TE Lvwg Erkenntnis 2021/7/1 LVwG-AV-1098/001-2015

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.07.2021
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Entscheidungsdatum

01.07.2021

Norm

AWG 2002 §73

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch

Mag. Eichberger, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde des A, in ***, vertreten durch B Rechtsanwälte GmbH in ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 28. August 2015, Zl. ***, betreffend die Verpflichtung zur Zahlung der Kosten aufgrund angeordneter Sofortmaßnahmen nach § 73 Abs. 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) als Folge eines Brandereignisses, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird Folge gegeben und der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 28. August 2015,

Zl. ***, behoben.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

 

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 28. August 2015, Zl. ***, wurde der Beschwerdeführer gemeinsam mit Herrn C gemäß § 73 Abs. 2 AWG 2002 verpflichtet, als Geschäftsführer der Firma D GmbH (aufgelöst infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens am 8. Juni 2006) zur ungeteilten Hand mit Herrn C die Kosten für die auf der Rechtsgrundlage des § 73 Abs. 2 AWG von der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg als Folge des Brandereignisses vom 23. - 25. Mai 2006 auf dem Gelände der Firma D GmbH am 19. Juni 2006 angeordneten Sofortmaßnahmen, die mit € 3.407.197,40 wie nachfolgend bestimmt werden, binnen 10 Wochen nach Rechtskraft des Bescheides mit dem beigelegten Zahlschein bei der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg zur Einzahlung zu bringen:

Firma

Rechtungsdatum

Rechnungs-
nummer

Betrag in €

G GmbH

23.05.2006

***

819,30

H GmbH

12.07.2006

***

19.021,70

I GmbH

30.06.2006

***

217.693,78

I GmbH

31.07.2006

***

349.873,90

I GmbH

31.07.2006

***

213.078,69

I GmbH

18.08.2006

***

44.622,65

I GmbH

31.08.2006

***

276.076,88

I GmbH

31.08.2006

***

623.296,26

I GmbH

31.08.2006

***

123.515,44

I GmbH

30.09.2006

***

20.526,36

I GmbH

30.09.2006

***

390.480,08

I GmbH

31.05.2007

***

1,168.906,46

I GmbH

31.05.2007

***

6.501,33

I GmbH

31.05.2007

***

12.061,28

 

 

Summe

3.466.474,11

Abzüglich Konkursquote 1,71%

 

 

 

 

Gesamtbetrag
in €

€ 3.407.197,40

Begründet wurde diese Entscheidung dahingehend, dass die D GmbH (im Folgenden: D GmbH) am Standort *** in *** auf den Liegenschaften Grundstücke Nr. ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, alle KG ***, Eigentümerin Stadtgemeinde ***, sowie auf den Liegenschaften Nr. ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, *** alle KG ***, Eigentümerin Firma E GesmbH, aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung mit der Stadtgemeinde *** seit zumindest August 2001 eine Abfallbehandlungsanlage betrieben habe.

Für diese Anlage sei vom Landeshauptmann von Niederösterreich als Abfallbehörde eine von 7. Mai 2003 - 31. Mai 2005 befristete Bewilligung erteilt worden. Darüber hinaus sei von der D GmbH zumindest seit August 2001 ein Abfallzwischenlager für Gewerbe-, Hartkunststoff-, Folienabfällen und EPS auf den genannten Grundstücken ohne behördliche Bewilligung betrieben worden. Im Bewilligungsbescheid für die Abfallbehandlungsanlage vom 7. Mai 2003 sei in der Auflage 17 vorgeschrieben worden, dass Abfälle im Freien nicht gelagert werden dürfen. Auf der Rechtsgrundlage der §§ 62 und 73 AWG 2002 seien der Firma D GmbH von den zuständigen Behörden am 4. März 2005 sowie am 13. Dezember 2005 Aufträge zur Entfernung der im Freien gelagerten Abfälle im Ausmaß von insgesamt 110.540 m³ erteilt worden.

Die Firma D GmbH sei laut Firmenbuch seit 22. Mai 2001 durch die Geschäftsführer A und C sowie durch den Prokuristen F vertreten worden, wobei die Vertretungsbefugnis durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen Geschäftsführer und einen Gesamtprokuristen erfolgt sei. Mit 5. April 2006 sei die Funktion des C und des F im Firmenbuch gelöscht worden, weshalb

der Beschwerdeführer die Gesellschaft seither selbstständig vertreten habe.

Am 23. Mai 2006 sei auf dem Gelände der D GmbH ein Großbrand ausgebrochen, der einen Teil der im Freien gelagerten Abfälle und den nördlichen Teil der Halle für die Abfallaufbereitung auf einer Gesamtfläche von knapp 2 ha betroffen habe. Von dem Brandereignis seien die Grundstücke Nr. ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, der Stadtgemeinde *** und die Grundstücke Nr. ***, ***, ***, *** und *** der E GesmbH, betroffen gewesen.

Infolge des Brandereignisses vom 23. – 25. Mai 2006 auf dem Gelände der Firma D GmbH seien von der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg Sofortmaßnahmen unter anderen wegen Gefahr im Verzug zur

Hintanhaltung gemäß § 73 AWG angeordnet worden.

Es habe sich dabei um die Beseitigung der vom Brand betroffenen Brandabfälle gehandelt.

In mehreren Verhandlungen und Besprechungen seien die Folgen des Brandereignisses und die im öffentlichen Interesse zu setzenden Maßnahmen seitens der belangten Behörde als Wasser-und Abfallrechtsbehörde erörtert worden. Weder die Firma D GmbH noch die Grundeigentümer hätten die vorgenannten Maßnahmen, die aufgrund von Gutachten des deponietechnischen Amtssachverständigen notwendig gewesen wären, veranlasst.

Nach Kontaktaufnahme der belangten Behörde mit verschiedenen Unternehmen betreffend die Abfallverwertung sei der Firma I GmbH aus fachlicher Sicht der Vorzug gegeben worden. Die belangte Behörde habe das Angebot dieses Unternehmens (I GmbH) angenommen und die Beseitigung der vom Brand betroffenen Brandabfälle am 9. Juni 2006 unmittelbar mangels Durchführung durch die Verpflichteten angeordnet.

Zum Zeitpunkt der Verhandlung am 9. Juni 2006 sei über das Vermögen der Firma D GmbH Bereits Konkurs eröffnet worden (Edikt des LG *** vom 8. Juni 2006).

Vom Masseverwalter der D GmbH sei der belangten Behörde bekannt gegeben worden, dass der Betrieb der Firma am 12. Juni 2006 geschlossen worden sei. Der Masseverwalter habe der Behörde in der Folge mehrmals Berichte an das Konkursgericht in Gleichschrift übermittelt. Aus diesen sei hervorgegangen, dass im Hinblick auf den Umfang der Verbindlichkeiten und auf das aktive Konkursvermögen eine Befriedigung der Gläubiger maximal in einem niedrigen einstelligen Prozentbereich möglich sein werde.

Aus der Insolvenzdatei des Bundesministeriums für Justiz sei zu ersehen gewesen, dass der Konkurs der Firma D GmbH mit Beschluss vom 12. November 2007 rechtskräftig aufgehoben worden sei. Der vom Gericht genehmigte Schlussverteilungsentwurf habe eine Quote von 1,71 % enthalten. Seitens der Republik Österreich sei eine Forderungsanmeldung am 11. Juli 2006 im Konkursverfahren erfolgt und sei nach Auskunft der Finanzprokuratur die Konkursquote vom Masseverwalter der Firma D GmbH an die Republik Österreich am 12. November 2007 erstattet worden.

Die Firma D GmbH sei demnach nicht in der Lage gewesen, die Kosten für die von der Behörde angeordneten Maßnahmen zu tragen. Aus diesem Grund habe die belangte Behörde mit Bescheid vom 9. Jänner 2007, Zl. ***, und zwei weiteren Bescheiden vom 21. März 2008, Zl. ***, den Grundeigentümern aufgrund der subsidiären Verpflichtung vorgeschrieben, die für die Beseitigung der vom Brand betroffenen Brandabfälle angefallenen Kosten zu bezahlen. Beide Grundeigentümer, die Stadtgemeinde *** und die Firma E GmbH haben gegen diese verwaltungsbehördlichen Entscheidungen Berufung erhoben, wobei diesen mit Bescheiden des Landeshauptmannes von Niederösterreich keine Folge gegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 2. Juli 2009, ***, und zwei Erkenntnissen vom 20. Februar 2014, Zl. *** und Zl. ***, die jeweiligen Berufungsentscheidungen des Landeshauptmannes von NÖ wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Zusammenfassend ergebe sich aus der Begründung, dass auch der Geschäftsführer einer GmbH, wenn er im Rahmen seiner faktischen Anordnungsbefugnis in dieser Eigenschaft dafür ursächlich sei, dass Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen des AWG 2002 gelagert oder behandelt werden, als Verpflichteter gemäß § 73 Abs. 1 und 2 AWG 2002 herangezogen werden könne.

Erst wenn die Geschäftsführer nicht zur Haftung herangezogen werden können, ist die subsidiäre Liegenschaftseigentümerhaftung neuerlich zu prüfen.

Aufgrund der Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes wurden die Kostenbescheide der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg gegen die Grundstückseigentümer behoben.

Der Bescheid vom 9. Jänner 2007, Zl. ***, wurde durch Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 22. Oktober 2013, Zl. ***, behoben.

Die beiden Bescheide vom 21. März 2008, Zl. ***, wurden mit den Beschlüssen des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 6. Mai 2014, Zl. LVwG-AB-14-0089 und vom 14. Juli 2014, Zl. LVwG-AB-14-0090, behoben und zu Erlassung eines neuen Bescheides an die Verwaltungsbehörde erster Instanz zurückverwiesen.

Aufgrund der Entscheidungen der Gerichte wurde das Verfahren gegen die Geschäftsführer als weiter – unmittelbar – Verpflichtete fortgeführt und das Parteiengehör am 13. Jänner 2015 A, C und F übermittelt.

Aufgrund der nicht weiter bekämpften Entscheidung des Landesgerichtes *** vom 17. April 2015, Zl. ***, zur Position des Prokuristen im Parallelverfahren nach § 31 WRG 1959 und der Judikatur, wonach der Gesetzgeber bei der Regelung des § 73 Abs. 1 AWG 2002 den Verursacherbegriff des § 31 WRG 1959 vor Augen hatte und daher insoweit auf die zu dieser Gesetzesbestimmung ergangene Judikatur zurückzugreifen sei (vgl. VwGH vom 20. Februar 2014, Zl. ***), sei das Verfahren zur Zahl *** gegen den Prokuristen Herrn F als Verursacher eingestellt worden.

Im gegenständlichen Verwaltungsverfahren sei von Herrn C keine Stellungnahme erfolgt, vom Beschwerdeführer hingegen schon, welche auch beim gegenständlichen Bescheid berücksichtigt worden sei. Hierbei wurde auf das Gutachten des Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz, welches im gegenständlichen Verwaltungsverfahren eingeholt wurde, verwiesen.

Vor dem Hintergrund der höchstgerichtlichen Rechtsprechung griff die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung in der beschwerdegegenständlichen Rechtsangelegenheit auf den Verursacherbegriff des § 31 WRG 1959 zurück, wonach jeder als unmittelbarer Verursacher anzusehen sei, der durch organisatorische oder aber durch faktische Maßnahmen oder Unterlassungen schädliche Einwirkungen auf Gewässer verursache. Weiters treffe die Geschäftsführer – oder auch andere Mitarbeiter – denen schädliche Einwirkungen zuzurechnen seien, gemeinsam mit dem Anlagenbetreiber als „unmittelbare Täter“, eine solidarische Verpflichtung.

Der Beschwerdeführer sei der Geschäftsführer der D GmbH, FN ***, gewesen. In dieser Funktion sei er im Zeitraum vom 22. Mai 2001 - 26. März 2006 jeweils gemeinsam mit dem zweiten Geschäftsführer oder dem Gesamtprokuristen zur Vertretung befugt gewesen. Seit dem 27. März 2006 sei er selbstständig vertretungsberechtigt gewesen. Die Ablagerungen seien zu einem Zeitpunkt erfolgt, in welchem der Beschwerdeführer mit den beiden anderen Organen im selben Umfang rechnungsberechtigt und somit anordnungsbefugt gewesen sei.

Die belangte Behörde führte weiters aus, dass sowohl Herr A als auch Herr C die Anhäufung der Abfallmengen auf den der Firma D GmbH zur Verfügung stehenden Liegenschaften als Geschäftsführer zu verantworten haben.

Obwohl sie gewusst hätten, dass auf den nicht genehmigten und unbefestigten Flächen der Firma D GmbH Abfälle, die ursächlich für die Folgen des Brandes gewesen wären, gelagert worden seien, sei es trotz ihrer Anordnungsbefugnis unterlassen worden, dagegen Maßnahmen zu setzen.

Zum vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten der J GmbH wurde auf das Gutachten des Amtssachverständigen für Deponietechnik vom 12. Mai 2015 verwiesen. Demnach gehe hervor, dass das vorgelegte Gutachten vom 5. Oktober 2006 weder repräsentativ noch plausibel sei und keine geeignete Beurteilungsgrundlage zur Frage, ob die Brandrückstände eine unmittelbare Gefährdung der Umwelt bedeuteten, darstelle.

Unter Verweis auf das Gutachten des Amtssachverständigen für Deponietechnik führte die belangte Behörde aus, dass die Abfälle auf einer offenen, das heißt gegenüber dem Untergrund nicht abgedichtete Fläche, ohne Einrichtung zur Erfassung und Sammlung der erwartungsgemäß aufgrund der Abfallzusammensetzung anfallenden kontaminierten Wässer stattgefunden habe.

Zum Vorbringen, wonach ein UVP-Verfahren zur Bewilligung der gegenständlichen Anlage kurz vor dem Abschluss gestanden sei, wurde von der belangten Behörde ausgeführt, dass hierzu lediglich ein Antrag gestellt worden sei. Diverse Gutachten, in welchen die Sachverständigen mögliche Gefährdungen beurteilt hätten, seien jedenfalls noch nicht erstellt worden.

Die belangte Behörde verwies hierbei auf die negative Beurteilung der freien Flächenlagerung im Rahmen der Genehmigung zum Versuchsbetrieb. In der Auflage 17 des Bescheides vom 7. Mai 2003 betreffend den für zwölf Monate genehmigten Versuchsbetrieb sei ausdrücklich die Lagerung und Manipulation mit Input- und Outputmaterialien im Freiflächenbereich um die Halle verboten gewesen. Die Lagerungen außerhalb der D Halle seien somit ohne geeignete Abdichtung und ohne Einrichtungen zur Sammlung des Oberflächenwassers nie genehmigungsfähig gewesen.

Vor diesem Hintergrund verwies die belangte Behörde auf die von der Abfallwirtschaftsbehörde vom 4. März 2005 erlassenen Entfernungsaufträge (Bescheide der NÖ Landesregierung, Zl. ***, vom 04. März 2005 und Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg, Zl. *** vom 13. Dezember 2005).

In der weiteren Begründung stellte die belangte Behörde fest, dass aufgrund § 73 Abs. 2 AWG 2002 wegen Gefahr im Verzug die Verpflichtung bestanden habe, die erforderlichen Maßnahmen unmittelbar anzuordnen.

Es sei auch nicht möglich gewesen an die Gesellschafter heranzutreten, die allesamt in der Entsorgungswirtschaft tätig gewesen waren, da sowohl Herr C, als auch Herr A zur Verhandlung am 9. Juni 2006, bei der die Entscheidung über die Entfernung der Brandreste getroffen worden sei, geladen worden seien. Der Beschwerdeführer habe der belangten Behörde telefonisch bekannt gegeben, dass er nicht zur Verhandlung kommen könne und die Firma D GmbH Konkurs angemeldet habe. Er sei daher nicht in der Lage gewesen, dieser Verpflichtung zu nachzukommen. Herr C sei bei der Verhandlung anwesend gewesen, habe allerdings keine Stellungnahme abgegeben.

Auch mit dem Masseverwalter sei telefonisch das Erfordernis einer Anordnung nach § 73 Abs. 2 AWG besprochen worden. Auch er habe dazu keine Stellungnahme abgegeben und habe keine Bereitschaft gezeigt, die notwendigen Sofortmaßnahmen anzuordnen.

Der Bürgermeister der Stadtgemeinde *** als Grundeigentümerin habe jedoch erklärt, dass sich die Stadtgemeinde nicht in der Lage sei, die im Gutachten angeführten Anordnungen vorzunehmen.

Die Behörde sei wegen Gefahr in Verzug, mangels Einschreiten der Verursacher, gezwungen gewesen, einen der beiden Angebotsleger zu beauftragen.

Nach Abwägung der Angebote der beiden Angebotsleger für die Entsorgung der Brandabfälle sei der Firma I GmbH der Auftrag erteilt und dazu beauftragt worden, die Entsorgung der Brandabfälle im Ausmaß von 13.648,28 Tonnen vorzunehmen.

Entsprechend dem Fortschritt der Auftragserfüllung habe die I GmbH Rechnungen gestellt. Die durchgeführten Arbeiten seien laufend von der behördlichen Gewässeraufsicht kontrolliert worden. Sämtliche Rechnungen enthielten nach den Bestimmungen des Altlastensanierungsgesetzes den zu entrichtenden Altlastenbeitrag in der Höhe von € 7,00 pro Tonne.

Diese Rechnungen seien in der Folge durch einen Amtssachverständigen auf die sachliche und rechnerische Richtigkeit überprüft.

Insgesamt beliefen sich die Kosten auf € 3.466.474,11. Da die D GmbH am 8. Juni 2006 Konkurs angemeldet habe und das Konkursverfahren am 12. November 2007 mit einer Quote von 1,71 % aufgehoben worden sei, sei diese Konkursquote an die Gläubigerin Republik Österreich ausbezahlt worden. Unter Abzug der Konkursquote von den tatsächlich entstandenen Kosten für die Abfallbeseitigung habe sich ein verbleibender Kostenbeitrag von € 3.407.197,40 ergeben.

In der Folge sei die Firma am 7. Mai 2009 im Firmenbuch gelöscht worden und zu diesem Zeitpunkt untergegangen. Aufgrund der Konkurseröffnung bzw. der Löschung der Firma habe eine Kostenverpflichtung nach § 73 AWG an die Firma D GmbH nicht mehr erfolgen können.

Nach den Unterlagen im Firmenbuch seien Herr C vom 22.05.2001 - 26.03.2006 und Herr A vom 22.5.2001 bis zum Konkurs (handelsrechtliche) Geschäftsführer der Firma D GmbH gewesen.

Die geforderten Leistungen seien durch das Bundesministerium bezahlt worden und wurden die Buchungsbelege dem verfahrensgegenständlichen Akt angeschlossen.

Zur solidarischen Haftung führte die belangte Behörde aus, dass das Ausmaß des bei den zwei vertretungsbefugten Personen jeweils gegebenen Beitrags zu der illegalen Abfallanhäufung, welche sodann zum Großbrand geführt habe, seitens der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg nicht bestimmt werden konnte.

Aus den Materialien zu § 73 AWG 2002 und zu § 31 WRG 1959 schloss die belangte Behörde, das von einer Solidarhaftung auszugehen sei.

Soweit mehrere Verpflichtete schädliche Einwirkungen zu verantworten hätten, seien diese solidarisch zu verpflichten, diese zu beseitigen oder im Falle der unmittelbaren Anordnung durch die Behörde deren Kosten als Solidarschuld zu begleichen.

Aus diesem Grund seien die durch die Anordnungen der belangten Behörde vom 9. Juni 2006 aufgelaufenen Kosten Herrn A als unmittelbar Verpflichteten solidarisch mit dem anderen Verpflichteten Herrn C zur Gänze vorzuschreiben gewesen, weshalb die Bezahlung des Betrages durch einen anderen Verpflichteten die übrigen Verpflichteten von der Bezahlung befreie.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

In der rechtzeitig erhobenen Beschwerde vom 1. Oktober 2015 wurde der Bescheid vom 28. August 2015 wurde - wegen in seinem gesamten Inhalt und Umfang - die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes angefochten.

Zum Sachverhalt wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer ab der Gründung bis zur Löschung der D GmbH der Geschäftsführer gewesen sei.

Herr C habe die Idee gehabt, in enger wirtschaftlicher Kooperation mit der Stadtgemeinde ***, ein innovatives Abfallbehandlungsunternehmen zu gründen, das im Wesentlichen den Abfall der Stadtgemeinde *** sammeln, behandeln und als Sekundärrohstoff verwerten sollte. Das Unternehmen sollte auf der Fläche der ehemaligen Deponie *** geführt werden, welche noch immer als Deponiefläche gewidmet sei.

Für die Umsetzung des Projektes habe die Stadtgemeinde Investoren benötigt und seien hierfür Unternehmen E GmbH und L GmbH gefunden worden.

Der Beschwerdeführer sei damaliger Geschäftsführer der L GmbH gewesen. Seine Bestellung zum Geschäftsführer sei zur Absicherung der Investitionen erfolgt.

In der Praxis sei es zu einer strikten Aufteilung der Kompetenzen gekommen. Herr C sei, der Grundidee des Geschäftsmodells folgend, als technischer Geschäftsführer der D GmbH bestellt worden. Die Aufgabe des technischen Geschäftsführers sei die personelle und betriebliche Führung des Betriebes gewesen. Seinen Anteil am Unternehmen habe er über einen Treuhänder gehalten. Der Beschwerdeführer sollte die kaufmännische Geschäftsführung für die Investoren übernehmen.

Der Beschwerdeführer sei in keinerlei Verfahren im Zusammenhang der konsenslosen Lagerung und dem damals anhängigen UVP-Verfahren eingebunden gewesen. Neben dem operativen und technischen Verantwortlichen Herr C hätten die Liegenschaftseigentümer, die E GesmbH und die Stadtgemeinde *** in Kenntnis konsenswidriger Lagerungen das Gelände laufend für Schüttungen benutzt. Dies sogar noch über das Brandereignis hinaus.

Durch die nun aufgezeigte Aufgabenverteilung sei dem Beschwerdeführer ein Eingriff in die operative Unternehmensführung faktisch nicht möglich gewesen und letztlich auch nicht als der Brand ausgebrochen war.

Am 23. Mai 2006 sei es auf dem Gelände der D GmbH zu einem Großbrand gekommen, welcher einen Teil der im Freien gelagerten Abfälle und den nördlichen Teil der Abfallaufbereitungshalle betroffen habe. Die belangte Behörde habe Sofortmaßnahmen ergriffen, da nach deren Ansicht Gefahr im Verzug bestanden habe. In weiterer Folge seien die Brandabfälle beseitigt worden. Der Betrieb der Abfallbehandlungsanlage sei infolge des Konkurses am 12. Juni 2006 eingestellt worden.

Die D GmbH sei nicht in der Lage gewesen, die Kosten für die ergriffenen und nicht abgestimmten Sofortmaßnahmen zu bezahlen. Die Behörde habe, den Gesetzesstellen des AWG folgend, die Grundeigentümer aufgrund der subsidiären Verpflichtung in Anspruch genommen. Dies sei nicht nur rechtlich richtig, sondern auch sachlich gerechtfertigt gewesen, da die Grundeigentümer den wesentlichen Nutzen aus der erfolgten Ablagerung von Reststoffen gezogen hätten.

Die Grundeigentümer hätten jedoch die Bescheide erfolgreich vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft. Der Verwaltungsgerichtshof habe rechtlich ausgeführt, dass bei der Regelung des § 73 AWG 2002 das Verursacherprinzip des § 31 WRG 1959 vorliege. Daher werde der Beschwerdeführer solidarisch mit Herrn C gemäß § 73 AWG 2002 zur Bezahlung der Kosten der Entsorgung belangt.

Der Beschwerdeführer habe im Verfahren vorgebracht, dass er lediglich für kaufmännische Belange der D GmbH verantwortlich gewesen sei. Der Beschwerdeführer sei nicht als Verursacher des Brandereignisses rechtlich zu qualifizieren, da Herr C für den Betrieb der Anlage bzw. Lagerung von Abfällen verantwortlich gewesen sei.

Der Beschwerdeführer habe keinen Einfluss auf die operative Geschäftsführung gehabt.

Die Beeinträchtigung des Wassers und der Welt sei durch keinerlei Sofortmaßnahme zu verhindern gewesen, da die Auswirkungen des Brandes (Löschwasser) bereits erfolgt gewesen wären. Die mögliche Gefahr habe sich bereits verwirklicht gehabt. Reinhaltemaßnahmen hätten daher ins Leere gezielt.

Trotz dieses Vorbringens gehe die erstinstanzliche Behörde von einer solidarischen Haftung des Beschwerdeführers für die Kosten der angeordneten Sofortmaßnahmen in der Höhe von € 3.407.197,40 aus.

Hinsichtlich der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wurde vorgebracht, dass der Sachverhalt ergänzungsbedürftig sei.

Die Behörde habe ihre Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit nicht wahrgenommen.

Der Beschwerdeführer habe mehrfach angemerkt, dass er ausschließlich für kaufmännische Angelegenheiten des Unternehmens verantwortlich gewesen sei. Die operative Tätigkeit und damit verbundene Entscheidungen hätte Herr C eigenverantwortlich und alleine über. Der Beschwerdeführer sei zur Gewährleistung einer Kontrolle über die getätigten Investitionen in den Standort als es Geschäftsführer bestellt worden.

Die Verantwortung von Herrn C werde auch durch die Tatsache verdeutlicht, dass die ursprüngliche Idee für die Abfallbehandlungsanlage von ihm gemeinsam mit der Stadtgemeinde *** entwickelt worden sei. Daher habe der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt Einfluss auf irgendwelche operativen Entscheidungen gehabt. Die belangte Behörde habe sich mit der mangelnden Einflussmöglichkeit auf die operative Tätigkeit der D GmbH seitens des Beschwerdeführers nicht auseinandergesetzt. Diese sei verpflichtet gewesen, Feststellungen zum operativen Abfall zu treffen, insbesondere den Aufgabenbereich des Herrn C gegenüber jenem des Beschwerdeführers zu prüfen. Bei Aufnahme der angebotenen Beweismittel, insbesondere Einvernahme des Beschwerdeführers sowie des Herrn C, sei die belangte Behörde zum Ergebnis gekommen, dass der Beschwerdeführer keine faktische Anordnungsbefugnis ausübte und sohin nicht rechtlich als Verursacher qualifiziert werden könne.

In der Rechtfertigung im Verwaltungsverfahren sei darauf hingewiesen worden, dass die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, entsprechende Maßnahmen durch Bescheid aufzutragen. Die Behörde habe die gewählte – grob fahrlässige – Vorgehensweise mit der Annahme von Gefahr in Verzug gerechtfertigt.

Dies habe der Beschwerdeführer durch das eingeholte Sachverständigengutachten der J GmbH vom 5. Oktober 2006 widerlegt. Dieses Gutachten sei von der belangten Behörde durch das Gutachten des deponietechnischen Amtssachverständigen vom 12. Juni 2015 als nicht repräsentativ und plausibel beurteilt worden. Die Plausibilität werde mit der Begründung bestritten, da Messwerte vorliegen würden, die dem Amtssachverständigen selbst bei Analysenergebnissen von nicht verunreinigten Bodenaushubmaterial nie untergekommen seien. Die belangte Behörde hätte hier Erhebungen durchführen müssen, aus welchen Gründen derartige Messwerte erzielt worden seien. Wenn keine geeignete Beurteilungsgrundlage für die Frage der Gefährdung der Umwelt vorliegen würden, wäre die belangte Behörde umso mehr verpflichtet gewesen, die notwendigen Beurteilungsparameter einzuholen. Der Amtssachverständige für Deponietechnik habe im Wesentlichen auf die bestehenden Unterlagen zurückgegriffen.

Der Beschwerdeführer sei stets von Herrn C dahingehend beruhigt worden, dass kein Handlungsbedarf im Zusammenhang mit der Konsensfähigkeit bestehe, da die belangte Behörde – unter Vorbehalt einer positiven technischen Prüfung – zugesagt habe, die gewerberechtliche Genehmigung für ein Zwischenlager für ein Jahr zu erteilen. Folglich habe mit Erlangung eines Bescheides nach dem UVP- Gesetz die Zwischenlagerung obsolet werden sollen. Sowohl Herr C als auch die Behörde hätten dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass einer Bewilligung nach dem UVP- Gesetz nichts entgegengestanden wäre. Die Bewilligungsfähigkeit der Lagerung sei offensichtlich vorgelegen, da auch die Stadtgemeinde das Projekt unterstützt habe. Wenn grundsätzlich keine Lagerung bewilligungsfähig gewesen wäre, hätte eine Räumung bzw. Entfernung umgehend angeordnet werden können. Die Behörde habe hinsichtlich des Vorbringens auch in diesem Punkt keine Erhebungen gemacht. Hier wäre eine Gesamtbetrachtung sämtlicher Faktoren wie die rechtsrichtige Entscheidung erforderlich gewesen.

Zu den von der belangten Behörde festgestellten Kosten wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer bereits auf die massive Höhe der verrechneten Preise verwiesen habe. Diese Preise seien absolut nicht marktüblich. Hierbei mangle es an Feststellung, welche Preise zum damaligen Zeitpunkt als marktkonform gegolten hätten.

Letztlich sei von der belangten Behörde auch nicht dargelegt worden, aus welchen Gründen die Maßnahme nicht mit Bescheid aufgetragen wurde. Tatsächlich habe die Möglichkeit bestanden, im Konkursverfahren Maßnahmen mit den Gesellschaftern abzustimmen und einen Maßnahmenkatalog auszuarbeiten. Warum dies letztendlich nicht erfolgt sei, sei nicht stichhaltig begründet worden. Unbeantwortet sei die Frage geblieben, warum die Liegenschaftseigentümer nicht eingebunden worden sei.

Zum Beweis hierfür sei die Einvernahme mehrerer Zeugen angeboten. Überdies sei beantragt worden, ein Sachverständigengutachten aus dem Wesen Abfallrecht Deponietechnik einzuholen.

Zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit wurde vorgebracht, dass die erstinstanzliche Behörde es unterlassen habe, die notwendigen Erhebungen durchzuführen. Nur mit den entsprechenden Feststellungen komme die Behörde zu einem Sachverhalt, der ihr es ermögliche, eine richtige rechtliche Beurteilung durchzuführen.

Selbst nach dem festgestellten Sachverhalt liege eine unrichtige rechtliche Beurteilung vor. Der Beschwerdeführer sei in Ansehung seines tatsächlichen Aufgabenbereichs in der D GmbH nicht als Verursacher anzusehen, da dieser niemals Einfluss auf die Lagerungen nehmen hätte können.

Die belangte Behörde vertrete die Rechtsansicht, dass der Gesetzgeber bei der Bestimmung des § 73 AWG 2002 den Verursacherbegriff des § 31 WRG 1959 vor Augen gehabt hätte, weshalb die belangte Behörde die zu § 31 Abs. 1 WRG 1959 ergangenen Judikatur herangezogen habe.

Gemäß § 31 Abs. 1 WRG 1959 sei jedermann verpflichtet, Anlagen derart herzustellen, instand zu halten und zu betreiben und sich allgemein so zu verhalten, dass eine Gewässerverunreinigung vermieden werde. Zielsetzung des Gesetzgebers sei daher den Schutz und die Reinhaltung der Gewässer sicherzustellen. Das WRG 1959 normiere sohin eine Reinhalteverpflichtung. Der Begriff des Verpflichteten im Sinne des § 73 Abs. 1 AWG 2002 unterscheide sich doch von jenem des § 31 WRG 1959. Diese Bestimmungsstelle auf die Gefahr einer weiteren Ausdehnung einer negativen Beeinträchtigung des Wasserkörpers ab. Die Handlungsverpflichtung des Verpflichteten nach dem WRG 1959 bestehe jedoch nur solange und insoweit, als eine weitere Gewässerverunreinigung zu besorgen sei. Im gegenständlichen Fall sei dies nicht mehr gegeben gewesen, wenn eine Gewässerverunreinigung bereits eingetreten gewesen wäre.

Hierzu wurde vorgebracht, wenn eine Gewässerverunreinigung bereits eingetreten sei und die Gefahr einer weiteren Ausdehnung nicht mehr bestehe, wären die Bestimmungen des § 31 Abs. 2 - 4 nicht anzuwenden. Im gegenständlichen Fall habe der Geschädigte – unabhängig von öffentlich-rechtlichen Sanktionen – bloß einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch gegen den Verursacher, welcher im zivilgerichtlichen Verfahren geltend zu machen sei. Bestehe hingegen die Gefahr einer weiteren nicht bloß geringfügigen Gewässerverunreinigung, so treffe insoweit den oder die Verursacher eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Abwehr weiterer Verunreinigungen bzw. zum Ersatz des notwendigen und zweckmäßig gemachten Aufwandes im Sinne einer verschuldensunabhängigen Verursacherhaftung (OGH 27.8.1997, 1 Ob 872/97p, Die Haftung nach § 31 WRG, RdU 1996,171).

Soweit sich die belangte Behörde nunmehr bei der rechtlichen Auslegung des § 73 AWG 2002 die Judikatur zu § 31 WRG 1959 heranziehe, sei die Haftung des Beschwerdeführers auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützt.

Letztlich stellte der Beschwerdeführer daher die Anträge, es möge gemäß § 44 VwGG eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt werden sowie gemäß Art. 130 Abs. 4 B-VG und § 28 Abs. 1 VwGVG in der Sache selbst entschieden werden, in eventu den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen.

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Mit einer Ausschreibung zur Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 4. Februar 2021 wurden die Parteien informiert, dass am 25. März 2021 am Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eine Verhandlung abgehalten wird.

Im Vorfeld dieser Verhandlung beantragte die Beschwerdeführervertretung mit Fax vom 23. März 2021 die zeugenschaftliche Einvernahme des Herrn K aus ***, in der Schweiz, zum Beweis dafür, dass die operative Verantwortung für Planung, Betrieb und Gestaltung der D GmbH bei Herrn C gelegen habe. Aufgrund der vorherrschenden Corona-Pandemie wurde beantragt, den Zeugen per Videokonferenz einzuvernehmen.

Überdies wurde ein Engineering Vertrag, abgeschlossen zwischen der D GmbH und der M AG, vorgelegt, aus welchem hervorgeht, dass das Unternehmen des beantragten Zeugen die Abfallbehandlungsanlage der D GmbH geplant habe. Auch wurde eine Kundenschutzvereinbarung/Provision vorgelegt, die zwischen der D GmbH, vertreten durch den Beschwerdeführer, und der M AG abgeschlossen wurde.

Die belangte Behörde legte mit E-Mail vom 25. März 2021 vor Beginn der öffentlichen mündlichen Verhandlung einen Auszug aus dem GISA mit historischen Daten vor.

Diesbezüglich wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer durchgehend vom 2. August 2001 - 3. August 2006 gewerberechtlicher Geschäftsführer der D GmbH gewesen sei.

Aus diesem Umstand sei für die belangte Behörde klar erkennbar, dass Herr A, neben seiner Haftung als handelsrechtlicher Geschäftsführer, eine Anordnungsbefugnis für die Ablagerungen bzw. deren Entfernung gehabt haben müsse.

Auch wenn die Ausführungen auf die Einhaltung der Gewerbeordnung abzielen, so sei damit für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, da der Gewerbewortlaut der D GmbH eben „Abfallsammler und – Händler“ war, und zeichne sich somit der Geschäftsführer auch aus dem Gewerberecht heraus als für die Einhaltung, Kontrolle und Beseitigung der Abfallablagerungen verantwortlich.

Der gewerberechtliche Geschäftsführer müsse die Befugnis haben, entsprechende Anordnungen im Betrieb zu treffen, die die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften zum Ziel haben. Dies setze das Recht des Geschäftsführers voraus, sich Kenntnis über sämtliche innerbetriebliche Abläufe zu verschaffen, die notwendig seien, um die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften zu gewährleisten. Der gewerberechtliche Geschäftsführer übe seine Kontrollbefugnis aus eigener Initiative aus und dürfe hierbei weder durch Weisungen noch auf andere Weise eingeschränkt werden.

Sollte der gewerberechtliche Geschäftsführer Mängel feststellen, dürfe er aufgrund der ihm erteilten Anordnungsbefugnis entsprechende Weisungen zu einer sofortigen Mängelbehebung erteilen.

Das Erfordernis der ausreichenden Betätigung setze in der Regel die persönliche Anwesenheit des Geschäftsführers im Betrieb während eines erheblichen Teiles der Betriebszeiten voraus, da er die gewerbliche Tätigkeit des Betriebes ausreichend zu kontrollieren und beobachten habe.

In der Entscheidung zur Zl. 5 Ob 57/17s hielt der OGH darüber hinaus fest, dass das Gebot der Einhaltung der Grenzen der Gewerbeberechtigung auch der Gefahrenabwehr diene und damit den Kunden vor Schäden bewahren sollte. Der Gerichtshof habe die Regelung des § 39 Abs. 1 GewO (zum gewerberechtlichen Geschäftsführer) in Verbindung mit den Strafnormen der GewO als Schutzgesetz qualifiziert. Demnach würde der gewerberechtliche Geschäftsführer auch gegenüber einem Dritten, dh. einem Auftraggeber, für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften haften. Dem gewerberechtlichen Geschäftsführer treffe sohin ein großes Haftungsrisiko. Eine umfassende und effiziente Überwachung der Betriebsabläufe durch den gewerberechtlichen Geschäftsführer sei daher notwendig.

Aus diesen Ausführungen ergebe sich, dass der Beschwerdeführer eine faktische Anordnungsbefugnis und einen wesentlichen und maßgeblichen Einfluss (als gewerberechtlicher Geschäftsführer) auf die operative Unternehmensführung gehabt haben müsste.

Weiters wies die belangte Behörde darauf hin, dass nach aktueller Auskunft der Abteilung WST1, damals weder nach dem AWG 2002 ein abfallrechtlicher Geschäftsführer bestellt worden war (Übergangszeit auf AWG 2002) noch die Firma eine verantwortliche Person bei der Abfallbehörde (damals RU4, jetzt WST1) angezeigt habe, sodass die Verantwortung aus Sicht der belangten Behörde auch aus diesem Grunde vom gewerberechtlichen Geschäftsführer aufgrund des Gewerbes „Abfallsammler und – Händler“ nicht verneint werden könne.

Die belangte Behörde erklärte zusätzlich noch, dass aufgrund der § 22a Abs. 1 in Verbindung mit § 77 Abs. 1 Z. 6 AWG 2002 entsprechend den landesrechtlichen oder gewerberechtlichen Vorschriften zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bestehende Berechtigungen zur Sammlung oder Behandlung nicht gefährlicher Abfälle als Berechtigungen gemäß § 24 gegolten hätten. Auch daraus ergebe sich die eindeutige Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers.

Wie beantragt, wurde am 25. März 2021 am Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eine öffentliche mündliche Verhandlung abgehalten, bei welcher durch Einvernahme des Beschwerdeführers, des Vertreters der belangten Behörde per Videokonferenz und durch Einvernahme mehrerer Zeugen Beweis erhoben wurde.

Vom Beschwerdeführervertreter wurde ergänzend vorgebracht, dass die Entscheidung der L GmbH an der Beteiligung der D GmbH deshalb zustande gekommen sei, weil ein bestehendes System bereits vorhanden gewesen sei. Es habe sich hierbei um ein Unternehmen, bei dem ein in diesem System kundiger Beteiligter, konkret Herr C, dabei war, gehandelt. Herr C sei nicht nur der Geschäftsführer gewesen, sondern, auch über eine Treuhandkonstruktion Mitgesellschafter an der D GmbH gewesen. Der Beschwerdeführer sei zu diesem Zeitpunkt der alleinige Geschäftsführer der L GmbH und mit dem Betrieb des Familienunternehmens voll ausgelastet gewesen. Dem Beschwerdeführer habe es daher an der Zeit und vor allem an den Kenntnissen zum Betrieb einer Anlage in der Form der D GmbH gefehlt.

Weiters wurde vorgebracht, dass es nicht zu leugnen sei, dass der Beschwerdeführer gewerberechtlicher und handelsrechtlicher Geschäftsführer gewesen sei. Die Bestellung zum Geschäftsführer hätte jedoch auch einen anderen Mitgesellschafter, wie zum Beispiel Herr F treffen können. Seine Bestellung sei nicht wegen einer besonderen Stellung bzw. einer besonderen Verantwortung erfolgt, sondern nur, damit wirtschaftliche Entscheidungen mit dem Geschäftsführer Herr C abgestimmt werden konnten und um das Investment der Gesellschaft zu überwachen. Hierzu wurde angegeben, dass der gewerberechtliche Geschäftsführer aufgrund von sozialversicherungsrechtlichen Umständen entweder eine Anstellung in der Gesellschaft oder die Stellung des handelsrechtlichen Geschäftsführers benötige. Der operative Betrieb, die Planung und die behördliche Abwicklung des Projektes sei immer in der Verantwortung des Herrn C gelegen. Bei den Behördenverhandlungen sei der Beschwerdeführer nie als Vertreter dabei gewesen, sondern immer Herr C. Dies sei auch deswegen, da der Beschwerdeführer über den Betrieb einer Anlage zur Gewinnung von Ersatzbrennstoffen keine Fachkenntnisse gehabt habe. Die Mitgesellschafter hätten Kenntnis vom Räumungsbescheid vom 4. März 2005 gehabt. Herr C habe immer vorgehabt den Betrieb weiterzuführen, da eine UVP- Bewilligung bereits in Vorbereitung gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe sich damit jedoch nicht zufriedengegeben und Herrn C zu einer Lösung gedrängt.

Vom Beschwerdeführervertreter wurde ein Schreiben der D GmbH vom 4. April 2005 vorgelegt, aus welchem hervorgeht, dass Herr C die vollständige Verantwortung für die Umsetzung des Räumungsbescheides vom 4. März 2005 mit der Zl. *** übernommen habe. Dieses Schreiben wurde als Beilage 1 zur Verhandlungsschrift genommen. Der Beschwerdeführervertreter ergänzte hierzu, dass er der Ansicht sei, dass Herr C dieses Schreiben auch an die Behörde weitergeleitet habe. Dies sei jedenfalls von Herrn C zugesagt worden.

In der Verhandlung wurde dem Beschwerdeführervertreter das Vorbringen der belangten Behörde mit E-Mail vom 25. März 2021 ausgehändigt. Zusätzlich wurde vom Vertreter der belangten Behörde hinsichtlich dem aktuellen Vorbringen, wonach der Beschwerdeführer keine Kenntnisse gehabt habe, vorgebracht, dass es dem Beschwerdeführer aufgrund des Bescheides vom 4. März 2005 klar gewesen sein musste, was zu tun sei und dass die Räumung zu erfolgen habe. Hierzu seien keine aufwendigen Kenntnisse nach dem Abfallwirtschaftsgesetz notwendig.

Zum Vorbringen betreffend des UVP-Verfahrens brachte der Vertreter der Behörde vor, dass diesbezüglich nur ein Antrag gestellt worden sei. Jedenfalls sei das Verfahren nicht so weit fortgeschritten gewesen, dass eine Bewilligung im Raum gestanden sei. Im Vorbringen verkenne der Beschwerdeführer die Verantwortung des handelsrechtlichen und des gewerberechtlichen Geschäftsführers. Es könne nicht sein, dass durch ein Firmenkonstrukt das System des Firmenbuches und des Gewerberegisters ausgehebelt werde.

Zur Vorlage Beilage 1 der Verhandlungsschrift wurde vom Behördenvertreter vorgebracht, dass die Bestellung des verantwortlich Beauftragten gemäß § 9 VStG mit 4. April 2005 datiert sei. Der Räumungsbeschluss sei jedoch vom 4. März 2005. Eine Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nach § 9 VStG sei allerdings nur gültig, wenn sie vor diesem Bescheid erbracht worden wäre. Hinzugefügt wurde, dass diese Bestellung in einem Verwaltungsstrafverfahren gelte, jedoch nicht in einem Räumungsverfahren nach dem AWG 2002.

Im Beweisverfahren gab der Beschwerdeführer über Befragen an, dass er derzeit bei der N beschäftigt sei. Über einen Kontakt sei er dazugekommen, bei der D GmbH als Gesellschafter einzusteigen. Dabei sei bei dem Einstieg in die D GmbH mit der L GmbH bereits alle Verträge ausverhandelt gewesen, auch mit der Stadtgemeinde ***, weshalb er den Vertrag nur noch unterschrieben habe.

Hinsichtlich der Vereinbarung zwischen der D GmbH und der Stadtgemeinde *** brachte der Beschwerdeführer vor, dass vereinbarungsgemäß die D GmbH das Grundstück der Stadtgemeinde *** verwenden dürfe, zusätzlich eine Abfallsortieranlage, die am gegenständlichen Grundstück betrieben wurde, samt dem dazugehörigen Personal. Teil dieser Vereinbarung sei auch gewesen, dass der Stadtgemeinde *** die Option gestellt worden sei, in das Unternehmen der D GmbH mit etwa 35 % einsteigen zu können. Es habe sich dabei rein um einen Vertrag zwischen der D GmbH und der Stadtgemeinde gehandelt. Irgendwelche Vereinbarungen für den Beschwerdeführer selbst seien darin nicht getroffen worden.

Befragt zu seinen Aufgaben bei der D GmbH gab er an, sich um die kaufmännischen Belange gekümmert zu haben. Dies bedeute, er habe sich um die Liquidität gekümmert, Zahlungen freigegeben, Kontakt zum Steuerberater und zur Bank gehalten.

Über weiteres Befragen, ob er organisiert habe, dass Abfälle abgeholt werden und zur D GmbH gebracht werden, gab er an, dass dies im Vorfeld bereits alles ausgemacht gewesen sei. Es habe einen Zusammenschluss namens O (P, Q, R) gegeben, welche Abfälle zur D GmbH gebracht hätten. Hierzu führte er aus, dass dies vertraglich festgesetzt worden und nach Vertragsgründung auch verschriftlicht worden sei.

Dies sei bereits vor der Gründung der D GmbH ausgemacht gewesen. Diese Abfälle seien auch von diesen Unternehmen des Zusammenschlusses zur D GmbH geliefert worden.

Weiters erklärte er, dass sein Arbeitsplatz nicht bei der D GmbH vor Ort gewesen sei. Er sei durchschnittlich einmal pro Woche am Firmengelände gewesen, nachdem er bei der Bank gewesen sei. Er habe sich in der Firma dann offene Rechnungen und Sonstiges angesehen. Zu seinen Besuchen am ABS Gelände gab er an, dass er die Lagerungen zwar bemerkt habe, sich das aber nicht regelmäßig genauer angesehen habe.

Er habe öfters Herrn C darauf angesprochen, dass die Lagerungen nicht regelkonform seien. Herr C habe darauf geantwortet, dass er mit den Behörden in Kontakt stehe und er nur noch auf die Bewilligungen warte.

Weiters führte er aus, dass ca. 30 Personen vor Ort gearbeitet hätten. Es seien Radlader und Sortieranlage zu betreiben und natürlich auch Büroarbeiten zu erledigen gewesen. Diesbezüglich gab er an, dass er lediglich Frau W betreffend die Bezahlungen von Rechnungen und Büroarbeiten Anordnungen erteilt habe. Keine Anordnungen habe er Mitarbeitern am Außengelände, wie zum Beispiel einem Radlader Fahrer oder einer Person an der Sortieranlage, wie und welche Arbeiten zu erledigen seien, erteilt. Diese Anordnungen seien nur von Herrn C erteilt worden.

Zusätzlich führte er aus, dass Herr C auf seinen eigenen Tätigkeitsbereich nicht eingewirkt habe. Es habe Situationen gegeben, die gemeinsam besprochen werden mussten, wie zum Beispiel wann Rechnungen zu zahlen seien. Hierzu gab er auch an, dass er sich nicht in den Tätigkeitsbereich des Herrn C eingemischt habe. Bestimmte Sitautionen seien gemeinsam zu besprechen gewesen, wie zum Beispiel der Räumungsbescheid vom 4. März 2005, jedoch habe er sich in den operativen Teil nicht eingemischt.

Befragt zu seinem Einfluss als Geschäftsführer in Unternehmen gab er an, dass jeder zu ihm hätte kommen können, wenn er etwas gebraucht hätte. In den operativen Teil habe er sich jedenfalls nicht eingemischt und hätte jede Person diesbezüglich auf Herrn C verweisen müssen.

Über Befragen, ob es vor dem Großbrand schon öfters kleinere Brände gegeben habe, gab er an, dass es im Vorfeld immer wieder Brände gegeben habe. Es habe sich hierbei um kleine Brände gehandelt, aber an anderen Stellen der Anlage. Zum Großbrand führte aus, dass es für ihn unerklärlich gewesen sei, dass genau an dieser Stelle der Brand ausgebrochen sei.

Zur Löschung der Geschäftsführertätigkeit des Herrn C am 5. April 2006 gab der Beschwerdeführer an, dass Herr C mit diesem Tag in Pension gegangen sei.

Zum Engeneering Vertrag, welchen der Beschwerdeführervertreter im Vorfeld zur öffentlichen mündlichen Verhandlung übermittelt hat, führte der Beschwerdeführer aus, dass dieser Vertrag von ihm selbst und von Herrn C unterschrieben worden sei.

Vom Vertreter der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer vorgehalten, dass auf der Kundenschutzvereinbarung/Provision, welche der Beschwerdeführervertreter übermittelt habe, vermerkt sei, dass die D GmbH vom Beschwerdeführer vertreten werde. Der Vertreter der Behörde hinterfragte daraufhin, wie dies zum bisherigen Vorbringen des Beschwerdeführers passe, da dieser gesagt habe, dass das operative Vorgehen ausschließlich bei Herrn C gelegen sei. Der Beschwerdeführer gab hierzu an, dass er keine Ahnung habe, wieso er als Vertreter dieser Kundenschutzvereinbarung angeführt worden sei. Es könne sein, dass er zu dieser Zeit dies in Vertretung des C gemacht habe.

Über Vorhalt des historischen Gewerberegisterauszuges, aus dem hervorgehe, dass der Beschwerdeführer alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen sei und über Befragen, wie er diese Verantwortung wahrgenommen habe, gab der Beschwerdeführer an, dass er die kaufmännische Verantwortung von Anfang bis zum Schluss innegehabt habe. Die operativen Angelegenheiten habe er an Herrn C übertragen.

Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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