TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/7 W217 2246362-1

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Veröffentlicht am 07.10.2021
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Entscheidungsdatum

07.10.2021

Norm

APG §14
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W217 2246362-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Einzelrichterin über die Beschwerde von DI XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Wien, vom 04.08.2021, Versicherungsnummer XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1.       Die Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Wien (im Folgenden: PVA) hat mit Bescheid vom 04.08.2021, Versicherungsnummer XXXX , den Antrag von DI XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) vom 19.05.2021, von seinem Pensionskonto eine Teilgutschrift auf das Pensionskonto von Frau DI XXXX , VSNR XXXX , zu übertragen, abgelehnt. Begründend wurde ausgeführt, dass die Übertragung der Teilgutschrift längstens bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres des Kindes zu beantragen sei. Der Antrag sei aber nach Vollendung des 10. Lebensjahres des Kindes, XXXX , geboren am XXXX , gestellt worden.

2.       Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 31.08.2021 fristgerecht Beschwerde erhoben. Begründend führte er aus, er habe erst nach Ablauf der gesetzlichen 10-Jahresfrist Kenntnis über die Möglichkeit des Pensionssplittings in einer Zeitschrift der Arbeiterkammer erhalten. Die Pensionsversicherung habe zwar am 10.09.2013 ein Schreiben über die Anzahl und Auflistung ihrer Versicherungsmonate an Frau DI XXXX versandt, das Pensionssplitting sei allerdings nicht aufgeführt worden, obwohl es bereits seit 2005 existiere. Obwohl die Antragsfrist bereits abgelaufen gewesen sei, habe die Pensionsversicherungsanstalt Unterlagen nachgefordert. Es werde daher angezweifelt, dass die Einhaltung der gesetzlichen 10-Jahresfrist strikt vollzogen werde, da andernfalls die Nachforderung von Unterlagen nicht erforderlich und somit zwecklos gewesen sei. Die Pensionsversicherungsanstalt habe die Antragsfrist im Verhältnis zum Zweck der Norm zu extensiv ausgelegt.

3.       Die Beschwerde langte am 14.09.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Am XXXX wurde das Kind, XXXX , geboren.

Der Beschwerdeführer stellte am 19.05.2021 einen Antrag auf Übertragung von Gutschriften bei Kindererziehung gemäß § 14 APG von seinem Pensionskonto auf das Pensionskonto von Frau XXXX .

Der Antrag wurde sohin nach Vollendung des 10. Lebensjahres von XXXX gestellt.

2.       Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der belangten Behörde.

Das Geburtsdatum von XXXX ergibt sich aus einer Anfrage im Zentralen Melderegister und aus dem Beschwerdeschriftsatz, worin dieses vom Beschwerdeführer selbst angeführt ist.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und ist unstrittig. Die Tatsache, dass der Antrag nach Vollendung des 10. Lebensjahres des Kindes gestellt wurde, wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten, sondern hat er dies in der Beschwerde vielmehr selbst bestätigt.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Somit liegt im gegenständlichen Fall Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde

§ 14 des Allgemeines Pensionsgesetz (APG), BGBl BGBl. I Nr. 142/2004 idgF, lautet:

„Übertragung von Gutschriften bei Kindererziehung

§ 14. (1) Der nicht nach § 8 Abs. 1 Z 2 lit. g ASVG oder nach § 3 Abs. 3 Z 4 GSVG oder nach § 4a Z 4 BSVG versicherte Elternteil kann auf Antrag bis zu 50% seiner Teilgutschrift nach § 11 Z 4, soweit sich diese auf eine Erwerbstätigkeit gründet, auf das Pensionskonto des nach § 8 Abs. 1 Z 2 lit. g ASVG oder nach § 3 Abs. 3 Z 4 GSVG oder nach § 4a Z 4 BSVG versicherten Elternteiles übertragen lassen. Die Übertragung ist nur dann zulässig, wenn noch keiner der Elternteile Anspruch auf eine Pension aus eigener Pensionsversicherung hat.

(2) Es können nur Teilgutschriften für jene Kalenderjahre übertragen werden, in denen eine Pflichtversicherung nach § 8 Abs. 1 Z 2 lit. g ASVG oder nach § 3 Abs. 3 Z 4 GSVG oder nach § 4a Z 4 BSVG bestanden hat. Die Jahreshöchstbeitragsgrundlage darf dabei nicht überschritten werden.

(2a) Eine Übertragung nach Abs. 1 kann über den Zeitraum einer Pflichtversicherung nach § 8 Abs. 1 Z 2 lit. g ASVG oder nach § 3 Abs. 3 Z 4 GSVG oder nach § 4a Z 4 BSVG hinaus bis zu dem Kalenderjahr erfolgen, in dem das Kind das 7. Lebensjahr vollendet, wenn der Elternteil, auf den bis zu 50% der Teilgutschrift übertragen werden sollen, im betreffenden Kalenderjahr das Kind tatsächlich und überwiegend erzogen hat (§ 227a Abs. 4 bis 6 ASVG). Die Jahreshöchstbeitragsgrundlage darf dabei nicht überschritten werden.

(2b) Durch Übertragungen nach den Abs. 1 und 2a dürfen durch einen Elternteil insgesamt höchstens 14 Teilgutschriften im Ausmaß von bis zu jeweils 50% übertragen werden.

(3) Die Übertragung der Teilgutschrift ist längstens bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres des Kindes bei jenem Pensionsversicherungsträger zu beantragen, dem die antragstellende Person leistungszugehörig ist. Dem Antrag muss eine Vereinbarung der Eltern (Stiefeltern, Wahleltern, Pflegeeltern) über die Übertragung zugrunde liegen. Ein Widerruf der Übertragung ist unzulässig.

(4) Liegt die Geburt (Annahme an Kindes Statt, Übernahme der unentgeltlichen Pflege des Kindes) eines weiteren gemeinsamen Kindes vor dem Ablauf der Antragsfrist nach Abs. 3, so erstreckt sich diese bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres des jeweils zuletzt geborenen (an Kindes Statt angenommenen, in unentgeltliche Pflege übernommenen) Kindes. Gemäß § 14 Abs. 3 APG ist die Übertragung der Teilgutschrift längstens bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres des Kindes bei jenem Pensionsversicherungsträger zu beantragen, dem die antragstellende Person leistungszugehörig ist. Dem Antrag muss eine Vereinbarung der Eltern (Stiefeltern, Wahleltern, Pflegeeltern) über die Übertragung zugrunde liegen. Ein Widerruf der Übertragung ist unzulässig.“

Im gegenständlichen Fall stellte der Beschwerdeführer am 19.05.2021 einen Antrag auf Übertragung von Gutschriften bei Kindererziehung gemäß § 14 APG von seinem Pensionskonto auf das Pensionskonto von Frau XXXX betreffend das Kind XXXX , geboren am XXXX .

Der Antrag gemäß § 14 APG wurde sohin nach Vollendung des 10. Lebensjahres von XXXX gestellt.

Dem Einwand des Beschwerdeführers, die Behörde hätte die rechtliche Pflicht, die Betroffenen auf die Möglichkeit des Pensionssplittings hinzuweisen, die rechtswidrig unterlassene Information könne daher nicht zum Anspruchsverlust führen, ist Folgendes entgegenzuhalten:

Der belangten Behörde obliegt keine gesetzliche Informationspflicht von sich aus - somit ohne Anfrage - hinsichtlich der Möglichkeit einer Antragstellung auf Pensionssplitting nach § 14 APG. Daher kann auch das Unterlassen einer gesetzlich nicht geforderten Information nicht rechtswidrig sein. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers wäre vielmehr eine entgegen den gesetzlichen Bestimmungen außerhalb der gesetzlichen Antragsfrist gewährte Übertragung von Teilgutschriften rechtswidrig.

Die belangte Behörde hat den Antrag vom 19.05.2021 daher zu Recht abgelehnt. Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Der Sachverhalt war iSd § 24 Abs. 4 VwGVG entscheidungsreif, weshalb von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte. Eine mündliche Erörterung hätte eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lassen, zumal der der Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt unstrittig ist.

Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art 6. Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 2010/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41), unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. z.B. die VwGH-Erkenntnisse vom 29. Juni 2005, Zl. 2004/08/0044, und vom 19. November 2004, Zl. 2000/02/0269). Des Weiteren hat der EGMR in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte (vgl. das VwGH-Erkenntnis vom 28. September 2010, 2009/05/0160). In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Solche Umstände, die ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung rechtfertigen, liegen auch im gegenständlichen Fall vor, da keine Tatsachenfragen aufgeworfen wurden, die eine mündliche Verhandlung erforderlich gemacht hätten, und das Verfahren somit ausschließlich rechtliche Fragen betrifft.

Der Sachverhalt war weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig und war den schlüssigen tragenden Erwägungen der Verwaltungsbehörde zu folgen; rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen, es wurden keine Fragen aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte.,

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beispielhaft: Ra 2018/03/0085 vom 05.09.2018 wenngleich zu einer anderen Rechtsmaterie) bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Antragsfristen Guthaben Kindererziehungszeit Pensionskonto Übertragung verspäteter Antrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W217.2246362.1.00

Im RIS seit

09.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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