TE Vwgh Beschluss 2021/10/20 Ra 2021/14/0275

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Veröffentlicht am 20.10.2021
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Index

E3R E19104000
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §4a
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §34 Abs1a
32013R0604 Dublin-III

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in der Revisionssache der A B, vertreten durch MMag. Dr. Franz Stefan Pechmann, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 70/2/1.1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. März 2021, W144 2240811-1/2E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerberin, einer syrischen Staatsangehörigen, wurde am 29. Juli 2020 in Rumänien der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Sie stellte am 20. November 2020 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

2        Mit Bescheid vom 10. März 2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Revisionswerberin gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass sich die Revisionswerberin nach Rumänien zurückzubegeben habe. Unter einem wurde ihr ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, die Außerlandesbringung der Revisionswerberin angeordnet und festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Rumänien zulässig sei.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Mit Beschluss vom 24. Juni 2021, E 1909/2021-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der von der Revisionswerberin gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Folge wurde gegenständliche Revision eingebracht.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. VwGH 26.3.2021, Ra 2021/03/0017, mwN). Bei der Beurteilung, ob sich die vorliegende Revision iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG als zulässig darstellt, ist somit auf das (auf die Rückkehrentscheidung bezogene) Vorbringen, das nur in den Revisionsgründen angesprochen wird, nicht weiter einzugehen (vgl. VwGH 7.9.2020, Ra 2020/20/0012; 16.3.2020, Ra 2020/14/0057, jeweils mwN).

9        Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vor, der Lauf der Überstellungsfrist sei gemäß Art. 29 Abs. 1 Unterabsatz 1 der Dublin III-Verordnung nach dem Datum der Zustimmung des ersuchten Mitgliedsstaates zu beurteilen. Da die Überstellungsfrist jedoch abgelaufen und die Überstellung der Revisionswerberin nach Rumänien nicht innerhalb dieser Frist durchgeführt worden sei, sei Rumänien nach Art. 29 Abs. 2 der Dublin III-Verordnung nicht mehr zur Wiederaufnahme der Revisionswerberin verpflichtet und die Zuständigkeit zur Prüfung des Antrages sei auf Österreich übergegangen. Zudem sei eine Abschiebung der Revisionswerberin auch hinsichtlich ihres Privat- und Familienlebens unzulässig, weil ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen ihr und ihrem Ehemann bestehe. Weiters liege eine unvertretbare Beweiswürdigung vor.

10       Hinzuweisen ist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach es sich bei der auf § 4a AsylG 2005 gestützten Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz um eine Entscheidung außerhalb des Anwendungsbereiches der Dublin III-Verordnung handelt (vgl. VwGH 4.3.2019, Ra 2019/14/0023, mwN). Auf die in der Dublin III-Verordnung normierten und diesbezüglich in der Revision angesprochenen Zuständigkeitsregeln sowie Überstellungsfristen kommt es im vorliegenden Fall somit nicht an.

11       Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits mehrfach ausgesprochen, dass § 4a AsylG 2005 unmissverständlich darauf abstellt, ob dem Fremden von einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat (vgl. VwGH 3.5.2016, Ra 2016/18/0049). Ist einer dieser Tatbestände erfüllt, hat die Behörde den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückzuweisen. Liegen daher die Voraussetzungen des § 4a AsylG vor, begründen sie nach dessen klaren Wortlaut ein Prozesshindernis für eine inhaltliche Behandlung des Antrages (vgl. wiederum VwGH 4.3.2019, Ra 2019/14/0023, mwN).

12       Die Revisionswerberin bestreitet im Zulassungsvorbringen nicht, dass ihr in Rumänien der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Betreffend die Erlassung zurückweisender Entscheidungen nach § 4a AsylG 2005 enthält die Zulässigkeitsbegründung kein Vorbringen.

13       Sofern die Revision die vom Bundesverwaltungsgericht durchgeführte Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK rügt, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die bei Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG ist (vgl. VwGH 30.7.2021, Ra 2021/14/0232 bis 0233, mwN).

14       Das Bundesverwaltungsgericht hat auf sämtliche fallbezogen entscheidungswesentlichen Umstände ausreichend Bedacht genommen. Dass die Beurteilung des Verwaltungsgerichts unvertretbar wäre, vermag die Revisionswerberin nicht aufzuzeigen.

15       Wenn die Revision in der Zulassungsbegründung schließlich die Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung anspricht, bleibt sie es schuldig, auszuführen, worin diese gelegen sein soll.

16       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 20. Oktober 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021140275.L00

Im RIS seit

12.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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