erkenntlich zeigen, wenn auf der Liste fünf Vermerke waren. Diese sollen laut ihm dann in einem 4-Augen-Gespräch wiedergutgemacht werden.

Weiters sah der Geschäftsführer Y sich wiederholt an seinem Arbeitscomputer pornografische Inhalte an. Als die Antragstellerin ihm Unterlagen auf den Tisch legen musste, nahm sie diese Inhalte unter Entsetzen wahr.

Als die Antragstellerin normale Frühlingskleidung trug, sah Y ihr immer wieder in den Ausschnitt. Die Antragstellerin ging sogar so weit, ihre Weste mit Büroklammern zu schließen. Da der Antragstellerin die Blicke des Geschäftsführers unangenehm waren, begann sie „Schlabberkleidung“ zu tragen. Im Zuge dessen kam es dazu, dass der Geschäftsführer die Antragstellerin dazu aufforderte, keine „Schlabberkleidung“, sondern büroadäquate Kleidung zu tragen.

Einmal hatte die Antragstellerin ihre Haare zu einem geflochtenen Zopf gebunden. Der Zopf endete auf Höhe ihres Busens. Y hat ihren Zopf genommen, um ihn hinter ihre Schulter zu geben und hat dabei den Busen der Antragstellerin berührt.

Ferner hat Y das Gesäß der Antragstellerin beobachtet, als diese Akten einschlichtete und eine Geste gemacht, als würde er ihr auf das Gesäß schlagen wollen.

Die Antragstellerin wandte sich mehrfach an B, um ihm die Vorfälle zu schildern und Unterstützung zu erhalten. B führte diesbezüglich auch Gespräche mit Y und forderte ihn auf das belästigende Verhalten zu unterlassen. Dieser erwiderte, dass man das alles nicht so ernst nehmen soll, da es sich nur um Spaß handelte.

Die Antragstellerin wandte sich aufgrund der ihrer Ansicht nach fehlerhaften Einstufung zur Beratung an die Wirtschaftskammer und an die Arbeiterkammer Land 1. Die Wirtschaftskammer gab die Auskunft, dass die Ausbildung der Antragstellerin, die sie am WIFI abschloss, als Ausbildung anerkannt werden sollte. Anschließend wurde am 10. Oktober 2018 vom Geschäftsführer der Antragsgegnerin die Kündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Wochen zum 30. November 2018 ausgesprochen und die Antragstellerin bis dahin vom Dienst freigestellt. Die AK verfasste am 24. Jänner 2019 ein Interventionsschreiben an die Antragsgegnerin die sexuelle Belästigung betreffend.

Die Streitigkeit aufgrund der Einstufung der Antragstellerin konnte einer vergleichsweisen Einigung vor dem Arbeits- und Sozialgericht Stadt 1 zugeführt werden.

In rechtlicher Hinsicht ist der Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

1.   Es liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch den/die ArbeitgeberIn gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 GlBG vor.

Der Begriff „Arbeitgeber/in“ (AG) ist im Arbeitsrecht kaum determiniert, auch nicht im GlBG. Nach dem hier durch die Bezugnahme auf das AV zu Grunde zu legenden arbeitsvertraglichen AG-Begriff ist als AG jede Person anzusehen, die im Rahmen des Arbeitsvertrags über die Arbeitskraft einer anderen Person verfügt. Ist der/die AG eine juristische Person, ist dieser das Verhalten ihrer vertretungsbefugten Organe (Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer, etc.) unmittelbar zuzurechnen.4

Unter dem Begriff des der sexuellen Sphäre zugehörigen Verhaltens sind nach den Erläuterungen zum GlBG „körperliche, verbale und nicht verbale Verhaltensweisen“ zu verstehen.5

Die in Frage kommenden Erscheinungsformen eines der sexuellen Sphäre zugehörigen Verhaltens sind vielfältig und reichen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) vom Erzählen freizügiger Witze, anzüglichen – sei es auch in „Komplimente“ verpackte – Bemerkungen über Figur und sexuelles Verhalten im Privatleben bis hin zu unerwünschten Einladungen mit eindeutiger Absicht, dem Versenden einschlägiger E-Mails oder SMS, dem Konfrontiertwerden mit pornografischen Bildern oder Texten, „zufälligen“ Körperberührungen, „Begrapschen“, Po-Kneifen, aufgedrängten Küssen, erzwungenen Umarmungen, dem Versprechen beruflicher Vorteile bei sexueller Willigkeit, der Androhung beruflicher Nachteile bei sexueller Verweigerung, der Zurschaustellung der Genitalien, sexueller Nötigung und Vergewaltigung.6

Damit von einer sexuellen Belästigung iSd § 6 Abs. 2 gesprochen werden kann, muss durch ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten die Würde einer Person beeinträchtigt oder deren Beeinträchtigung zumindest bezweckt werden.7

Ein die Würde verletzendes Verhalten liegt erst ab einem gewissen Mindestmaß an Intensität vor. Nach den Gesetzesmaterialien zum ArbBG sollen Beispiele wie das Nachpfeifen oder die unerwünschte Einladung zum Kaffee oder zum Essen „grundsätzlich“ nicht genügen, um bereits die Voraussetzung der Verletzung der Würde und damit den Tatbestand der sexuellen Belästigung zu erfüllen. Anders zu sehen ist dies aber uU dann, wenn zwar die einzelnen Belästigungshandlungen nicht das gebotene Mindestmaß an Intensität erreichen, dafür aber immer wieder erfolgen.8

Ob die Würde einer Person beeinträchtigt wird, ist nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen.

Hinzu kommt das subjektive Kriterium, dass das belästigende Verhalten für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig sein muss (§ 6 Abs. 2). Ein Verhalten ist dann unerwünscht, wenn es gegen den Willen oder ohne Einverständnis der betroffenen Person erfolgt. Einzelne Menschen sollen selbst bestimmen, welches Verhalten für sie noch akzeptabel ist und welches Verhalten sie bereits als beleidigend empfinden. Durch die Unerwünschtheit wird eine sexuelle Belästigung von freundschaftlichem Verhalten, das willkommen und gegenseitig ist, unterschieden.9

Schon die Gesetzesmaterialien zum ArbBG betonen, dass für den/die BelästigerIn erkennbar sein muss, dass das Verhalten für die betroffene Person unerwünscht ist. An das ablehnende Verhalten der betroffenen Person dürfen jedoch keine allzu hohen Ansprüche gestellt werden. Dabei geht es keinesfalls um eine Ablehnungspflicht, sondern äußerstenfalls – beschränkt auf Grenzfälle, missverständliche Situationen etc. – um eine Ablehnungsobliegenheit. Abgelehnt und damit unerwünscht ist ein Verhalten keineswegs erst dann, wenn sich die betroffene Person lautstark zur Wehr setzt; die Ablehnung eines bestimmten Verhaltens kann auch schlüssig erfolgen.10

Weitere Tatbestandsvoraussetzung des § 6 Abs. 2 Z 1 ist, dass ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt. Meistens wird die „Arbeitsumwelt“ erst durch mehrere Belästigungshandlungen im beschriebenen Sinn beeinflusst und verändert. Doch wie schon oben erwähnt, kann bereits eine einzelne Belästigungshandlung derartig schwerwiegend und in ihren Auswirkungen nachhaltig sein, dass damit für die betroffene Person ein einschüchterndes, feindseliges oder demütigendes Umfeld geschaffen wird.11 Durch körperliche Kontakte gegen den Willen der betroffenen Person (sog. „Begrapschen“) wird im Allgemeinen die Toleranzgrenze überschritten.12

Als Geschäftsführer einer GmbH ist Y der Antragsgegnerin unmittelbar zuzurechnen und fällt daher unter den Arbeitgeberbegriff des § 6 Abs. 1 Z 1 GlBG.

Er hat auch ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt, das die Würde der Antragstellerin beeinträchtigte, indem er zu ihr sagte, eine Bewegung würde besser aussehen, wenn sie Strapse und Minirock tragen würde, ihr ein bestimmtes Dessous gut stehen würde, aber es das leider nicht in rosa gebe, es sich bei „50 Shades of Grey“ nur um Lug und Trug handeln würde und er ihr zeigen könne, wie das wirklich geht und dass sie sich keine Sorgen machen muss, wenn ihre Busen aus dem T-Shirt fallen, weil ihre sind eh schön. Weiteres der sexuellen Sphäre zurechenbares Verhalten umfasste das Starren auf Gesäß und in den Ausschnitt, das Ansehen pornografischer Inhalte im Büro sowie das Berühren der Brust der Antragstellerin. Das vom Gesetz geforderte Mindestmaß an Intensität sah der Senat jedenfalls als gegeben an, da es in einer Vielzahl an Fällen zu verbalen Äußerungen kam und sogar einmal eine Berührung des Busens der Antragstellerin stattfand. Die Antragstellerin konnte in ihrer persönlichen Befragung realitätsnah und äußerst glaubhaft schildern, wie unangenehm ihr die Aussagen und Handlungen des Geschäftsführers Y waren. Dies manifestierte sich auch darin, dass die Antragstellerin begann sich anders zu kleiden, um den Blicken und Aussagen von Y zu entkommen. Das Verhalten des Geschäftsführers war auch unerwünscht für die Antragstellerin, was sich darin zeigte, dass sie ihn mehrmals aufforderte Aussagen zu unterlassen, sagte, er solle keine Unterwäsche für sie auswählen, da sie ihre Unterwäsche selbst aussuchen kann, sie erschrocken zurückwich, als Y ihren Busen berührte und die Antragstellerin sich unmittelbar im Anschluss an einige Vorfälle mehrmals an B wandte, um diese verarbeiten zu können und um Unterstützung anzufragen.

Weiters ist die Voraussetzung, dass eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitswelt für die betroffene Person geschaffen werden muss/bezweckt wird, erfüllt. Die Antragstellerin fühlte sich, wie festgestellt, derart unwohl, dass sie sich mehrfach – manchmal auch unter Tränen – an Y wandte, um ihre Erlebnisse zu verarbeiten und sogar mehrfach über eine Kündigung nachdachte.

Der Antragstellerin gelang es, im vorliegenden Fall den glaubhaften Anschein einer sexuellen Belästigung darzulegen. So ließen ihre Schilderungen – der Geschäftsführer der Antragsgegnerin habe mehrfach anzügliche Bemerkungen gemacht, sie einmal am Busen berührt, während ihrer Anwesenheit im Büro pornografische Inhalte angesehen, ihr in den Ausschnitt und auf das Gesäß gestarrt und eine Geste gemacht, als würde er ihr aufs Gesäß schlagen wollen – darauf schließen, dass sie von der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit ihrem Arbeitsverhältnis sexuell belästigt wurde. Dass das Verhalten des Antragsgegners für die Antragstellerin unerwünscht und unangebracht war, konnte diese bei ihrer mündlichen Befragung durch den Senat glaubwürdig und nachvollziehbar darlegen. Bei dieser Befragung kam auch die persönliche Betroffenheit der Antragstellerin zum Ausdruck.

Dem Vorbringen der Antragsgegnerinnenseite, die Antragstellerin sei nicht glaubhaft, da sie ein Facebook Anzeigebild im BDSM-Stil habe sowie ein Video mit sexuell konnotierten Inhalten an den Geschäftsführer der Antragsgegnerin gesendet habe, konnte der Senat nicht folgen. Ihre persönlichen Präferenzen sowie ein Bild auf sozialen Medien sagt nichts über die Anfälligkeit für sexuelle Belästigungen oder ihre Glaubwürdigkeit bezüglich entsprechender Vorwürfe aus. Weiters stellte sich in der Sitzung vor dem Senat heraus, dass die Antragstellerin das Bild/Video lediglich an den Geschäftsführer Y weiterleitete, weil dieser sie explizit dazu aufgefordert hatte. Somit konnte dieses Vorbringen der Antragsgegnerin die Glaubhaftmachung der Antragstellerin nicht erschüttern.

Daher verlagerte sich die Beweislast auf den Antragsgegner.

Die Antragsgegnerin argumentierte, dass der Geschäftsführer der Antragsgegnerin nie entsprechende Handlungen gesetzt und auch nie über andere Themen als berufliche mit der Antragstellerin gesprochen hat und der Geschäftsführer sich die Vorwürfe gegen ihn nicht erklären kann.

Der Senat hat den informierten Vertreter der Antragsgegnerin, Y, als nicht sehr glaubwürdig empfunden. Die Aussage von Y, dass mit der Antragstellerin niemals über etwas Anderes als berufliche Themen gesprochen wurde, wurde als nicht realistisch empfunden. Es ist nicht sehr lebensnah, dass zwei Personen, die sich über den Zeitraum eines Jahres ein Büro teilen und sich tagtäglich gegenübersitzen niemals Gespräche über alltägliche Themen, die keinen Firmenbezug aufweisen, führen. Weiters hat der Geschäftsführer der Antragsgegnerin sehr ausweichend agiert, als es um das Ansehen pornografischer Inhalte am Arbeitscomputer in der Mittagspause ging. Zuerst erwähnte er, in der Mittagspause machen zu können, was auch immer er möchte. Als die Senatsmitglieder genauer nachfragten, ob dies pornografische Inhalte waren, agierte Y ausweichend, seine Stimme wurde leiser und er hielt keinen Blickkontakt mehr. Dies ließ den Senat davon ausgehen, dass die Aussage des Geschäftsführers nicht der Wahrheit entspricht. Ebenso war es irritierend für den Senat, dass die Antragsgegnerin in ihrer Stellungnahme vorbrachte, die Antragstellerin hätte dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin einen sexuell konnotierten Medieninhalt auf WhatsApp geschickt und daraus sei abzuleiten gewesen, dass sie mehr als berufliche Beziehungen zu ihm angestrebt habe und daher ihre Anschuldigungen bezüglich einer sexuellen Belästigung des Geschäftsführers haltlos seien. In der mündlichen Befragung der Antragstellerin und des Geschäftsführers der Antragsgegnerin stellte sich jedoch heraus, dass die Antragstellerin den Medieninhalt lediglich an Y weitersendete, weil dieser ihn am Handy der Antragstellerin sah und die Antragstellerin aufforderte, ihm den Medieninhalt weiterzusenden.

Die Auskunftsperson B wurde vom Senat als sehr glaubwürdig empfunden. Das Vorbringen der Antragsgegnerin, dass verschiedene gravierende Konflikte zwischen B und Y zur Auflösung der Kooperationspartnerschaft geführt haben und aus diesem Grund die Auskunftsperson dem Geschäftsführer Y mit seiner Aussage vor dem Senat schaden wolle, konnte vom Senat nicht gefolgt werden. Der Grund, warum der Senat B als sehr glaubwürdig empfand, war, dass er sehr klar definierte welche Aussagen und Handlungen von Y er persönlich wahrgenommen hat und welche Vorwürfe ihm lediglich von der Antragstellerin mitgeteilt wurden. Hätte B dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin durch eine Falschaussage mutwillig schaden wollen, hätte er diese klare Unterscheidung nicht vornehmen müssen, sondern auch alle Vorwürfe der Antragstellerin bejahen können. Weiters konnte B glaubhaft schildern, dass er den Geschäftsführer Y auf seine Verhaltensweisen gegenüber der Antragstellerin angesprochen hat und ihn dazu aufforderte die sexuellen Belästigungen zu unterlassen. Der Antragsgegner erwiderte darauf, dass es sich ja nur um Spaß handeln würde. In diesem Zusammenhang wird vorsorglich darauf hinzuweisen, dass selbst wenn dies der Fall gewesen sei, die Haftung des/der unmittelbaren Belästigers/Belästigerin grundsätzlich verschuldensunabhängig ist. Subjektive Elemente auf Seite des Belästigers/der Belästigerin bleiben daher außer Betracht. Es ist demnach unerheblich, ob der Antragsgegner die Absicht hatte, die Antragstellerin zu belästigen.13

Die Auskunftsperson D war nicht sehr aufschlussreich und hatte kaum sachverhaltsrelevanten Wahrnehmungen und erklärte laufend, sich an Situationen nicht erinnern zu können. Da sich die Auskunftsperson in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis bei der Antragsgegnerin befindet, ist es nachvollziehbar, dass er bei seiner mündlichen Befragung sehr vorsichtig agiert hat. Zu B konnte die Auskunftsperson lediglich aussagen, dass dieser ein anderes Verhältnis und eine andere Gesprächsbasis mit dem Geschäftsführer Y hatte, als er selbst.

Auch antwortete D sehr ausweichend auf die Frage der Antragstellerin, ob im Vorfeld zu seiner Befragung vor dem Senat I der Gleichbehandlungskommission ein Gespräch zwischen ihm und dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin den Inhalt seiner Befragung betreffend stattfand. Er erwiderte lediglich, es würden täglich Gespräche über Arbeit und Sonstiges stattfinden, präzisierte diese Aussage aber nicht weiter.

Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es der Antragsgegnerin nicht gelungen ist zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihr vorgebrachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

2.   Es liegt keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gemäß § 3 Z 6 GlBG vor.

Beim Begriff der „sonstigen Arbeitsbedingungen“ handelt es sich um einen Auffangtatbestand, der weit auszulegen ist.14 Er umfasst neben den rechtlichen auch die faktischen Rahmenbedingungen für die Leistungserbringung der Arbeitnehmer/innen im laufenden Arbeitsverhältnis.15 Es werden darunter u.a. die Schwere (Erschwerung) der Arbeitsleistung, Dienst- und Urlaubseinteilung, Intensität der Überwachung, Bekleidungsvorschriften und die Wertschätzung im Betrieb verstanden.16

Die Antragstellerin gab selbst an, die fehlerhafte kollektivvertragliche Einstufung keiner Behandlung durch den Senat zuführen zu wollen. Die Antragstellerin gab an, hinsichtlich der potenziellen Diskriminierung aufgrund des Entgelts und der Beendigung keine Prüfung zu beantragen. Diese Tatbestände würden auch nicht unter den Tatbestand des § 3 Z 6 GlBG fallen. Weitere unter den Tatbestand des § 3 Z 6 GlBG fallende Sachverhaltsdarstellungen, konnten von der Antragstellerin nicht vorgebracht werden. Die Antragstellerin konnte nach Ansicht des Senates durch ihre Ausführungen nicht den Anschein einer Diskriminierung darlegen. Die Arbeitsbedingungen, denen die Antragstellerin aufgrund der sexuellen Belästigung ausgesetzt war, werden unter dem Tatbestand des § 6 Abs. 1 Z 1 GlBG mitbehandelt.

Dies führte daher im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG zur Ansicht, dass es der Antragstellerin nicht gelungen ist, eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei den sonstigen Arbeitsbedingungen durch den Antragsgegner glaubhaft zu machen. Daher kommt es zu keiner Beweislastverlagerung gemäß § 12 Abs. 12 GlBG und geht dieses Beweisdefizit folglich zu Lasten der Antragstellerin.

VORSCHLAG

Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem/der ArbeitgeberIn oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Abs. 3 nicht entsprochen, kann gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht oder Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.

Da der Senat I der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird die Antragsgegnerin, Z Ges.m.b.H, gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und wird folgender Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt:

Leistung eines angemessenen Schadenersatzes.

Wien, 4. Mai 2021

Mag.a Stefanie Mandl, MA

Stv. Vorsitzende des Senates I der GBK

1  Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.

2  Im weiteren Verlauf werden (akademische) Titel nicht weiter angeführt.

3  Vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen.

4  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 7.

5  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 19.

6  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 20.

7  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 21.

8  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 24.

9  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 25.

10  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 26.

11  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz. 28.

12  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz. 29/1.

13  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 12.

14  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 3 Rz 132.

15  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 3 Rz 129.

16  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 3 Rz 133.

Zuletzt aktualisiert am

06.12.2021
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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