TE Bvwg Beschluss 2021/10/27 W170 2247428-1

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Veröffentlicht am 27.10.2021
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Entscheidungsdatum

27.10.2021

Norm

AVG §57 Abs2
B-VG Art133 Abs4
GOG §16
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W170 2247428-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von Dr. iur. XXXX , geb. XXXX , XXXX . gegen den Mandatsbescheid des Präsidenten des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 26.08.2021, Zl. 046 201 JV 1163/21x, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 28 Abs. 2 VwGVG, 57 Abs. 2 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

Das Bundesverwaltungsgericht hat über die Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Mit als „Mandatsbescheid“ bezeichneten Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts für Strafsachen Wien (in Folge: Behörde) vom 26.08.2021, Zl. 046 201 JV 1163/21x, wurde Dr. iur. XXXX (in Folge: Beschwerdeführer), einem Juristen und ehemaligen Rechtsanwalt, der Zutritt zum Gerichtsgebäude des Landesgerichts für Strafsachen Wien unbefristet verboten, ohne diesem zuvor Parteiengehör zu gewähren.

Neben einer Darstellung von Vorfällen, die das Hausverbot begründen würden, führt der Bescheid aus: „[…] Zur Gewährleistung der Sicherheit der Bediensteten der Staatsanwaltschaft Wien und des Landesgerichts für Strafsachen Wien sowie zur Hintanhaltung der oben dargestellten erheblichen Störungen des Dienstbetriebes und dessen reibungslosen und den Sicherheitsanforderungen gebotenen Ablaufs war gemäß § 57 Abs. 1 AVG wegen Gefahr im Verzug unter Verzicht auf die Einholung einer Äußerung des [Beschwerdeführers] ein Hausverbot für das Landesgericht für Strafsachen Wien für [den Beschwerdeführer] anzuordnen. […]“

Der Bescheid enthielt folgende Rechtsmittelbelehrung: „Rechtsmittelbelehrung - Gegen diesen Bescheid können Sie binnen vier Wochen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erheben. Die Beschwerde ist schriftlich beim Präsidenten des Landesgerichts für Strafsachen Wien einzubringen. Sie hat zu enthalten: […]“

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 14.09.2021 zugestellt.

1.2. Mit am 27.09.2021 zur Post gegebenem Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer „gegen den Mandatsbescheid zu 201Jv 1163-21a an das Bundesverwaltungsgericht“ Beschwerde. Es wurde die ersatzlose und kostenpflichtige Behebung des Mandatsbescheides beantragt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der unzweifelhaften Aktenlage, die Feststellung, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen Juristen und ehemaligen Rechtsanwalt handelt, ergibt sich aus dessen Beschwerdeschriftsatz.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß § 57 Abs. 1 2. Fall AVG ist die Behörde berechtigt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen, wenn es sich bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt.

Gemäß § 57 Abs. 2 AVG kann gegen einen nach § 57 Abs. 1 AVG erlassenen Bescheid bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist. Im Fall von Mandatsbescheiden nach § 57 Abs. 1 AVG, gegen die gemäß § 57 Abs. 2 AVG das remonstrative Rechtsmittel der Vorstellung erhoben werden kann, ist eine unmittelbare Beschwerdeerhebung an das Verwaltungsgericht nicht zulässig, sondern es muss zunächst Vorstellung erhoben werden. Erst gegen den aufgrund der Vorstellung im ordentlichen Verfahren ergangenen Bescheid ist die Erhebung einer Beschwerde an das Verwaltungsgericht zulässig (VwGH 10.10.2016, Ra 2016/04/0100; VwGH 23.10.2015, Ra 2015/02/0029, VwSlg. 19226 A/2015).

Gegenständlich hat die Behörde den Bescheid als Mandatsbescheid bezeichnet und in der Begründung dargelegt, dass zur Gewährleistung der Sicherheit der Bediensteten der Staatsanwaltschaft Wien und des Landesgerichts für Strafsachen Wien sowie zur Hintanhaltung der im Bescheid näher dargestellten Störungen des Dienstbetriebes und dessen reibungslosen und den Sicherheitsanforderungen gebotenen Ablaufs gemäß § 57 Abs. 1 AVG wegen Gefahr im Verzug unter Verzicht auf die Einholung einer Äußerung des Beschwerdeführers ein Hausverbot für das Landesgericht für Strafsachen Wien für den Beschwerdeführer anzuordnen gewesen sei. Sie wollte daher eindeutig einen Mandatsbescheid erlassen, was sich auch daraus ergibt, dass sie trotz Argumentation, dass Gefahr im Verzug vorliegen würde, auf den Ausschluss des Aufschubs der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde verzichtet hat; ein Rechtsmittel gegen einen Mandatsbescheid hat ex lege keine solche Wirkung.

Allerdings hat sich die Behörde bei der Rechtsmittelbelehrung vergriffen, diese stellt die Rechtslage bei „Nicht-Mandatsbescheiden“ dar, es wird auf eine Beschwerde (statt auf eine Vorstellung) und eine Rechtsmittelfrist von vier Wochen (statt zwei Wochen) Bezug genommen. Eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung nimmt einem nach § 57 Abs. 1 AVG erlassenen Bescheid nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber nicht den Charakter als Mandatsbescheid (VwGH 14.12.2004, 2002/05/0244; VwGH 23.10.2015, Ra 2015/02/0029).

Gegenständlich liegt daher ein Mandatsbescheid vor.

3.2. Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer Jurist und ehemaliger Rechtsanwalt ist, es ist daher von einer umfassenden Rechtskenntnis des Beschwerdeführers auszugehen.

Bei der Beurteilung, ob ein gegen einen Mandatsbescheid erhobenes Rechtsmittel als Vorstellung oder als unzulässige Beschwerde zu werten ist, kommt es nicht ausschließlich auf seine Bezeichnung an. Lässt sich das Rechtsmittel aufgrund des darin gestellten Begehrens auch als Vorstellung deuten, hat dies zu geschehen. Entscheidend ist dabei, ob sich aus dem Begehren eindeutig ergibt, die Entscheidung welcher Behörde der Rechtsmittelwerber beantragt. Lässt sich aus dem Begehren nichts anderes schließen, als dass eine Entscheidung das Verwaltungsgericht beantragt wird, ist eine Deutung des Rechtsmittels als Vorstellung ausgeschlossen (VwGH 17.10.2006, 2006/11/0071). Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters ausgesprochen, dass aus einem als "Beschwerde" bezeichneten Schriftsatz, in dem auch das Verwaltungsgericht direkt angesprochen wird und die Aufhebung des Bescheides bzw. die Einstellung des Verfahrens beantragt wird, eindeutig erkennbar ist, dass nicht eine Entscheidung der Behörde, sondern des Verwaltungsgerichts begehrt wird, weshalb eine Deutung des erhobenen Rechtsmittels als Vorstellung nicht in Betracht kommt. Es liegt dann nicht ein bloß unrichtig bezeichnetes, sondern ein unrichtiges Rechtsmittel vor. Die unmittelbar gegen den Mandatsbescheid erhobene Beschwerde ist dann vom Verwaltungsgericht zurückzuweisen (VwGH 23.10.2015, Ra 2015/02/0029).

Im vorliegenden Fall hat der rechtskundige Beschwerdeführer ausdrücklich eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (Seite 6 von 131 des Schriftsatzes) ergriffen, er hat die ersatzlose Behebung des Mandatsbescheides beantragt. Im Lichte des klaren Wortlautes, der von einer rechtskundigen Person stammt, ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer eine Vorstellung ergreifen wollte; viel mehr wollte er den Mandatsbescheid (unzulässigerweise) direkt beim Bundesverwaltungsgericht bekämpfen. Es ist auf die eindeutige Rechtsmittelerklärung ein strenger Maßstab anzulegen (VwGH 21.03.1997, 97/02/0037).

Daran ändert auch die unrichtige Rechtsmittelbelehrung nichts, insbesondere im Hinblick auf die Rechtskunde des Beschwerdeführers. Ein Jurist und ehemaliger Rechtsanwalt kann sich nicht darauf berufen, dass er sich durch eine falsche Rechtsmittelbelehrung hat in die Irre führen lassen.

Die Beschwerde ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat unter A) die relevante Rechtsprechung dargelegt und der Entscheidung zu Grunde gelegt. Daher ist keine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, zu erkennen, die in gegenständlicher Entscheidung zu beantworten wäre.

Schlagworte

Beschwerde Gerichtsgebäude Hausverbot Mandatsbescheid Rechtsmittelbelehrung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W170.2247428.1.00

Im RIS seit

24.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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