TE Vwgh Beschluss 1996/11/21 96/07/0196

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Veröffentlicht am 21.11.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
10/10 Grundrechte;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

StGG Art5;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §117 Abs1;
WRG 1959 §117 Abs4;
WRG 1959 §12 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, in der Beschwerdesache

1) des A und 21 weitere Beschwerdeführer, alle vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 2. September 1996, Zl. 15.626/17-I 5/96, betreffend wasserrechtliche Bewilligung, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Erklärung des Projektes Grundwasserwerk Mitterndorfer-Senke zum bevorzugten Wasserbau erteilte der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft mit Bescheid vom 14. Juli 1971 der Stadt Wien die wasserrechtliche Bewilligung zur Ausführung des geplanten Grundwasserwerkes mit einer Wassernentnahme im Höchstausmaß von 742 l/s aus den Horizontalfilterbrunnen M. I. und M. II. zur Wasserversorgung der Stadt Wien. In Spruchabschnitt II. lit. c dieses Bescheides wurde der Stadt Wien die Vorlage von Detailausarbeitungen (Detailprojekt C) über die notwendigen Maßnahmen zum Ausgleich der Entnahmeauswirkungen auf die Oberflächengewässer im Zusammenflußbereich von P. und F. auferlegt.

Einem in Befolgung dieser Auflage von der Stadt Wien vorgelegten Projekt wurde von der belangten Behörde die wasserrechtliche Bewilligung mit Bescheid vom 23. Mai 1985 erteilt, welcher Bescheid allerdings vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 25. September 1986, 85/07/0326, 0328, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde.

In der Folge wurde das "Detailprojekt C" von der Konsenswerberin mehrfach modifiziert und von der belangten Behörde zum Gegenstand einer neuerlichen wasserrechtlichen Bewilligungsverhandlung gemacht.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erteilte die belangte Behörde der Stadt Wien die wasserrechtliche Bewilligung für die projektierten Maßnahmen zum Ausgleich der Entnahmeauswirkungen auf die Oberflächengewässer im Zusammenflußbereich von P. und F. einschließlich der Errichtung der dafür erforderlichen Anlagen sowie für die Kompensation von Beeinträchtigungen an Grundstücken oder Nutzungsbefugnissen am Grundwasser im Deltabereich und im 10 cm-Absenkbereich gemäß der im Abschnitt A des Spruches enthaltenen Projektsbeschreibung, den im Abschnitt B des Spruches enthaltenen Auflagen, unter Berücksichtigung der im Abschnitt C beurkundeten Übereinkommen, der im Abschnitt D festgelegten landwirtschaftlichen Entschädigungen, der im Abschnitt E begründeten Zwangsrechte und der hiefür zu leistenden Entschädigungen sowie der im Abschnitt F abgehandelten Einwendungen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, deren meritorischer Behandlung durch den Verwaltungsgerichtshof allerdings seine offenbare Unzuständigkeit aus folgenden Erwägungen entgegensteht:

Gemäß § 12 Abs. 1 WRG 1959 ist Maß und Art einer zu bewilligenden Wasserbenutzung derart zu bestimmen, daß das öffentliche Interesse nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden, wobei nach § 12 Abs. 2 leg. cit. als bestehende Rechte im Sinne des ersten Absatzes dieses Paragraphen rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches, Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen sind.

§ 12 Abs. 4 WRG 1959 hingegen bestimmt, daß die mit einer geplanten Wasserbenutzungsanlage verbundene Änderung des Grundwasserstandes der Bewilligung nicht entgegensteht, wenn das betroffene Grundstück auf die bisher geübte Art benutzbar bleibt, wobei dem Grundeigentümer für die nach fachmännischer Voraussicht etwa eintretende Verschlechterung der Bodenbeschaffenheit eine angemessene Entschädigung (§ 117) zu leisten ist.

Über die Pflicht zur Leistung von Entschädigungen, Ersätzen, Beiträgen und Kosten, die entweder in diesem Bundesgesetz oder in den für die Pflege und Abwehr bestimmter Gewässer geltenden Sondervorschriften vorgesehen sind, entscheidet gemäß § 117 Abs. 1 WRG 1959, sofern dieses Bundesgesetz oder die betreffende Sondervorschrift nichts anderes bestimmt, die Wasserrechtsbehörde. In der Entscheidung ist auszusprechen, ob, in welcher Form (Sach- oder Geldleistungen), auf welche Art, in welcher Höhe und innerhalb welcher Frist die Leistung zu erbringen ist. Gebotenenfalls können auch wiederkehrende Leistungen und die Sicherstellung künftiger Leistungen vorgesehen sowie die Nachprüfung und anderweitige Festlegung nach bestimmten Zeiträumen vorbehalten werden.

Gegen Entscheidungen der Wasserrechtsbehörde nach dieser Vorschrift ist gemäß § 117 Abs. 4 WRG 1959 eine Berufung nicht zulässig. Die Entscheidung tritt vielmehr außer Kraft, soweit vor Ablauf von zwei Monaten nach Zustellung des Bescheides die gerichtliche Entscheidung beantragt wird.

Den Gegenstand des angefochtenen Bescheides und der mit ihm entschiedenen Verwaltungsangelegenheit bildet nicht die wasserrechtliche Bewilligung zur Grundwasserentnahme. Diese wurde vielmehr schon mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. Juli 1971 erteilt. Ebensowenig ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens die im Bewilligungsbescheid vom 14. Juli 1971 vorgesehene und einem weiteren genehmigungsbedürftigen Detailprojekt vorbehaltene Grundwasseranreicherung, über deren von den Beschwerdeführern beklagten Entfall der angefochtene Bescheid nicht abspricht und dem Inhalt seines Verfahrensgegenstandes auch nicht abzusprechen hatte. Sache des vorliegenden Bescheides war zum einen die Bewilligungsfähigkeit jener projektierter Maßnahmen, mit denen die aus der im Jahre 1971 bewilligten Grundwasserentnahme resultierenden Einwirkungen auf Oberflächengewässer im betroffenen Bereich ausgeglichen werden sollten, und zum anderen der Abspruch über die Entschädigungsansprüche der von der bewilligten Grundwasserentnahme zufolge Absenkung des Grundwasserspiegels im Sinne des § 12 Abs. 4 WRG 1959 betroffenen Grundeigentümer.

Wie der Beschwerdeschrift zu entnehmen ist, sind die Beschwerdeführer Eigentümer solcher Grundstücke, welche die belangte Behörde als durch die im Bescheid vom 14. Juli 1971 bewilligte Grundwasserentnahme nicht beeinträchtigt angesehen und hinsichtlich welcher sie die Einwendungen der Beschwerdeführer daher abgewiesen hat. Diese Einwendungen bestanden nach dem Beschwerdevorbringen in der Behauptung, daß auch ihre Grundstücke durch den teilweisen Grundwasserentzug - in Richtung des § 12 Abs. 4 erster Satz WRG 1959 nicht konkretisierte - Beeinträchtigungen erfahren würden, für die im Projekt entgegen der Bestimmung des § 12 WRG 1959 "keine oder keine entsprechenden Kompensationen" vorgesehen seien. Daß ihre Grundstücke durch die im Bescheid vom 14. Juli 1971 bewilligte Wasserentnahme wegen der damit verbundenen Änderung des Grundwasserstandes auf die bisher geübte Art nicht benutzbar blieben, haben die Beschwerdeführer ihrem Vorbringen nach weder im Verwaltungsverfahren behauptet, noch behaupten sie dies gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführer sehen es vielmehr als rechtswidrig an, daß die belangte Behörde ihre Grundstücke als durch die Grundwasserentnahme der Stadt Wien überhaupt nicht beeinträchtigt angesehen und deswegen ihre Einwendungen und Entschädigungsbegehren abgewiesen hat. Die Beschwerdeführer räumen ein, daß hinsichtlich solcher Grundstücke, welche die belangte Behörde als beeinträchtigt erkannt, die hiefür gebotene Entschädigung jedoch nicht dem Gesetz entsprechend bemessen habe, das Bezirksgericht angerufen werden müsse. Sie meinen aber, daß für jene Fälle, in welchen der Bewilligungsbescheid eine Beeinträchtigung nach § 12 WRG 1959 überhaupt negiert und daher nicht eine zu niedrige, sondern gar keine Entschädigung festgesetzt habe, die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Überprüfung dieser behördlichen Entscheidung vorliegen müsse. Mit dieser Auffassung unterliegen die Beschwerdeführer jedoch einem Rechtsirrtum.

Gegenstand der im § 117 Abs. 4 WRG 1959 normierten sukzessiven Gerichtszuständigkeit sind wasserrechtsbehördliche Entscheidungen nicht nur über die Höhe, die Art, die Form und die Frist der Leistung von Entschädigungen, sondern auch über die Frage, ob eine Entschädigung überhaupt geschuldet wird; die Verfahrensrechtsfolgen des § 117 Abs. 4 WRG 1959 erfassen jeglichen wie immer gestalteten, den Entschädigungs- oder Kostenersatzanspruch abschließenden behördlichen Abspruch (vgl. Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, Rz 9 zu § 117 WRG 1959 mit weiterem Nachweis, sowie die hg. Beschlüsse vom 14. Dezember 1995, 95/07/0219, vom 21. September 1995, 95/07/0043, vom 21. Juni 1994, 94/07/0037, ebenso wie die zu Kostenersatzfragen ergangenen hg. Entscheidungen vom 13. Dezember 1994, 94/07/0060, vom 28. Juli 1994, 92/07/0086, und vom 18. Jänner 1994, 93/07/0177).

Um einen Abspruch im Sinne des § 117 Abs. 1 WRG 1959 handelt es sich bei der Abweisung der Einwendungen der Beschwerdeführer deswegen, weil zumal angesichts des eingeschränkten Verfahrensgegenstandes die Beschwerdeführer mit den von ihnen dargestellten Einwendungen, auch ihre Grundstücke seien von der Absenkung des Grundwasserspiegels durch die seinerzeit bewilligte Grundwasserentnahme betroffen, allein den aus § 12 Abs. 4 WRG 1959 resultierenden Entschädigungsanspruch geltend gemacht hatten. Hatten und haben die Beschwerdeführer eine die Abweisung des wasserrechtlichen Bewilligungsantrages oder die Einräumung von Zwangsrechten gebietende Nutzbarkeitsänderung ihrer Grundstücke im Sinne des ersten Satzes des § 12 Abs. 4 WRG 1959 nicht behauptet, dann konnte auch nur der aus § 12 Abs. 4 letzter Satz WRG 1959 resultierende Entschädigungsanspruch jenes materielle subjektiv-öffentliche Recht darstellen, in welchem der angefochtene Bescheid die Beschwerdeführer verletzt haben konnte. Gegen die in der Abweisung von Einwendungen der Beschwerdeführer dem Beschwerdevorbringen nach einzig enthaltene Ablehnung ihres Entschädigungsanspruches aber hatten sie ebenso das in § 117 Abs. 6 WRG 1959 bezeichnete Bezirksgericht anzurufen wie jene Parteien, die mit Form, Art, Höhe und Frist einer zuerkannten Entschädigungsleistung nicht zufrieden waren.

Es war die Beschwerde somit aus dem Grunde offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen, was der Gerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Angelegenheiten in welchen die Anrufung des VwGH ausgeschlossen ist Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Gerichtliche oder schiedsgerichtliche Entscheidungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996070196.X00

Im RIS seit

19.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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