TE Vwgh Beschluss 2021/11/8 Ra 2021/16/0079

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Veröffentlicht am 08.11.2021
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Index

E1P
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte

Norm

B-VG Art133 Abs5
B-VG Art144 Abs1
B-VG Art144 Abs4
MRK
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §34 Abs1
12010P/TXT Grundrechte Charta Art51 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger sowie den Hofrat Dr. Thoma und die Hofrätin Dr. Funk-Leisch als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der M GmbH in B, vertreten durch Mag. Dr. Maria Lisa Doll-Aidin, Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, Paracelsusstraße 27, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 21. Juli 2021,1. LVwG 61.26-1741/2021-3 und 2. LVwG 80.26-1109/2021-25, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit der Abrechnung der Grundsteuer (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadtgemeinde Bad Aussee), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) aufgrund eines vom LVwG als Säumnisbeschwerde gewerteten Devolutionsantrages der Revisionswerberin den Vorlageantrag der Revisionswerberin gegen die Beschwerdevorentscheidung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Bad Aussee vom 3. Juni 2020, mit welcher die als „Beschwerde“ bezeichnete Berufung der Revisionswerberin gegen den Abrechnungsbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Bad Aussee vom 17. Dezember 2019 über die Grundsteuervorschreibungen für näher bezeichnete Liegenschaften der Revisionswerberin für den Zeitraum 1.1.2014 bis einschließlich 2019 als unbegründet abgewiesen worden war, als unzulässig zurück, behob die Beschwerdevorentscheidung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Bad Aussee vom 3. Juni 2020 ersatzlos und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

2        Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der die Revisionswerberin zur Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte ausführt:

„Die Revisionswerberin erachtet sich durch die vorliegende Entscheidung in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt:

-    Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG

-    Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums gem. Art. 5 StGG, Art. 1 des 1. ZPEMRK sowie Art. 2 des Zusatzprotokolles zur EMRK;

-    Recht auf ein faires Verfahren gem. Art. 6 EMRK,

-    Recht auf eine wirksame Beschwerde gem. Art. 13 EMRK,

-    Recht auf gute Verwaltung gemäß Art. 41 EU-Grundrechtscharta

-    Recht auf wirksamen Rechtsbehelf gem. Art 47 EU-Grundrechtscharta und

-    Schutz vor Willkür und Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gem. Art. 7-B-VG.“

3        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

4        Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt die Revision nur dann von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG ab, wenn sich diese innerhalb des Revisionspunkts, des vom Revisionswerber selbst definierten Prozessthemas, stellt (vgl. etwa VwGH 5.5.2021, Ra 2021/16/0026; sowie VwGH 24.4.2020, Ra 2020/16/0034, jeweils mwN).

5        Nach der ebenfalls ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt dem Revisionspunkt nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG bei der Prüfung eines angefochtenen Erkenntnisses entscheidende Bedeutung zu, weil der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen hat, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet. Durch den Revisionspunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses gebunden ist. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. nochmals VwGH 5.5.2021, Ra 2021/16/0026; sowie VwGH 24.4.2020, Ra 2020/16/0034, jeweils mwN).

6        Soweit die Revisionswerberin als Revisionspunkte eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte aus dem B-VG und der EMRK geltend macht, ist darauf hinzuweisen, dass nach Art 133 Abs. 5 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes Rechtssachen ausgeschlossen sind, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören.

7        Gemäß Art. 144 Abs. 1 und 4 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen einen Beschluss eines Verwaltungsgerichtes, soweit der Beschwerdeführer durch den Beschluss in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, einer gesetzwidrigen Kundmachung über die Wiederverlautbarung eines Gesetzes (Staatsvertrages), eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

8        Über die Verletzung der von der Revisionswerberin bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte hätte der Verfassungsgerichtshof zu entscheiden. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht zuständig, über eine Revision wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte zu erkennen (vgl. erneut VwGH 5.5.2021, Ra 2021/16/0026; sowie VwGH 29.1.2020, Ra 2019/05/0331, mwN).

9        Soweit auch eine Verletzung einzelner Artikel der Grundrechte-Charta der Europäischen Union behauptet wird, mangelt es im Revisionsfall an einer nach Art. 51 Abs. 1 der Grundrechte-Charta erforderlichen Durchführung des Rechts der Europäischen Union und somit an einem Anwendungsbereich der Grundrechte-Charta überhaupt (vgl. VwGH 17.12.2020, Ra 2020/16/0078; 29.6.2020, Ra 2020/16/0081, jeweils mwN).

10       Die vorliegende Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 8. November 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021160079.L00

Im RIS seit

22.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

06.12.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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