TE Vwgh Erkenntnis 1996/11/13 96/21/0098

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Veröffentlicht am 13.11.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §3 Abs6;
FrG 1993 §18 Abs2 Z8;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde der D in S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in A, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 26. September 1995, Zl. III 55/95, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 8 sowie den §§ 19, 20, 21 FrG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, daß sie sich den Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid vollinhaltlich anschließe. Demnach halte sich die Beschwerdeführerin seit Ablauf ihres letzten Sichtvermerkes am 30. September 1994 unrechtmäßig in Österreich auf. Bereits im Jahre 1993 sei sie wegen eines unerlaubten Aufenthaltes rechtskräftig bestraft worden. Der Aufenthalt der Beschwerdeführerin sei seit 1993 aktenkundig. In der Zeit vom 31. Dezember 1994 bis zum 4. Jänner 1995 habe die Beschwerdeführerin in einem namentlich genannten Hotel eine Beschäftigung als Zimmer- und Küchenmädchen ausgeübt ohne im Besitz einer entsprechenden Arbeitsgenehmigung zu sein. Sie sei bei dieser Tätigkeit von einem Organ des Arbeitsmarktservice Schwaz betreten worden. Die Beschwerdeführerin habe darüber hinaus am 31. Dezember 1994 im genannten Hotel Unterkunft genommen, ohne sich ordnungsgemäß anzumelden. Dadurch habe sie eine Übertretung nach dem Meldegesetz begangen. Die Beschwerdeführerin besitze Ersparnisse von S 1.000,--, sie versuche offenbar, sich durch illegale Beschäftigung ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Die Beschwerdeführerin sei für ihre fremdenpolizeilichen und arbeitsrechtlichen Angelegenheiten jedenfalls selbst verantwortlich. Wenn sie diese Angelegenheiten an andere Personen delegiere und diese dann untätig blieben, gehe das ausschließlich zu Lasten der Beschwerdeführerin.

Der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG sei erfüllt und die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit und zur Hintanhaltung von weiteren strafbaren Handlungen zulässig. Diese öffentlichen Interessen wögen unverhältnismäßig schwerer als die Auswirkungen auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (B 3476/95). Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides als "gesetzwidrig".

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Auf die Erstellung einer Gegenschrift wurde verzichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde vertritt die Auffassung, die belangte Behörde habe die Bestimmungen der §§ 18, 19 und 20 FrG falsch angewendet und der Beurteilung einen falschen Sachverhalt zugrundegelegt. Es liege keine bestimmte Tatsache vor, die die Annahme des § 18 Abs. 1 FrG rechtfertigen würde. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei gemäß § 19 FrG und § 20 Abs. 1 FrG unzulässig.

Mit der Behauptung, die belangte Behörde habe ihrer Beurteilung einen falschen Sachverhalt zugrundegelegt, ist die Beschwerdeführerin auf ihre eigenen Ausführungen in der Beschwerde (an den Verfassungsgerichtshof) zu verweisen, wonach als richtig zugestanden werde, daß sie vom 31. Dezember 1994 bis 4. Jänner 1995 einer Beschäftigung als Zimmer-Küchenmädchen nachgegangen sei, ohne im Besitz einer entsprechenden Arbeitsgenehmigung zu sein. Eben dieser Sachverhalt wurde von der belangten Behörde festgestellt. Die Ansicht der belangten Behörde, daß dieses Verhalten zusammen mit dem "Betreten werden" den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG verwirklicht, entspricht der Gesetzeslage.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, daß sie nicht gewußt habe, daß sie nicht im Besitz einer entsprechenden Arbeitsgenehmigung sei. Sie habe bereits 1994 in diesem Hotel in dieser Funktion gearbeitet und es sei nach Beendigung der Saison im September 1994 vereinbart worden, daß sie am 31. Dezember 1994 für eine neue Wintersaison zu arbeiten beginne. Der Dienstgeber werde sich bis dahin um die "ganzen Papiere bzw. um die Aufenthaltsbewilligung und Beschäftigungsbewilligungen" kümmern. Bei Dienstantritt habe der Dienstgeber der Beschwerdeführerin nicht mitgeteilt, daß sie keine Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung bekommen habe. Da in der vorangegangenen Saison diesbezüglich alles tadellos geklappt habe, sei sie gar nicht auf die Idee gekommen, daß mit ihren Papieren etwas nicht in Ordnung sei.

Mit diesem Vorbringen kann die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen. Daß der Beschwerdeführerin nicht bekannt gewesen sei, daß sie keine Bewilligung habe, bzw. daß ihr Arbeitgeber keine Beschäftigungsbewilligung für sie habe, hinderte nicht die Verwirklichung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG. Im übrigen wäre es der Beschwerdeführerin oblegen, sich über die einschlägige Rechtslage vor Aufnahme einer Beschäftigung zu informieren (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1996, Zl. 95/21/1030). Die Beschwerdeführerin ist auf die Bestimmung des § 3 Abs. 6 AuslBG hinzuweisen, derzufolge die Beschäftigungsbewilligung vom Arbeitgeber im Betrieb und eine Ausfertigung dieser Bewilligung vom Ausländer an der jeweiligen Arbeitsstelle zur Einsichtnahme bereitzuhalten ist. Im Hinblick auf diese Verpflichtungen des Arbeitgebers wie auch des ausländischen Arbeitnehmers - daß diesem Gebot Rechnung getragen worden sei, wird von der Beschwerdeführerin nicht einmal behauptet - hätte die Beschwerdeführerin sich vor Antritt der Arbeit Gewißheit zu verschaffen gehabt, ob eine Beschäftigungsbewilligung für sie vorliegt. Von daher gesehen ist der Beschwerdeführerin zumindest fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen, welches den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG erfüllt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. April 1995, Zl. 95/18/0477).

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, daß die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt und die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 FrG zulässig ist. Durch den rechtswidrigen Aufenthalt im Jahre 1993, ab 30. September 1994, den Verstoß gegen das Meldegesetz und die "Schwarzarbeit" hat die Beschwerdeführerin erheblich gegen die für sie maßgeblichen fremdenrechtlichen Vorschriften verstoßen. In Anbetracht des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der "Schwarzarbeit" und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und der Arbeitsmarktverwaltung sowie der Verhinderung strafbarer Handlungen, kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Auch gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung bestehen keine Bedenken. Mit Recht hat die belangte Behörde den hier maßgebenden, oben aufgezeigten öffentlichen Interessen großes Gewicht beigemessen. Demgegenüber treten die gegenläufigen privaten Interessen der Beschwerdeführerin zurück. Aus dem Aufenthalt der Beschwerdeführerin seit 1993 - zum Teil überdies unrechtmäßig - ist kein nennenswerter Grad an Integration abzuleiten. Der Umstand, daß die Beschwerdeführerin im Haushalt ihres Bruders lebt und sie mit einem in Österreich lebenden türkischen Staatsangehörigen verlobt sei, verleiht den familiären Interessen der Beschwerdeführerin kein erhebliches Gewicht. Welche Verhältnisse in der näheren Heimat der Beschwerdeführerin herrschen, ist im vorliegenden Verfahren ohne rechtliche Bedeutung, weil es lediglich auf das im Inland geführte Privat- und Familienleben ankommt.

Die Ausführungen in der Beschwerde sind somit nicht geeignet, eine dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit aufzuzeigen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996210098.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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