RS Vwgh 2021/10/28 Ro 2021/09/0006

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Veröffentlicht am 28.10.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
82/02 Gesundheitsrecht allgemein

Norm

B-VG Art18 Abs2
COVID-19-MaßnahmenG 2020 §2
COVID-19-MaßnahmenG 2020 §2 Z2
COVID-19-MaßnahmenG 2020 §2 Z3
MRK Art8
VwGG §42 Abs2 Z1

Beachte


Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ro 2021/09/0009 E 10.11.2021
Ro 2021/09/0011 E 10.11.2021
Ro 2021/09/0012 E 10.11.2021

Rechtssatz

Die gesetzliche Ermächtigung des § 2 COVID-19-Maßnahmengesetz ist von vornherein dahingehend begrenzt, dass mit der Ermächtigung, das Betreten bestimmter Orte zu untersagen, nur das Zusammentreffen von Menschen eben an bestimmten Orten unterbunden werden kann. § 2 COVID-19-Maßnahmengesetz geht also vom Grundsatz der Freizügigkeit aus und ermächtigt den Verordnungsgeber dazu, diese Freizügigkeit durch Betretungsverbote bestimmter Orte einzuschränken, wobei das Gesetz auch deutlich macht, welche Merkmale diese Orte, deren Betreten der Verordnungsgeber zum Zweck der Verhinderung von COVID-19 untersagen kann, aufweisen müssen, nämlich, dass die Nutzung dieser Orte zum persönlichen Zusammentreffen mehrerer Menschen außerhalb der eigenen Wohnung führt. Der Verordnungsgeber kann dabei die Orte, deren Betreten er zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 untersagt, konkret oder abstrakt umschreiben, er kann für Außenstehende auch, wie die Erläuterungen deutlich machen, das Betreten regional begrenzter Gebiete wie Ortsgebiete oder Gemeinden untersagen; es ist ihm aber verwehrt, durch ein allgemein gehaltenes Betretungsverbot des öffentlichen Raumes außerhalb der eigenen Wohnung (im weiten Sinn des Art 8 MRK) ein - wenn auch entsprechend der räumlichen Ausdehnung der Verordnung gemäß § 2 Z 2 oder 3 COVID-19-Maßnahmengesetz regional begrenztes - Ausgangsverbot schlechthin anzuordnen. Damit ist die gesetzliche Ermächtigung des § 2 COVID-19-Maßnahmengesetz dahingehend begrenzt, dass das Betreten von bestimmten Orten untersagt werden darf, nicht aber, dass Menschen auf Grundlage des § 2 COVID-19-Maßnahmengesetz dazu verhalten werden können, an einem bestimmten Ort, insbesondere auch in ihrer Wohnung, zu verbleiben. § 2 COVID-19-Maßnahmengesetz ermächtigt mithin zu auch durchaus weitreichenden Eingriffen in die Freizügigkeit der Menschen, keinesfalls aber zu Anordnungen, die als Eingriff in die persönliche Freiheit zu qualifizieren wären (vgl. VfGH 23.6.2021, E 4044/2020-20; VfGH 14.7.2020, V 363/2020).

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RO2021090006.J01

Im RIS seit

30.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

13.12.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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