TE Bvwg Beschluss 2021/7/26 W262 2135360-2

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Veröffentlicht am 26.07.2021
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Entscheidungsdatum

26.07.2021

Norm

AsylG 2005 §8 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W262 2135360-2/26E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch das Zentrum für Europäische Integration und Globalen Erfahrungsaustausch (ZEIGE), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.10.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung mündlicher Verhandlungen beschlossen:

A)       Das Verfahren wird gemäß §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 VwGVG iVm § 8 Abs. 7 AsylG 2005 eingestellt.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

Zu A) Einstellung des Verfahrens:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 26.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge als BFA bezeichnet) vom 26.08.2016 wurde dieser gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57, 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

2. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.08.2017, W123 2135360-1/9E hinsichtlich Spruchpunkt II. stattgegeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 30.08.2018 erteilt. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des oa. Bescheides wurde in der mündlichen Verhandlung zurückgezogen. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführer einerseits Analphabet sei und andererseits glaubhaftes Interesse am Christentum entwickelt habe.

3. Am 27.12.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Folgeantrag aufgrund seiner behaupteten Konversion zum Christentum.

4.1. Mit Bescheid des BFA vom 30.10.2019 wurde der dem Beschwerdeführer mit oa. Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.08.2017 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Absatz 1 Ziffer 1 Asylgesetz 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und der Antrag vom 18.06.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 5 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 4 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für eine freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

Die Beschwerde gegen den oa. Bescheid wurde hg. zu W262 2135360-2 protokolliert.

5. Mit Bescheid des BFA vom 05.03.2020 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 27.12.2018 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen.

Die Beschwerde gegen den oa. Bescheid wurde hg. zu W262 2135360-3 protokolliert.

6. Am 30.06.2021 führte das Bundesverwaltungsgericht zu W262 2135360-2 und W262 2135360-3 eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch.

Zu W262 2135360-3 verkündete die Richterin gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG die Stattgabe der Beschwerde. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass ihm damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Die gekürzte Ausfertigung vom 19.07.2021, W262 2135360-3/10E des am 30.06.2021 mündlich verkündeten Erkenntnisses wurde den Verfahrensparteien nachweislich am 19.07.2021 (BFA) bzw. 23.07.2021 (Rechtsvertreter des Beschwerdeführers) zugestellt; die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bzw. die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt, ist somit rechtskräftig geworden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung

Der unter Punkt I. ausgeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt der hg. zu W262 2135360-2 und W262 2135360-3 protokollierten Akten.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungen und Anordnungen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Beschluss.

Aus diesen Bestimmungen ergibt sich aber auch, dass eine bloß formelle Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt. Handelt es sich doch bei der Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, um eine Entscheidung iSd § 31 Abs. 1 VwGVG (vgl. VwGH 29.04.2015, Fr 2014/20/0047; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte², § 28 VwGVG, E 2).

2.2. In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. § 33 Abs. 1 VwGG lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof versteht. Liegt diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Revision nicht vor, ist diese unzulässig, fällt die Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führt dies zu einer Einstellung des Verfahrens (VwGH 23.01.2020, Ro 2019/05/0015). Diese Überlegungen über das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses als Voraussetzung für eine zulässige Beschwerdeerhebung können auch auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht übertragen werden (VwGH 27.02.2019, Ro 2017/10/0032).

Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung wegen Beseitigung des für den Beschwerdeführer belastenden Abspruchs, als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2018] § 28 VwGVG, Anm. 5; vgl. auch VwGH, 28.01.2016, Ra 2015/11/0027; 31.01.2018, Ra 2018/10/0022).

Bei Zurückziehung der Beschwerde bzw. bei Klaglosstellung hat ein Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgericht keinen Anspruch auf die bloße Feststellung der Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Bescheides; das Verwaltungsgericht ist ebenfalls nicht berufen, eine Entscheidung lediglich über abstrakt-theoretische Rechtsfragen zu treffen, denen keine praktische Relevanz mehr zukommen kann (VwGH 31.01.2018, Ra 2018/10/0022).

2.3. Gemäß § 8 Abs. 7 AsylG 2005 erlischt der Status des subsidiär Schutzberechtigten, wenn dem Fremden der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.07.2021, W262 2135360-3/10E, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass ihm damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Insofern ist das hg. zu W262 2135360-2 anhängige Beschwerdeverfahren nach dem oben Gesagten einzustellen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylgewährung Verfahrenseinstellung Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W262.2135360.2.00

Im RIS seit

17.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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