TE Vwgh Beschluss 2021/11/11 Ra 2021/06/0199

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Veröffentlicht am 11.11.2021
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VVG §2 Abs1
VVG §4 Abs2

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2021/06/0200

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache 1. des Mag. L Z in B und 2. des K K in W, beide vertreten durch Mag. Leopold Zechner, Rechtsanwalt in 8600 Bruck/Mur, Fridrichallee 3, gegen das am 9. August 2021 mündlich verkündete und mit 18. August 2021 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten, KLVwG-956-957/6/2021, betreffend Vorauszahlung der Vollstreckungskosten (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Kärnten (LVwG) der Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 2. März 2021, mit dem den Revisionswerbern die Vorauszahlung der Kosten für die Ersatzvornahme gemäß § 4 Abs. 2 VVG aufgetragen worden war, insofern Folge, als der zu hinterlegende Betrag um die Posten „Aufschlag für Unvorhergesehenes (€ 3.309,--)“ und „Aufschlag für zu erwartende Indexsteigerung bis zur Durchführung der Ersatzvornahme (€ 2.068,--)“ verringert und - basierend auf der Kostenschätzung des bautechnischen Amtssachverständigen - mit € 41.358,-- neu festgesetzt wurde. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und eine ordentliche Revision für unzulässig erklärt.

5        In der Zulässigkeitsbegründung wird dazu zusammengefasst vorgebracht, nach den Aussagen des bautechnischen Amtssachverständigen sei vor dem Beginn der Abbrucharbeiten ein statisches Gutachten (Position 1 der Kostenschätzung) einzuholen, um die durchzuführenden Abbrucharbeiten beurteilen zu können. Es sei jedoch unklar, was unter den Begriff der „statischen Beweissicherung“ zu subsumieren sei. Da von dem statischen Gutachten abhänge, was, wann, wie und wo zu veranlassen sei, wäre eine Staffelung der Vorauszahlung dahingehend vorzunehmen gewesen, dass zuerst die Kosten der Beweissicherung und erst nachdem feststehe, welche weiteren Arbeiten in welcher Form vorzunehmen seien, eine weitere Vorauszahlung aufzutragen gewesen wären. Dazu fehle eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. weiche das angefochtene Erkenntnis von dieser ab (Hinweis auf VwGH 10.10.2014, Ra 2014/03/0034).

6        Aus § 4 Abs. 2 VVG kann nicht abgeleitet werden, dass nur das voraussichtliche Mindestmaß des Vollstreckungsaufwands als Vorauszahlung aufgetragen werden könne, sondern eben der voraussichtlich erforderliche Betrag. Das Schonungsprinzip des § 2 Abs. 1 VVG bedeutet, dass kein höherer Kostenvorschuss verlangt werden darf als zur Bestreitung der Ersatzvornahme erforderlich wäre. Kosten, welche die tatsächlich mit der Ersatzvornahme zu erwartenden Kosten erkennbar relevant überschritten, wären unverhältnismäßig. Eine Verpflichtung der Behörde oder des Verwaltungsgerichtes, eine Ersatzvornahme für den Beschwerdeführer „so kostengünstig als möglich“ zu gestalten, kann dem Gesetz aber nicht entnommen werden (vgl. VwGH 19.12.2013, 2011/03/0173, mwN). Ebenso wenig bietet § 4 Abs. 2 VVG einen Rechtsanspruch dafür, dass die jedenfalls zu erwartenden Kosten erst in zeitlicher Abfolge vorzuschreiben wären.

7        Mit rechtskräftigem Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde V vom 28.6.2019 wurde den Revisionswerbern zusammengefasst aufgetragen, einen näher definierten Schweinestall unter Beiziehung und Begleitung eines Unternehmens aus dem Fachbereich Statik von einem dazu befugten Unternehmen abbrechen zu lassen, die angrenzenden Bauwerke vor dem Abbruch durch einen Unternehmer aus dem Fachbereich Statik einer Beweissicherung zu unterziehen, dies zu dokumentieren, das Abbruchmaterial entweder der Wiederverwertung zuzuführen oder ordnungsgemäß zu entsorgen und die ordnungsgemäße Durchführung dieser Arbeiten gegenüber der Baupolizei nachzuweisen. Das einzuholende statische Gutachten und die Beweissicherung sind Teil des Beseitigungsauftrages und haben keinen Einfluss darauf, in welchem Umfang das Gebäude zu beseitigen ist; sie dienen vielmehr als Grundlage dafür, dass ein Fachmann beurteilen kann, wie die Abbrucharbeiten durchzuführen sein werden, um einerseits die Sicherheit der Abbrucharbeiten und andererseits die Standfestigkeit der angrenzenden Bauwerke zu gewährleisten.

8        Es ist nicht zu erkennen, inwiefern das angefochtene Erkenntnis dem hg. Beschluss VwGH 10.10.2014, Ra 2014/03/0034, wonach ein Vollstreckungsauftrag ausreichend konkretisiert ist, wenn für einen Fachmann erkennbar ist, welche Maßnahmen durchzuführen sind, widersprechen sollte. Die Revisionswerber bringen weder vor noch weisen sie konkret nach, dass das Ergebnis des statischen Gutachtens oder der Beweissicherung wesentlichen Einfluss auf die Kosten der Ersatzvornahme haben könnten und die Kostenvorschreibung somit unangemessen wäre.

9        In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.

Wien, am 11. November 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021060199.L00

Im RIS seit

03.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.12.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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