TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/23 W108 2229490-1

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Veröffentlicht am 23.09.2021
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Entscheidungsdatum

23.09.2021

Norm

(AktG) §225c
(AktG) §225e
(AktG) §225l
B-VG Art133 Abs4
GEG §6a Abs1
(GesAusG) §6
GGG Art1 §1 Abs1
GGG Art1 §2 Z2
GGG Art1 §28 Z9
GGG Art1 §31 Abs1
GGG Art1 §31 Abs2
GGG Art1 §32 TP10 TeilI lita Z6
GGG Art1 §7 Abs1 Z2
JN §120 Abs1
RpflG §22
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W108 2229490-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. BRAUCHART über die Beschwerde der XXXX ., vertreten durch Rechtsanwälte LEITNER & HÄUSLER, gegen den Bescheid der Präsidentin des Handelsgerichtes Wien vom 17.01.2020, Zl. Jv 5033/19v-33, betreffend Gebührenvorschreibung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang/Sachverhalt:

1.1. Die beschwerdeführende Partei war Aktionärin der XXXX (in der Folge: Gesellschaft). Mit Beschluss der Hauptversammlung wurde sie am 03.05.2007 gemäß § 4 Gesellschafter-Ausschlussgesetz (GesAusG) als Aktionärin gegen Gewährung einer Barabfindung von EUR 129,40 pro Aktie aus der Gesellschaft ausgeschlossen.

1.2. Mit Eingabe vom 05.08.2008 beantragte die beschwerdeführende Partei die Überprüfung der Barabfindung gemäß § 6 Abs. 2 GesAusG iVm §§ 225c ff. Aktiengesetz (AktG) hinsichtlich ihrer 22.969 Stück Aktien beim Handelsgericht Wien als Firmenbuchgericht.

2. Im gegenständlichen Einbringungsverfahren erließ die Präsidentin des Handelsgerichtes Wien (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Bescheid – nach Außer-Kraft-Treten des zunächst ergangenen Mandatsbescheides/Zahlungsauftrages vom 15.10.2019 aufgrund erhobener Vorstellung – (erneut) einen Zahlungsauftrag gemäß § 6a Abs. 1 Gerichtliches Einbringungsgesetz (GEG), mit dem die beschwerdeführende Partei als zahlungspflichtige Partei aufgefordert wurde, die Pauschalgebühr gemäß TP 10 I lit. a Z 6 GGG idF BGBl. I 2008/100 in Höhe von EUR 131,00, eine Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG in der Höhe von EUR 8,00, sowie einen Mehrbetrag gemäß § 31 GGG in Höhe von EUR 65,50, sohin einen Betrag von gesamt EUR 204,50, binnen 14 Tagen auf ein näher genanntes Konto zu überweisen.

Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß § 2 Z 2 Gerichtsgebührengesetz (GGG) die Eingabengebühr mit Überreichung der Eingabe zur Zahlung fällig werde. Von der beschwerdeführende Partei sei ein Antrag auf Überprüfung der Barabfindung gestellt worden; dieser Antrag unterfalle der Tarifpost 10 I lit. a Z 6 GGG idF BGBl I 2008/100. Zwar treffe es zu, dass nach § 225l Abs. 1 AktG die Verfahrenskosten, einschließlich der Kosten der gemeinsamen Vertreter, im Zusammenhang mit einem Squeeze-out zunächst die übernehmende Gesellschaft zu tragen habe, es entspreche jedoch nicht der Intention des Gerichtsgebührengesetzes, dass dem Gebührentatbestand nach Tarifpost 10 I lit. a Z 6 GGG idF BGBl I 2008/100 durch die speziellere und spätere Regelung des § 225l Abs. 1 AktG materiell derorogiert worden sein sollte. Einerseits knüpfe das Gerichtsgebührengesetz bewusst an formale, äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten, andererseits ergebe sich aus der Kommentarliteratur, dass diese spezielle Kostentragungsregel des § 225l Abs. 1 AktG bestimmte Tatbestände, wie etwa die Vergütung für die Tätigkeit der Mitglieder des Gremiums gemäß § 225m Abs. 6 AktG, die Kosten der vom Gremium beauftragten Sachverständigen gemäß § 225g Abs. 6 AktG sowie allfällige zusätzliche Kosten, die aus Anlass des unmittelbaren Squueze-Out-Verfahrens entstehen würden, wie etwa besonderer Sachaufwand (zB Reisespesen für Mitglieder des Gremiums), im Blick habe. Dies werde umso deutlicher, als § 225f Abs. 5 AktG ausdrücklich nur die Kosten der gemeinsamen Vertreter zu diesen Verfahrenskosten zähle. Da es für den Gesetzgeber ein Leichtes gewesen wäre, gleichzeitig auch diesen – praktisch durchaus naheliegenden – Fall des nachträglichen Überprüfungsverfahrens einer Barabfindung im Squueze-Out gesetzlich zu verankern und von der Gebührenpflicht auszunehmen, fehle es an einer planwidrigen Lücke. Gegen den Standpunkt der beschwerdeführende Partei einer materiellen Derogation der gebührenrechtlichen Bestimmungen durch § 225l Abs. 1 AktG spreche im Übrigen auch § 28 Z 11 GGG, wonach im außerstreitigen Verfahren grundsätzlich den Antragsteller die Zahlungspflicht treffe. Mangels einer planwidrigen Lücke des Gerichtsgebührengesetzes, welche eine materielle Derogation durch § 225l Abs. 1 AktG iVm § 6 Abs. 2 GesAusG nahelegen würde, sei die beschwerdeführende Partei als Antragstellerin zur Entrichtung der Gebühr verpflichtet.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei fristgerecht Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, in welcher sie wie folgt ausführte:

Der Bescheid werde seinem gesamten Inhalt nach wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten. Die Pauschalgebühr nach TP 10 I lit. a Z 6 GGG idF BGBl I Nr. 100/2008 sei auf die vorliegende Eingabe nicht anzuwenden, weil es sich um keine Eingabe einer Aktiengesellschaft oder Europäischen Gesellschaft handle. Für das den ausgeschlossenen Gesellschaftern zur Verfügung stehende Verfahren auf Überprüfung der Barabfindung in § 225l Abs. 1 AktG sei ausdrücklich vorgesehen, dass die Kosten des gerichtlichen Verfahrens, einschließlich der Kosten des gemeinsamen Vertreters, zunächst von der übernehmenden Gesellschaft zu tragen seien. Erst in einem fortgesetzten Stadium könnten unter bestimmten Umständen den antragstellenden Aktionären die Kosten ganz oder zum Teil nach Billigkeit auferlegt werden. Das sei eine klare und unmissverständliche Regelung, bei der keine wie immer geartete Lücke zu sehen sei. Das Gesetz sehe für diesen Fall ausdrücklich vor, dass eben - anders als sonst - nicht der Antragsteller, sondern der Antragsgegner die Gerichtsgebühren – jedenfalls zunächst – zu tragen habe. Der angefochtene Bescheid weise zutreffend darauf hin, dass das Gebührengesetz bewusst an formale äußere Tatbestände anknüpfe, die eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes gewährleisten würden, die Einfachheit der Gebühreneinhebung könne aber kein Grund sein, hier eine Lücke zu vermuten. Dass beim Gesellschafterausschluss eine Sonderregelung getroffen worden sei, habe seinen besonderen Grund darin, dass im Rahmen des Gesellschafterausschlusses den über Initiative des Hauptaktionärs enteigneten Gesellschaftern aus dem Gesichtspunkt des grundrechtlich zu schützenden Eigentumsrechtes ein erleichterter Zugang zur gerichtlichen Überprüfung des tatsächlichen Wertes ihrer verlorenen Beteiligung gewährt werde. Sie hätten daher auch nicht die erfahrungsgemäß beträchtlichen Sachverständigengebühren für das im Rahmen des Überprüfungsverfahrens eingeholte Gutachten, die Kosten des sogenannten gemeinsamen Vertreters oder den Sach- und Personalaufwand für das aus fünf Personen bestehende Gremium zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses zu tragen, sondern die Antragsgegnerin. Es gebe also einen guten Grund, warum der Gesetzgeber aus dem Gesichtspunkt des Eigentumsschutzes der ausgeschlossenen Aktionäre für das Überprüfungsverfahren eine Erleichterung des Zuganges zu Gericht durch eine speziellere Kostentragungsregel geschaffen habe. Dass unter Kosten des Verfahrens auch die gerichtliche Antragsgebühr zu verstehen sei, ergebe sich unmissverständlich aus der demonstrativen Aufzählung der anfallenden Kosten in § 225l Abs. 1 AktG. Nach dem Wortlaut des Gesetzes und dem zugrundeliegenden Sinn könne kein Zweifel daran bestehen, dass der vorliegende Antrag für die beschwerdeführende Partei nicht gebührenpflichtig gewesen sei. Der Vollständigkeit halber werde darauf hingewiesen, dass über das seit dem Jahr 2008 anhängige Verfahren bis heute keine Entscheidung erfolgt sei.

4. Die belangte Behörde sah von einer Beschwerdevorentscheidung ab und legte die Beschwerde samt den bezughabenden Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Ausführungen oben unter Punkt I. zum Verfahrensgang (Verwaltungsgeschehen) und Sachverhalt werden festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus dem Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 05.08.2008, dem angefochtenen Bescheid und der Beschwerde. Die relevanten Ermittlungsergebnisse und Urkunden liegen in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten ein. Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides den maßgeblichen Sachverhalt in Übereinstimmung mit der Aktenlage richtig festgestellt. Diesem Sachverhalt trat die beschwerdeführende Partei in der Beschwerde nicht entgegen, es wurde lediglich die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde bekämpft. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht damit fest.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.

3.3. Sie ist jedoch nicht berechtigt:

3.3.1. Gemäß § 1 Abs. 1 GGG unterliegt den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren die Inanspruchnahme der Tätigkeit der Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizverwaltungsbehörden einschließlich der an diese gerichteten Eingaben sowie die Führung der öffentlichen Bücher, Urkundensammlungen sowie einsichtsfähigen Register nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen und des angeschlossenen, einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs.

Gemäß § 32 Tarifpost (TP) 10 I lit. a Z 6 GGG idF BGBl I Nr. 100/2008 betragen die Eingabengebühren in Firmenbuchsachen für Eingaben
„folgender Rechtsträger:
1. -5 …
6. bei Aktiengesellschaften und Europäischen
Gesellschaften (SE)             131 Euro“

Gemäß Anmerkung 1 zu TP 10 GGG unterliegen der Eingabengebühr nach Tarifpost 10 I lit a Anträge auf Eintragung in das Firmenbuch, sonstige Einreichungen gemäß §§ 277 bis 281 Unternehmensgesetzbuch (UGB) sowie Rechtsmittel in Firmenbuchsachen.

Gemäß § 2 Z 2 GGG entsteht der Anspruch des Bundes auf die Gebühr bei Eingabengebühren ua mit der Überreichung der Eingabe.

Zahlungspflichtig für die Eingabengebühr nach TP 10 I lit. a GGG ist gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 GGG die einschreitende Partei. Wer als Partei einschreitet, ergibt sich aus der Eingabe (Dokalik, Gerichtsgebühren13, § 7 GGG, Anm. 7).

Gemäß § 28 Z 9 GGG (in der hier maßgeblichen Fassung) sind für Pauschalgebühren für sonstige Geschäfte des außerstreitigen Verfahrens die Antragsteller zahlungspflichtig.

Gemäß § 31 Abs. 1 GGG (in der hier maßgeblichen Fassung) wird der Anspruch des Bundes auf eine Gebühr mit der Überreichung der Eingabe (§ 2 Z 1 lit. a bis c, e, h, Z 2 und 7) begründet und ist die Gebühr nicht oder nicht vollständig beigebracht worden oder die Einziehung erfolglos geblieben, so ist von den zur Zahlung verpflichteten Personen neben der fehlenden Gebühr ein Mehrbetrag von 50% des ausstehenden Betrages zu erheben; der Mehrbetrag darf jedoch 400 Euro nicht übersteigen. Gleiches gilt im Fall des § 4 Abs. 6 letzter Halbsatz, wenn die Einziehung erfolglos geblieben ist. Gemäß § 31 Abs. 2 GGG (in der hier maßgeblichen Fassung) haften für den Mehrbetrag nach Abs. 1 als Bürge und Zahler mit den zur Zahlung der Gebühr verpflichteten Personen die Bevollmächtigten und die gesetzlichen Vertreter, die den Schriftsatz, durch dessen Überreichung der Anspruch des Bundes auf die Gebühr begründet wird, verfasst oder überreicht haben.

Gemäß § 120 Abs. 1 Z 3 und 6 Jurisdiktionsnorm (JN) sind die mit Handelssachen betrauten Gerichtshöfe erster Instanz für die gemäß §§ 225c bis 225l AktG vom Gericht zu erledigenden Angelegenheiten sowie für die nach dem GesAusG vom Gericht zu erledigenden Angelegenheiten sachlich zuständig.

Gemäß 22 Abs. 1 Rechtspflegergesetz (RpflG) umfasst der Wirkungskreis in Sachen des Firmenbuchs alle mit seiner Führung zusammenhängenden Geschäfte. Gemäß Abs. 2 Z 7 leg. cit. bleiben dem Richter Angelegenheiten nach dem GesAusG vorbehalten.

Die relevanten Bestimmungen des Aktiengesetzes (AktG), BGBl Nr 98/1965 idgF, lauten auszugsweise:
„Gerichtliche Überprüfung des Umtauschverhältnisses, Antragsberechtigte

§ 225c. (1) Ist das Umtauschverhältnis oder sind die allfälligen baren Zuzahlungen nicht angemessen festgelegt, so hat jeder Aktionär einer der beteiligten Gesellschaften einen Anspruch gegen die übernehmende Gesellschaft auf Ausgleich durch bare Zuzahlungen.

(2) Im Fall des Abs. 1 kann ein Antrag bei Gericht gestellt werden, dass das Umtauschverhältnis überprüft wird und die übernehmende Gesellschaft einen Ausgleich durch bare Zuzahlungen zu leisten hat. […]“

Verfahren

§ 225e. (1) Soweit nichts anderes bestimmt ist, entscheidet das Gericht nach den allgemeinen Bestimmungen des Außerstreitgesetzes, ausgenommen dessen §§ 72 bis 77 über das Abänderungsverfahren. […]

Kosten

§ 225l. (1) Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens und der Streitschlichtung vor dem Gremium, einschließlich der Kosten der gemeinsamen Vertreter, trägt zunächst die übernehmende Gesellschaft. Sie sind jedoch insoweit den antragstellenden Aktionären ganz oder zum Teil nach Billigkeit aufzuerlegen, als diese überhaupt oder ab einem bestimmten Zeitpunkt voraussehen konnten, daß sie einen nicht zweckentsprechenden Verfahrensaufwand verursachen.

(2) Die Kosten rechtsfreundlicher Vertretung vor Gericht und vor dem Gremium hat jede Seite zunächst selbst zu tragen. Sie sind jedoch insoweit der übernehmenden Gesellschaft ganz oder zum Teil nach Billigkeit aufzuerlegen, als beträchtliche Abweichungen vom angemessenen Umtauschverhältnis festgestellt wurden, wobei für den Ersatz der Kosten einer anwaltlichen Vertretung vor dem Gremium die Bestimmungen des RATG sinngemäß anzuwenden sind. Der jeweils auf die einzelnen Parteien entfallende Teil des Gesamtwerts gemäß § 225i Abs. 3, jedenfalls aber der Betrag nach § 14 lit. a RATG, ist Grundlage für den Kostenersatz.

(3) Entsprechen die in den Verschmelzungsberichten (§ 220a), den Prüfungsberichten (§ 220b) oder den Berichten der Aufsichtsräte (§ 220c) enthaltenen Erläuterungen des Umtauschverhältnisses oder der baren Zuzahlungen nicht den gesetzlichen Bestimmungen, so ist ein Antrag gemäß § 225c Abs. 2 jedenfalls als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung gestellt anzusehen (Abs. 1) und hat die übernehmende Gesellschaft überdies die Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung der antragstellenden Aktionäre bis zu jenem Zeitpunkt zur Gänze zu tragen, ab dem diese voraussehen konnten, daß sie einen nicht zweckentsprechenden Verfahrensaufwand verursachen.“

Dem Kommentar zum Aktiengesetz III6, Artmann/Karollus, Stand 01.04.2019, ist zu § 225l AktG RZ 2 Folgendes zu entnehmen:

„II. Verfahrenskosten

Neben der gerichtlichen Eingabengebühr (per 14. 1. 2019 in Höhe von € 152,–) zählen zu den Verfahrenskosten die Kosten des gemeinsamen Vertreters, die sich ihrerseits in Barauslagen und Belohnung für Müheverwaltung aufteilen, die standardisierte Vergütung für die Tätigkeit der Mitglieder des Gremiums gem § 225m Abs 6 sowie die Kosten für vom Gremium beigezogene Sachverständige (§ 225g Abs 6). Denkbar sind zusätzliche Kosten, die im Zuge der Beweisaufnahmen anfallen, allenfalls auch Kosten der sonstigen Sachverständigen. Die Verfahrenskosten trägt zunächst die übernehmende Gesellschaft. Erlegt diese den Kostenvorschuss nicht, weil sie an dem Sachverständigenbeweis nicht interessiert ist, unterbleibt die Beweisaufnahme nicht. Vielmehr ist iSd AußStrG ein Sachverständiger beizuziehen. Der Beschluss, mit dem die vorläufige Kostentragung auferlegt wurde, ist zu vollstrecken.“

§ 6 Gesellschafterausschlussgesetz (GesAusG, BGBl I Nr 75/2006 idgF) lautet:

„Überprüfung der Barabfindung

§ 6. (1) Die Anfechtung des Beschlusses kann nicht darauf gestützt werden, dass die Barabfindung nicht angemessen festgelegt ist oder dass die Erläuterungen der Barabfindung in den Berichten gemäß § 3 den gesetzlichen Bestimmungen nicht entsprechen.

(2) Für die Überprüfung der Barabfindung durch die ausgeschlossenen Gesellschafter sind die §§ 225c bis 225m AktG – ausgenommen § 225c Abs. 3 und 4, § 225e Abs. 3 zweiter Satz und § 225j – über die Verschmelzung zur Aufnahme auf die Kapitalgesellschaft sinngemäß anzuwenden. An die Stelle des Verschmelzungsvertrags tritt der Bericht gemäß § 3 Abs. 1, an Stelle der übernehmenden Gesellschaft der Hauptgesellschafter, an Stelle des Umtauschverhältnisses die Höhe der baren Abfindung für die Anteile. Für die Fälligkeit und die Verzinsung zugesprochener oder auf Grund eines Vergleichs zustehender barer Zuzahlungen ist § 2 Abs. 2 sinngemäß anzuwenden.“

3.3.2. Umgelegt auf den hier vorliegenden Sachverhalt ergibt sich daraus Folgendes:

3.3.2.1. Strittig ist, ob der von der beschwerdeführenden Partei gestellte Antrag auf Überprüfung der Barabfindung gemäß § 6 Abs. 2 GesAusG iVm §§ 225c ff AktG der Gebührenpflicht nach TP 10 I lit. a Z 6 Gerichtsgebührengesetz (GGG) idF BGBl I Nr. 100/2008 in der Höhe von EUR 131,00 unterfällt.

Die beschwerdeführenden Partei bringt zur Begründung ihrer Ansicht, dass der verfahrensgegenständliche Antrag nicht (für sie) gebührenpflichtig sei, einerseits vor, dass die Pauschalgebühr nach TP 10 I lit. a Z 6 GGG idF BGBl I Nr. 100/2008 auf die vorliegende Eingabe nicht anzuwenden sei, weil es sich um keine Eingabe einer AG oder SE handle, andererseits, dass in § 225l Abs. 1 AktG ausdrücklich vorgesehen sei, dass die Kosten des gerichtlichen Verfahrens, einschließlich der Kosten des gemeinsamen Vertreters, zunächst von der übernehmenden Gesellschaft zu tragen seien und erst in einem fortgesetzten Stadium unter bestimmten Umständen den antragstellenden Aktionären die Kosten ganz oder zum Teil nach Billigkeit auferlegt werden könnten.

Die beschwerdeführende Partei ist mit ihren Ausführungen jedoch nicht im Recht:

3.3.2.2. Im gegenständlichen Fall liegt mit dem Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Überprüfung der Barabfindung nach § 6 Abs. 2 GesAusG ein verfahrenseinleitender Antrag auf Vornahme einer Amtshandlung des Firmenbuchgerichts in Bezug auf eine Aktiengesellschaft, somit eines nach TP 10 I lit. a Z 6 GGG maßgeblichen Rechtsträgers, vor, welcher von der beschwerdeführenden Partei als ehemalige Aktionärin dieser Gesellschaft eingebracht wurde.

Vor dem Hintergrund des Wortlautes der TP 10 I lit. a Z 6 GGG und der Anmerkung 1 zur TP 10 GGG kann die Gebührenpflicht für diesen Antrag daher nicht zweifelhaft sein.

Dass die beschwerdeführende Partei kein in TP 10 I lit. a Z 6 GGG genannter Rechtsträger bzw. nicht dessen Vertretungsorgan ist, vermag daran nichts zu ändern, zumal sich ihr Antrag auf einen nach TP 10 I lit. a Z 6 GGG maßgeblichen Rechtsträger (hier: Aktiengesellschaft) bezieht und auf Vornahme einer Amtshandlung des Firmenbuchgerichts gerichtet ist. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei stellt somit eine gebührenpflichtige Eingabe „bei Aktiengesellschaften“ gemäß TP 10 I lit. a Z 6 GGG dar.

Die Überschrift der TP 10 I lit. a GGG, die von „Eingabegebühren für Eingaben folgender Rechtsträger“ spricht, ist nicht als „Eingaben der folgenden Rechtsträger“ zu lesen, sondern als „Eingaben bei folgenden Rechtsträgern“ zu verstehen. Dies ergibt sich schon aus der Anmerkung 1 zur TP 10 GGG und aus § 120 Abs. 1 Z 3 und 6 JN sowie aus § 22 Abs. 1 Z 7 RpflG und ferner auch dem Umstand, dass es in der Aufzählung nicht bloß „Aktiengesellschaften […]“ heißt, sondern „bei Aktiengesellschaften […]“. Es kommt also nicht darauf an, dass die Eingabe von einem angeführten Rechtsträger eingebracht wird, um eine Gebührenpflicht nach TP 10 I lit. a Z 1 – 13 GGG auszulösen, sondern, dass ein verfahrenseinleitender Antrag auf Vornahme einer Amtshandlung des Firmenbuchgerichts in Zusammenhang mit dem maßgeblichen Rechtsträger (etwa von ehemaligen Gesellschaftern oder Aktionären) gestellt wird.

Diese Ansicht stützen auch die im Kommentar zum Aktiengesetz III6, Artmann/Karollus, Stand 01.04.2019, zu § 225l AktG RZ 2, getroffenen Ausführungen, wonach zu den Verfahrenskoten auch die „gerichtliche[n] Eingabengebühr (per 14. 1. 2019 in Höhe von EUR 152,00) zähl[t]“ und die Verfahrenskosten zunächst die Gesellschaft trägt, diese aber auf Basis eines Beschlusses über die Kostentragung den antragstellenden Aktionären ganz oder zum Teil auferlegt werden können. Der Kommentar nennt explizit eine bei Verfahren auf Überprüfung der Barabfindung anfallende Eingabengebühr (für die entsprechenden Anträge). Die im Kommentar genannte Höhe (EUR 152,00) entspricht TP 10 I lit. a Z 6 GGG idgF.

Die Unrichtigkeit der von der beschwerdeführenden Partei vertretenen Ansicht ergibt sich auch daraus, dass bei Sachverhaltskonstellationen, in denen der ehemalige Aktionär selbst keine natürliche Person, sondern ein in TP 10 I lit a GGG erfasster Rechtsträger ist, die Gebühr für denselben Antrag unter einen anderen Gebührentatbestand fiele und damit eine andere Gebühr zur Folge hätte.

Die Argumentation der beschwerdeführenden Partei, wonach es sich beim vorliegenden Antrag auf Überprüfung der Barabfindung gemäß § 6 Abs. 2 GesAusG iVm §§ 225c ff AktG um keine von der TP 10 I lit. a Z 6 GGG erfasste „Eingabe einer AG oder SE“ handle, erweist sich daher als nicht zutreffend.

3.3.2.3. Ebenfalls nicht beizupflichten ist der beschwerdeführenden Parteien, wenn sie vorbringt, sie sei nicht als Gebührenschuldnerin anzusehen.

Denn die Zahlungspflicht für die gegenständliche Gerichtsgebühr ergibt sich für die beschwerdeführende Partei als einschreitende Partei aus § 7 Abs. 1 Z 2 GGG. Dass die beschwerdeführende Partei als Einschreiter im Sinne der zuletzt genannten Norm zu qualifizieren ist, ergibt sich aus dem gegenständlichen Antrag und wird von der beschwerdeführenden Partei auch nicht bestritten.

Wenn die beschwerdeführende Partei ihre Zahlungspflicht mit Blick auf die Bestimmung des § 225l AktG verneint, ist sie auf den Unterschied zwischen Gerichtsgebührenpflicht und Kostentragung hinzuweisen. Die Gerichtsgebühren hat der Gebührenschuldner (das ist im vorliegenden Fall die beschwerdeführende Partei) dem Bund als Gebührengläubiger zu entrichten. Davon zu unterscheiden ist die Kostentragung, wonach eine Partei eines Gerichtsverfahrens verpflichtet ist, der anderen Partei die der anderen Partei entstandenen Kosten (allenfalls einschließlich der zu entrichtenden Gerichtsgebühren) zu ersetzen (vgl. etwa VwGH 04.11.2020, Ro 2020/16/0006 bis 0008-4 unter Hinweis auf VwGH 27.09.2012, 2010/16/0088).

Wie die beschwerdeführende Partei selbst vorbringt, stellt § 225l AktG eine Kostentragungsregel dar. Von den in § 225l AktG genannten „Kosten des Verfahrens“ sind auch die Gerichtsgebühren (Eingabengebühren für den Überprüfungsantrag) umfasst. Dies ergibt sich aus der allgemein gehaltenen Formulierung im Gesetz als „Kosten des gerichtlichen Verfahrens“ sowie aus der oben zitierten Literatur zum AktG. Die entstandene verfahrensgegenständliche Gebühr nach der TP 10 I lit. a Z 6 GGG kann aufgrund dieser Kostentragungsregel im Verfahren vor dem Handelsgericht mittels Kostenbeschluss dem Hauptgesellschafter auferlegt werden (vgl. die oben zitierten Ausführungen im Kommentar zu § 225l AktG RZ 2 letzter Satz, wonach der Beschluss, mit dem die vorläufige Kostentragung auferlegt wurde, zu vollstrecken ist).

Eine Gebührenbefreiung für Verfahren gemäß § 6 Abs. 2 GesAusG iVm §§ 225c ff AktG ist jedoch gesetzlich weder in § 225l AktG noch im GGG und auch nicht in den einschlägigen Materiengesetzen vorgesehen. Im Hinblick auf die Anknüpfung des Gebührenrechtes an formale äußere Tatbestände ist es auch nicht zulässig, diesbezüglich einen vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Ausnahmetatbestand zu begründen.

Da § 225l AktG keine Gebührenbefreiung, sondern lediglich eine Kostentragungsregel normiert, führt das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, dem Gebührentatbestand nach TP 10 I lit. a Z 6 GGG sei durch die speziellere spätere Regelung des § 225l Abs. 1 AktG materiell derogiert worden, ins Leere.

3.3.2.4. Gemäß § 31 Abs. 1 GGG (in der hier maßgeblichen Fassung) ist, wenn der Anspruch des Bundes auf eine Gebühr mit der Überreichung der Eingabe begründet wird – wie im vorliegenden Fall gemäß § 2 Z 2 GGG – und die Gebühr nicht oder nicht vollständig beigebracht worden oder eine Einziehung von Gerichts- oder Justizverwaltungsgebühren erfolglos geblieben ist, von den zur Zahlung verpflichteten Personen neben der fehlenden Gebühr ein Mehrbetrag von 50% des ausstehenden Betrages zu erheben; der Mehrbetrag darf jedoch 400 Euro nicht übersteigen.

Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, hat die belangte Behörde der zahlungspflichtigen beschwerdeführenden Partei zu Recht die Eingabengebühr nach TP 10 I lit a Z 6 GGG in der Höhe von EUR 131,00 für ihren Antrag vom 05.08.2008 vorgeschrieben. Da dieser Betrag unbestritten nicht entrichtet wurde, erweist sich auch die Vorschreibung des Mehrbetrages gemäß § 31 GGG in der Höhe von EUR 65,50 (Hälfte von EUR 131,00) als rechtsrichtig.

3.3.2.5. Die belangte Einbringungsbehörde war daher verpflichtet, der beschwerdeführenden Partei die ausstehenden Beträge zusammen mit der Einhebungsgebühr, die sich aus § 6a Abs. 1 GEG ergibt, mit dem angefochtenen Zahlungsauftrag vorzuschreiben.

3.4. Die behauptete Rechtswidrigkeit des Bescheides liegt daher nicht vor. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Bescheid aus anderen, nicht geltend gemachten Gründen rechtswidrig wäre. Da dem angefochtenen Bescheid eine Rechtswidrigkeit iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG nicht anhaftet, ist die Beschwerde abzuweisen.

3.5. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 und Abs. 4 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall liegt kein Parteiantrag auf Durchführung einer Verhandlung vor. Weiters konnte auch deshalb von einer Verhandlung abgesehen werden, da die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich ist (vgl. dazu auch VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung/Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist, und VwGH 11.01.2016, Ra 2015/16/0132 [betreffend ein Nachlassverfahren nach dem GEG], wonach Angelegenheiten der Gerichtsgebühr nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK fallen). Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt, die Beweiswürdigung der Verwaltungsbehörde wurde nicht substantiiert bekämpft und es wurde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen erstattet. Zu einer Lösung von Rechtsfragen ist im Sinne der Judikatur des EGMR (vom 10.05.2007, Nr. 7401/04 [Hofbauer/Österreich Nr. 2] und vom 03.05.2007, Nr. 17.912/05 [Bösch/Österreich]) eine mündliche Verhandlung nicht geboten.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es fehlt an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Interpretation des § 32 TP 10 I lit a Z 6 GGG im vorliegenden Kontext. Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Schlagworte

Aktiengesellschaft äußere Formaltatbestände Eingabengebühr Einhebungsgebühr Firmenbuchgericht Gerichtsgebühren Gerichtsgebührenpflicht Gesellschafter Kostentragung Mehrbetrag Pauschalgebühren Revision zulässig verfahrensleitender Antrag Zahlungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W108.2229490.1.00

Im RIS seit

24.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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