TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/11 96/03/0251

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Veröffentlicht am 11.12.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
86/01 Veterinärrecht allgemein;

Norm

TGSt 1994 §16 Abs3 Z4;
TGSt 1994 §5 Abs2;
VStG §2 Abs1;
VStG §2 Abs2;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 96/03/0344 E 5. März 1997

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des A in Deutschland, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 17. Juni 1996, Zl. KUVS-K1-583-588/3/96, betreffend Übertretungen des TGSt, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretungen nach § 16 Abs. 3 Z. 4 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Tiertransportgesetz-Straße - TGSt, BGBl. Nr. 411/1994, in fünf Fällen mit Geldstrafen von je S 20.000,-- bestraft, weil er als Vorsitzender des Vorstandes der R eG zu näher bezeichneten Zeiträumen von bestimmten Verladeorten in Deutschland "über die Autobahn und in der Folge nach dem Eintritt in das Bundesgebiet über die Tauernautobahn A10 mit dem Bestimmungsort Triest in weiterer Folge über die A2 bis zur Grenzkontrollstelle Arnoldstein, u.z. dem Zollamtsplatz I" Schlachttiertransporte von bestimmten Stückzahlen lebender Stiere durch näher bezeichnete Firmen mit namentlich genannten Lenkern habe durchführen lassen, "zumal" die Schlachttiertransporte mit nach dem Kennzeichen bestimmten Transportfahrzeugen nicht bis zum nächstgelegenen geeigneten inländischen Schlachtbetrieb durchgeführt worden seien, wobei bei Einhaltung der kraftfahrrechtlichen und straßenpolizeilichen Vorschriften eine Gesamttransportdauer von sechs Stunden und eine Entfernung von 300 km auf Autobahnen überschritten worden sei, "zumal" die Gesamttransportdauer bis zur Anhaltung 23 Stunden und 30 Minuten bzw. 21 Stunden und 30 Minuten, ca. 18 Stunden, 20 Stunden und 45 Minuten sowie 19 Stunden und 30 Minuten und die Entfernung mindestens 1017 km bzw. mindestens 717 km, mindestens 1200 km, mindestens 599 km und mindestens 1017 km betragen habe und auch eine allfällige Bewilligung nach dem TGSt für die Überschreitung der Zeiten und Wegstrecken nicht vorgelegen sei.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Nach Abs. 2 der genannten Bestimmung ist eine Übertretung im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist.

Gemäß § 16 Abs. 3 Z. 4 TGSt begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von S 10.000,-- bis S 50.000,-- zu bestrafen, wer einen Tiertransport durchführen läßt oder durchführt, der dem § 5 Abs. 1 oder 2 widerspricht.

§ 5 Abs. 2 TGSt sieht vor, daß Schlachttiertransporte nur bis zum nächstgelegenen geeigneten inländischen Schlachtbetrieb durchgeführt werden dürfen; wenn bei Einhaltung der kraftfahrrechtlichen und straßenpolizeilichen Vorschriften eine Gesamttransportdauer von sechs Stunden und eine Entfernung von 130 km nicht überschritten werden, darf ein Schlachttiertransport jedenfalls durchgeführt werden. Dabei werden die tatsächlich auf der Autobahn zurückgelegten Kilometer nur zur Hälfte bei der Berechnung der Entfernung berücksichtigt.

Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer die Durchführung der Schlachttiertransporte als Vorsitzender des Vorstandes der R eG vom Sitz dieses Unternehmens in G in Deutschland aus durchführen ließ und somit im Sinne des § 2 Abs. 2 VStG jedenfalls nicht "im Inland gehandelt hat". Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides sei

"die in Rede stehende Verwaltungsübertretung strafbar, da der zum Tatbestand gehörige Erfolg im Inland eingetreten ist. Ziel des Gesetzes ist es unter anderem, auf natürliche Verhaltensweisen und Bedürfnisse der Tiere so weit wie möglich Rücksicht zu nehmen. Aus den Materialien zu diesem Gesetz ist ersichtlich, daß im Sinne eines umfassenden Schutzes die von Lebentiertransporten ausgehenden Gefahren für Leben und Gesundheit der beförderten Tiere und der Verkehrsteilnehmer so weit wie möglich minimiert werden sollen und für den Bereich des Straßenverkehrs die Bestimmungen des Europäischen Übereinkommens über den Schutz von Tieren bei internationalen Transporten verwirklicht werden sollen. Zu bedenken ist, daß derartige Bestimmungen nie zur Anwendung kommen würden, wenn man davon ausgehen müßte, daß die Gesamttransportdauer von sechs Stunden und eine Entfernung von 130 km überschritten werden dürfen, zumal es sich bei Österreich um einen kleinen Staat handelt und daher eine Überschreitung der genannten Regelungen bei der Durchfahrt gar nicht möglich wäre. Dies widerspricht eindeutig dem Schutzzweck der Norm."

Damit verkennt die belangte Behörde die Rechtslage:

Der Eintritt des zum Tatbestand gehörenden Erfolges im Inland im Sinne des § 2 Abs. 2 VStG setzt das Vorliegen eines sogenannten Erfolgsdeliktes voraus. Darunter ist ein solches Delikt zu verstehen, bei dem der Eintritt des Erfolges Tatbestandsvoraussetzung für das Vorliegen des vollendeten Deliktes ist. Der Umstand, daß ein Gebot oder Verbot einen bestimmten Zweck verfolgt, macht diesen Zweck noch nicht zum Tatbestandsmerkmal und damit dessen Vereitelung noch nicht zum Erfolg im Sinne des § 2 Ab. 2 VStG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 1989, Zl. 89/18/0055). Beim Erfolg im Sinne der genannten Bestimmung handelt es sich vielmehr um die durch ein Verhalten herbeigeführte - kausale - Folge, die in einer Verletzung oder Gefährdung des geschützten Rechtsgutes bestehen kann und Teil des Tatbestandes ist (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, Rz. 727; Hellbling, Kommentar zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen II, 29). Ein derartiger Erfolg gehört jedoch nicht zum Tatbestand der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nach § 16 Abs. 3 Z. 4 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 TGSt. Diese sind demnach keine Erfolgsdelikte.

Da somit von einer Begehung der Verwaltungsübertretungen im Inland nicht gesprochen werden kann, ist der Beschwerdeführer gemäß § 2 Abs. 1 VStG nicht strafbar.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Ein Eingehen auf das weitere Vorbringen in der Beschwerde erübrigte sich.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schriftsatzaufwand konnte nur in der Höhe des pauschalierten Betrages zugesprochen werden, Ersatz für Stempelgebührenaufwand war nur in dem zur Rechtsverfolgung erforderlichen Umfang zuzuerkennen (für die Beschwerde in dreifacher Ausfertigung sowie für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996030251.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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