TE Lvwg Erkenntnis 2021/8/5 LVwG-M-19/004-2021

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Veröffentlicht am 05.08.2021
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Entscheidungsdatum

05.08.2021

Norm

B-VG Art130 Abs1 Z2
StVO 1960 §89a Abs2 litb
StVO 1960 §52 Z13b
StVO 1960 §54 Abs5

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Mag. Dr. Goldstein als Einzelrichter über eine auf Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG gestützte Beschwerde des Herrn B im Zusammenhang mit einer Amtshandlung durch Organe des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** am 19.03.2021 (Entfernung von drei Mülltonnen sowie 7 Pflanzentrögen mit Thujen), zu Recht erkannt:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4
B-VG nicht zulässig (§ 25a VwGG).

Entscheidungsgründe:

I.   Zum Beschwerdevorbringen:

Mit Schriftsatz vom 17. Mai 2021 erhob der Beschwerdeführer eine auf Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG gestützte Beschwerde gegen die Entfernung von drei Mülltonnen (Restmüll-, Bio- und Papiermülltonne) sowie 7 Pflanzentrögen mit Thujen durch Organe des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** am 19. März 2021.

Er brachte vor, dass die genannten Gegenstände auf seinem privaten Grundstück gestanden seien. Im Jahr 2007 sei die Straße vor seinem Haus neu asphaltiert worden, wobei der Verlauf zu seinem Ungunsten verschoben worden sei, sodass die Asphaltierung entgegen dem ursprünglichen Verlauf nicht auf öffentlichem Gut, sondern auf seinem Grund erfolgt sei.

Durch Verordnungen der Stadtgemeinde *** (Halten und Parken verboten mit Abschleppzone) werde der Beschwerdeführer an jedweder Nutzung seines Eigentums gehindert. Er könne an der betroffenen Grundstücksfläche weder Fahrzeuge abstellen noch die Fläche anderweitig nutzen, was eine faktische Enteignung darstelle. Es sei außerdem genügend Raum vorhanden, um die öffentliche Straße in hinreichender Breite auf öffentlichem Grund verlaufen zu lassen.

Seit der Asphaltierung der besagten Fläche werde diese nun anstelle des öffentlichen Grundes durch andere Anrainer benutzt. Der Beschwerdeführer habe die Mülltonnen aufgestellt, um sein Eigentum zu schützen.

Die Polizei habe mehrere Strafen gegen den Beschwerdeführer wegen des Verstoßes gegen das Parkverbot verhängt, obwohl es sich um seinen eigenen Grund handle. Schließlich seien die Verwaltungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich gelandet. Im Rahmen der Verhandlung habe ein Gutachter angeführt, dass genügend öffentliche Fläche vorhanden sei, diese aber nicht sicher für den Verkehr sei (diese wäre nicht befestigt), womit das Verkehrszeichen „Halte- und Parkverbot sowie Abschleppzone" dort gelte, wo der Asphalt wäre. Der Gutachter habe nicht wissen können, dass bis 2001 über dem öffentlichen Grund nur eine asphaltierte Straße mit der Breite von 2m und eine nicht befestigte Fläche mit der Breite von 1m verlaufen sei, welche bis dato befahren bzw. benutzt worden sei. Der Gutachter habe jedoch festgestellt, dass diese Fläche, welche in der Breite von 1m asphaltiert und die andere in der Breite von 2m nicht asphaltiert sei, nicht sicher für den Verkehr sei, was nicht den Tatsachen entspreche. Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich habe dem Gutachter geglaubt, die Beschwerden abgewiesen und die Strafen der Polizei bestätigt.

Zudem seien mehrere Verfahren zur Grenzfeststellung anhängig.

II. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Mit Schreiben vom 20. Mai 2021 wurde die belangte Behörde eingeladen, binnen drei Wochen ab Zustellung hierzu eine Gegenschrift zu erstatten und dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die bezughabenden Akten vorzulegen.

Mit Schreiben vom 8 Juni 2021 legte die belangte Behörde die bezughabenden Akten inklusive einer Fotodokumentation der Entfernung sowie der örtlichen Gegebenheiten vor und führte aus, dass in Folge der Verkehrsbeeinträchtigung durch die Gegenstände gemäß § 89a StVO 1960 einzuschreiten war.

Die Gegenstände seien am 19.03.2021 um 09:00 Uhr vom städtischen Wirtschaftshof gemäß § 89a Abs. 2 lit. b StVO 1960 entfernt worden.

Weiters wurde in den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Verwaltungsakt des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Zl. Senat-PL-12-0225, sowie den Verordnungsakt der belangten Behörde, Zl. ***, Einsicht genommen.

III. Feststellungen:

Bei der Gemeindestraße „***“, welche mehrere Liegenschaften aufschließt, handelt es sich um eine Sackstraße ohne Umkehrplatz mit einer Länge von ca. 90 m. Angebunden wird diese im Norden an die ***.

Am 27. September 2011 hat der Bürgermeister der Stadtgemeinde *** gemäß § 43 Abs. 1 lit. b iVm § 94 d Z 4 StVO 1960 folgendes verordnet:

„An der östlichen Straßenseite des östlichen Astes der *** ist Richtung Süden beginnend ab der nördlichen Grenze der Liegenschaft *** bis zur nördlichen Grenze der Liegenschaft *** „Halten und Parken verboten“.“

Weiters wurde die Kundmachung durch die entsprechenden Verkehrszeichen angeordnet. Mit Verordnung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 14. Oktober 2011 wurde diese Verordnung aufgehoben.

Am 14. Oktober 2011 hat der Bürgermeister der Stadtgemeinde *** auf Grundlage des § 43 Abs. 1 lit. b Z 1 iVm § 89a Abs. 2 lit. b StVO 1960 folgende Verordnung erlassen:

„Halte und Parken verboten sowie Abschleppzone

Diese Verkehrsmaßnahme gilt: An der östlichen Straßenseite des östlichen Astes der *** beginnend ab der nördlichen Grenze der Liegenschaft *** bis zur nördlichen Grenze der Liegenschaft *** wie planlich rot dargestellt.“

Weiters wurde die Kundmachung durch entsprechend näher angeführte Straßenverkehrszeichen mit der Zusatztafel „Abschleppzone“ angeordnet und kundgemacht. Diese Verordnung steht nach wie vor in Geltung.

Dieser Verordnung liegt folgende verkehrstechnische Stellungnahme vom 6. Oktober 2011 zugrunde:

„Basierend auf Ihrer Verordnung eines Halte- und Parkverbotes am östlichen Ast der Gemeindestraße „***“ (VO vom 27. September 2011) wird für eine Zusatztafel gem. § 54 Abs.5 lit. j „Abschleppzone“ ein positives Gutachten erstellt, zumal durch ein entsprechendes Verparken (siehe VHS vom 6. Juli 2011 der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten) die Durchfahrt zur dahinter liegenden Liegenschaft mit Einsatzfahrzeugen (z. B. Feuerwehr) behindert werden kann. Die Behinderung der Erreichbarkeit von Liegenschaften mit z. B. Feuerwehrfahrzeugen stellt somit – verkehrstechnisch gesehen – eine Verkehrsbeeinträchtigung dar, die die Verordnung einer Abschleppzone als Zusatztafel gem. § 54 Abs. 5 lit. j StVO 1960 unterhalb eines Halte- und Parkverbotes gem. § 52 Z 13b StVO 1960 rechtfertigt.“

Zudem fand eine verkehrstechnische Überprüfung der gegenständlichen Örtlichkeit durch die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten statt. Der verkehrstechnische Amtssachverständige A hat dazu ausgeführt:

„Im Zuge der ***, Zufahrt zur Liegenschaft ***, besteht eine asphaltierte Straße, welche im Bereich des Endes derselben zum Teil durch Pflasterungen ersetzt wurde. Es verbleibt lediglich eine asphaltierte Breite von ca. 1,0 m, der Rest auf eine Breite von 5-6 m wurde gepflastert. Die Pflasterung selbst ist jedoch sehr uneben.

Derzeit besteht kein Hinweis auf eine Privatstraße oder eine Privatgrundstück dieser Pflasterung, sodass aus verkehrstechnischer Sicht gesehen es sich hier augenscheinlich um eine Verkehrsfläche handelt, welche für jedermann, unter gleichen Bedingungen benützt werden kann.

Hinsichtlich der Erreichbarkeit der dahinter liegenden Liegenschaft, speziell für Einsatzfahrzeuge (Feuerwehrfahrzeuge, usw.) wird auf die Bestimmungen der TRVB F134 hingewiesen, datiert mit 22.01.1987. Gemäß dieser Richtlinie, .3.2 müssen geradlinig geführte Feuerwehrzufahrten eine Breite von mindestens 3,5 m aufweisen. Obwohl diese Richtlinie die erforderlichen notwendigen Flächen zur Rettung von Menschen und zur Durchführung wirksamer Löscharbeiten lediglich auf Privatgrundstücken regelt, so kann diese - verkehrstechnisch betrachtet - sinngemäß auf öffentliche Verkehrsflächen übertragen werden. Bei der derzeitigen, im schlimmsten Fall, asphaltierten Fläche von 1,0 m Breite, mit dem abfallenden Bankett in Richtung *** ist eine derartige sicherheitstechnische Maßnahme nicht möglich. Insofern ist derzeit eine Befahrbarkeit dieser Gemeindestraße mittels Rettungsfahrzeuge auf Basis der Richtlinie TRVB F134 nicht möglich.“

Im Verordnungsakt befindet sich ein weiteres Gutachten des verkehrstechnischen Amtssachverständigen A vom 25. Oktober 2012, welches wie folgt lautet:

1. Allgemeines

Die Abteilung Verkehrsrecht hat mit Schreiben vom 20. April 2012 um Erstellung eines Gutachtens mit der Grundsatzfrage gestellt, ob es sich beim nordwestlichen Teil des Grundstückes Nr. ***, KG *** (angrenzend an die Gemeindestraße, Grst. Nr. ***, KG ***) um eine Straße im Sinne des § 2 Abs 1 Z 1 StVO 1960 handelt.

Im Detail soll ein Gutachten zu folgenden Fragen erstellt werden:

1)   Ist der den Anlass für die Äußerungen des Beschwerdeführers bildende, dem Grundstück Nr. ***, KG ***, EZ ***, nächstgelegene Teil seiner Liegenschaft faktisch eine dem Fußgänger - und /oder Fahrzeugverkehr bestimmte/dienende Landfläche? Bejahenfalls in welchem Ausmaß?

2)   Dient dieser Liegenschaftsteil zur Befriedigung eines notwendigen Verkehrsbedürfnisses?

3)   Ist dieser Liegenschaftsteil von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützbar?

Diesbezüglich wurde am 10. Oktober 2012 in den späten Nachmittagsstunden ein Ortsaugenschein unter Beobachtung des Anrainers Hm. B, durchgeführt.

2. Befund

Begriffsbestimmungen:

Eingangs ist es erforderlich, jene Begriffsbestimmungen näher zu definieren, welche in diesem Gutachten Verwendung finden. Diese entsprechen jenen der RVS (Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen) sowie der StVO (Straßenverkehrsordnung) 1960.

RVS (Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen):

Gemäß der RVS 03.03.31 „Querschnittselemente Freilandstraßen; Verkehrs- und Lichtraum“ reicht die Fahrbahn bis zum äußeren befestigten Rand. Hier schließen der äußere unbefestigte Seitenstreifen sowie der Außenstreifen an. Bankett ist dabei definiert als Summe aus äußerem unbefestigten Seitenstreifen und Außenstreifen. Eine analoge Definition ergibt sich auch gem. der RVS 03.03.81 „Ländliche Straßen und Güterwege“, auch hier schließt das Bankett direkt an die befestigte Fahrbahn an. Die Breite des Bankettes zur Böschungen ist in dieser RVS 03.03.81 für befestigte Fahrbahnen mit einer Breite von 3m mit zumindest 0,3m festgelegt. Voraussetzung dafür ist natürlich eine entsprechende Trag- und Belastungsfähigkeit der Böschung sowie entsprechende Rückhaltesysteme (z. B. Leitschienen).

Hinsichtlich der Freihaltung des Verkehrsraumes (jener Teil, der zur Abwicklung der Verkehrsvorgänge dient) wird die RVS 03.03.31 herangezogen. Die Breite des Verkehrsraumes ist dabei gleich der Fahrbahnbreite, seine Höhe beträgt 4,2m. Insofern wird hier die Grenze des Verkehrsraumes gleichgesetzt mit dem Fahrbahnrand, somit der Grenze zum Bankett.

StVO (Straßenverkehrsordnung) 1960:

Als Straße wird in § 2 Abs. 1 Ziff. 1 StVO 1960 eine für den Fußgänger- und Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche samt den in ihrem Zuge befindlichen und diesem Verkehr dienen baulichen Anlagen bezeichnet, wobei als Zweck der Fortbewegung die Raumüberwindung im Vordergrund stehen muss. Als „Fahrbahn“ wird in § 2 Abs. 1 Ziff. 2 StVO 1 960 jener Teil der Straße definiert, der für den Fahrzeugverkehr bestimmt ist. Als Straßenbankett wird in § 2 Abs. 1 Ziff. 6 StVO 1960 der seitliche, nicht befestigte Teil einer Straße definiert, der zwischen Fahrbahn und dem Straßenrand liegt. Da das Bankett an die Fahrbahn - also an jenen für den Fahrzeugverkehr bestimmte Teil der Straße anschließt - darf das Bankett nicht befahren, wohl aber begangen werden (§76 Abs. 1 StVO 1960).

Örtliche Verhältnisse:

Bei der Gemeindestraße, welche ca. 6 Liegenschaften aufschließt, handelt es sich um eine Sackstraße ohne Umkehrplatz mit einer Länge von ca. 90m. Angebunden wird diese im Norden an die *** (Bild 1), südlich schließt das Grst. Nr. ***, KG ***, an.

Im Bereich der Grst. Nr. ***, KG ***, weist die Gemeindestraße eine Höhe von ca. 210m ü. A. auf, die unmittelbar westlich dieser Gemeindestraße verlaufende *** eine Höhe von ca. 206m ü. A. Insofern besteht im Bereich der Liegenschaft Grst. Nr. ***, KG ***, eine ca. 4m hohe Böschung, wozu als Begrenzung zur darunter liegenden *** auch eine Böschungsmauer errichtet wurde (Bild 2).

[Zum beigefügten Lichtbild Nr. 1 ist angemerkt: „Blick Richtung Süden; Einbindung der Gemeindestraße in die ***“]

[Zum beigefügten Lichtbild Nr. 2 ist angemerkt: „Blick Richtung Süden; Böschungsmauer entlang *** auf Höhe der Liegenschaft Grst. Nr. ***, KG ***]

Die Gemeindestraße, Grst. Nr. ***, verläuft einstreifig asphaltiert in einer Breite von ca. 3m (siehe Naturdarstellung des C vom 22. April 2010) in Richtung Süden, bis ein mit Pflastersteinen versehener Schrägparkplatz in den stetigen Verlauf des östlichen asphaltierten Fahrbahnrandes ragt (Bilder 3, 4 und 6).

[Zum beigefügten Lichtbild Nr. 3 ist angemerkt: „Blick Richtung Süden in Gemeindestraße, links Beginn der Liegenschaft ***, KG ***“]

[Zum beigefügten Lichtbild Nr. 4 ist angemerkt: „Blick Richtung Süden auf die gepflasterten Schrägparkplätze, im Hintergrund die Liegenschaft Grst. Nr. ***, KG ***“]

Am nördlichen Ende der Schrägparkplätze befindet sich, angebracht an einer Hausmauer der Liegenschaft Grst. Nr. ***, KG ***, ein Hinweis auf eine Privatgrundstück mit dem Wortlaut "Privatgrundstück, Betreten verboten" (Bild 5).

[Zum beigefügten Lichtbild Nr. 5 ist angemerkt: „Blick auf den Hinweis des Privatgrundstückes nördlich der Schrägparkplätze“]

[Zum beigefügten Lichtbild Nr. 6 ist angemerkt: „Blick Richtung Süden auf Straßenauf teilung, Höhe Grst. Nr. ***, KG ***“]

Der westliche Rand der einstreifig asphaltierten Fahrbahn verläuft ohne nennenswerte Unstetigkeitsstellen, wobei im Bereich der gepflasterten Schrägparkplätze (Grst. Nr. ***, KG ***) ein befahrenes Bankett besteht (Bilder 6, 7, und 11).

[Zum beigefügten Lichtbild Nr. 7 ist angemerkt: „Blick Richtung Norden auf Straßenaufteilung, Gegenrichtung vom Bild 6“]

Im Bereich der Grst. Nr. ***, KG ***, erfolgt die Aufteilung in Schrägparkplätze, Asphaltstreifen und ausgefahrenes Bankett (Bilder 6, 7 und 11).

[Zum beigefügten Lichtbild Nr. 8 ist angemerkt: „Breite des Asphaltbandes ca. an dessen engsten Stelle“]

[Zum beigefügten Lichtbild Nr. 9 ist angemerkt: „Breite ab Ende Schrägparkplätze bis Ende Asphaltband“]

Die Breite des Asphaltbandes beträgt ca. 1,2 bis 1 ,3m an dessen engsten Stelle, die Breite des ausgefahrenen Bankettes ca. 2m (Bilder 8, 9 und 10).

[Zum beigefügten Lichtbild Nr. 10 ist angemerkt: „Breite ab Ende Schrägparkplätze bis Ende Bankett (Böschungsbeginn)“]

Durch den Baumbewuchs in der Böschung wird das Lichtraumprofil auf eine lichte Höhe von ca. 2,6m im Bereich des westlichen asphaltierten Fahrbahnrandes sowie auf ca. 2m im Bereich des äußeren Bankettrandes (Böschungsbeginn) eingeschränkt (Bilder 7, 11 ).

[Zum beigefügten Lichtbild Nr. 11 ist angemerkt: „Einschränkung des Lichtraumprofiles durch den Baumbewuchs (ersichtlich ist auch Maßband zur Messung der Aufteilung, bis zur eigentlichen Böschung reichend)“

3. Gutachten:

3a) Grundlagen zur gutachtlichen Schlussfolgerung:

Parkplatzgestaltunq sowie Verbotsschild:

Weder auf den gepflasterten Schrägparkplätzen noch im unmittelbaren Bereich dieser Parkplätze sind Hinweise vorhanden, die eindeutig auf Privatparkplätze hinweisen. Das Schild „Privatgrundstück, Betreten verboten“, angebracht auf der Hausmauer wird - technisch betrachtet - als ansatzlos angesehen, zumal ein Zusammenhang mit den Parkplätzen nicht erkennbar ist. Derartige Hinweise verbindet man eher mit Eingängen bzw. Zugängen zu Grundstücken, ein Zugangsmöglichkeit - als Voraussetzung für die Möglichkeit eines verbotenen Betretens - ist im Bereich dieser Hinweistafel jedoch nicht vorhanden (Bild 4 ).

Verlauf des Fahrbahnrandes (Bilder 3, 4 und 6):

Die gepflasterten Schrägparkplätze unterbrechen ansatzlos den kontinuierlichen Verlauf des östlichen Fahrbahnrandes der Gemeindestraße, sodass ein unstetiger Verlauf des Fahrbahnrandes entsteht. Derartige Unstetigkeitsstellen widersprechen nicht nur den Erwartungswerten der Fahrzeuglenker (aufbauend auf deren Erfahrungen), sondern sind auch der Verkehrssicherheit abträglich. Im Besonderen stellen jedoch die unangekündigten, stufenförmige Erhebungen (Pflasterung der Schrägparkplätze) im kontinuierlichen Verlauf des östlichen Fahrbahnrandes ein Sicherheitsproblem speziell für einspurige Fahrzeuge dar (Sturzgefahr).

Bereich Schräqparkplätze (Bilder 8, 9 und 10):

Im Bereich der Schrägparkplätze verbleibt ein Asphaltband (an der engsten Stelle) von ca. 1,2 - 1,3m. Die Abwicklung eines mehrspurigen Fahrzeugverkehrs (PKWs, LKWs, ..) auf diesem Asphaltband ist nicht möglich, womit sich das ausgefahrene Bankett begründet. Ein Bankett ist jedoch nicht Teil der Fahrbahn und dient somit nicht zur Abwicklung des Fahrzeugverkehrs, sodass lediglich eine Breite zur Abwicklung des Fahrzeugverkehrs von ca. 1 ,2 bis 1 ,3m verbleibt.

Die Gesamtbreite, bestehend aus Asphaltband und ausgefahrenem Bankett, beträgt ca. 2,8m bis 3m, entsprechend der Breite einer einstreifig geführten Fahrbahn. Hier ist ersichtlich, dass Fahrzeuglenker das Bankett mitbenützen (müssen), um zur Liegenschaft ***, KG ***, zu gelangen. Problematisch ist dabei faktisch das eingeschränkte Lichtraumprofil infolge des Bewuchses - speziell außerhalb des Fahrbahnrandes - sowie die angrenzende Böschung ohne Leit- bzw. Rückhaltesystemen.

Straßenbreite:

Die Erschließung von Bauland- Wohngebiet durch Straßen, welche keine Wohnwege im Sinne des § 71 NÖ Bauordnung sind, stellt die weitgehend bekannten Anforderungen an die Erschließungsstraße:

?    Längsbewegungen von Fußgängern und Fahrzeugen sowohl der Bewohner als auch der Besucher

?    Längsbewegungen und die Abstellvorgänge für Liefer- und Ladetätigkeiten auch mit LKWs

?    Fahrten mit Fahrzeugen des öffentlichen Dienstes (auch LKW)

?    Fahrten mit Einsatzfahrzeugen (Feuerwehr, Rettung)

?    Flächenerfordernisse für das geordnete Zu- und Abfahren bei den Grundstücken

?    Sichterfordernisse bei den Grundstücksausfahrten

?    Verlegung von Einbauten und Aufstellung von Straßenbeleuchtungseinrichtungen im Straßenbereich

?    Winterdienstmöglichkeiten und ausreichenden seitlichen Raum für Schneelagerungen

Wenn, wie im gegenständlichen Fall, die Erschließungsstraße eine Sackgasse darstellt, sind weitere Randbedingungen zu berücksichtigen:

?    Größere Fahrzeuge - aber zum Teil auch PKWs - müssen wegen des fehlenden Umkehrplatzes die Sackstraße auch im Rückwärtsgang befahren

?    Für die Bewohner steht nur eine einzige Anbindung an das übergeordnete Straßennetz zur Verfügung (anders als im üblichen Rasternetz)

?    Auf Sackstraßen fällt im Gebrechensfall ein Freiheitsgrad für die Zu- und Ausfahrt weg, wie er ansonsten bei Straßensperren (z.B. Rohrbruch, Grabungsarbeiten) auch auf schmalen Straßen noch aus einer Richtung gegeben ist.

Eine wesentliche Nebenfunktion in der Sackgasse ist daher, solche ausreichend breiten Querschnitte zur Verfügung zu haben, die eine Noterreichbarkeit - man denke an Einsatzfahrzeuge - auch bei halbseitigen Sperren ermöglichen.

Verkehrsaufkommen auf der Gemeindestraße im Bereich der Liegenschaft Grst. Nr. ***, KG ***:

Betroffen von der Einengung der Fahrbahn der Gemeindestraße durch die Schrägparkplätze sind die beiden Liegenschaften Grst. Nr. *** (Liegenschaft entlang der Schrägparkplätze) und Grst. Nr. *** (Liegenschaft am Ende der Sackgasse), alle KG ***. Insofern wird das Verkehrsaufkommen von zwei einzelnen Liegenschaften hergeleitet.

Zu erwarten ist ein Aufkommen von Fußgängern und Fahrzeugen, wie es nach den Erfahrungen des täglichen Lebens in einer Siedlungslage der ländlichen Region ohne fußläufig erreichbare Infrastruktur vorstellbar ist. Die örtlichen Verhältnisse bedeuten einen hohen Motorisierungsgrad (die nächste Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels ist eine Linienbushaltestelle und befindet sich ca. 200m nördlich im Zuge der ***) und somit eine Verkehrsaufteilung, bei der der Großteil der Wege der Bewohner mit dem Kraftfahrzeug abgewickelt wird.

Von besonderer Bedeutung ist die Tatsache, dass die eingeengte Gemeindestraße als Sackgasse ohne Umkehrplatz geführt ist, was zusätzliche Nutzungsansprüche bedingt. Auf diese wurde bereits gesondert eingegangen.

Eine rechnerische Abschätzung des Verkehrsaufkommens in der Wohnsiedlung kann unter Verwendung von Erfahrungswerten aus der Literatur von Haushaltsgrößen, Wegehäufigkeiten, Anteilen des motorisierten Verkehrs sowie PKW- Besetzungsgraden so erfolgen, wobei die Ergebnisse die für die Nutzung typischen Durchschnittswerte aber nicht zwingend aktuelle Verkehrsfrequenzen repräsentieren.

Führt man für den ländlichen Standort unter Berücksichtigung der öffentlichen Verkehrsanbindung und Infrastruktur eine derartige rechnerische Abschätzung des Verkehrsaufkommens durch, so können die Basisdaten für den Verkehrszweck „Wohnen“ nach dem in der deutschsprachigen Fachliteratur bekannten Verfahren von Bosserhof („Verkehrsaufkommen durch Vorhaben der Bauleitplanung und Auswirkungen auf die Anbindung an das Straßennetz“ bzw. „Integration von Verkehrsplanung und räumlicher Planung, Abschätzung der Verkehrserzeugung durch Vorhaben der Bauleitplanung“, Heft 42 der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung, 2005) abgeleitet werden.

Folgende Basisdaten ergeben sich daraus:

Haushaltsgröße: 3 Einwohner/Wohneinheit

Wegehäufigkeit: 3,5 Wege/Person und Tag

Anteil am motorisierten Verkehr (MIV): 70%

Besetzungsgrad: 1,2 Personen/PKW

Verwendet wurde dazu der Schlüssel mit 20-70 EW/ha (Nettowohnbauland bei freistehenden Einfamilienhäusern)

Die Berechnung liefert nun für 2 Wohneinheiten 21 Wege der Bewohner pro Tag. Diese werden abgewickelt in Form von 13 PKW-Fahrten/Tag und 7 Wegen von Fußgängern und Radfahrern/Tag. Dazu kommt noch der Besucher,- Liefer- und Entsorgungsverkehr in der Größenordnung von 15% des Bewohnerverkehrs (2 KFZ- Fahrten/Tag) In Summe sind somit infolge der beiden aufzuschließenden Liegenschaften ein KFZ- Verkehrsaufkommen von ca. 15 KFZ/Tag (inklusive Liefer- und Entsorgungs-LKW) sowie ein Aufkommen im nicht motorisierten Verkehr von ca. 7 Wegen von Fußgängern und Radfahrern pro Tag abzuleiten.

Anmerkung: Die Anzahl der Liegenschaften ist proportional zum Verkehrsaufkommen, so dass durch einfache Division bzw. Multiplikation der Werte das Verkehrsaufkommen für mehr oder weniger Liegenschaften leicht ermittelt werden kann.

3b) Gutachtliche Schlussfolgerung:

Beweisthemen Pkt. 1 und 3 gem. Befund:

Auf Grund der örtlichen Situation sowie den Feststellungen im Pkt. 3a, gemäß der

?    kein ausreichend erkennbarer Hinweis auf Privatparkplätze vorliegt

?    der kontinuierliche Verlauf des östlichen Fahrbahnrandes über diese Schrägparkplätze verläuft

?    die Breite zwischen westlichem Fahrbahnrand und gepflasterten Schrägparkplätzen mit ca. 1,2 bis 1,3m bei weitem zu gering ist, um einen mehrspurigen Fahrzeugverkehr abwickeln zu können

?    speziell ab dem westlichen Fahrbahnrand eine deutliche Reduzierung des Lichtraumprofiles in der Höhe vorliegt, sodass auch dadurch der Eindruck entsteht, dass die benötigte Fahrfläche sich nur in Richtung Osten (Richtung Schrägparkplätze) erstrecken kann

?    die Kundmachung des Halte- und Parkverbotes inkl. Zusätzen am östlichen augenscheinlichen Straßenrand erfolgt

wird für den Fahrzeuglenker im Bereich der Schrägparkplätze der Eindruck einer Verkehrsfläche vermittelt, welche als für jedermann unter den gleichen Voraussetzungen benutzbar ist.

Hinsichtlich des augenscheinlichen Ausmaßes dieser Verkehrsfläche wird als Grenze die faktische Liegenschafsgrenze (Einzäunung, Hausmauer) angenommen, zumal

?    die Schrägparkplätze bis an die Hausmauer bzw. Einzäunung der Grst. Nr. ***, KG ***, reichen

?    die Kundmachung des Halte- und Parkverbotes inkl. Zusätzen ebenso in Weiterverlängerung dieser Grundstückseinzäunung erfolgt, wodurch der Eindruck entsteht, dass der Geltungsbereich dieses Vorschriftszeichens sich auch auf den Bereich der Schrägparkplätze erstreckt (Bild 4).

Unabhängig davon wird eine Straßenbreite von zumindest 6m (siehe Pkt. 3a „Straßenbreite“)

?    zur Vermeidung von Gefährdungen von Fußgängern und Fahrzeugen im Begegnungsfall bzw. Rückwärtsfahrt von LKWs, speziell im Falle der winterdienstmäßigen Betreuung (Bedarf an Schneeablagerungsflächen)

?    zur Sicherstellung der besonderen Funktionen von Sackstraßen

?    zur Ermöglichung einer halbseitigen Sperre im Bedarfsfall (3m verbleibende Straßenbreite bei halbseitiger Sperre)

als erforderlich angesehen.

Zu dieser Straßenbreite von 6m ist noch der Breitenbedarf für Stützbauwerke, Leitschienen usw. zu addieren.

Beweisthema Pkt. 2 gem. Befund:

Hinsichtlich der Befriedigung eines notwendigen Verkehrsbedürfnisses kann auf Grund der fehlenden Definition dieses Begriffes keine allgemein gültige Stellungnahme gegeben werden. Fällt in den Begriff,, Verkehrsbedürfnis“ jedoch die Erschließung der Liegen schaften Grst. Nr. *** und ***, KG *** - aus technischer Sicht ist dieser Begriff so zu interpretieren - so liegt ein Verkehrsbedürfnis vor (Verkehrsaufkommen siehe Pkt. 3a).

In der Natur zu erkennen ist die faktische Notwendigkeit der Zufahrtsmöglichkeit zu er kennen am ausgefahrenen Bankett auf Höhe der Schrägparkplätze trotz des verminderten Lichtraumprofiles und der angrenzenden Böschung.“

Dieses Gutachten wurde im Rahmen einer Verordnungsprüfung durch den Landeshauptmann von Niederösterreich erstellt, welcher folgendes Schreiben an den Beschwerdeführer richtete:

„Sehr geehrter Herr B!

Sie haben mit zwei verschieden adressierten, jeweils mit 9. Jänner 2012 datierten, Eingaben die Überprüfung und Aufhebung der vom Bürgermeister der Stadtgemeinde *** für den östlichen Ast der *** (zwischen der ONr. *** und ***) erlassenen Verordnung vom 27. September 2011 ("Halten und Parken verboten") angeregt.

ln Bearbeitung dieser Ihrer Anregungen ist dem Amtssachverständigen für Verkehrstechnik aufgetragen worden, folgende Fragen zu behandeln:

"1. Ist der den Anlaß für die Äußerungen des Beschwerdeführers bildende, dem
Grundstück Nr. ***, KG ***, EZ ***, nächstgelegene Teil
seiner Liegenschaft faktisch eine dem Fußgänger- und/oder Fahrzeugverkehr
bestimmte/dienende Landfläche? Bejahendenfalls in welchem Ausmaß?

2. Dient dieser Liegenschaftsteil zur Befriedigung eines notwendigen Verkehrs-
bedürfnisses?

3. Ist dieser Liegenschaftsteil von jedermann unter den gleichen Bedingungen
benützbar?"

Im erstatteten Gutachten vom 25. Oktober 2012 - es ist zu Ihrer Kenntnisnahme diesem Schreiben beigegeben - geht der Amtssachverständige für Verkehrstechnik auf die erwähnten Fragen ausführlich ein und beantwortet sie dahingehend, daß der "Eindruck einer Verkehrsfläche vermittelt wird, welche als [solche] für jedermann unter den gleichen Voraussetzungen benutzbar ist". Hinsichtlich des "augenscheinlichen Ausmaßes dieser Verkehrsfläche wird als Grenze die faktische Liegenschaftsgrenze (Einzäunung, Hausmauer) angenommen".

Für die Sicherstellung einer notwendigen "Erschließung der Liegenschaften" liegt- aus (verkehrs-)technischer Sicht- ein Verkehrsbedürfnis vor.

Nachdem Straßen ohne öffentlichen Verkehr der Verordnungsgewalt der Behörde

entzogen sind, kommt dem im Sachverhalt des verkehrstechnischen Gutachtens

dargestellten "Eindruck einer Verkehrsfläche, welche als [solche] für jedermann unter den gleichen Voraussetzungen benutzbar ist" wesentliches Gewicht zu.

Es ist nun klar, daß die umfassend festgehaltenen örtlichen Gegebenheiten (vgl. hiezu die im Gutachten enthaltenen Bilder) eine das Verkehrsbedürfnis zufriedenstellende Regelung nötig machen, zumal es sich bei der von Ihrer Anregung erfaßten Straße um eine Straße mit öffentlichen Verkehr handelt. Nur für Straßen mit öffentlichem Verkehr können von der Behörde Verordnungen erlassen werden.

Die Erforderlichkeit der von Ihnen in Frage gestellten Verordnung ("Halten und Parken verboten") des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** erscheint aber schon deswegen gegeben, weil die *** als Straße mit öffentlichem Verkehr durch unberechtigt errichtete Einbauten (plateauartige Anrampung im Bereich von Schrägparkstellen) und Veränderungen des Verlaufes der durch jene zum Teil blockierten Fahrbahn beeinträchtigt wird, wodurch die ungefährdete Erschließung der Liegenschaften ausgeschlossen - jedenfalls aber zumindest erschwert - wird.

Unseres Erachtens besteht daher kein Grund, die gegenständliche Verordnung des

Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** gemäß § 88 Abs. 1 NÖ Gemeindeordnung 1973 aufzuheben.“

Bei der vom Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ im Verfahren zur Zl. Senat-PL-0225 durchgeführten Verhandlung am 21. Mai 2013 wurde dem nunmehrigen Beschwerdeführer der Verordnungsakt der Stadtgemeinde *** zur Einsicht übergeben. Der verkehrstechnische Amtssachverständige ergänzte sein Gutachten wie folgt:

„In Ergänzung und Erläuterung zu den verkehrstechnischen Gutachten vom 25.10.2012 sowie 26.03.2013 wird Folgendes festgehalten:

Die positive Begutachtung eines Halte- und Parkverbotes mit dem Zusatz „Abschleppzone“ erfolgte aus dem Grund, da durch die neu geschaffenen Schrägparkplatze auf Höhe der Liegenschaft *** eine Erreichbarkeit der dahinter liegenden Liegenschaft durch Blaulichtorganisationen (Rettung, Feuerwehr, …) nicht mehr sichergestellt war.

Der Grund lag auch darin, dass an den Asphaltrand ein unbefestigtes Bankett anschließt und sich dahinter eine abschüssige Böschung zur Landesstraße befindet. Es ist dem – spezielle LKW-Lenker – nicht augenscheinlich, in wie weit eine Befahrung des Bankettes sicherheitstechnisch auf Grund der abschüssigen Böschung möglich ist. Insofern war eine Erreichbarkeit auf befestigtem Asphalt erforderlich.

Insofern war eine kurzfristige Maßnahme erforderlich, um den Schutz der dahinter liegenden Liegenschaften und der sich darin befindlichen Personen zu gewährleisten.

Hinsichtlich der Situierung von Längsparkplätzen wird auf das verkehrstechnische Gutachten vom 26.03.2013 verwiesen. Diesbezüglich ist § 24 Abs. 3 lit. d StVO 1960 heranzuziehen, dem gemäß Halten und Parken auf Fahrbahnen mit Gegenverkehr verboten ist, wenn nicht mindestens zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr frei bleiben. Als Fahrstreifenbreite werden im Gesetz keine Daten genannt, aus der Judikatur ergibt sich eine Fahrstreifenbreite von 2,6 m. Da es sich bei der gegenständlichen Gemeindestraße um eine Sackstraße und es sich somit um keine Einbahnstraße handelt, ist diese Bestimmung heranzuziehen.

Eine Ausnahmemöglichkeit besteht jedoch gem. § 24 Abs. 2 StVO 1960, dass u.a. die Verpflichtung des Freibleibens von zwei Fahrstreifen dann nicht mehr besteht, wenn sich aus Bodenmarkierungen oder Straßenverkehrszeichen etwas anderes ergibt. Dies bedeutet im Konkreten die Markierung eines Längsparkplatzes bzw. Aufstellung eines Hinweiszeichens auf Höhe des gewünschten Parkplatzes. Da dies jedoch im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde liegt, ist dies im Detail durch die Stadtgemeinde *** zu genehmigen.“

Der Beschwerdeführer hat im Bereich des verordneten Halte- und Parkverbotes mit dem Zusatz „Abschleppzone“ die verfahrensgegenständlichen drei Mülltonnen (Restmüll-, Bio- und Papiermülltonne) sowie 7 Pflanzentröge mit Thujen abgestellt um zu verhindern, dass andere Anrainer diese Fläche befahren, zumal er der Ansicht ist, dass es sich hierbei um seinen Privatgrund handelt. Am 19. März 2021 um 9:00 Uhr wurden diese Gegenstände durch Mitarbeiter des Wirtschaftshofes der Stadtgemeinde *** entfernt.

IV. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Verordnung des Halte- und Parkverbotes mit Abschleppzone ergeben sich aus dem unbedenklichen Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie dem Verwaltungsakt des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich zur Zl. Senat-PL-0225. Die Umstände, dass diese Verordnung tatsächlich erlassen worden ist, durch die vorgesehenen Verkehrszeichen kundgemacht ist und nach wie vor in Geltung ist, sind unbestritten.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer die jeweiligen Gegenstände im Bereich des Halte- und Parkverbotes mit dem Zusatz „Abschleppzone“ abgestellt hat, beruht auf dessen eigenen Angaben in der eingebrachten Beschwerde und ist auch aus der Lichtbilddokumentation der Stadtgemeinde *** ersichtlich.

Die Entfernung dieser Gegenstände durch Mitarbeiter des Wirtschaftshofes der Stadtgemeinde *** beruht auf den übereinstimmenden Angaben der belangten Behörde sowie des Beschwerdeführers.

Vom Beschwerdeführer wird vorgebracht, dass die Landfläche, auf welcher die Gegenstände abgestellt waren, in seinem Eigentum steht. Eine Feststellung hierzu ist in Hinblick auf die folgenden rechtlichen Erwägungen nicht erforderlich, zumal diesem Umstand für die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde keine Entscheidungsrelevanz zukommt.

Sämtliche herangezogenen Unterlagen sind dem Beschwerdeführer bereits aus früheren Verfahren bekannt.

V.   Rechtslage und Erwägungen:

Im Rahmen eines Maßnahmenbeschwerdeverfahrens ist Gegenstand der Prüfung durch das Verwaltungsgericht alleine, ob der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären ist (VwGH 04.12.2020, Ra 2019/01/0163). Ausgehend von diesem Prozessgegenstand ist jene Sach- und Rechtslage maßgebend, die im Zeitpunkt der Setzung des Verwaltungsaktes bestand (VwGH 24.11.2015, Ra 2015/05/0063). Zu berücksichtigen sind nur solche Sachverhaltselemente, die dem einschreitenden Organ bei Anwendung der im Hinblick auf den Zeitfaktor zumutbaren Sorgfalt bekannt sein mussten (ex ante-Betrachtung aus dem Blickwinkel des einschreitenden Organs; VwGH 05.12.2017, Ra 2017/01/0373; 25.01.1990, 89/16/0163; 06.08.1998, 96/07/0053). Im Ergebnis ist daher zu prüfen, ob die einschreitenden Organe in zumindest vertretbarer Weise das Vorliegen der Voraussetzungen für ihr Einschreiten annehmen durften (VwGH 04.12.2020, Ra 2019/01/0163; 24.11.2015, Ra 2015/05/0063; 20.10.1994, 94/06/0119).

Gemäß § 89a Abs. 2 lit. b StVO 1960 hat die Behörde ohne weiteres die Entfernung von Gegenständen zu veranlassen, die im Bereich eines Halte- und Parkverbotes abgestellt sind, das aus Gründen der Sicherheit erlassen worden und durch das Vorschriftszeichen nach § 52 Z 13b mit einer Zusatztafel „Abschleppzone“ (§ 54 Abs. 5 lit. j) kundgemacht ist.

Gemäß § 94d Z 15 StVO 1960 ist diese Bestimmung im Bereich der gegenständlichen Gemeindestraße von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen. Aus dem Wortlaut des § 38 Abs. 1 Z 2 der Niederösterreichischen Gemeindeordnung 1973 ergibt sich, dass dem Bürgermeister im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde die Besorgung der behördlichen Aufgaben obliegt (VfSlg 15.879/2000). Die Entfernung der Gegenstände durch Mitarbeiter des Wirtschaftshofes der Stadtgemeinde *** ist somit dem Bürgermeister als belangte Behörde zuzurechnen.

Im Rahmen der Maßnahmenbeschwerde ist somit zu prüfen, ob die drei Mülltonnen (Restmüll-, Bio- und Papiermülltonne) sowie 7 Pflanzentröge mit Thujen im Bereich eines Halte- und Parkverbotes abgestellt waren, das aus Gründen der Sicherheit erlassen worden und durch das Vorschriftszeichen nach § 52 lit. a Z 13b StVO 1960 mit einer Zusatztafel „Abschleppzone“ (§ 54 Abs. 5 lit. j StVO 1960) kundgemacht ist bzw. ob die einschreitenden Organe dies in zumindest vertretbarer Weise annehmen durften.

Im vorliegenden Fall ist auf Grund der dargelegten Beweisergebnisse davon auszugehen, dass auf der östlichen Straßenseite des östlichen Astes der *** beginnend ab der nördlichen Grenze der Liegenschaft *** bis zur nördlichen Grenze der Liegenschaft ***, somit auch auf der verfahrensgegenständlichen Landfläche, ein Halte- und Parkverbot mit einer Zusatztafel „Abschleppzone“ verordnet worden ist. Aus den im Verordnungsakt enthaltenen Gutachten des Amtssachverständigen für Verkehrstechnik geht hervor, dass dieses Halte- und Parkverbot insbesondere deshalb erlassen worden ist, um die Durchfahrt zur dahinterliegenden Liegenschaft mit Einsatzfahrzeugen (z.B. Feuerwehr) zu gewährleisten. Die Verordnung wurde somit auch aus Gründen der Sicherheit erlassen. Dies wurde auch durch das ergänzende Gutachten des Amtssachverständigen für Verkehrstechnik am 21. Mai 2013 bekräftigt und dahingehend ergänzt, dass an den Asphaltrand ein unbefestigtes Bankett anschließt und sich dahinter eine abschüssige Böschung zur Landesstraße befindet.

Das Halte- und Parkverbot wurde auch mit der entsprechenden Zusatztafel „Abschleppzone“ kundgemacht, sodass dieses sowohl für den Beschwerdeführer als auch für die einschreitenden Organe ersichtlich war.

Die verfahrensgegenständlichen Gegenstände wurden unstrittig im Bereich der Liegenschaft *** und somit im Bereich des Halte- und Parkverbotes in verkehrsbeeinträchtigender Weise abgestellt. Der Beschwerdeführer hat die Gegenstände laut eigenen Angaben sogar mit dem Ziel aufgestellt, ein Befahren der Fläche zu verhindern.

Die Voraussetzungen für die Entfernung der Gegenstände waren daher gegeben, sodass die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

Insoweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass das Halte- und Parkverbot nicht verordnet hätte werden dürfen, weil die Fläche vor der Liegenschaft *** in seinem Eigentum stehe, ist dieses Vorbringen nicht geeignet, der Maßnahmenbeschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Es steht nämlich fest, dass das Halte- und Parkverbot tatsächlich verordnet worden ist und zum Zeitpunkt der angefochtenen Amtshandlung in Geltung war und dem Rechtsbestand angehört hat. Die einschreitenden Organe durften daher jedenfalls das Vorliegen der Voraussetzungen für ihr Einschreiten annehmen, zumal die Rechtmäßigkeit der Verordnung auch bereits in mehreren Verfahren (Verordnungsprüfungsverfahren und Strafverfahren) bestätigt worden ist und diesbezüglich mehrere Gutachten vorliegen.

Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass für die Anwendbarkeit der Straßenverkehrsordnung 1967 (und auch der Verordnungskompetenz des Bürgermeisters) nicht die Besitz- und Eigentumsverhältnisse am Straßengrund, sondern die tatsächliche Benützbarkeit der Verkehrsfläche maßgeblich sind. Straßen mit öffentlichem Verkehr sind gemäß § 1 Abs. 1 zweiter Satz StVO 1960 solche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freistehen (VwGH 28.11.2008, 2008/02/0228). Diese Eigenschaft als Straße mit öffentlichem Verkehr wurde bereits in mehreren, nicht unschlüssigen verkehrstechnischen Gutachten (im Rahmen der Verordnungserlassung, in einem Verordnungsprüfungsverfahren gemäß § 88 Abs. 1 NÖ Gemeindeordnung 1973 sowie in zumindest einem Verwaltungsstrafverfahren) bejaht. Aus den jeweiligen Lichtbilddokumentationen ist auch ersichtlich, dass sich die tatsächlichen Gegebenheiten nicht wesentlich verändert haben.

VI. Kosten

Gemäß § 35 VwGVG hat die obsiegende Partei im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Anspruch auf den Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerde abgewiesen. Daher war die belangte Behörde die obsiegende Partei. Aufwandsersatz ist gemäß § 35 Abs. 7 VwGVG jedoch nur auf Antrag der Partei zu leisten. Ein solcher Antrag wurde von der obsiegenden Partei nicht gestellt, sodass keine Kosten zuzusprechen waren.

VII. Zur Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:

Eine mündliche Erörterung auf diesen Fall bezogen würde eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lassen und steht dem Entfall der Verhandlung auch weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen, da sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen gegen die Verordnung der Stadtgemeinde *** vom 14. Oktober 2011, Zl. ***, wendet und die Tatsache, dass die verfahrensgegenständlichen Gegenstände innerhalb eines Halte- und Parkverbotes samt Abschleppzone abgestellt worden sind, auch nicht bestritten wurde. Auch würde ein Lokalaugenschein zur Klärung des Sachverhaltes bezogen auf den Zeitpunkt der angefochtenen Maßnahmen nicht essentiell beitragen, zumal die angefertigte Fotodokumentation im Ermittlungsverfahren herangezogen werden konnte.

VIII. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Vielmehr waren die gegenständlichen Rechtsfragen anhand der jeweils zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu lösen.

Schlagworte

Maßnahmenbeschwerde; Amtshandlung; Eigentum; Gegenstände; Entfernung; Straße mit öffentlichem Verkehr;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.M.19.004.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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