TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/30 W208 2245669-1

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Veröffentlicht am 30.09.2021
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Entscheidungsdatum

30.09.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
B-VG Art94
GEG §1 Z2
GEG §6a Abs1
GEG §6b Abs4
GEG §7 Abs1
GEG §7 Abs2
StPO §196 Abs2
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W208 2245669-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , XXXX , XXXX , gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Strafsachen WIEN vom 29.07.2021, 201 Jv 730/21w, betreffend Einbringung von Beträgen nach dem Gerichtlichen Einbringungsgesetz (GEG) zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Beschluss vom 26.03.2021, XXXX , wies das Landesgericht für Strafsachen WIEN (in der Folge: LG) den Antrag des Beschwerdeführers (in der Folge: BF) auf Fortführung eines Strafverfahrens wegen § 105 StGB aufgrund der Zurücklegung der Anzeige als unzulässig zurück und verpflichtete den BF als Antragsteller gemäß § 196 Abs 2 StPO zur Zahlung eines Pauschalkostenbeitrages iHv € 90,00. Dieser Beschluss wurde dem BF am 06.04.2021 zugestellt. Die dagegen vom BF erhobene Beschwerde wurde vom Oberlandesgericht WIEN (in der Folge: OLG) mit Beschluss vom 12.05.2021 (ON 11) einerseits als unzulässig zurückgewiesen, da gegen Entscheidungen über Fortführungsanträge ein Rechtsmittel nicht zustehe (§ 196 Abs 1 StPO), und ihr andererseits mit Beschluss vom 12.05.2021 (ON 12) betreffend die Auferlegung eines Pauschalkostenbeitrages von € 90,00 keine Folge gegeben. Der Beschluss vom 26.03.2021 wurde sodann am 12.05.2021 samt Kostenbeschluss rechtskräftig.

2. Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 23.06.2021 (zugestellt am 29.06.2020), XXXX - 2 - VNR 1, forderte die zuständige Kostenbeamtin des LG für den Präsidenten des LG (im Folgenden auch belangte Behörde) den BF auf, den Pauschalkostenbeitrag nach § 196 Abs 2 StPO iHv € 90,00 sowie eine Einhebungsgebühr nach § 6a Abs 1 GEG iHv € 8,00, zusammen sohin € 98,00, binnen 14 Tagen auf das näher bezeichnete Konto zu Gunsten des LG als Zahlungsempfänger einzuzahlen, widrigenfalls die Beträge zwangsweise eingebracht werden würden.

3. Mit Schriftsatz vom 12.07.2021 (beim BG eingelangt am 13.07.2021) erhob der BF gegen den o.a. Mandatsbescheid das – fälschlicherweise vom BF als „Beschwerde“ bezeichnete – Rechtsmittel der Vorstellung. Begründend führte er darin im Wesentlichen aus, dass der Zahlungsauftrag nicht gerechtfertigt und weiterhin wegen §§ 105, 106 StGB vorzugehen sei.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29.07.2021, 201 Jv 730/21w, sprach die belangte Behörde „über die Vorstellung“ des BF „zum Zahlungsauftrag vom 23.06.2021 über den Betrag von € 90,00 (Pauschalkostenbeitrag) und € 8,00 (Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs 1 GEG)" folgendermaßen ab:

„Der Mandatsbescheid vom 23.06.2021 über den Gesamtbetrag von € 98,00 wird bestätigt; der Zahlungsauftrag bleibt aufrecht.

Der Zahlungspflichtige […] wird aufgefordert, den mit Zahlungsauftrag vom 29.06.2020 vorgeschriebenen Gesamtbetrag von EUR 98,00 binnen 14 Tagen auf das Konto […] einzuzahlen.“

Begründend führte sie darin im Wesentlichen Folgendes aus:

Wer sich durch den Inhalt eines Mandatsbescheids, der von einem Kostenbeamten namens der Behörde erlassen wurde, beschwert erachte, könne gemäß § 7 Abs 1 GEG binnen zwei Wochen Vorstellung bei der Behörde erheben. Wenn nichts anderes vorgesehen sei, würden im Verfahren die Bestimmungen des AVG (§ 6b Abs 1 GEG) gelten. Die mit Poststempel vom 12.07.2021 versehene Vorstellung sei am 13.07.2021 bei Gericht eingelangt. Der BF wende sich darin gegen die Zahlung des mit Zahlungsauftrag vom 23.06.2020 vorgeschriebenen Betrages iHv € 98,00 und fordere, das Strafverfahren fortzusetzen. Die Kostenentscheidung des Beschlusses, mit dem der Fortführungsantrag des BF zurückgewiesen wurde, beruhe auf § 196 StPO. Darin sei die Zahlung eines Pauschalkostenbeitrages iHv € 90,00 für den Fall der Zurück- oder Abweisung vorgeschrieben. Gemäß § 1 GEG habe das Gericht insbesondere die Kosten von Strafverfahren von Amts wegen einzubringen (Z 4). Gemäß § 6a Abs 1 GEG seien die nach § 1 GEG einzubringenden Beträge mit Bescheid zu bestimmen (Zahlungsauftrag), wenn diese nicht sogleich entrichtet würden oder wenn die Einziehung erfolglos geblieben sei. Gleichzeitig sei dem Zahlungspflichtigen eine Einhebungsgebühr in Höhe von € 8,00 vorzuschreiben.

Damit seien sowohl die Zahlungsvorschreibung betreffend des Pauschalkostenbeitrages als auch betreffend der Einhebungsgebühr zu Recht erfolgt. Der Mandatsbescheid sei daher zu bestätigen gewesen. Anzumerken sei noch, dass das Rechtsmittel der Vorstellung nicht dazu diene, eine rechtskräftige Fortführungsentscheidung zu bekämpfen.

5. Gegen diesen Bescheid (zugestellt am 04.08.2021) richtet sich die am 16.08.2021 eingebrachte Beschwerde.

Begründend wurde darin im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die Entscheidung (der Beschluss vom 26.03.2021) sei ihm nicht zugestellt worden, sondern einem ihm unbekannten XXXX . Der angefochtene Bescheid sei daher rechtswidrig und ungültig.

6. Mit Schreiben vom 17.08.2021 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den gegenständlichen Verwaltungsakt – ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen – dem BVwG zu Entscheidung vor.

7. Mit E-Mail vom 30.08.2021 ersuchte das BVwG die belangte Behörde um Nachreichung des Beschlusses vom 26.03.2021 samt Zustellverfügung, Zustellnachweis sowie des Beschlusses des OLG vom 12.05.2021.

8. Am 31.08.2021 übermittelte die belangte Behörde sämtlichee angeforderten Unterlagen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Fest steht, dass der Beschluss vom 26.03.2021, XXXX , mit welchem der Antrag des BF auf Fortführung eines Strafverfahrens zurückgewiesen und er zur Zahlung eines Pauschalkostenbeitrages iHv € 90,00 verpflichtet wurde, nachweislich an den BF als Adressat gerichtet sowie mittels Zustellverfügung auch als Empfänger adressiert gewesen ist und diesem ordnungsgemäß am 06.04.2021 zugestellt wurde.

Überdies wird festgestellt, dass der angefochtene Bescheid auszugsweise folgendermaßen lautet:

„Über die Vorstellung des […] zum Zahlungsauftrag vom 23.06.2021 über den Betrag von EUR 90,00 und EUR 8,00 (Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs 1 GEG) […] ergeht gemäß § 7 GEG nachstehender

BESCHEID:

„Der Mandatsbescheid vom 23.06.2021 über den Gesamtbetrag von € 98,00 wird bestätigt; der Zahlungsauftrag bleibt aufrecht.

Der Zahlungspflichtige […] wird aufgefordert, den mit Zahlungsauftrag vom 23.06.2021 vorgeschriebenen Gesamtbetrag von EUR 98,00 binnen 14 Tagen auf das Konto […] einzuzahlen.“

Dazu wird festgestellt, dass gegen den Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) des LG vom 23.06.2021 eine Vorstellung erhoben wurde, über welche mit angefochtenem Bescheid abgesprochen wurde. Überdies wurde sodann im Spruch des angefochtenen Bescheides, der Mandatsbescheid vom 23.06.2021 von der belangten Behörde „bestätigt“ und ausgesprochen, dass dieser Zahlungsauftrag aufrecht bleibe.

Damit steht fest, dass die belangte Behörde über den mit Erhebung der Vorstellung ex lege außer Kraft getretenen Mandatsbescheid vom 23.06.2021 explizit als Vorstellungsbehörde abgesprochen hat.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen sowie den Aktenbestandteilen des gerichtlichen Grundverfahrens.

Dass der Beschluss vom 26.03.2021, XXXX , nachweislich an den BF als Adressat gerichtet und auch als Empfänger adressiert war sowie diesem ordnungsgemäß zugestellt wurde, ergibt sich aus dem Spruch des im Akt aufliegenden Beschlusses vom 26.03.2021 sowie aus der entsprechenden Zustellverfügung und dem Zustellnachweis über die Zustellung durch Hinterlegung an den BF am 06.04.2021.

Die Behauptung des BF, dieser Beschluss sei ihm nicht zugestellt worden, gründet lediglich auf einem offensichtlichen Irrtum der belangten Behörde, wenn sie in der Begründung des angefochtenen Bescheides mehrmals den Namen des BF falsch wiedergibt, indem sie eine Silbe anhängt und ihn XXXX , nennt. Im Spruch des Beschlusses vom 26.03.2021 ist jedoch der korrekte Name des BF, XXXX , als Adressat angeführt. Bei dem in der Begründung angegebenen falschen Namen handelt es sich demnach um ein offenkundiges Versehen der belangten Behörde, ohne rechtliche Konsequenzen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs 4 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) innerhalb der Frist von vier Wochen bei der belangten Behörde eingebracht. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels entsprechender Sonderregelung im GEG bzw im GGG liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht – soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet – den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen.

Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 28 Abs 2 VwGVG über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags - der hier ohnehin nicht vorliegt - von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von „civil rights" unter dem Blickwinkel des Art 6 EMRK nicht erforderlich (VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305; 11.01.2016, Ra 2015/16/0132). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen und ist auch die Rechtsfrage nicht derart komplex, dass es zu deren Erörterung einer mündlichen Verhandlung bedürfte.

Zu A)

3.2. Gesetzliche Grundlagen

Die maßgeblichen Bestimmungen des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes, BGBl. Nr. 288/1962 idgF (GEG), lauten:

Gemäß § 1 Z 2 GEG hat das Gericht die rechtskräftig verhängte Geldstrafe von Amts wegen einzubringen.

Gemäß § 6b Abs 4 GEG können im Verfahren zur Einbringung im Justizverwaltungsweg weder das Bestehen noch die Rechtmäßigkeit einer im Grundverfahren dem Grunde und der Höhe nach bereits rechtskräftig festgestellten Zahlungspflicht überprüft werden.

Diese Regelung entspricht dem bereits vor dem 01.01.2014 geltenden Grundsatz, dass gegen einen Zahlungsauftrag, mit dem sich aus einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung ergebende Beträge vorgeschrieben werden, ein Rechtsmittel nur dann erhoben werden kann, wenn die Zahlungsfrist unrichtig bestimmt wurde oder der Zahlungsauftrag der ihm zugrundeliegenden Entscheidung des Gerichtes nicht entspricht (vgl § 7 Abs 1 GEG in der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung). Der Grundsatz der Trennung der Justiz von der Verwaltung soll – wie die Materialien zu § 6b Abs 4 GEG, BGBl. I Nr. 190/2013, ausführen – nun eindeutig im Gesetz normiert werden (Regierungsvorlage 2357 der Beilagen XXIV. GP, S 8f; siehe auch Dokalik, Gerichtsgebühren13, § 6b GEG Anm. 7).

Aus dem im Art 94 B-VG normierten Grundsatz der Gewaltentrennung ergibt sich, dass im Verwaltungsverfahren die Verwaltungsbehörden nicht berechtigt sein sollen, die Richtigkeit gerichtlicher Entscheidungen zu hinterfragen (VwGH 14.09.2004, 2004/06/0074; 27.01.2011, 2010/06/0127).

Betreffend Gerichtsgebühren ist der sich aus der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergebende Grundsatz des Anknüpfens an formale äußere Tatbestände zu berücksichtigen, weil eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes gewährleistet sein muss (siehe zB VwGH 28.03.2014, 2013/16/0218; 29.04.2013, 2011/16/0004). Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als sie über das Fehlen eines Elements des im Gesetz umschriebenen formalen Tatbestandes an den die Gebührenpflicht oder Ausnahme geknüpft ist, hinweg sieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden (Dokalik, Gerichtsgebühren12, § 1 GGG E 13 mwN; VwGH 27.05.2014, 2013/16/0189).

Gemäß § 6a Abs 1 GEG (idF BGBl. I Nr. 19/2015) sind – sofern die nach § 1 GEG einzubringenden Beträge nicht sogleich entrichtet (§ 4 GGG) werden oder wenn die Einziehung erfolglos geblieben ist – diese durch Bescheid zu bestimmen (Zahlungsauftrag). Der Zahlungsauftrag hat eine Aufstellung der geschuldeten Beträge und die Aufforderung zu enthalten, den Betrag binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu zahlen. Gleichzeitig ist dem Zahlungspflichtigen eine Einhebungsgebühr in Höhe von € 8,00 vorzuschreiben. Der Zahlungsauftrag ist ein Exekutionstitel im Sinne der Exekutionsordnung.

§ 7 idF BGBl. I 156/2015 GEG lautet (Auszug, Hervorhebung durch BVwG):

„§ 7. (1) Wer sich durch den Inhalt eines Mandatsbescheids, der von einem Kostenbeamten (§ 6 Abs. 2) namens der Behörde erlassen wurde, beschwert erachtet, kann binnen zwei Wochen Vorstellung bei der Behörde (§ 6 Abs. 1) erheben. In der Rechtsmittelbelehrung des Mandatsbescheids kann auch angeordnet werden, dass die Vorstellung bei der das Grundverfahren führenden Dienststelle einzubringen ist; auch in diesem Fall gilt aber die Einbringung bei der Behörde nach § 6 Abs. 1 als rechtzeitig.

(2) Verspätete und unzulässige Vorstellungen sind von der Behörde zurückzuweisen. Mit der rechtzeitigen Erhebung der Vorstellung tritt der Mandatsbescheid außer Kraft, soweit sich die Vorstellung nicht ausdrücklich nur gegen einen Teil des vorgeschriebenen Betrags richtet. Die Behörde kann erforderlichenfalls Ermittlungen durchführen und hat mit Bescheid auszusprechen, ob und inwieweit eine Zahlungspflicht besteht; dabei ist sie nicht an die Anträge der Partei gebunden, sondern kann auch über eine weitergehende Zahlungspflicht absprechen. Liegt dem Mandatsbescheid ein Antrag zu Grunde, so hat die Behörde über diesen abzusprechen; die Frist nach § 73 Abs. 1 AVG beginnt mit dem Einlangen der Vorstellung. Bescheide nach diesem Absatz dürfen nicht vom Kostenbeamten nach § 6 Abs. 2 im Namen der Behörde erlassen werden.

[…]“

3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

Nach § 7 Abs 2 GEG tritt mit der rechtzeitigen Erhebung der Vorstellung der Mandatsbescheid außer Kraft.

Im vorliegenden Fall ist durch die rechtzeitig erhobene Vorstellung der Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 23.06.2021 gemäß § 7 Abs 2 GEG ex lege außer Kraft getreten.

Infolge des Außer-Kraft-Tretens des Zahlungsauftrags (Mandatsbescheids) vom 23.06.2021 ist kein Verfahren über die Vorstellung anhängig. Die belangte Behörde hätte daher nicht als Vorstellungsbehörde tätig werden dürfen; sie war zur Entscheidung über die Vorstellung unzuständig (vgl VwGH 16.12.2014, Ro 2014/16/0075 zur insoweit vergleichbaren Rechtslage vor Inkrafttreten der Gerichtsgebühren-Novelle 2015 BGBl I 2015/156). Diese Unzuständigkeit der belangen Behörde ist vom BVwG auch dann aufzugreifen, wenn sie in der Beschwerde nicht geltend gemacht wird (vgl Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren § 27 VwGVG Anm 4). In Stattgebung der Beschwerde ist der angefochtene Bescheid daher gemäß § 27 VwGVG iVm § 28 Abs 1, 2 und 5 VwGVG aufzuheben.

Da dem angefochtenen Bescheid vor diesem Hintergrund eine Rechtswidrigkeit im Sinne des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG anzulasten ist, ist der Beschwerde gemäß § 28 Abs 2 VwGVG Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu beheben.

Das Außer-Kraft-Treten des Mandatsbescheids und die Aufhebung des angefochtenen Bescheids bewirken aber nicht, dass damit die betreffende Verwaltungsangelegenheit zu Gunsten des BF abgeschlossen ist. Es steht der Vorschreibungsbehörde vielmehr frei, darüber neuerlich zu entscheiden (vgl VwGH 15.12.2008, 2008/02/0235).

Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren auszusprechen haben, ob und inwieweit eine Zahlungspflicht der BF besteht und – wenn die in der Vorstellung vorgebrachten Einwendungen nicht stichhaltig sind – einen neuerlichen Zahlungsauftrag (gemäß § 7 Abs 2 letzter Satz GEG als „Vollbescheid“) zu erlassen haben oder - wenn die Einwendungen zutreffen - auszusprechen haben, dass keine Zahlungspflicht besteht (siehe Wais/Dokalik, Gerichtsgebühren12 § 7 GEG Anm 3).

In diesem Zusammenhang wird aus verwaltungsökonomischen Gründen bereits jetzt darauf hingewiesen, dass die im angefochtenen Bescheid geäußerte Rechtsansicht, wonach die Zahlungsvorschreibung sowohl betreffend den Pauschalkostenbeitrag als auch betreffend die Einhebungsgebühr zu Recht erfolgt sei, nicht zu beanstanden ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben dargestellte Judikatur des VwGH wird verwiesen.

Schlagworte

Bescheidbehebung Einbringung von Beträgen Einhebungsgebühr ex lege - Außerkrafttreten Gerichtsgebühren Mandatsbescheid Pauschalkostenbeitrag Unzuständigkeit Vorstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W208.2245669.1.00

Im RIS seit

24.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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