Index
10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
AVG §56Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Frieberger und die Räte Dr. Werner, Dr. Donner, Dr. Porias und Dr. Kaniak als Richter, im Beisein des Landesgerichtsrates Dr. Dolp als Schriftführer, über die Beschwerde des HF in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 30. Mai 1949, Zl. I b - 20 - 322/4 - 1949, betreffend einen Ansatz im Haushaltsplan der Landeshauptstadt Innsbruck, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird, soweit sie sich nicht gegen die Ablehnung der Ausübung des Aufsichtsrechtes durch die Tiroler Landesregierung richtet, als unbegründet abgewiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner beschlossen, die gegen den gleichen Bescheid gerichtete Beschwerde der sozialistischen Fraktion des Gemeinderates der Landeshauptstadt Innsbruck und die oben bezeichnete Beschwerde des HF, insoferne sie die Ablehnung der Ausübung des Aufsichtsrechtes durch die Tiroler Landesregierung bekämpft, sowie die vom Verfassungsgerichtshof an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde des HF gegen den angeführten Bescheid, zurückzuweisen.
Begründung
Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Innsbruck hat in seiner Sitzung vom 20. Jänner 1949 unter der Haushaltstelle 001 82 des Haushaltsplanes 1949 für kirchliche Angelegenheiten die Erfordernispost von S 100.000 bewilligt. Gegen diesen Beschluss des Gemeinderates hat die Sozialistische Gemeinderatsfraktion der Landeshauptstadt Innsbruck und ihr Vizebürgermeister HF die „Berufung bzw. Beschwerde bzw. Aufsichtsbeschwerde“ an die Tiroler Landesregierung ergriffen. Ueber diese Eingabe hat die Tiroler Landesregierung mit dem angefochtenen Bescheid entschieden.
Gegen diesen Bescheid haben HF und die Sozialistische Fraktion des Gemeinderates der Landeshauptstadt Innsbruck sowohl an den Verwaltungsgerichtshof als auch an den Verfassungsgerichtshof die Beschwerde ergriffen.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit seinem Erkenntnis vom 9. Dezember 1949, Zl. B 189/49 - 12, die Beschwerde, insoweit sie von der Sozialistischen Fraktion eingebracht wurde, als unzulässig zurückgewiesen, insoweit sie aber von HF eingebracht wurde und insoferne sie den angefochtenen Bescheid bekämpfte, weil seine als Berufung bzw. als Beschwerde bezeichnete Eingabe als unzulässig zurückgewiesen wurde und weil seinem Antrag auf Ausübung des staatlichen Aufsichtsrechtes durch die Landesregierung keine Folge gegeben wurde, entschieden, dass durch den angefochtenen Bescheid verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte des HF nicht verletzt wurden, und seine Beschwerde daher als unbegründet abgewiesen. Zur Entscheidung darüber, ob der genannte Beschwerdeführer durch den Bescheid in einem sonstigen Rechte verletzt wurde, hat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde gemäss Art. 144 Abs. 2 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
Die beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid mit der Behauptung der Gesetzwidrigkeit des Inhaltes und der Gesetzwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Tiroler Landesregierung hat beantragt, die Beschwerde der Sozialistischen Gemeinderatsfraktion als unzulässig zurück - und die des HF als unbegründet abzuweisen.
Ueber die beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte und über die beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte und dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde hat der Gerichtshof erwogen:
1. Insoweit die Sozialistische Fraktion des Gemeinderates der Landeshauptstadt Innsbruck als Beschwerdeführerin auftritt, ist festzustellen, dass sie keine juristische Person ist und keine Rechtspersönlichkeit besitzt. Daher fehlt ihr die aktive Beschwerdelegitimation. Da somit der Beschwerde der Sozialistischen Gemeinderatsfraktion der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht, ist sie gemäss § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die Tiroler Landesregierung der „Eingabe“ des HF, die Landesregierung wolle in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes die bemängelte Haushaltspost streichen, keine Folge gegeben. Durch diesen Teil des Bescheides kann der Beschwerdeführer nicht beschwert sein, weil die Ausübung des staatlichen Aufsichtsrechtes eine der Rechtssphäre der Partei entrückte Befugnis der Staatsgewalt ist, die zwar angerufen, aber nicht erzwungen werden kann, weshalb niemandem ein Rechtsanspruch auf ihre Ausübung zusteht. Dadurch ist keine Möglichkeit der Behauptung einer Rechtsverletzung gegeben. Nach Art. 131 B-VG kann aber Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nur erheben, wer in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Soferne daher die Beschwerde den angefochtenen Bescheid bekämpft, weil die Tiroler Landesregierung die Ausübung des Aufsichtsrechtes abgelehnt hat, ist sie gemäss § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen, weil der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht.
3. Was aber den Ausspruch des angefochtenen Bescheides betrifft, dass die Eingabe des Beschwerdeführers HF als unzulässig zurückgewiesen wird, soweit sie sich als Berufung bzw. Beschwerde bezeichnet, kann in dieser Erledigung des Antrages durch die Tiroler Landesregierung eine Gesetzwidrigkeit nicht erblickt werden. Wie schon der Verfassungsgerichtshof in dem erwähnten Erkenntnis ausgeführt hat, ist der Gemeindevoranschlag eine generelle Massnahme, der Verordnungscharakter zukommt. Verordnungen können zwar gemäss Art. 139 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen angefochten, nicht aber mit Berufung an die Landesregierung bekämpft werden. Die Landesregierung hat daher mit Recht eine Entscheidung über die von HF eingebrachte Berufung bzw. Beschwerde abgelehnt. Die an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Beschwerde ist daher, insoweit sie sich dagegen richtet, dass die Berufung bzw. Beschwerde des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen wurde, gemäss § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
4. Die vom Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof gemäss Art. 144 Abs. 2 B-VG abgetretene Beschwerde des HF, die sich gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 30. Mai 1949 richtet, den der Beschwerdeführer schon mit seiner beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde bekämpft, ist zurückzuweisen, da die Einbringung mehrerer Beschwerden verschiedenen Inhaltes gegen ein und denselben Bescheid einer Verwaltungsbehörde in den das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof regelnden Vorschriften nicht vorgesehen und daher unzulässig ist (vergleiche den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Mai 1951, Zl. 710/51).
Wien, am 29. Februar 1952
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Gemeinderecht und Straßenwesen Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter VerordnungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1952:1949001577.X02Im RIS seit
26.11.2021Zuletzt aktualisiert am
26.11.2021