TE Vwgh Erkenntnis 2021/10/28 Ro 2021/09/0007

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Veröffentlicht am 28.10.2021
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Index

L00159 LVerwaltungsgericht Wien
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
14/01 Verwaltungsorganisation
40/01 Verwaltungsverfahren
64/05 Sonstiges besonderes Dienstrecht und Besoldungsrecht

Norm

BFGG 2014 §10 idF 2019/I/103
BFGG 2014 §5 Abs1
B-VG Art10 Abs1 Z1
B-VG Art130
B-VG Art131
B-VG Art133
B-VG Art133 Abs1
B-VG Art133 Abs9
B-VG Art134 Abs7
B-VG Art135 Abs1
B-VG Art144
B-VG Art87 Abs1
B-VG Art87 Abs2
RStDG §209 Z3 idF 2012/I/120
RStDG §209 Z4 idF 2012/I/120
RStDG §209 Z5 idF 2012/I/120
RStDG §51 Abs2
RStDG §51 Abs3
RStDG §51 Abs5
RStDG §54
RStDG §55 Abs3
VGW-DRG 2013 §10
VwGG §21
VwGG §21 Abs1 Z3
VwGG §22
VwGG §25a Abs2
VwGG §25a Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §41
VwGG §42 Abs2 Z2
VwGG §47
VwGG §47 Abs5
VwGG §48
VwGVG 2014 §27
VwGVG 2014 §28
VwRallg

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ro 2021/09/0030

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer, Mag. Feiel und Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die Beschwerde (protokolliert zu Ro 2021/09/0007) und die Revision (protokolliert zu Ro 2021/09/0030) des Mag. A B in C, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen die Gesamtbeurteilung (Dienstbeschreibung) nach dem Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz des Personalsenats des Bundesfinanzgerichts vom 11. März 2021, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde zu Ro 2021/09/0007 wird zurückgewiesen.

Die Revisionsbeantwortung des Personalsenats des Bundesfinanzgerichts wird zurückgewiesen.

Die Gesamtbeurteilung des Revisionswerbers für das Kalenderjahr 2020 wird wegen Unzuständigkeit des Personalsenats des Bundesfinanzgerichts aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Der Revisionswerber ist Richter des Bundesfinanzgerichts.

2        Mit Schreiben vom 11. März 2021 übermittelte der mit der Leitung des Gerichts betraute Vizepräsident des Bundesfinanzgerichts als Vorsitzender des Personalsenats dem Revisionswerber nachstehende Gesamtbeurteilung (Schreibweise im Original ohne die dort vorgenommenen Hervorhebungen; Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

„Gesamtbeurteilung gemäß § 54 RStDG

Sehr geehrter [Revisionswerber]!

Gemäß § 51 Abs. 3 iVm § 52 Abs. 1 RStDG hatte der Personalsenat des Bundesfinanzgerichtes für das Kalenderjahr 2020 eine Dienstbeschreibung vorzunehmen.

Unter Berücksichtigung der Kriterien des § 54 Abs. 1 RStDG ergab sich für Sie gemäß § 54 Abs. 3 RStDG eine Gesamtbeurteilung von

nicht entsprechend,

die ihnen hiermit gemäß § 55Abs. 1 RStDG mitgeteilt wird.

Rechtsmittelbelehrung

Gemäß § 55 Abs. 2 RStDG kann der Richter gegen die Gesamtbeurteilung binnen zwei Wochen nach Zustellung der Mitteilung Beschwerde an den Personalsenat des übergeordneten Gerichtshofes erheben. Da für das Bundesfinanzgericht kein Personalsenat eines übergeordneten Gerichtshofes besteht, ist gegen diese Mitteilung ein Rechtsmittel nicht zulässig.

(...)

Informativ wird ihnen zur Kenntnis gebracht, dass der Gesamtbeurteilung im Einzelnen folgende Kriterien zugrunde gelegt wurden:

1.   Umfang und Aktualität der fachlichen Kenntnisse, insbesondere der zur Amtsführung notwendigen Vorschriften:

Fachliche Kenntnisse in Umfang und Aktualität in durchschnittlichem Maß gegeben

2.   die Fähigkeiten und die Auffassung:

Fähigkeiten und Auffassungsgabe im Mindestmaß gegeben

3.   der Fleiß, die Ausdauer, Gewissenhaftigkeit, Verlässlichkeit, Entschlusskraft und Zielstrebigkeit:

Jeweils im Mindestmaß nicht gegeben

4.   die sozialen Fähigkeiten (§ 14 Abs. 2), die Kommunikationsfähigkeit und die Eignung für den Parteienverkehr:

Soziale Fähigkeiten und Kommunikationsfähigkeit im Mindestmaß gegeben sowie mäßig geeignet für den Parteienverkehr

5.   die Ausdrucksfähigkeit (schriftlich und mündlich) in der deutschen Sprache und, sofern es für den Dienst erforderlich ist, die Kenntnis von Fremdsprachen:

Ausdrucksfähigkeit in durchschnittlichem Maß gegeben

6.   das sonstige Verhalten im Dienst, insbesondere das Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Mitarbeitern und Parteien, sowie das Verhalten außerhalb des Dienstes, sofern Rückwirkungen auf den Dienst eintreten:

Nicht zufriedenstellendes Verhalten im Dienst

7.   der Erfolg der Verwendung:

Nicht zufriedenstellend“

3        In der Dienstbeschreibung vom selben Tag wurden über die bereits informativ mitgeteilte Beantwortung der Fragepunkte nach § 54 Abs. 1 Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz (RStDG) hinaus, folgende besondere, für die Dienstbeschreibung entscheidenden Umstände nach § 54 Abs. 2 RStDG ausgeführt:

„Insgesamt sind in der Findok für 2020 5 Entscheidungen zu finden. Der durchschnittliche Schwierigkeitsgrad dieser Entscheidungen ist als leicht zu beurteilen. Die Verfahrensführung ist nicht als zielorientiert und verfahrensökonomisch zu bezeichnen. Trotz mehrfacher Aktenabnahme und der mehrfach gestoppten Zuteilung besteht weiterhin ein überdurchschnittlicher Rückstand in der GA [des Revisionswerbers], was auf eine über mehrere Jahre deutlich unterdurchschnittliche Arbeitsleistung zurückzuführen ist. Auch fand keine chronologische Aktenbearbeitung statt.

Die Entscheidungen sind mangelhaft strukturiert und oft unzusammenhängend begründet. Die Formulierung der Entscheidungen ist teilweise unnötig kompliziert und teilweise unsachlich bis süffisant. In den Entscheidungen wird auf Judikatur und bezuggenommen, wobei der Zusammenhang mit dem Sachverhalt nicht immer erkennbar ist.

[Der Revisionswerber] lag 2020 mit der Anzahl seiner Erledigungen (hochgerechnet 9,3 Hauptakte) und der Punkteanzahl (hochgerechnet 74,7 Punkte) im Beobachtungszeitraum im untersten Bereich und somit deutlich unter der durchschnittlich im BFG erledigten Anzahl (30,7/29,11 Hauptzahlen, 216/203 Punkte). Seine Erledigungen entsprechen in etwa einem Drittel der Durchschnittsleistung.

Die Erledigungs- und Punkteanzahl dient als grobe Orientierung für die tatsächlich erbrachte quantitative Arbeitsleistung. Die durchgeführte Überprüfung der Erledigungen ergab, dass diese im Regelfall einen leichten Schwierigkeitsgrad aufweisen. Nur im Einzelfall wurde ein mittlerer Schwierigkeitsgrad festgestellt. Trotz der teilweise extrem langen Verfahrensdauern wurden keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass einer der erledigten Fälle einen bedeutenden zeitlichen Mehraufwand im Jahr 2020 verursacht hätte.

Für seine 2020 erbrachte Leistung führt [der Revisionswerber] in seiner Stellungnahme vom 9.3.2021 sowohl private Gründe (umfangreiche Betreuungspflichten für seine Eltern; eigener Krankenstand) als auch dienstliche Gründe (pandemiebedingte Reduzierung der Leistung) an. Die Krankenstandstage wurde in der Dienstbeschreibung durch eine Hochrechnung berücksichtigt und die pandemiebedingten Einschränkungen haben sich auf alle RichterInnen - und damit auch auf die entsprechenden Durchschnittswerte - ausgewirkt. Darüber hinaus kommt der Berichterstatter aufgrund der überprüften Erledigungen zum Schluss, dass sich die Dienstleistung von [Revisionswerber] nicht ausschließlich aus ihm nicht vorwerfbaren Gründen und auch nicht nur vorübergehend verschlechtert hat. Demzufolge liegt kein Anwendungsfall des § 51 Abs. 6 RStDG vor.

Der Präsident als justizverwaltungsrechtlicher Vorgesetzter und andere teilten dem Berichterstatter mit, dass [der Revisionswerber] dazu tendiert, gegenüber Mitarbeitern des BFG, aber auch gegenüber BeschwerdeführerInnen bzw. deren VertreterInnen wenig wertschätzend bis unangemessen aufzutreten.

Aufgrund der erbrachten Leistungen, aber auch in einer Gesamtbetrachtung der Beurteilungskriterien ergibt sich eine

C. Gesamtbeurteilung (§ 54 Abs. 3 RStDG):

Nicht entsprechend“

4        Gegen diese Gesamtbeurteilung erhob der Revisionswerber zunächst die auf § 55 Abs. 3 RStDG gestützte und zu Ro 2021/09/0007 protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Ebenso erhob er Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 25. Juni 2021, E 1873/2021-8, ablehnte und diese über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 9. Juli 2021 im Sinn des § 87 Abs. 3 VfGG gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der nach § 26 Abs. 4 VwGG eröffneten Frist erhob der Revisionswerber sodann die zu Ro 2021/09/0030 protokollierte „außerordentliche“ Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Personalsenat des Bundesfinanzgerichts erstattete zur Beschwerde des Revisionswerbers eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

I. Zur Rechtsmittellegitimation:

5        Der Verwaltungsgerichtshof erkennt über Revisionen gegen das Erkenntnis und - sofern dies nach dem die Organisation und das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes regelnden besonderen Bundesgesetz vorgesehen ist - den Beschluss eines Verwaltungsgerichts wegen Rechtswidrigkeit (Art. 133 Abs. 1 Z 1 und Abs. 9 B-VG). Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 25a Abs. 1 VwGG im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses - für den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a VwGG nicht bindend - auszusprechen, ob die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist und diesen Ausspruch kurz zu begründen. Unterlässt das Verwaltungsgericht den gebotenen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B-VG, ist die Revision als ordentliche Revision zu behandeln (VwGH 29.11.2019, Ro 2019/19/0003; 23.6.2014, Ro 2014/12/0037).

7        Im gegenständlichen Fall liegt weder ein in § 25a Abs. 2 VwGG aufgezählter Beschluss, gegen den eine Revision absolut unzulässig ist, noch ein bloß verfahrensleitender Beschluss im Sinn des § 25a Abs. 3 VwGG vor, gegen den eine abgesonderte Revision nicht zulässig ist.

8        Der Personalsenat des Bundesfinanzgerichts argumentierte die Unzulässigkeit eines Rechtsmittels gegen die Gesamtbeurteilung mit einem Verweis auf § 55 [richtig:] Abs. 3 RStDG.

9        Die maßgeblichen Bestimmungen des Richter- und Staatsanwaltschaftsdientsgesetzes (RStDG), BGBl. Nr. 305/1961, in der Fassung BGBl. I Nr. 153/2020, lauten:

„Dienstbeschreibung

§ 51. (1) Wenn ein Richter zu beschreiben ist, so hat dies im ersten Viertel des Kalenderjahres für das abgelaufene Kalenderjahr zu geschehen.

(2) Die Richter der Gehaltsgruppe I und II, mit Ausnahme der Vizepräsidenten und Senatspräsidenten der Oberlandesgerichte sowie der Präsidenten der Gerichtshöfe erster Instanz, sind für das zweite ihrer Ernennung folgende Kalenderjahr zu beschreiben.

(3) Der Präsident des Gerichtshofes (der Vorsteher des Bezirksgerichtes) hat die Neubeschreibung eines Richters zu beantragen, wenn Gründe dafür sprechen, dass die letzte Gesamtbeurteilung dieses Richters nicht mehr zutreffend ist.

(4) Der Richter kann seine Neubeschreibung beantragen, wenn er der Meinung ist, dass seine Gesamtbeurteilung nicht mehr zutrifft und seit dem letzten Jahr, für das die Dienstbeschreibung festgesetzt worden ist, zumindest ein Kalenderjahr vergangen ist.

(5) Falls die Gesamtbeurteilung eines Richters nicht zumindest mit ‚sehr gut‘ festgesetzt wurde, ist der Richter auch für das nächstfolgende Kalenderjahr zu beschreiben.

(6) Eine Dienstbeschreibung nach Abs. 2 oder 3 ist auf das nächste Kalenderjahr aufzuschieben, wenn der Richter in dem betreffenden Kalenderjahr weniger als sechs Monate Dienst versehen hat oder wenn sich seine Dienstleistung ausschließlich aus ihm nicht vorwerfbaren Gründen vorübergehend verschlechtert hat.

...

Entwurf und Festsetzung der Dienstbeschreibung

§ 53. (1) Der Berichterstatter des Personalsenates hat die Dienstbeschreibung nach den Fragepunkten des § 54 schriftlich zu entwerfen.

(2) Der Personalsenat hat die Dienstbeschreibung nach Prüfung des schriftlichen Entwurfes festzusetzen. Hält er ergänzende Aufklärungen für geboten, so kann er die ihm erforderlich erscheinenden Ermittlung durchführen.

(3) Vor der Beschlussfassung über die Dienstbeschreibung der bei den Bezirksgerichten verwendeten Richter ist eine Äußerung des Gerichtsvorstehers einzuholen und der Vorsitzende des Rechtsmittelsenates, erforderlichenfalls durch Beiziehung zur Beratung, anzuhören.

Gesamtbeurteilung

§ 54. (1) Bei der Dienstbeschreibung sind zu berücksichtigen:

1.   Umfang und Aktualität der fachlichen Kenntnisse, insbesondere der zur Amtsführung notwendigen Vorschriften;

2.   die Fähigkeiten und die Auffassung;

3.   der Fleiß, die Ausdauer, Gewissenhaftigkeit, Verlässlichkeit, Entschlusskraft und Zielstrebigkeit;

4.   die sozialen Fähigkeiten (§ 14 Abs. 2), die Kommunikationsfähigkeit und die Eignung für den Parteienverkehr;

5.   die Ausdrucksfähigkeit (schriftlich und mündlich) in der deutschen Sprache und, sofern es für den Dienst erforderlich ist, die Kenntnis von Fremdsprachen;

6.   das sonstige Verhalten im Dienst, insbesondere gegenüber Vorgesetzten, Mitarbeitern und Parteien, sowie das Verhalten außerhalb des Dienstes, sofern Rückwirkungen auf den Dienst eintreten;

7.   bei Richtern, die auf eine leitende Planstelle ernannt sind oder bei denen die Ernennung auf eine solche Planstelle in Frage kommt, die Eignung hiefür;

8.   der Erfolg der Verwendung

(2) Besondere für die Dienstbeschreibung entscheidende Umstände sind ausdrücklich anzuführen.

(3) Die Gesamtbeurteilung hat zu lauten:

1.   ausgezeichnet, bei hervorragenden Kenntnissen, Fähigkeiten und Leistungen;

2.   sehr gut, bei überdurchschnittlichen Kenntnissen, Fähigkeiten und Leistungen;

3.   gut, bei durchschnittlichen Kenntnissen, Fähigkeiten und Leistungen;

4.   entsprechend, wenn das zur ordnungsgemäßen Versehung des Dienstes unerlässliche Mindestmaß an Leistung ständig erreicht wird;

5.   nicht entsprechend, wenn das zur ordnungsgemäßen Versehung des Dienstes unerlässliche Mindestmaß an Leistung nicht erreicht wird.

Mitteilung der Gesamtbeurteilung

Rechtsmittel

§ 55. (1) Die Gesamtbeurteilung ist dem Beschriebenen in vertraulicher Form schriftlich mittzuteilen.

(2) Er hat das Recht, in seine Dienstbeschreibung Einsicht zu nehmen. Auf sein Verlangen ist ihm eine Ablichtung der Dienstbeschreibung auszufolgen.

(3) Gegen die Gesamtbeurteilung kann der Richter binnen zwei Wochen nach Zustellung der Mitteilung Beschwerde an den Personalsenat des übergeordneten Gerichtshofes erheben.

(4) Eine vom Präsidenten des Gerichtshofes eigenhändig unterschriebene Ausfertigung der Dienstbeschreibung ist zum Standesausweis zu nehmen.

...

Dienst- und Disziplinarrecht

§ 209. Soweit in den Organisationsgesetzen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesfinanzgerichts nicht anderes bestimmt ist, sind die für das Dienstverhältnis der Richterinnen und Richter des Landesgerichtes geltenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auf das Dienstverhältnis der Richterinnen und Richter des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesfinanzgerichts mit folgenden Maßgaben sinngemäß anzuwenden:

...

2.   Der gemäß § 36 zu bildende Personalsenat besteht aus der Präsidentin oder dem Präsidenten und der Vizepräsidentin oder dem Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts oder des Bundesfinanzgerichts als Mitglieder kraft Amtes und fünf von der Vollversammlung aus ihrer Mitte gewählten Mitgliedern (Wahlmitglieder). Für die fünf Wahlmitglieder sind von der Vollversammlung aus ihrer Mitte fünfzehn Ersatzmitglieder zu wählen.

3.   Für die Dienstbeschreibung der Richterinnen und Richter des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesfinanzgerichts mit Ausnahme der Präsidentin oder des Präsidenten und der Vizepräsidentin oder des Vizepräsidenten gemäß § 52 ist der Personalsenat zuständig.

4.   Dienstgerichte sind das Bundesverwaltungsgericht für die Richterinnen und Richter des Bundesverwaltungsgerichtes und das Bundesfinanzgericht für die Richterinnen und Richter des Bundesfinanzgerichtes. Diese verhandeln und entscheiden in einem Senat (§ 93), der von der Vollversammlung der Richterinnen und Richter aus ihrer Mitte gewählt wird.

5.   Disziplinargerichte im Sinne des § 111 sind das Bundesverwaltungsgericht für die Richterinnen und Richter des Bundesfinanzgerichtes und das Bundesfinanzgericht für die Richterinnen und Richter des Bundesverwaltungsgerichtes. Diese verhandeln und entscheiden in einem Disziplinarsenat (§ 112), der von der Vollversammlung der Richterinnen und Richter aus ihrer Mitte gewählt wird. Die Disziplinaranwältin oder der Disziplinaranwalt im Sinne des § 118 Abs. 1 für die Richterinnen und Richter des Bundesverwaltungsgerichtes ist aus dem Kreis dieser Richterinnen und Richter im Rahmen der Justizverwaltung von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichtes zu bestellen. Die Disziplinaranwältin oder der Disziplinaranwalt im Sinne des § 118 Abs. 1 für die Richterinnen und Richter des Bundesfinanzgerichtes ist aus dem Kreis dieser Richterinnen und Richter im Rahmen der Justizverwaltung von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Bundesfinanzgerichtes zu bestellen.“

10       § 10 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG), BGBl. I Nr. 14/2013, in der Fassung BGBl. I Nr. 103/2019, lautet:

„Personalsenat

§ 10 (1) Dem Personalsenat obliegen die in diesem Gesetz und die im RStDG genannten Aufgaben, soweit das BFGG nicht anderes bestimmt.

(2) Der Personalsenat besteht aus der Präsidentin oder dem Präsidenten, der Vizepräsidentin oder dem Vizepräsidenten sowie weiteren fünf von der Vollversammlung aus ihrer Mitte auf die Dauer von vier Jahren gewählten Mitgliedern (Wahlmitglieder). Wiederbestellungen sind zulässig. Für die Wahlmitglieder sind von der Vollversammlung aus ihrer Mitte 15 Ersatzmitglieder zu wählen. Im Übrigen gelten hinsichtlich der Zusammensetzung der Wahl und der Geschäftsführung des Personalsenates die Bestimmungen des Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstrechtsgesetzes - RStDG, BGBl. Nr. 305/1961, über den Personalsenat.

(3) Dem Personalsenat obliegt die Wahl der Senatsvorsitzenden auf sechs Jahre über Vorschlag der Präsidentin oder des Präsidenten sowie deren Abberufung aus wichtigen dienstlichen Gründen. Die Wahl bedarf der Zustimmung der betroffenen Richterin oder des betroffenen Richters.

(4) Der Personalsenat kann beschließen, dass zu Sitzungen weitere Richterinnen und Richter beratend beigezogen werden.“

11       Die Materialien zum Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 14/2013, mit dem das Bundesfinanzgerichtsgesetz erlassen wurde (ErläutRV 2007 BlgNR 24. GP 8) führen zu dieser Bestimmung aus:

„Zu § 10 (Personalsenat):

Der Modus für die Wahl der Wahlmitglieder des Personalsenats ist im BFGG zu regeln. Um eine regional ausgewogene Zusammensetzung herbeizuführen, soll der kleinere Teil der Wahlmitglieder seine Dienststelle am Sitz, der größere an den Außenstellen haben. Zur Wahl der Wahlmitglieder der Außenstellen werden die Richter jeweils zweier Außenstellen zu einem eigenen Wahlkörper zusammengefasst. Die Ermöglichung der beratenden Beiziehung weiterer Richter soll etwa im Nachbesetzungsverfahren und in Dienstbeurteilungsfragen eine möglichst sachgerechte Entscheidung sicherstellen.“

12       In den Erläuterungen zur Dienstrechts-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 120/2012, mit der u.a. § 209 RStDG eingefügt wurde (ErläutRV 2003 BlgNR 24. GP 20), wird ausgeführt:

„Zu § 209 Z 4 und 5 RStDG:

Zukünftig soll der Disziplinarsenat, der Personalsenat und der Dienstsenat direkt durch die Vollversammlung gewählt werden. Die Vollversammlung des Bundesverwaltungsgerichtes wählt diese Senate des Bundesverwaltungsgerichtes und die Vollversammlung des Bundesfinanzgerichtes wählt diese Senate des Bundesfinanzgerichtes. Die Bestimmungen des RStDG über die Besetzung und über das Verfahren kommen zur Anwendung. Gegen Entscheidungen des Disziplinarsenates, des Personalsenates und des Dienstsenates wie auch bei einer Anfechtung der Wahlen dieser Senate kann ein Rechtszug an den VwGH erhoben werden.“

13       Dem Personalsenat des Bundesfinanzgerichts ist zwar insoweit zuzustimmen, dass von der in Art. 135 B-VG eingeräumten Möglichkeit, beim Verwaltungsgerichtshof einen aus der Mitte der Vollversammlung zu wählenden Ausschuss zu bilden, durch den einfachen Gesetzgeber kein Gebrauch gemacht wurde. Zudem handelt es sich beim Verwaltungsgerichtshof auch nicht um einen gerichtsorganisatorisch dem Bundesfinanzgericht übergeordneten Gerichtshof im Sinn des § 55 Abs. 3 RStDG (ebenso Fellner/Nogratnig, RStDG, GOG und StAG I5 [2021] § 55 RStDG Rz 9).

14       Aus diesen Umständen ist jedoch nicht der vom Bundesfinanzgericht gezogene Schluss abzuleiten, dass ein Rechtsmittel gegen die Gesamtbeurteilung eines Richters des Bundesfinanzgerichts durch dessen Personalsenat absolut unzulässig wäre:

15       Nach Art. 134 Abs. 7 B-VG sind die Mitglieder der Verwaltungsgerichte Richter und nach dem auch auf sie anzuwendenden Art. 87 Abs. 1 B-VG in Ausübung ihres richterlichen Amtes unabhängig. In Ausübung seines richterlichen Amtes befindet sich ein Richter nach Art. 87 Abs. 2 B-VG bei Besorgung aller ihm nach dem Gesetz und der Geschäftsverteilung zustehenden gerichtlichen Geschäfte, mit Ausschluss der Justizverwaltungssachen, die nicht nach Vorschrift des Gesetzes durch Senate oder Kommissionen zu erledigen sind. Dies bedeutet umgekehrt, dass die Tätigkeit eines Richters im Personalsenat als kollegiale Selbstverwaltung in Ausübung seines richterlichen Amtes erfolgt und die Beschlüsse des Personalsenats somit als gerichtliche Entscheidungen zu qualifizieren sind (siehe etwa VfGH 1.3.2012, B 743/11, VfSlg. 19.618; ebenso VwGH 14.6.1995, 95/12/0051 zur Geschäftsverteilung).

16       Wie ausgeführt, erkennt der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 1 und 9 B-VG über Erkenntnisse und Beschlüsse eines Verwaltungsgerichts wegen Rechtswidrigkeit. Eine Einschränkung auf Entscheidungen über eine bestimmte Materie, wie sie der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 1. März 2012, B 743/11, hinsichtlich des Asylgerichtshofes vorgefunden hat, besteht im Hinblick auf deren Zuständigkeit nach Art. 130 f B-VG für das Bundesfinanzgericht oder die anderen Verwaltungsgerichte nicht, und zwar weder für die Erhebung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 B-VG, noch für die Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nach Art. 144 B-VG. Entscheidungen von kollegialen Justizverwaltungsorganen der Verwaltungsgerichte, obwohl es sich materiell betrachtet um erstinstanzliche Justizverwaltungsangelegenheiten handelt, können daher wie jede andere von einem Verwaltungsgericht nach Art. 135 Abs. 1 B-VG erlassene Entscheidung als Erkenntnis oder Beschluss eines Verwaltungsgerichts beim Verwaltungsgerichtshof mit Revision bzw. beim Verfassungsgerichtshof mit Beschwerde bekämpft werden (so auch VfGH 25.6.2021, E 1873/2021, unter Hinweis auf VfGH 14.6.2018, G 29/2018-14, G 108/2018-10).

17       Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich insoweit der bislang ausdrücklich nur vom Verfassungsgerichtshof judizierten Ansicht an, dass auch Entscheidungen eines Personalsenats eines Verwaltungsgerichts - im Konkreten: des Personalsenats des Bundesfinanzgerichts - mit Revision beim Verwaltungsgerichtshof angefochten werden können.

18       Dieses Ergebnis entspricht nach den oben wiedergegebenen Materialien auch dem Willen des Gesetzgebers. Wenngleich die Erläuterungen nur unter der Überschrift „§ 209 Z 4 und 5 RStDG“ stehen, wird in diesen doch ausdrücklich ebenfalls auf den (in § 209 Z 3 RStDG geregelten) Personalsenat Bezug genommen. Auch der Wortlaut des § 209 RStDG steht dem nicht entgegen, ordnet dieser doch nur eine sinngemäße Anwendung der für Richter des Landesgerichtes geltenden Bestimmungen an, soweit in den Organisationsgesetzen nicht anderes bestimmt ist. Da jedoch gegen Entscheidungen der Personalsenate der Verwaltungsgerichte - anders als gegen jene der ordentlichen Gerichtsbarkeit (siehe etwa VwGH 8.11.1995, 92/12/0010; 14.6.1995, 95/12/0051; ebenso VfGH 12.10.1992, B 1030/92; G 174/92, VfSlg. 13.215) - Rechtsmittel an die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts erhoben werden können, ist die Sondervorschrift für Rechtsmittel gegen Gesamtbeurteilungen jener auf die Gesamtbeurteilungen durch Personalsenate der Verwaltungsgerichte nicht anzuwenden.

19       Dieses Ergebnis wird auch durch folgende Erwägungen bestätigt: Das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz sieht - anders als etwa § 10 Wiener Verwaltungsgericht-Dienstrechtsgesetz (VGW-DRG), nach dem die Dienstbeurteilung der Mitglieder des Verwaltungsgerichts Wien durch Erkenntnis zu erfolgen hat (siehe auch VfGH 8.6.2020, E 1511/2020) - eine besondere Erledigungsform nicht vor, sodass die vorliegende Dienstbeschreibung als Beschluss des Personalsenats der Revision an den Verwaltungsgerichtshof unterliegt. Nach Art. 133 Abs. 9 B-VG ist die Anfechtbarkeit von Beschlüssen der Verwaltungsgerichte beim Verwaltungsgerichtshof in dem die Organisation und das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes regelnden besonderen Bundesgesetz zu normieren. Das VwGG sieht - wie in Rn. 7 bereits ausgeführt - in § 25a Abs. 2 keinen Rechtsmittelausschluss für Beschlüsse der vorliegenden Art vor; es handelt sich dabei auch nicht um eine verfahrensleitende Anordnung im Sinn von § 25a Abs. 3 VwGG. Schon deshalb ist eine Revision gegen den gegenständlich angefochtenen Beschluss an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

20       Der vom Personalsenat des Bundesfinanzgerichts angenommene Rechtsmittelausschluss gegen die Gesamtbeurteilung liegt somit nicht vor. Zwar ist eine Beschwerde im Sinn des § 55 Abs. 3 RStDG nicht zulässig, weshalb diese zurückzuweisen war. Die Revision gegen die Gesamtbeurteilung des Personalsenats des Bundesfinanzgerichts ist jedoch nicht absolut unzulässig und daher weiter zu behandeln.

II. Zur weiteren Parteistellung:

21       §§ 21 und 22 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985, jeweils in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, lauten:

„§ 21. (1) Parteien im Verfahren über eine Revision gegen das Erkenntnis oder den Beschluss eines Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 bzw. Abs. 9 B-VG (Revision) sind

1.der Revisionswerber;

2.die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht, wenn gegen dessen Erkenntnis oder Beschluss nicht von ihr selbst Revision erhoben wird;

3.  in den Fällen des § 22 zweiter Satz auch der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung;

4.  die Personen, die durch eine Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses oder einer Entscheidung in der Sache selbst in ihren rechtlichen Interessen berührt werden (Mitbeteiligte).

(2) Auch wenn in der Revision Mitbeteiligte nicht bezeichnet sind, ist von Amts wegen darauf Bedacht zu nehmen, dass alle Mitbeteiligten gehört werden und Gelegenheit zur Wahrung ihrer Rechte erhalten.

(3) Partei im Verfahren über einen Antrag auf Fristsetzung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch ein Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 2 B-VG (Fristsetzungsantrag) ist der Antragsteller.

§ 22. Wird die Revision von einem staatlichen Organ erhoben oder ist eine andere Behörde Partei im Sinne des § 21 Abs. 1 Z 2, so kann in einer Rechtssache in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung der zuständige Bundesminister und in den Angelegenheiten der Landesverwaltung die Landesregierung an Stelle dieses Organs bzw. dieser Behörde jederzeit in das Verfahren eintreten. Dies gilt nicht, wenn

1.in einer Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde oder eines sonstigen Selbstverwaltungskörpers ein Organ des Selbstverwaltungskörpers oder

2.  ein weisungsfrei gestelltes Organ

Partei im Sinne des § 21 Abs. 1 Z 2 ist.“

22       Nach den dargestellten Bestimmungen ist im Revisionsverfahren jene Verwaltungsbehörde als weitere Partei beizuziehen, die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde war, sofern diese nicht selbst Revision erhoben hat. Ist diese Verwaltungsbehörde ein weisungsfrei gestelltes Organ, ist der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung nach § 21 Abs. 1 Z 3 VwGG weitere Partei. Diese Bestimmungen bedingen jedoch, dass eine Verwaltungsbehörde vor dem Verwaltungsgericht belangte Partei ist. Führt das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - ein Verfahren ohne vorgelagerte Verwaltungsbehörde, kommt naturgemäß keiner Behörde Parteistellung im Revisionsverfahren zu, weil keine im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde vorhanden ist. Ebenso wenig ist der Bundesminister oder die Landesregierung zum Eintritt in das Verfahren berechtigt oder weitere Partei im Revisionsverfahren, setzt deren Parteistellung doch voraus, dass entweder von einem staatlichen Organ Revision erhoben wurde oder einer belangten Behörde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Parteistellung zukommt bzw. eine weisungsfrei gestellte Verwaltungsbehörde Partei im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht war. Bei der Dienstbeschreibung durch den Personalsenat handelt es sich jedoch - wie ausgeführt - um eine Entscheidung eines Gerichts und nicht um eine solche einer Verwaltungsbehörde. Dem Personalsenat als ein Senat eines Verwaltungsgerichts kommt jedoch in keinem Fall Parteistellung im Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu. Die Einbringung einer Revisionsbeantwortung durch das Verwaltungsgericht ist im Gesetz auch nicht vorgesehen (VwGH 29.7.2014, Ra 2014/02/0066). Die vom Personalsenat des Bundesfinanzgerichts erstattete Revisionsbeantwortung war daher zurückzuweisen.

III. In der Sache selbst:

23       Der Revisionswerber macht inhaltlich in seiner Revision zunächst zusammengefasst geltend, dass die Dienstbeurteilung deshalb zu Unrecht erfolgt sei, weil ein Antrag des Präsidenten fehle. Noch mit Gesamtbeurteilung des Personalsenats vom 6. März 2019 sei er (für das Jahr 2018) mit „sehr gut“ beurteilt worden.

24       Die Revision ist bereits aus diesem Grund auch begründet.

25       Nach § 51 RStDG hat eine Beschreibung durch den Personalsenat für das zweite der Ernennung folgende Kalenderjahr zu erfolgen (Abs. 2) sowie auf Antrag des Präsidenten des Gerichtshofes (Abs. 3) oder des Richters (Abs. 4). Ohne Antrag ist ein Richter für das nächstfolgende Kalenderjahr zu beschreiben, wenn seine Gesamtbeurteilung für das davorliegende Jahr nicht mit zumindest „sehr gut“ festgesetzt wurde (Abs. 5).

26       Da die letzte Gesamtbeurteilung des Revisionswerbers für das Kalenderjahr 2018 - wie sich auch den vorgelegten Akten entnehmen lässt - auf das Kalkül „sehr gut“ lautete, und auch kein Fall des § 51 Abs. 2 RStDG vorlag, war er nur über Antrag neu zu beschreiben. Nach der Mitteilung der Gesamtbeurteilung stützt sich die Durchführung der Dienstbeschreibung auf § 51 Abs. 3 RStDG, also einen Antrag des Präsidenten des Bundesfinanzgerichts.

27       Den vorgelegten Akten des Personalsenats lässt sich ein Antrag des Präsidenten des Bundesfinanzgerichts bzw. des mit der Leitung betrauten Vizepräsidenten nicht entnehmen. Aus diesen ergibt sich vielmehr, dass zunächst ein Mitglied des Personalsenats den Revisionswerber kontaktierte und eine Stellungnahme zur Anzahl und zum Umfang der von ihm erledigten Verfahren einholte. Seine Äußerung dazu wurde in einer Sitzung des Personalsenats diskutiert und darüber erwogen, ob eine Neubeschreibung angezeigt wäre. Ein Antrag des Präsidenten lässt sich dem Akt nicht entnehmen.

28       Zu diesem Vorgehen ist auszuführen, dass es weder Aufgabe des Personalsenats ist, selbst dahingehende Erhebungen zu pflegen, welcher Richter zu beschreiben wäre oder darüber zu entscheiden, sofern nicht ein Fall einer obligatorischen Beschreibung nach § 51 Abs. 2 oder Abs. 5 RStDG vorliegt. Ebenso wenig hat der Personalsenat, ohne dass einer der genannten Tatbestände dafür erfüllt wäre, aus eigenem Beschreibungen vorzunehmen. Es liegt insoweit vielmehr in der Verantwortung des die Dienstaufsicht führenden Präsidenten (vgl. dazu § 5 Abs. 1 BFGG) als Spitze der monokratischen Justizverwaltung bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Antrag auf Neubeschreibung eines Richters an den Personalsenat zu stellen (siehe dazu etwa auch Fellner/Nogratnig, RStDG, GOG und StAG § 51 RStDG Rz 4; vgl. im Übrigen VwGH 2.11.2020, Ro 2020/09/0014, zu den Aufgaben der monokratischen Justizverwaltung bei Bearbeitungsverzögerungen). Erst im Hinblick auf einen solchen Antrag hat der Personalsenat in diesem Zusammenhang tätig zu werden. Da der Richter demgegenüber ein Recht darauf hat, dass eine Dienstbeschreibung durch den Personalsenat nur in den durch das Gesetz vorgesehenen Fällen und bei Vorliegen der dafür vorgesehenen Voraussetzungen vorgenommen wird, ist ein Antrag zu dokumentieren und schon dieser zweckmäßiger Weise dem Richter zur Kenntnis zu bringen.

29       Da im vorliegenden Fall ein Antrag des Präsidenten auf Beschreibung des Revisionswerbers den vorgelegten Akten nicht zu entnehmen ist, war die Gesamtbeurteilung bereits deshalb wegen Unzuständigkeit des Personalsenats des Bundesfinanzgerichts für die Festsetzung einer neuen Gesamtbeurteilung für den Revisionswerber aufzuheben.

30       Soweit sich das Revisionsvorbringen auch inhaltlich gegen die Dienstbeschreibung wendet, ist an dieser Stelle auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Leistungsfeststellungen nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 zu verweisen.

31       Nach der dazu ergangenen - und auch für Dienstbeschreibungen durch Personalsenate maßgeblichen - ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Leistungsfeststellung ein Werturteil dar, das der Verwaltungsgerichtshof nicht auf seine (inhaltliche) Richtigkeit überprüfen kann. Ein solches Urteil ist der verwaltungsgerichtlichen Prüfung nur in der Richtung zugänglich, ob es nicht etwa auf einer aktenwidrigen Sachverhaltsannahme beruht, ob der angenommene Sachverhalt unter Bedachtnahme auf die einzuhaltenden Verfahrensvorschriften für eine verlässliche Urteilsbildung ausreicht, ob die aus ihm gezogene Schlussfolgerung mit den Denkgesetzen vereinbar ist und ob keine sachfremden Erwägungen angestellt worden sind (VwGH 19.10.1995, 92/09/0184; 19.11.1986, 85/09/0180; 29.3.2000, 94/12/0180; 28.4.2000, 95/12/0107; siehe auch VwGH 25.2.2010, 2005/09/0143).

32       Die Dienstbeurteilung stellt dabei keine rechnerische Zusammenfassung von einzelnen vorliegenden Teilbewertungen dar, sondern ist das Ergebnis einer gesamthaften Würdigung aller Aspekte der Tätigkeit (vgl. VwGH 18.5.2020, Ro 2019/12/0007, mit Hinweis auf VwGH 23.11.2005, 2002/09/0202).

33       Wie der Verwaltungsgerichtshof ferner bereits ausgeführt hat, ist bei der Dienstbeurteilung ein objektiver Maßstab anzulegen, weshalb gesundheitliche Beeinträchtigungen insofern außer Betracht zu bleiben haben, als eine entsprechende Dienstfähigkeit des Beamten gegeben ist. Auch ein disziplinarrechtlich relevantes Verhalten kann für die Dienstbeurteilung und damit das Gesamtkalkül rechtserheblich sein (siehe VwGH 18.10.2000, 99/12/0351, zu einer Dienstbeschreibung nach dem Innsbrucker Gemeindebeamtengesetz 1970).

34       Um eine - im vorliegenden Fall angezogene - qualitativ mangelhafte Leistung nachvollziehbar zu begründen, ist es erforderlich, Qualitätsmängel - zumindest illustrativ - überprüf- und bekämpfbar und gegebenenfalls unter Auseinandersetzung mit dazu ergangener höchstgerichtlicher Rechtsprechung festzustellen.

35       Für die Verneinung der vom Revisionswerber mit näherer Begründung eingewendeten, nur vorübergehende Verschlechterung seiner quantitativen Leistungen hätte es auch einer Darstellung der Leistung vorangegangener Perioden und einer nachvollziehbaren Auseinandersetzung damit bedurft. Zudem hatte der Revisionswerber seine zurückgegangenen Erledigungszahlen nicht bloß mit einem Hinweis auf die Pandemie begründet, sondern mit deren spezifischen Folgen auf die ihn familiär treffenden besonderen Betreuungspflichten. Von solchen waren aber keineswegs alle Richter gleichermaßen betroffen, wie in der Dienstbeschreibung pauschal argumentiert wird. Andererseits kann - entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht - aber auch nicht gesagt werden, dass allein aufgrund der pandemiebedingten Erschwernisse in allen Fällen eine Dienstbeschreibung nach § 51 Abs. 2 oder 3 RStDG gemäß § 51 Abs. 6 zweiter Fall RStDG auf das nächste Kalenderjahr aufzuschieben gewesen wäre.

36       Die allein mit Mitteilungen des Präsidenten und durch „andere“ an den Berichter begründete Beurteilung des sozialen Verhaltens des Revisionswerbers als nicht zufriedenstellend ist an Hand der Dienstbeurteilung nicht nachvollziehbar. Auch insoweit hätte es näherer überprüf- und bekämpfbarer Feststellungen bedurft. Nach dem Akteninhalt konnte der Präsident die Vorwürfe gegen den Revisionswerber zudem ebenfalls nur „vom Hörensagen“ bestätigen und hatte dazu keine persönliche Wahrnehmung.

37       Da die angefochtene Gesamtbeurteilung jedoch bereits gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Unzuständigkeit des Personalsenats des Bundesfinanzgerichts aufzuheben war, brauchte auf das gegen den Inhalt der Gesamtbeurteilung gerichtete weitere Revisionsvorbringen nicht mehr eingegangen zu werden.

38       Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

39       Gemäß § 47 Abs. 5 VwGG ist der dem Revisionswerber zu leistende Aufwandersatz, auf dessen Ersatz er nach § 48 VwGG Anspruch hat, von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verwaltungsverfahren gehandelt hat. Ist das Verwaltungsgericht in einer Angelegenheit der Verwaltungsgerichtsbarkeit (Art. 10 Abs. 1 Z 1 B-VG) - wie bei den hier gegebenen Dienstrechtsangelegenheiten seiner Richter - unmittelbar zu einer Entscheidung berufen, liegt ein derartiges Handeln einer Behörde nicht vor. Da dem Gesetzgeber des VwGG nicht unterstellt werden kann, er wollte für diese Fälle - trotz des Ersatzanspruchs nach § 48 VwGG - von einem Aufwandersatz nach den §§ 47 ff leg. cit. absehen, ist diese Lücke dahingehend zu schließen, dass der Kostenersatz von jenem Rechtsträger zu tragen ist, in dessen Namen das Verwaltungsgericht gehandelt hat (vgl. VwGH 29.1.2018, Ra 2016/04/0005, zur vergaberechtlichen Nachprüfung).

Wien, am 28. Oktober 2021

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RO2021090007.J00

Im RIS seit

24.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.12.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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