TE Lvwg Erkenntnis 2021/8/2 LVwG-701004/2/MZ

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.08.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

02.08.2021

Norm

EpidemieG §5 Abs1
EpidemieG §40 Abs1 lita

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Richter Dr. Zeinhofer über die Beschwerde des V R, vertreten durch H H, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 30.03.2021, BHGM/921070009451/21, wegen Übertretung des Epidemiegesetzes

zu Recht:

I.     Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.    Die beschwerdeführende Partei hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 60 Euro zu leisten.

III.   Gegen diese Entscheidung ist eine Revision unzulässig.

Entscheidungsgründe

I.a.1) Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden (in Folge: belangte Behörde) vom 21.01.2021, BHGMSanR-2021-32143/1-GK, wurde die beschwerdeführende Partei (in Folge: bP) „zur Verhütung der Weiterverbreitung der anzeigepflichtigen Krankheit `COVID-19´ (2019 neu-artiges Coronavirus/SARS-CoV-2) … als Kontaktperson der Kategorie I ab 21.01.2021 bis zum Ablauf des 31.01.2021 im Objekt M. 57/2, G abgesondert.“

I.a.2) Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Gmunden vom 04.02.2021, GZ 20 Ub 2/21p, wurde das gegen die og Absonderung erhobene Rechtsmittel abgewiesen.

I.b.1) Mit Schreiben der belangten Behörde vom 22.01.2021, BHGMSanR-2021-32143/4-SW, wurde der bP aufgrund ihres engen Kontaktes zu einer an SARS-CoV-2 erkrankten Person und der daraus folgenden Einstufung als Hochrisikokontaktperson eingestuft eine Abstrichnahme für eine Testung auf SARS-CoV-2 am 25.01.2021 um 09:35 Uhr in F 46, G (R DriveIn bei der ehem. B.halle) aufgetragen.

I.b.2) Mit E-Mail vom 25.01.2021 teilte die bP der belangten Behörde, dass sie die Abstrichnahme nicht vornehmen lassen werde.

I.b.3) Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 30.03.2021, BHGM/921070009451/21, wurde über die bP wie folgt abgesprochen:

„Datum/Zeit:  25.01.2021, 09:35 Uhr

Ort:                 G, F 46 – R DriveIn

Sie haben als Ansteckungsverdächtiger der anzeigepflichtigen Krankheit 2019-nCoV („2019 neuartiges Coronavirus“) der zuständigen Behörde – Bezirkshauptmannschaft Gmunden – die Entnahme von Untersuchungsmaterial nicht ermöglicht, obwohl Kranke, Krankheitsverdächtige und Ansteckungsverdächtige verpflichtet sind, den zuständigen Behörde die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und sich den notwendigen ärztlichen Untersuchungen sowie der Entnahme von Untersuchungsmaterial zu unterziehen.

Sie sind einer behördlichen Anordnung zur Abstrichnahme am 25.01.2021 um 09:35 Uhr trotz nachweislich zugestellter Anordnung nicht nachgekommen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1.       § 40 Abs. 1 lit. a iVm § 5 Abs. 1 Epidemiegesetz 1950, BGBl. Nr. 186/1950/ idF BGBl. I Nr. 23/2021 iVm VO BGBl. II Nr. 15/2020, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 104/2020

Wegen der dargestellten Übertretung wurde über die bP eine Geldstrafe in der Höhe von 300,- Euro, EFS 5 Tage und 19 Stunden, verhängt. Bei der Strafzumessung ging die belangte Behörde mangels gegenteiliger Angaben der bP von einem monatlichen Netto-Einkommen von 1.500,- Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten aus. Strafmildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit berücksichtigt.

Als für die Entscheidung relevant stellte die belangte Behörde ua fest:

„Am 21.01.2021 wurde die BH Gmunden über das auf SARS-CoV-2 positive Testergebnis der Ehegattin des Beschuldigten in Kenntnis gesetzt. Das Testergebnis wies einen hochinfektiösen Ct-Wert von 19,24 aus. Im Rahmen des Kontaktpersonenmanagements gab die Ehegattin gegenüber der Behörde an, dass sie bereits am 18.01.2021 einschlägige Symptome hatte. Weiters gab sie an, dass sie gemeinsam mit dem Beschuldigten in einem dreistöckigen Einfamilienhaus wohnt und zuletzt am 21.01.2021 Kontakt mit diesem hatte. Auch der Beschuldigte gab im Rahmen des Kontaktpersonenmanagements gegenüber der BH Gmunden an, zuletzt am 21.01.2021 Kontakt zu seiner Ehegattin gehabt zu haben. …“

II. Gegen das in Punkt I.b.3) genannte Straferkenntnis erhob die bP rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde. Im Beschwerdeschriftsatz führt die bP aus, dass eine PCR-Testung bei einer gesunden Person keinen Sinn machen würde. Da sich die bP an die behördlich angeordnete Quarantäne gehalten habe und er seine Frau in dieser Zeit lediglich einmal im Vorbeigehen in der Küche getroffen habe, liege eine verwaltungsstrafrechtliche Übertretung nicht vor.

III.a) Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 3 Z 3 VwGVG abgesehen werden.

c) Als für die Entscheidung relevant wird der in Punkt I. genannte Sachverhalt festgestellt. Dieser ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und wurde von der bP auch nicht konkret bestritten.

IV. Rechtliche Beurteilung:

a) Die einschlägigen Bestimmungen des Epidemiegesetzes lauten in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung:

„Erhebungen über das Auftreten einer Krankheit.

§ 5. (1) Über jede Anzeige sowie über jeden Verdacht des Auftretens einer anzeigepflichtigen Krankheit haben die zuständigen Behörden durch die ihnen zur Verfügung stehenden Ärzte unverzüglich die zur Feststellung der Krankheit und der Infektionsquelle erforderlichen Erhebungen und Untersuchungen einzuleiten. Kranke, Krankheitsverdächtige und Ansteckungsverdächtige sind verpflichtet, den zuständigen Behörden die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und sich den notwendigen ärztlichen Untersuchungen sowie der Entnahme von Untersuchungsmaterial zu unterziehen. Zum Zwecke der Feststellung von Krankheitskeimen sind hiebei nach Möglichkeit fachliche Untersuchungsanstalten in Anspruch zu nehmen.

(2) …

Sonstige Übertretungen.

§ 40. (1) Wer durch Handlungen oder Unterlassungen

a) den in den Bestimmungen der §§ 5, 8, 12, 13, 21 und 44 Abs. 2 enthaltenen Geboten und Verboten oder

b) den auf Grund der in den §§ 7, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 17, 19, 20, 21, 22, 23 und 24 angeführten Bestimmungen erlassenen behördlichen Geboten oder Verboten oder

c) den Geboten oder Verboten, die in den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen enthalten sind, zuwiderhandelt oder

d) in Verletzung seiner Fürsorgepflichten nicht dafür Sorge trägt, daß die seiner Fürsorge und Obhut unterstellte Person sich einer auf Grund des § 5 Abs. 1 angeordneten ärztlichen Untersuchung sowie Entnahme von Untersuchungsmaterial unterzieht,

macht sich, sofern die Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist mit Geldstrafe bis zu 1 450 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen.

(2) …“

b) § 5 Abs 1 Satz 2 EpidemieG verpflichtet Kranke, Krankheitsverdächtige und Ansteckungsverdächtige, den zuständigen Behörden die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und sich den notwendigen ärztlichen Untersuchungen sowie der Entnahme von Untersuchungsmaterial zu unterziehen.

Die bP ist aufgrund ihres – im Kontaktmanagementverfahren sowohl von ihr als auch ihrer Gattin angegebenen – Kontaktes zur COVID-erkrankten Gattin, deren ct-Wert hochinfektiös war, als ansteckungsverdächtige Person zu beurteilen gewesen, weswegen auch in Folge eine – in Rechtskraft erwachsene – Absonderung im Zeitraum von 21.01.2021 bis zum 31.01.2021 erfolgte. Zum Zeitpunkt der Anordnung des PCR-Testes am 22.01.2021 bzw auch im Zeitpunkt, an welchem dieser stattfinden sollte (25.01.2021), durfte die belangte Behörde sohin zweifellos davon ausgehen, dass die bP ansteckungsverdächtig war und die bP zur Probeentnahme auffordern.

Nun ist der bP zweifellos zuzustimmen, wenn sie ausführt, „dass es als bewiesen und belegt [gelte], dass die PCR-Testung einer gesunden Person nicht zur Diagnose einer Erkrankung des Sars-CoV-2 in der Lage“ sei. Dies soll durch den Test auch nicht bewirkt werden, da es in der Natur der Sache liegt, dass an einer gesunden Person eine Erkrankung nicht festgestellt werden kann. Allerdings vermag ein PCR-Test, nach allen bekannten wissenschaftlichen Erkenntnissen, die Erkrankung an COVID-19 festzustellen. Da die bP, wie dargelegt, im relevanten Zeitraum als ansteckungsverdächtig im Hinblick auf COVID-19 anzusehen war, handelte es sich um eine notwendige Entnahme von Untersuchungsmaterial im Sinne des § 5 Abs 1 EpidemieG.

c) Da die bP den angeordneten Termin zur Probeentnahme nicht wahrgenommen hat, wurde der Tatbestand des § 40 Abs 1 lit a EpidemieG objektiv verwirklicht. Wie aus der Mitteilung der bP am 25.01.2021 hervorgeht, erfolgte die Tatbestandsverwirklichung vorsätzlich.

d) Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass der Strafrahmen bis zu 1.450,- Euro beträgt. Die belangte Behörde hat diesen Strafrahmen in etwa zu 20 % ausgeschöpft. Als Zweck der übertretenen Norm ist der Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen anzusehen; es sollen sohin die höchsten Güter in der Gesellschaft geschützt werden. Der Tat der bP griff vorsätzlich in dieses Schutzgut ein. Von dem angenommenen, von der bP unwidersprochen gebliebenem Einkommen ausgehend, erachtet das erkennende Gericht unter Berücksichtigung der Unbescholtenheit der bP deshalb als angemessen.

e) Der Ausspruch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens gründet in § 52 Abs 8 VwGVG.

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da der Beantwortung der Frage, ob konkret die bP als ansteckungsverdächtige Person im Sinne des § 5 Abs 1 EpidemieG anzusehen war, keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt, und sohin eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt.

Schlagworte

Absonderung; Quarantäne; Anordnung der Gesundheitsbehörde; Strafverfahren; COVID-19; ansteckungsverdächtige Person; Kontaktpersonenmanagement; PCR-Testung

Anmerkung

Alle Entscheidungsvolltexte sowie das Ergebnis einer gegebenenfalls dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidung sind auf der Homepage des Oö LVwG www.lvwg-ooe.gv.at abrufbar.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGOB:2021:LVwG.701004.2.MZ

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Oberösterreich LVwg Oberösterreich, http://www.lvwg-ooe.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten