TE Vwgh Erkenntnis 2021/10/13 Ra 2020/17/0070

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Veröffentlicht am 13.10.2021
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
34 Monopole
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §68 Abs1
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1
GSpG 1989 §52 Abs2
VwGG §42 Abs2 Z3 litb
VwGG §42 Abs2 Z3 litc

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer sowie die Hofräte Mag. Berger und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Dr. P S in P, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 20. April 2020, Zl. LVwG-412111/26/Gf/RoK, betreffend Übertretungen des Glückspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Oberösterreich), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 12. Mai 2017 wurde der Revisionswerber als das zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft der achtfachen Übertretung des § 9 Abs. 1 VStG iVm § 2 Abs. 1 und 4 iVm § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild Glücksspielgesetz - GSpG schuldig erkannt; es wurden über ihn gemäß „§ 52 Abs. 1 Zi. 1 3. Tatbild GSpG in der Fassung BGBl. Nr. 118/2016“ acht Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 6.000,-- (sowie Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt. Weiters wurde ihm ein Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens vorgeschrieben. Er habe als Geschäftsführer einer näher genannten Gesellschaft in einem von dieser betriebenen, näher bezeichneten Lokal acht individualisierte Glücksspielgeräte unternehmerisch zugänglich gemacht.

2        Mit Erkenntnis vom 29. August 2017 hob das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) dieses Straferkenntnis aufgrund der vom Revisionswerber dagegen erhobenen Beschwerde auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren nach § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein.

3        Dieses Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 8. Jänner 2018, Ra 2017/17/0862, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

4        Mit dem - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen - (Ersatz-)Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 25. Jänner 2018 wurde der Beschwerde im zweiten Rechtsgang insoweit teilweise stattgegeben, als die verhängten Geldstrafen auf jeweils EUR 4.000,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafen) herabgesetzt wurden; im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.). Außerdem wurden die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens neu festgesetzt (Spruchpunkt II.). Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt III.).

5        Mit Beschluss vom 12. Juni 2018, E 858/2018-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

6        Der Verwaltungsgerichtshof hob das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 25. Jänner 2018 mit Erkenntnis vom 27. März 2020, Ra 2018/17/0168, im Umfang seines Ausspruches über die verhängte Strafe und die Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens sowie des Beschwerdeverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

7        Mit dem nunmehr angefochtenen, im dritten Rechtsgang ergangenen (Ersatz-)Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde insoweit Folge, als es die verhängten Geldstrafen auf EUR 4.000,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafen) pro Glücksspielgerät herabsetzte, die Strafsanktionsnorm auf „§ 52 Abs. 2 vierter Strafrahmen GSpG“ änderte und im Übrigen die Beschwerde als unbegründet abwies (Spruchpunkt I.). Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass dem Revisionswerber kein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt werde und sich der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens reduziere (Spruchpunkt II.). Außerdem sprach das Verwaltungsgericht erneut aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt III.).

8        Gegen dieses (Ersatz-)Erkenntnis richtet sich die nunmehr vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

9        1.1. Die Revision bringt zur Zulässigkeit u.a. vor, dem angefochtenen Erkenntnis sei nicht zu entnehmen, ob der vom Verwaltungsgericht der Anwendung des vierten Strafsatzes des § 52 Abs. 2 GSpG zugrunde gelegte „Wiederholungsfall“ überhaupt vorliege, weil „weder diese Vorstrafe weder näher dargestellt [werde] noch eine nähere Begründung für die Heranziehung des vierten Strafsatzes des § 52 Abs. 2 GSpG enthalten [sei]“.

10       1.2. Bereits mit diesem Vorbringen erweist sich die Revision als zulässig. Sie ist insoweit auch begründet.

11       2. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in Anlehnung an seine Judikatur zur Staffelung der Strafsätze im AuslBG zu den Strafsätzen des § 52 Abs. 2 GSpG ausgesprochen hat, kann von einer „Wiederholung“ im Sinn dieser Gesetzesbestimmungen nur dann gesprochen werden, wenn zumindest eine einschlägige Vorstrafe vorliegt. Nach dem systematischen Aufbau des Gesetzestextes bestimmt die Einordnung der Vortat, ob ein „Wiederholungsfall“ im Sinn des zweiten Strafsatzes (bei einer Vorstrafe wegen höchstens drei Übertretungen) bzw. des vierten Strafsatzes (bei einer Vorstrafe wegen mehr als drei Übertretungen) vorliegt. Der im Fall „der erstmaligen und weiteren Wiederholung“ vorgesehene vierte (und hinsichtlich der Strafhöhe strengste) Strafsatz des § 52 Abs. 2 GSpG setzt nach dem systematischen Aufbau des Gesetzestextes die Bestrafung wegen einer Vortat nach dem dritten Strafsatz des § 52 Abs. 2 GSpG voraus, bezieht sich das strafsatzbestimmende Kriterium der Wiederholung doch auf die Übertretung des Abs. 1 Z 1 mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen. Maßgeblich sind dabei „Vorstrafen“, die im Tatzeitraum bereits formell rechtskräftig waren (vgl. VwGH 8.6.2020, Ra 2020/17/0029; 4.1.2021, Ra 2019/17/0094; 22.3.2021, Ra 2020/17/0025; jeweils mwN).

12       3.1. Im behördlichen Straferkenntnis begründete die belangte Behörde ihre Strafbemessung damit, dass eine (lediglich mit einer Geschäftszahl bezeichnete) „einschlägige verwaltungsstrafrechtliche Vormerkung“ vorliege.

13       3.2. Das Verwaltungsgericht zieht im angefochtenen Erkenntnis § 52 Abs. 2 vierter Strafsatz GSpG heran. Welche konkrete(n) Vortat(en) das Verwaltungsgericht dabei als strafsatzbestimmend herangezogen hat, ist der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses jedoch nicht zu entnehmen; das Verwaltungsgericht traf dazu nämlich keine Feststellungen. Es ist somit für den Verwaltungsgerichtshof nicht überprüfbar, ob eine einschlägige und im Tatzeitraum bereits formell rechtskräftige Vorstrafe vorlag.

14       3.3. Da im angefochtenen Erkenntnis somit keine ausreichende Begründung für die Heranziehung des vierten Strafsatzes des § 52 Abs. 2 GSpG enthalten ist, liegt ein Feststellungs- und Begründungsmangel vor, der einen revisiblen Verfahrensmangel begründet.

15       Das angefochtene Erkenntnis entzieht sich insoweit einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof auf dessen inhaltliche Rechtmäßigkeit; es war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben (vgl. VwGH 22.3.2021, Ra 2020/17/0025).

16       4. Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen.

17       5. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 13. Oktober 2021

Schlagworte

Begründung Begründungsmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020170070.L00

Im RIS seit

15.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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