TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/28 W200 2244264-1

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Veröffentlicht am 28.10.2021
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Entscheidungsdatum

28.10.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
VOG §1
VOG §4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W200 2244264-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Scherz als Vorsitzende und den Richter Dr. Kuzminski sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Svoboda als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark (SMS) vom 11.05.2021, Zl. 610-600.443-003, 45440993500045, zu Recht erkannt:

A)

1.) Die Beschwerde betreffend den beantragten Kostenersatz für die Medikamente Neurobion Drg Fte, und Rheumesser Ampullen 3ml wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm. § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

2.) Die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Kostenersatz von € 2,50 für das Medikament Parcetamol San Tabletten 500mg wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision gegen A) 1.) und A) 2.) ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist ein anerkanntes Verbrechensopfer.

Zur Beurteilung der verbrechenskausalen Gesundheitsschädigungen wurden medizinische Sachverständigengutachten eingeholt. Nach persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers am 01.09.2015 wurden mit Sachverständigengutachten vom 01.09.2015 eines Arztes für Allgemeinmedizin, Facharztes für Arbeits- und Sportmedizin und manuelle Medizin sowie mit Sachverständigengutachten vom 05.09.2019 eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin folgende verbrechenskausale Verletzungen bzw. Leiden beim Beschwerdeführer festgestellt:

- Bewegungs- und Belastungseinschränkungen des rechten Kniegelenkes nach Schienbeinkopftrümmerfraktur und Knocheneiterung mit mehrfacher Revisionsoperation und chronischem Schmerzsyndrom (dabei mitberücksichtigt sind eine mäßige Beinverkürzung, Narben sowie die Auswirkungen im Sinne der Fehlstatik bzw. weitere Sekundärbeschwerden wir Schmerzen im Hüft- und Wirbelsäulenbereich)

- Mittelgradige depressive Episode.

Die beim Beschwerdeführer ebenfalls bestehenden Benzodiazepin- und Tabakabhängigkeiten wurden als akausal bewertet (siehe psychiatrisches Sachverständigengutachten vom 05.09.2015).

Das Bundesverwaltungsgericht bewilligte mit Erkenntnis vom 23.11.2016, Zl. W132 2005231-1/22E unter anderem jeweils dem Grunde nach den verbrechenskausalen Ersatz der gesetzes- und satzungsmäßigen Kostenbeteiligung einschließlich Rezeptgebühren (Spruchpunkt III.) sowie Hilfeleistungen in Form von orthopädischer Versorgung (Spruchpunkt IV.) nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG).

Der Beschwerdeführer stellte am 15.02.2021 unter Anschluss eines Kundenverkaufsnachweises einer Apotheke vom 29.12.2020 einen Antrag auf Erstattung dieser Kosten beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark (im Folgenden auch als belangte Behörde bezeichnet).

Eine von der belangten Behörde beim Ärztlichen Dienst des Sozialministeriumservice eingeholte Stellungnahme zu - unter anderem - beantragten vier Medikament (Neurobion Drg Fte, Metformin 1 a Ftbl 1000 mg, Rheumesser Ampullen 3ml und Paracetamol San Tbl 500 mg) ergab, dass es sich bei Metformin um ein Medikament gegen Diabetes handle und Parcetamol San Tabletten 500mg in erster Linie fiebersenkend wirken würden und auch zur Behandlung von leichten bis mäßig starken Schmerzen verschrieben würden. Der konkrete Anlassfall für diese einmalige Verschreibung sei nicht ersichtlich, ein kausaler Zusammenhang könne nicht gesehen werden. Auch für die anderen beiden Medikamente sei kein kausaler Zusammenhang erkennbar.

Im Parteiengehör wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass Kosten nur für jene verbrechenskausalen Medikamente übernommen werden können, die ärztlich verordnet und rezeptpflichtig sind bzw. für die eine Rezeptgebühr in Rechnung gestellt wurde.

Die beantragten rezeptfrei zu erwerben Medikamente können daher, unabhängig von ihrer Kausalität, nicht nach dem VOG ersetzt werden.

Für die vom Beschwerdeführer im Verkaufsnachweis neu angeführten und mittels Rezept erworbenen Medikamente Neurobion Drg Fte, Metformin 1 a Ftbl 1000 mg, Rheumesser Ampullen 3ml und Paracetamol San Tbl 500 mg hätte die ärztliche Prüfung vom 03.03.2021, welche dieser Medikamente verbrechenskausal notwendig waren, ergeben, dass für diese Medikamente kein kausaler Zusammenhang gesehen/abgeleitet werden könne und eine Kostenübernahme für diese Arzneimittel nach dem VOG somit nicht möglich sei.

Im Zuge einer Stellungnahme reduzierte der Beschwerdeführer seinen Antrag bezüglich der strittigen Medikamente auf Neurobion Drg Fte, Rheumesser Ampullen 3ml und Paracetamol San Tbl 500 mg und begründete dies damit, dass Neurobion von seinem Spitalsarzt im Hinblick auf eine schmerzstillende Wirkung von Vit B1 verschrieben worden sei. Rheumesser Ampullen würde von seinem Hausarzt gegen Schmerzen/Verspannungsschmerz am Bewegungsapparat aufgrund der durch den Vorfall 2007 verursachten massiven Bewegungseinschränkungen verabreicht. Paracetamol 500mg würde zwischendurch vom Hausarzt gegen Kopfschmerzen/Verspannungskopfschmerzen verschrieben – abwechselnd mit Diclobene.

Eine Stellungnahme der befassten Ärztin dazu ergab, dass die Indikation für die Verschreibung von Rheumesser Ampullen 3ml ohne Befund bzw. Diagnose des verschreibenden Arztes nicht klar sei. Ob eine Verschreibung von Neurobion forte Drg. aufgrund eines Mangels von B-Vitaminen erfolgt bzw. ob eine andere Indikation bestehe, gehe aus den vorliegenden Unterlagen nicht hervor.

Zu der verschriebenen Packung Paracetamol San Tbl 5oo mg zu 30 Stück führte die Ärztin aus, dass diese laut Beschwerdeführer wegen Verspannungskopfschmerzen verschrieben worden seien. Gelegentlicher Spannungskopfschmerz – seltener als 15x/Monat, komme bei fast 2/3 der österreichischen Bevölkerung vor. Ein kausaler Zusammenhang sei somit nicht ersichtlich.

Mit angefochtenem Bescheid der belangten Behörde vom 11.05.2021 wurde unter Zugrundelegung der Beurteilung des Ärztlichen Dienstes für im Zeitraum vom 01.02.2020 - 29.12.2020 geleistete Rezeptgebühren ein Kostenersatz in Höhe in Höhe von € 384,35 bewilligt. Der beantragte Kostenersatz für das Medikament „Paracetamol San Tbl 500 mg" iHv. € 2,50 wurde abgewiesen.

In der Begründung wurde auf das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens verwiesen und auch explizit ausgeführt, dass über einen allfälligen Kostenersatz für die Medikamente Rheumesser Ampullen und Neurobion laut ärztlicher Stellungnahme erst nach Vorlage von ärztlichen Befunden entschieden werden könne, aus denen die entsprechende Indikation für die ärztliche Verschreibung hervorgehe.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde kritisierte der Beschwerdeführer die Einschätzung der medizinischen Sachverständigen, dass bei 2/3 der Bevölkerung ein Spannungskopfschmerz auftrete. Durch seine PTBS würde er in der Nacht Zähne knirschen und die Schiene schütze nur die Zähne und nicht den Kopf/Kiefer. Er würde sonst auch Seractil und Diclobene verschrieben bekommen, diese würden aber nicht aufscheinen, weil er Ärztemuster geschenkt bekommen würde bzw. im Jahresverlauf rezeptgebührenbefreit sei und diese dann nicht mehr aufscheinen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.    Der Beschwerdeführer ist ein anerkanntes Verbrechensopfer.

Das Bundesverwaltungsgericht bewilligte mit Erkenntnis vom 23.11.2016, Zl. W132 2005231-1/22E unter anderem jeweils dem Grunde nach den verbrechenskausalen Ersatz der gesetzes- und satzungsmäßigen Kostenbeteiligung einschließlich Rezeptgebühren (Spruchpunkt III.) sowie Hilfeleistungen in Form von orthopädischer Versorgung (Spruchpunkt IV.) nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG).

Der Beschwerdeführer stellte am 15.02.2021 unter Anschluss eines Kundenverkaufsnachweises einer Apotheke vom 29.12.2020 einen Antrag auf Erstattung dieser Kosten beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark.

1.2.    Über den beantragten Kostenersatz von Neurobion Drg fte und Rheumesser Ampullen 3ml wurde im angefochtenen Bescheid nicht abgesprochen.

1.3.    Das Verbrechen ist für die Einnahme des dem Beschwerdeführer einmalig verordneten und rezeptpflichtigen Medikaments Paracetamol San Tbl 500 mg nicht kausal.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zu Punkt 1.1. gründen sich auf den Verwaltungsakt.

Die Feststellungen zu Punkt 1.2. auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides, in dem in der Begründung explizit betont wird, dass über einen allfälligen Kostenersatz für die Medikamente Rheumesser Ampullen und Neurobion laut ärztlicher Stellungnahme erst nach Vorlage von ärztlichen Befunden entschieden werden könne, aus denen die entsprechende Indikation für die ärztliche Verschreibung hervorgehe.

Im gegenständlichen Fall wäre eine sinnvolle Vorgangsweise der Behörde gemäß § 13 Abs. 3 AVG vorzugehen – d.h. dass die Behörde dem Antragsteller die Behebung des Mangels mit Verfahrensanordnung (konkret die Vorlage von Befund und Diagnose des verschreibenden Arztes samt Indikation) innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung aufträgt, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der Frist zurückgewiesen wird.

Die Feststellungen 1.3. zu dem nicht kausal auf das Verbrechen zurückzuführenden verordneten und rezeptpflichtigen Medikament Paracetamol San Tbl 500 mg beruhen auf den Stellungnahmen des Ärztlichen Dienstes der belangten Behörde vom 03.03.2021 und vom 03.05.2021. In der ersten Stellungnahme wird plausibel erklärt, dass das Medikament primär fiebersenkend und sekundär zur Behandlung von leichten bis mäßigen Schmerzen verschrieben wird und ein Grund für die einmalige Verschreibung des Medikaments nicht ersichtlich ist. Die zweite Stellungnahme geht auf den vom Beschwerdeführer als Ursache für die Verschreibung genannten Spannungskopfschmerz dahingehend ein, dass dieser bei 2/3 der österreichischen Bevölkerung seltener als 15x/Monat vorkomme (Dies wird auch durch Internetrecherchen bestätigt https://www.schmerzgesellschaft.de/topnavi/patienteninformationen/ schmerzerkrankungen/kopfschmerzen, https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2016/daz-28-2016/mit-multimodalem-konzept-gegen-spannungskopfschmerz, Bachelorarbeit Spannungskopfschmerz und seine sozioökonomischen Auswirkungen eingereicht von Judith Stadler-Fazekas zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor of Science (BSc) Medizinische Universität Graz Institut für Pflegewissenschaften) und ein kausaler Zusammenhang nicht ersichtlich ist.

Wenn nunmehr der Beschwerdeführer in der Beschwerde darauf hinweist, dass er auch Seractil und Diclobene alternativ - immer wieder von Ärzten verschrieben - gegen seinen Spannungskopfschmerz einnehme, dies wegen seiner Rezeptgebührenbefreiung jedoch nicht ersichtlich sei, so ist dem sein eigener verfahrensgegenständlicher Antrag entgegenzuhalten, dem ein Kundenverkaufsnachweises einer Apotheke angeschlossen ist, in dem offensichtlich alle bei dieser Apotheke erworbenen Medikamente von 01.01.2020 bis 29.12.2020 aufscheinen, sohin auch diejenigen Medikamente, die er gegen Jahresende 2020 erworben hat, die bereits von der Rezeptgebührenbefreiung umfasst sind. Eine Durchsicht dieser Liste hat ergeben, dass darin weder Diclofenac bzw. Diclobene noch Seractil, jedoch in regelmäßigen Abständen das starke Schmerzmittel Hydal Ret Kps. 8mg wegen des chronischen Schmerzsyndroms aufgelistet ist.

Dass er Diclofenac bzw. Diclobene noch Seractil immer wieder als Ärztemuster geschenkt bekommt, ist durch keine Nachweise belegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 9d Abs. 1 Verbrechensopfergesetz (VOG) entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide nach diesem Bundesgesetz das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem ein fachkundiger Laienrichter angehört. Es liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Zu A)

1.)      Das Bundesverwaltungsgericht hat seine eigene Zuständigkeit sowie jene der belangten Behörde von Amts wegen zu beurteilen (§ 6 AVG iVm. § 17 VwGVG, § 27 VwGVG).

§ 7 Abs. 4 1. Fall VwGVG besagt: Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG.

In dem vom BVwG nicht anzuwendenden § 63 Abs. 5 AVG wird ausgeführt, dass die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen ist, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

Das Bundesverwaltungsgericht hat unter anderem (von Amts wegen) zu prüfen, ob "Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde" vorliegt (§ 27 VwGVG). Dabei ist auch die Frage, ob eine Erledigung einem der Rechtsakttypen des Art. 130 B-VG entspricht (zB Bescheidqualität besitzt) und folglich mit Beschwerde gemäß Art. 130 B-VG angefochten werden kann, eine der Zuständigkeit (vgl. BVwG vom 19.05.2014 I402 2004126-1 unter Hinweis auf VwGH vom 19.12.2012, 2011/06/0114). Unzuständigkeit der Behörde liegt somit auch in jenen Fällen vor, in denen die belangte Behörde eine Beschwerde nicht meritorisch entscheiden darf, ua weil ihre Zuständigkeit mangels Vorliegen eines Bescheides nicht gegeben ist. Ihre Zuständigkeit reicht in diesem Falle nur so weit, die Beschwerde wegen Unzuständigkeit zurückzuweisen.

Das Sozialministeriumservice hat jedoch bis dato noch keine Entscheidung über den Antrag auf Kostenersatz für die beantragen Medikamente Neurobion Drg Fte und Rheumesser Ampullen 3ml getroffene.

Das Bundesverwaltungsgericht kann daher über eine Beschwerde wegen der Nichtgewährung des Ersatzes der Medikamentenkosten in der beantragen Höhe keine Entscheidung treffen, sondern wäre allenfalls im Fall einer Nichtstattgebung dieses Antrages erst in zweiter Instanz zur Entscheidung zuständig.

Der VwGH hat dazu auch ausgeführt:

Ist die Entscheidung der Erstbehörde ein "Nichtbescheid", so hat die Berufungsbehörde die Berufung dagegen als unzulässig zurückzuweisen. Sie darf den "Bescheid" weder beheben noch durch Spruch feststellen, dass der Bescheid kein "Bescheid" ist. Durch die Zurückweisung der Berufung wird der Berufungswerber deshalb in keinem Recht verletzt, weil das erstinstanzliche Verfahren noch nicht abgeschlossen ist (VwGH vom 10.11.2011, 2010/07/0223).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann sich eine Berufung somit nur gegen einen Bescheid richten.

Eine meritorische Erledigung bedarf jedenfalls eines Bescheidcharakters der bekämpften Erledigung, d.h. das tatsächlich Vorhandensein eines bekämpfbaren Bescheides.

Die vom Beschwerdeführer gegenständlich erhobene Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht richtet sich im konkreten Fall gegen einen Nichtbescheid. Dies hat den Mangel der Zuständigkeit der Beschwerdeinstanz über das Rechtsmittel zur Folge.

2.)      Gemäß § 1 Abs. 1 VOG haben österreichische Staatsbürger Anspruch auf Hilfe, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie durch eine zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohte rechtswidrige und vorsätzliche Handlung eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben und ihnen dadurch Heilungskosten erwachsen sind oder ihre Erwerbsfähigkeit gemindert ist.

Heilfürsorge

§ 4. (1) Hilfe nach § 2 Z 2 ist nur für Körperverletzungen und Gesundheitsschädigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 zu leisten. Opfer, die infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 eine zumutbare Beschäftigung, die den krankenversicherungsrechtlichen Schutz gewährleistet, nicht mehr ausüben können, sowie Hinterbliebene (§ 1 Abs. 4) erhalten Heilfürsorge bei jeder Gesundheitsstörung.

(2) Die Hilfe nach § 2 Z 2 hat,

1. wenn das Opfer oder der Hinterbliebene einer gesetzlichen Krankenversicherung unterliegt, freiwillig krankenversichert ist oder ein Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung besteht, der zuständige Träger der Krankenversicherung,

2. sonst die örtlich zuständige Gebietskrankenkasse zu erbringen. Die im § 2 Z 2 angeführten Leistungen gebühren in dem Umfang, in dem sie einem bei der örtlich zuständigen Gebietskrankenkasse Pflichtversicherten auf Grund des Gesetzes und der Satzung zustehen.

Für Schädigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 zu entrichtende gesetz- und satzungsmäßige Kostenbeteiligungen einschließlich Rezeptgebühren sind nach diesem Bundesgesetz zu übernehmen.

(3) Der Bund ersetzt einem im Abs. 2 Z 2 genannten Träger der Krankenversicherung die entstandenen Kosten, einem im Abs. 2 Z 1 genannten Träger der Krankenversicherung die Kosten, die über den ihnen erwachsenden Kosten liegen, hätten sie die Leistungen auf Grund eines anderen Bundesgesetzes und der Satzung zu erbringen gehabt. Ferner ersetzt der Bund den Trägern der Krankenversicherung einen entsprechenden Anteil an den Verwaltungskosten.

(4) Haben Opfer oder Hinterbliebene die Kosten der Heilfürsorge selbst getragen, so sind ihnen diese Kosten in der Höhe zu ersetzen, die dem Bund erwachsen wären, wenn die Heilfürsorge durch den Träger der Krankenversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes erbracht worden wäre.

Wie in den Feststellungen und der Beweiswürdigung bereits festgehalten, besteht für die Einnahme des dem Beschwerdeführer verordneten und rezeptpflichtigen Medikamentes Paracetamol San Tbl 500 mg keine Kausalität.

Der Beschwerdeführer ist der Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes vom 03.03.2021 und 03.05.2021, wie bereits erwähnt, nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Es steht dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im vorliegenden Fall wurde eine Verhandlung vom Bundesverwaltungsgericht für nicht erforderlich erachtet, zumal für die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde der maßgebliche Sachverhalt durch Aktenstudium des vorgelegten Verwaltungsaktes, insbesondere auch der Beschwerde, zu klären war. Alle aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes notwendigen Unterlagen befanden sich im verwaltungsbehördlichen Akt der belangten Behörde. Damit liegt ein besonderer Grund vor, welcher auch im Lichte der Rechtsprechung des EGMR eine Einschränkung des Grundrechts auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zulässt. Im Fall Faugel (EGMR 20.11.2003, 58647/00 und 58649/00) wurde ein solch besonderer Grund, der von der Pflicht zur Durchführung einer Verhandlung entbindet, etwa dann angenommen, wenn in einem Verfahren ausschließlich rechtliche oder höchst technische Fragen zur Diskussion stehen. Dem Bundesverwaltungsgericht liegt auch kein Beschwerdevorbringen vor, welches mit der beschwerdeführenden Partei mündlich zu erörtern gewesen wäre und konnte daher die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist der festgestellte Sachverhalt.

Schlagworte

Bescheidcharakter Kausalität Kostenersatz Medizinprodukte Nichtbescheid Sachverständigengutachten Unzuständigkeit Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W200.2244264.1.00

Im RIS seit

23.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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